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Lilli33
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 563 Bewertungen
Bewertung vom 06.09.2015
Etta und Otto und Russell und James
Hooper, Emma

Etta und Otto und Russell und James


sehr gut

Inhalt:
Etta ist fast 83 Jahre alt, als sie eines Tages beschließt, auf Wanderschaft zu gehen. Ihr Ziel ist das Meer, das sie noch nie gesehen hat. Sie hinterlässt ihrem Mann Otto einen Brief und einige Rezeptkarten, packt ein paar Dinge ein, schnürt ihre Wanderstiefel und macht sich mit einem Gewehr auf den Weg. Über 3000 Kilometer und viele Erinnerungen liegen vor ihr.

Meine Meinung:
Der Roman im Ganzen hat mir gut gefallen.

Die Charaktere sind detailliert ausgearbeitet. Sie standen mir bildlich vor Augen, ich konnte ihre Handlungsweisen stets gut nachvollziehen. Besonders die Protagonisten waren mir auch auf Anhieb sympathisch. Es sind vielschichtige Personen, die sofort mein Interesse geweckt haben. Eine lebenslange Freundschaft und Liebe verbindet Etta, Otto und Russell. Nach und nach erfahren wir alles über ihre Kindheit und Jugend, ihr Kennenlernen, ihre Beziehungen zueinander, die nicht so geradlinig sind, wie es auf den ersten Blick scheint.

Der Schreibstil und die Sprache haben mir sehr gut gefallen. Mit den einfachen, meist kurzen Sätzen, aber treffender Wortwahl passen sie gut zu den betagten Protagonisten. Warum man neuerdings immer die Anführungszeichen bei der wörtlichen Rede weglässt, erschließt sich mir allerdings nicht. Es führt immer wieder zu Verwirrung, weil nicht immer sofort ersichtlich ist, dass es sich um Gesprochenes handelt. Eine gewisse Surrealität passt perfekt zu Ettas Demenz.

Verwirrend fand ich manchmal auch die Perspektivwechsel, die nicht deutlich gekennzeichnet sind. Emma Hooper springt nicht nur zwischen Etta, Otto und Russell hin und her, sondern auch in die Vergangenheit dieser Menschen. Zum Teil handelt es sich dabei um Rückblenden, zum Teil um echte Erinnerungen, also Gedanken. Dann bekommen wir aber auch Briefe zu lesen, die sich Etta und Otto schrieben, als Otto im Krieg war. Diese fand ich besonders berührend, wurde damit doch ein dramatisches Ereignis subtil aufgearbeitet.

Das harte Leben dieser drei Menschen, der Lebensmut und die Liebe, die sie trotzdem bewahren konnten, hat mich wirklich berührt. Mit dem Ende war ich dann leider nicht ganz glücklich, es war mir zu offen. Es blieben für mich einfach noch zu viele Fragen, auf die ich eine Antwort erwartet hätte.

Bewertung vom 30.08.2015
Layers
Poznanski, Ursula

Layers


ausgezeichnet

Spannender Jugendthriller

Inhalt:
Dorian ist von zu Hause abgehauen und lebt auf der Straße. Als er eines Morgens aufwacht, liegt ein Obdachloser mit aufgeschlitzter Kehle neben ihm, und auch Dorians blutverschmiertes Taschenmesser. Der Junge kann sich an nichts erinnern. Hat er etwa einen Mord begangen?

In seiner Panik nimmt Dorian das Angebot von Nico an, in der Villa Bornheim unterzukommen. Doch damit beginnen seine Probleme erst richtig …


Meine Meinung:
layer, englisch für Schicht, Lage, Ebene - aber auch Wohltäter

Der Titel ist perfekt gewählt, denn genau darum geht in diesem Jugendbuch. Einerseits gibt sich Raoul Bornheim als ein Wohltäter, der sich jugendlicher Obdachloser annimmt und die Welt verbessern will. Andererseits begegnen uns in diesem Roman verschiedene Schichten der Realität.

