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Benutzername: 
Hornita
Wohnort: 
Augsburg

Bewertungen

Insgesamt 823 Bewertungen
Bewertung vom 25.04.2025
Das kleine Antiquariat von Tante Sango-san
Harada, Hika

Das kleine Antiquariat von Tante Sango-san


ausgezeichnet

Die Kraft von Büchern und gutem Essen;
Das Buch wird aus zwei verschiedenen Perspektiven erzählt, der Schwester und Großnichte des verstorbenen Inhabers des Antiquariats. Anfangs fand ich die Perspektivwechsel etwas abrupt und mir war nicht immer klar, wer gerade erzählte. Das hat sich dann aber schnell gegeben, da der Schreibstil angenehm ist und gut zu lesen. Jedes Kapitel ist nach dem gleichen Schema aufgebaut. Es gibt im Antiquariat einen Kunden mit einem Problem oder Buchwunsch, ein oder mehrere Bücher werden vorgestellt und dadurch kommen Erinnerungen an den Bruder bzw. Großonkel auf. In der Regel wird dann noch sehr abwechslungsreich gegessen, das fand ich sehr interessant. Die tröstende Kraft von Büchern und gutem Essen und das Heraufbeschwören von Erinnerungen hat mir gut gefallen. Die Wertschätzung, die dem Onkel dadurch entgegengebracht wird, fand ich sehr passend zum Tenor des Buchs. Durch die gemeinsame Zeit im Antiquariat klärt sich für die Kunden dann auch der Blick auf ihr Problem und ihre Welt. Alles in allem ein wirklich charmantes Buch, das ich empfehlen kann.

Bewertung vom 25.04.2025
Stimmen der Nebelwälder / Shinwa Bd.1
Gerhard, Christian

Stimmen der Nebelwälder / Shinwa Bd.1


sehr gut

Außergewöhnlicher historischer Roman;
Der Erzählstil wirkt manchmal etwas hölzern, aber ich denke, dadurch kommt der japanische Flair der damaligen Zeit und das hierarchische, distanzierte System gut zur Geltung. Insgesamt fand ich den Stil angenehm, da er sehr fokussiert ist. Man findet sich sofort im Japan des 18.Jahrhunderts wieder und durch gut dosierte Beschreibungen kann man sich Zeit und Ort sehr gut vorstellen. Die wichtigsten Personen werden sofort vorgestellt, man ist direkt mitten drin im Geschehen. Die Handlung schreitet stetig voran, es gibt regelmäßig Perspektivwechsel und die Kapitellängen fand ich angenehm. Allerdings zog sich das Ganze in der Mitte für mich doch etwas in die Länge, da hätte das Buch etwas straffer sein dürfen. Die Handlung an sich ist gut aufgebaut und mir hat besonders gut gefallen, dass die Perspektiven zweier ungewöhnlicher Frauen berücksichtigt wurden. Man merkt, dass der Autor über fundiertes Wissen verfügt und weiß, worüber er schreibt. Alles in allem eine sehr interessante Lektüre, die streckenweise etwas kurzweiliger hätte sein dürfen, daher mache ich einen Stern Abzug.

Bewertung vom 25.04.2025
Blaues Wunder
Freytag, Anne

Blaues Wunder


ausgezeichnet

Eine richtig befriedigende Lektüre;
Die Geschichte des beruflichen Sommerurlaubs auf dem Meer wird aus den wechselnden Perspektiven der drei Ehefrauen geschildert. Obwohl die Situation als Anhängsel eines erfolgreichen Mannes für alle drei Frauen ähnlich ist, sind ihre Charaktere sehr unterschiedlich und werden sehr treffend beschrieben. Besonders gut hat mir gefallen, dass man durch die Perspektivwechsel die Selbstwahrnehmung der Frauen mit der Wahrnehmung der anderen abgleichen konnte, das war sehr interessant und hat auch die Entwicklung der Charaktere abgebildet. Es deutet sich an, dass der Despot am Ende sein blaues Wunder erleben wird und die Spannungskurve des Buches ist toll gemacht. Ich hatte viel Hoffnung und Vorfreude auf das Ende. Das Buch stellt wichtige Fragen, was macht glücklich und zufrieden und wann verliert man sich? Ich fand es sehr gut und habe die drei Frauen sehr gerne auf ihrem Weg der Selbstermächtigung begleitet.