Auch das Cover ist perfekt. Während ich es auf dem Bild noch relativ unscheinbar fand, hat es in der Realität mehr Effekt zu bieten. Es spiegelt das Leitthema des Romans genau wider.

Schon mit dem ersten Satz ist es Ursula Poznanski gelungen, mich wieder einmal in ihren Bann zu ziehen:

„Er befand sich noch im Halbschlaf, trotzdem spürte er genau, dass der Hauch, der sein Gesicht streifte, kein Wind war.“ (S. 5)

Da merkt man doch schon gleich, dass etwas Übles im Busch ist und Dorian auf der Hut sein muss. Und so ist es dann auch den ganzen Roman durch. Dorian ist den größten Teil der Handlung auf der Flucht und versucht dabei, zum einen am Leben zu bleiben, zum anderen, seine Freunde zu retten und ein Verbrechen aufzuklären.

Ganz dicht an Dorians Seite führt uns die Autorin durch eine spannende Handlung. Man bekommt seine Gedanken und Gefühle hautnah mit und kann sich gut in diesen Protagonisten hineinversetzen. Er ist hin- und hergerissen zwischen seiner Angst, von der Polizei geschnappt zu werden wegen eines Mordes, den er vielleicht, vielleicht aber auch nicht begangen hat, und seiner Angst, dass Bornheim etwas ganz Übles plant und seiner Hoffnung, dass er das verhindern kann.

Dabei hat er manchmal Helfer auf seiner Seite, aber im Endeffekt weiß er nie, wem er wirklich vertrauen kann, womöglich nicht mal seinen eigenen Augen. So steckt auch manche Überraschung in der Geschichte.

Der Schreibstil ist, wie von Ursula Poznanski gewohnt, einfach mitreißend und fesselnd. Ich wollte das Buch gar nicht aus der Hand legen und habe es innerhalb kürzester Zeit verschlungen.


Fazit:
„Layers“ ist spannend, aktuell, jugendlich. Wieder mal ein Jugendbuch von Ursula Poznanski, das ich gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 24.08.2015
Totenhaus / Totenfrau-Trilogie Bd.2
Aichner, Bernhard

Totenhaus / Totenfrau-Trilogie Bd.2


sehr gut

Kein 08/15 Thriller, sondern etwas Besonderes

*** ACHTUNG: SPOILER ZUM 1. BAND! ***

Ich empfehle, diesen vorher zu lesen. Zwar ist die Handlung des 2. Bandes auch ohne Vorkenntnisse verständlich, aber den speziellen Charakter von Blum wird man vielleicht nicht so leicht verstehen können.

Inhalt:

Zwei Jahre nach dem Tod ihres Mannes, den Blum gerächt hat, scheint sich ihr Leben langsam wieder zu normalisieren. Doch schnell zerschlägt sich die Hoffnung wieder, denn auf dem Innsbrucker Friedhof findet man Leichenteile, die da nicht hingehören. Blum hatte damals die Mörder ihres Mannes in fremden Gräbern verschwinden lassen, denn Blum ist ja Bestatterin. Kurzerhand flieht sie und muss fast mit dem Leben dafür bezahlen.

Meine Meinung:

Der Vorgängerband „Totenfrau“ hat mich absolut begeistert. An diesem Buch hatte ich inhaltlich überhaupt nichts zu kritisieren, es war einfach perfekte Unterhaltung der ganz besonderen Art. Der Autor hat es mit seiner eindringlichen Schreibweise geschafft, in mir Sympathien für eine fünffache Mörderin zu wecken. Dabei hatte ich keine Ahnung, dass das nur der Auftakt einer Trilogie ist. Als nun „Totenhaus“ erschien, stand für mich sofort fest, dass ich auch dieses Buch lesen muss.

Von der ersten Seite an war ich wieder in Bernhard Aichners eigenwilligen Schreibstil vernarrt. Er benutzt meist kurze Sätze, Halbsätze, Ein-Wort-Sätze. Klar, das wirkt ein bisschen abgehackt, unterstreicht aber das getriebene Wesen der Protagonistin Blum perfekt. Sie, die immer noch um ihren geliebten Mann trauert, ihre Umgebung teilweise wie durch einen Watteschleier wahrnimmt, erlebt die Ereignisse Schlag auf Schlag. Da bleibt nicht viel Zeit, um in Ruhe nachzudenken oder vernünftige Pläne zu machen. Und so kommt es, dass Blum immer wieder Fehler macht, sich auf die falschen Leute einlässt und man nie weiß, wem man eigentlich trauen kann. Dies bringt Spannung in den Roman, von Anfang an unterschwellig zu spüren und am Schluss beim show down auch ganz offen zu sehen. Ich habe das Buch mehr oder weniger mit angehaltenem Atem gelesen, obwohl gar nicht so wahnsinnig viel passiert.

Dabei muss ich allerdings sagen, dass ich diesen zweiten Band etwas schwächer fand als den ersten. Der Plot war ein wenig hanebüchen und bei weitem nicht so rasant wie im ersten Band. Auch kommt Blum hier nicht ganz so cool rüber wie dort. Aber nun ja, so ist das Leben, man kann nicht immer cool sein.

Als Leserin mit Vorkenntnissen hat es mich ein wenig genervt, dass gefühlte hundert Mal erwähnt wurde, welch lieblose Kindheit Blum hatte und dass sie schon in jungen Jahren mehr mit Leichen zu tun hatte als mit lebenden Menschen. Dies soll wohl bei Quereinsteigern Verständnis für die Protagonistin wecken, hat aber sicher nicht denselben Erfolg wie die langsame Charakterentwicklung im ersten Band.

Das Ende des Romans ist recht offen, was ich in diesem Fall absolut passend finde. Und der Epilog macht neugierig auf den dritten Band. Ich freue mich schon darauf.

Fazit:

„Totenhaus“ kommt nicht ganz an den Vorgänger heran, ist aber trotzdem absolut lesenswert. Ich empfehle diese Thriller-Reihe allen Lesern, die gerne mal außerhalb der ausgetretenen Pfade nach dem Besonderen suchen und sich gerne offen auf Neues und Ungewöhnliches einlassen wollen.

Die Reihe:

1. Totenfrau
2. Totenhaus

Bewertung vom 14.08.2015
Liebten wir
Blazon, Nina

Liebten wir


ausgezeichnet

Fotos sind mehr als Momentaufnahmen

Inhalt:
Moira ist Fotografin. Ihre geliebte Kamera ist immer und überall dabei. Moira, auch Mo genannt, hat einen Blick für Zusammenhänge, vor allem bei anderen, weniger bei sich selbst. Sie liest aus ihren Fotos ganze Geschichten heraus.

Ihre eigene familiäre Situation ist ein Drama. Deshalb ist sie sehr nervös, als sie die Familie ihres Freundes Leon auf der Geburtstagsfeier von Leons Vater kennenlernen soll. Und prompt geht die Sache schief. Plötzlich findet sich Moira zusammen mit Leons finnischer Großmutter Aino auf der Flucht.

Meine Meinung:
Ich habe Nina Blazon als Autorin von Jugendbüchern kennen- und lieben gelernt. Nun ist ihr erster Roman für Erwachsene erschienen, und ich muss sagen, auch in diesem Genre konnte Nina Blazon mich überzeugen.

Erzählt wird die Geschichte von zwei ungleichen Frauen. Moira ist Ende zwanzig und wünscht sich nichts mehr, als von einer Familie geliebt zu werden. Ihre eigene Familie ist total zerrüttet, und Mo hat gegen etliche Dämonen aus der Vergangenheit zu kämpfen. Dabei nimmt sie es nicht unbedingt sehr genau mit der Wahrheit, belügt sich auch gerne selbst.