Bewertung vom 20.04.2025
Um jeden Preis
Lind, Hera

Um jeden Preis


sehr gut

Ein erzählenswertes Leben;
Zu Beginn schildert Lydia ihr Leben aus ihrer Perspektive und man muss sich auf einiges gefasst machen. Das Lesen ihrer Fluchtgeschichte und die schwere Arbeit als Zwangsarbeiterin in Sibirien sind unglaublich hart. Die deutschen Spätaussiedler wurden nicht menschlich behandelt und umso bemerkenswerter ist es, wie sie das mit so viel Charakter und menschlicher Stärke durchgehalten hat. Ich fand das sehr lesenswert, da mir viele Details nicht bekannt und nicht bewusst waren und den heutigen Luxus in Relation setzen. Irgendwann kommen dann die Perspektiven ihrer Kinder dazu und das fand ich sehr erfrischend, weil es das Ganze aufgelockert hat und verschiedene Perspektiven zu ein und demselben Erlebnis gezeigt hat. Ich hatte bisher noch nichts von Hera Lind gelesen, finde ihr Konzept aber sehr überzeugend. Trotzdem mache ich einen Stern Abzug, da das Buch gerade in der ersten Hälfte einige Längen und Wiederholungen hat, die man erst einmal überwinden muss.

Bewertung vom 20.04.2025
Der Inugami-Fluch
Yokomizo, Seishi

Der Inugami-Fluch


ausgezeichnet

Meisterhaft konstruiert;
Einige Bücher über den Privatdetektiv Kosuke Kindaichi habe ich bereits gelesen und dieser Fall hat mir besonders gut gefallen. Es ist alles dabei: ein kompliziertes Testament, schwierige bis unübersichtliche Familienverhältnisse, ein stimmungsvolles Setting, Nachkriegswehen, Action-Szenen, ungewöhnliche Liebesbeziehungen und einige rätselhafte Morde. Das Setting im Nachkriegsjapan an einem ruhig gelegenen See ist atmosphärisch dicht. Die Geschichte wird sachlich ohne viel Schnickschnack erzählt und trotz der überschaubaren Anzahl an Personen bleibt der Täter für den Leser rätselhaft. Die Lösung ist überraschend und doch so logisch. Sie erklärt viele kleine Details und Verschachtelungen und macht auf mehrfacher Ebene Sinn. Der Fall ist meisterhaft konstruiert, da jede kleinste Handlung oder auch nur Mimik sich im nachhinein logisch erklärt, was ich sehr befriedigend finde. Das Buch ist schaurig schön und ich würde gerne noch mehr von diesen klassischen japanischen Krimis lesen, die auch an die großen europäischen Klassiker erinnern.

Bewertung vom 20.04.2025
Wut und Liebe
Suter, Martin

Wut und Liebe


ausgezeichnet

Der Titel ist Programm;
Der Titel ist ausgesprochen passend für diesen Roman. Für mich war es das zweite Buch von Martin Suter und wieder hat mich der Schreibstil begeistert. Er ist auf den Punkt, es gibt keine unnötigen Details, es geht direkt ins Thema und die Länge der Kapitel ist angenehm. Trotzdem sind die Charaktere tiefgründig und glaubhaft und die Handlung ist spannend mit einigen unerwarteten Wendungen. Diese werden nicht lange angekündigt, sondern passieren einfach. Mir gefällt das sehr gut. Die Geschichte an sich ist nichts Alltägliches, aber dafür umso unterhaltsamer. Von einer Liebesgeschichte entwickelt sie sich über einen Rachefeldzug zu einem Wirtschaftskrimi, das ist gut gemacht und gründlich recherchiert. Mich hat das Buch gut unterhalten und auch wenn man so manche Szene ausführlicher hätte gestalten können, so macht für mich diese Pointiertheit den Charme des Schreibstils aus.

Bewertung vom 15.04.2025
Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen
Ogawa, Ito

Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen


ausgezeichnet

Die Kunst der Kalligraphie;
Das Buch ist in vier große Kapitel eingeteilt, die die vier Jahreszeiten in Hatokos Schreibwarenladen beschreiben. In jedem Kapitel hat Hatoko Aufträge zum Briefeschreiben, da sie öffentliche Schreiberin ist. Die Auftraggeber, die Aufträge und die Gedanken, die sich Hatoko zur Umsetzung macht, werden ausführlich beschrieben. Mir hat das alles sehr gut gefallen, da man so der Kunst der Kalligraphie näher kommt. Bei der Auswahl von Papier und Schreibmittel schöpft Hatoko aus dem großen Fundus des Schreibwarenladens. Eingebettet ist der Kalligraphie-Teil in Hatokos Umfeld und Privatleben, dass sich langsam entwickelt. Mir hat auch gut gefallen, wie Freundschaften entstanden sind und sich innere Konflikte gelöst haben. Die Handlung ist leicht und zart und ergänzt den Kalligraphie-Teil sehr gut. Einige Dinge bleiben offen, vielleicht wird es einen zweiten Teil geben? Mir hat das Buch sehr gut gefallen, auch weil es sehr ausgefallen und damit abwechslungsreich ist.