„Sollen wir?, frage ich mit einem Lächeln, so echt wie eine Fata Morgana.“ (S. 41)

Die eigensinnige Aino ist 85 und wird von ihrer Familie mehr als Kostenfaktor gesehen denn als geliebte Mutter bzw. Großmutter. Sie hat in Helsinki noch eine Rechnung aus Kriegszeiten offen, die sie unbedingt begleichen will. Ihr Gesundheitszustand ist nicht der beste und so bleibt ihr nicht mehr viel Zeit. Es dauert eine gute Weile, bis die beiden Frauen sich auf ihrer seltsamen Reise zusammenraufen und einander schätzen lernen.

Nina Blazon schreibt sehr detailliert. Zuweilen war es mir fast ein bisschen zu viel, zu ausufernd, vor allem zu Beginn. Aber immerhin ist eine wirklich tolle Story dabei herausgekommen, da kann ich darüber hinwegsehen. Und vielleicht braucht es auch einfach so viele Worte, um eine entsprechende Tiefe der Charaktere zu erreichen. Später habe ich es auch nicht mehr als ausufernd empfunden, sondern nur noch als fesselnd. Es hat mir auch gut gefallen, dass hin und wieder etwas Humor aufblitzt und die eigentlich sehr ernsthafte Handlung auflockert.

Nach und nach lernen wir als Leser die beiden Frauen, die anfangs ja selbst nichts voneinander wissen und sich nicht einmal mögen, sehr gut kennen. Die Abgründe in Moiras Vergangenheit tun sich immer weiter auf. Und auch Aino hat ihre Geheimnisse, die sie nicht gerne der Öffentlichkeit und auch nicht Moira preisgibt. Hier hält die Autorin manche Überraschung bereit. Immer wenn man denkt, man wüsste jetzt, was damals geschehen ist, belehrt sie einen eines Besseren.

Auch die finnische Lebensart ist ein großes Thema dieses Romans. Ich wusste über die finnischen Eigenheiten so gut wie gar nichts und fand es sehr interessant, darüber etwas zu erfahren.

Fazit:
Ein großartiger Roman über eine Reise nach Helsinki, eine Reise in die Vergangenheit, eine Reise zu sich selbst.

Bewertung vom 06.08.2015
Nachtland / Die Seiten der Welt Bd.2
Meyer, Kai

Nachtland / Die Seiten der Welt Bd.2


sehr gut

Fantasievolle Fortsetzung im Reich der Bücher und Bibliomantik

Inhalt:
Die Widerständler haben sich auf den Sitz der Familie Faerfax in den Cotswolds zurückgezogen. Die junge Bibliomantin Furia wird von Summerbelle ausgebildet. Nun wollen die jungen Leute sich auf die Suche nach dem Sanktuarium, dem Herzen der Adamitischen Akademie, machen, um sich den üblen Machenschaften des Rates der Akademie in den Weg zu stellen. Ein gefährliches und fast aussichtsloses Unterfangen.


Meine Meinung:
Manchmal wird der Mittelband von Trilogien wie ein Stiefkind behandelt. Er ist ein Lückenfüller, den man fast genauso gut auch weglassen könnte. Diesen Vorwurf kann man Kai Meyer gewiss nicht machen! Seine Fortsetzung von „Die Seiten der Welt“ sprüht vor fantastischen Ideen, und die Handlung wird konsequent vorangetrieben. Hier passiert so viel, was für die Zukunft (den dritten Band) wichtig und notwendig ist. Es werden neue Charaktere eingeführt und von lieb gewonnenen (oder auch nicht) alten müssen wir uns trennen. Dieser Autor hat keine Scheu, seine Figuren über die Klinge springen zu lassen. Man muss wirklich mit allem rechnen. Auch in anderer Hinsicht konnten mich einige Figuren, vor allem eher Nebenfiguren, wirklich überraschen.

Ich hatte allerdings größere Schwierigkeiten als sonst bei Fortsetzungen, wieder in die Geschichte hineinzufinden. Ich schreibe dies der Komplexität der Handlung zu. Es gibt hier so viele verschiedene Handlungsstränge, die sich immer wieder abwechseln. Kaum hatte ich mich in den einen wieder eingelesen, wurde ich schon wieder in den nächsten geworfen. Das machte das Lesen doch etwas anstrengend. Mir machte auch zu schaffen, dass es schon neun Monate her ist, seit ich den 1. Band gelesen habe. In dieser Zeit kann man doch sehr viele wichtige Details vergessen. Zwar streut Kai Meyer immer wieder kleine Fetzen zur Wiederholung ein, doch mir persönlich war das zu spärlich. Was ich normalerweise nicht mag und brauche, nämlich ein geballtes „Was bisher geschah“, wäre mir hier ganz recht gewesen. Wenn man die Bücher kurz hintereinander liest, sollte das aber überhaupt kein Problem darstellen.

Der Schreibstil ist, wie von Kai Meyer gewohnt, bildhaft und wortgewaltig. Das Kopfkino springt direkt an und lässt fantastische Bilder entstehen. Auch die Spannung kommt nicht zu kurz, gibt es doch sehr, sehr viele Kampf- und Fluchtszenen, die oft mit einem Cliffhanger enden und denen ein Perspektivwechsel folgt. So bleibt einem gar nichts anderes übrig, als einfach immer weiterzulesen. Leider endet dieser 2. Band recht offen, sodass uns Lesern die Zeit bis zum 3. Band, der 2016 erscheinen soll, ziemlich lang werden wird.

Die Reihe:
1. Die Seiten der Welt
2. Die Seiten der Welt – Nachtland
3. ??? (erscheint voraussichtlich 2016)

Bewertung vom 22.07.2015
Das unendliche Meer / Die 5. Welle Bd.2
Yancey, Rick

Das unendliche Meer / Die 5. Welle Bd.2


sehr gut

Nicht so actiongeladen wie der erste Band, trotzdem gut

Inhalt:
Cassie, ihr Bruder Sam, Ben, Ringer, Teacup, Poundcake und Dumbo konnten dank Evan Walker aus dem Lager der Anderen entkommen. In einem verlassenen Hotel warten die Kinder und Jugendlichen auf Evan, aber er hat es scheinbar nicht geschafft. Doch mit jedem Tag, den sie am selben Ort bleiben, erhöht sich das Risiko der Gruppe, von den Anderen aufgespürt zu werden. Deshalb geht Ringer los, um eine Höhle auszukundschaften. Doch leider kommt sie nicht so weit. Sie fällt Vosch in die Hände, der ganz besondere Pläne mit ihr hat. Inzwischen machen die übrigen Bekanntschaft mit neuen fiesen Tricks der Anderen.

Meine Meinung:
Der Schreibstil ist wie schon im ersten Band fesselnd und mitreißend. Die Seiten fliegen nur so dahin. Während im ersten Teil vor allem Cassie zu Wort kam, geht es nun zu einem großen Teil um Ringer. Trotzdem gibt es auch Kapitel aus Cassies Sicht. Beide Mädchen erzählen in der Ich-Form, man erkennt aber immer sofort, wer gerade an der Reihe ist. Auch männliche Perspektiven gibt es, diese werden von einem personalen Erzähler dargestellt.

Wechselnde Perspektiven mag ich eigentlich sehr gerne, geben sie dem Leser doch einen umfassenden Überblick. Hier fand ich es aber etwas übertrieben, denn einige Male wurde diesselbe Szene einfach aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, wobei sich nichts wesentlich Neues ergab.

Während der erste Band voller Action war, beginnt der zweite relativ gemächlich. Die Handlung kommt wenig voran. Dafür lernen wir die Protagonisten näher kennen. Erinnerungen an früher zu Hause oder im Camp der Anderen geben Hinweise darauf, warum sie die Personen geworden sind, die sie nun sind, warum zum Beispiel Poundcake nicht spricht oder warum ein Versprechen unbedingt gehalten werden muss. Die Charaktere gewinnen dadurch an Tiefe.