Bewertung vom 15.04.2025
Cinema Love
Tang, Jiaming

Cinema Love


ausgezeichnet

Eindringliches, gelungenes Erstlingswerk;
Das Buch deckt mit seiner Erzählzeit mehrere Jahrzehnte bis zur Gegenwart ab. Obwohl die Handlung anfangs etwas unübersichtlich war, habe ich schnell in das Buch hineingefunden. Der Schreibstil ist sehr angenehm und gut zu lesen und die Geschichte des Kinos und seiner Besucher und Mitarbeiter hat mich einfach gefesselt. Homosexualität wird hier in einem ungewöhnlichen Setting beschrieben, das ich sehr interessant fand. Die Leben der Männer und ihrer Familien, die Erwartungen und die ganz unterschiedlichen Reaktionen des Umfelds auf ihre Vorlieben und ihr Verhalten im ländlichen China waren teils überraschend , teils erwartbar. Der Bruch in der Biographie durch die Immigration in die USA wird sehr gut geschildert. Es wird deutlich, wie und warum Vorurteile und Werturteile mitgebracht und gelebt werden und unter welch prekären Umständen die Einwanderer leben mussten. Ich fand beide Settings sehr glaubhaft und realistisch beschrieben. Die großen Themen Homosexualität und Immigration werden auf ungewöhnliche Weise erzählt und sind dadurch umso eindringlicher und interessanter. Auch die Charaktere sind sehr gut und intensiv gezeichnet und mit den Biographien der Ehefrauen wird auch eine andere Seite erzählt, so dass das Thema abgerundet wird.

Bewertung vom 15.04.2025
Das Restaurant am Rande der Zeit
Takahashi, Yuta

Das Restaurant am Rande der Zeit


ausgezeichnet

Sehr bewegend mit tollen Charakteren;
Dieses Buch ist sehr bewegend und hat mich mehrfach zu Tränen gerührt, weil es so schön ist, ohne kitschig zu sein. Die Personen, die das Restaurant Chibis Kitschen besuchen, haben alle einen Verlust erlitten, haben aber aus ganz unterschiedlichen Gründen mit dem geliebten Menschen noch nicht abgeschlossen. Ich fand die Charaktere sehr gut getroffen und psychologisch glaubhaft dargestellt. Die Geschichten sind realistisch und doch so charmant und bezaubernd, dass einen der Roman trotz der Trauer, die die Figuren durchleben, positiv gestimmt und gut gelaunt zurück lässt. Besonders gut hat mir gefallen, dass dabei auch ein trauerndes Kind zu Wort kommt und ernst genommen wird. Die Bedeutung schöner Erinnerungen wird durch die kleinen Geschichten gut transportiert und die Rezepte fand ich sehr interessant. Der Schreibstil ist angenehm, typisch japanisch auf den Punkt, aber sehr gut zu lesen. Ich finde das Buch sehr empfehlenswert, da es eine tröstende Botschaft hat und Wissen über die japanische Kultur vermittelt.

Bewertung vom 15.04.2025
Der Name an der Wand
Le Tellier, Hervé

Der Name an der Wand


sehr gut

Bewegend und bildend;
Der Autor erzählt, wie er beim Kauf einer Immobilie auf einen Namen an der Wand gestoßen ist und das Rätsel dieses Namens ergründet. Es gelingt ihm, über 80 Jahre nach dem Tod dieses jungen Mannes, überraschenderweise noch einige Informationen und Fotos zu bekommen. Diese fand ich sehr hilfreich, um der Person des André Chaix näher zu kommen. Trotz allem sind die Informationen nicht ausreichend, um ein ganzes Buch zu füllen, so dass der Autor seinen Blick auf die räumliche Umgebung, die politische Situation, den Widerstand, die Besatzer, das Kinoprogramm, usw. wandern lässt und dadurch ein gelungenes Portrait der Zeit zeichnet. Der Schreibstil ist sehr schön und gut zu lesen, er ist nicht übertrieben poetisch, sondern passt zum Thema. Trotzdem hat mir etwas gefehlt, die Familie wird nur angerissen und ich hätte mir noch mehr Recherche und Details von Zeitzeugen erhofft. Das Buch ist lesenswert und trotz der großen zeitlichen Distanz bewegend und instruktiv.