Erst spät wird der Roman wieder richtig spannend und actionreich. Ich muss sagen, dieser Teil hat mir dann doch besser gefallen als der Anfang. Allerdings geht es hier auch wieder sehr brutal und blutig zu. Von der ein oder anderen lieb gewonnenen Figur muss der Leser sich wieder verabschieden, dafür kommen neue hinzu, die auch interessant und vielschichtig sind.

Toll fand ich auch, dass wir gegen Schluss sogar schon ein bisschen in die Hintergründe der Invasion der Außerirdischen eingeweiht werden. Damit hätte ich eigentlich erst im nächsten Band gerechnet. Aber keine Angst, es bleibt trotzdem spannend, wie sich alles weiter entwickelt. Ich bin schon sehr neugierig auf den dritten Band.

Die Reihe:
1. Die fünfte Welle
2. Das unendliche Meer
3. ???

Bewertung vom 17.07.2015
Noch so eine Tatsache über die Welt
Davis, Brooke

Noch so eine Tatsache über die Welt


sehr gut

Skurriler Roman über den Tod, das Leben und die Liebe

Inhalt:
Millies Hund Rambo war ihr allererstes totes Ding. Fortan setzt sie sich immer mehr mit dem Tod auseinander und trägt alle toten Dinge, die ihr über den Weg laufen, in ein Buch ein, eine Spinne, eine Fliege und noch andere Sachen. Als sie ihren Dad in das Buch der toten Dinge eintragen muss, ist Millie sieben. Ihre Mum versinkt in hoffnungsloser Trauer. Sie setzt Millie in der Wäscheabteilung des Kaufhauses aus. Millie wartet … und wartet … und wartet. Bis sie einen alten Mann kennenlernt, der aus dem Pflegeheim ausgebüxt ist und sich in ebendiesem Kaufhaus versteckt. Die beiden freunden sich an und machen sich auf die Suche nach Millies Mum. Dabei schließt sich ihnen auch noch eine alte Frau an. Zu dritt reisen sie durch Australien, um Millies Mum zurückzuholen. Was sie dabei erleben, ist schon sehr skurril.

Meine Meinung:
Eine realistische Handlung sollte man in Brooke Davis’ Roman nicht unbedingt erwarten. Die Charaktere werden sehr überspitzt dargestellt, und es passiert allerhand, mit dem man im richtigen Leben nicht durchkommen würde. Trotzdem ist das Buch sehr lesenswert, denn es macht dem Leser einige Dinge bewusst, über die man vielleicht noch nicht so viel nachgedacht hat.

Millie ist ein liebes kleines Mädchen, ich denke, jeder wird sie schnell ins Herz schließen. Man kann eigentlich gar nicht verstehen, wie die Mutter es fertigbrachte, sie zu verlassen. Doch von der Mutter erfahren wir leider nicht so viel, deshalb wird das wohl ihr Geheimnis bleiben.

Auch der 87-jährige Karl war mir gleich sympathisch. Er hat zwar ein paar Macken, aber wer hat die nicht? Im Großen und Ganzen hat er das Herz am rechten Fleck und ist ein guter Mensch.

Mit der 82-jährigen Agatha konnte ich mich lange Zeit nicht anfreunden, obwohl ich durchaus nachvollziehen konnte, warum sie so verbittert und sogar bösartig geworden ist. Doch auch ihre Passagen waren interessant zu lesen.

Die Mischung aus diesen drei so unterschiedlichen Charakteren macht den Reiz der Geschichte aus. Drei Fremde, die erst einmal zueinander finden müssen, um ihr Ziel erreichen zu können.

Die einzelnen Kapitel sind mit der jeweiligen Person überschrieben, aus deren Sicht sie geschrieben sind. Dabei haben wir es stets mit einem personalen Erzähler zu tun. Auffallend ist, dass die wörtliche Rede nicht in Anführungszeichen, sondern kursiv gedruckt steht. Welchen Sinn dies haben soll, hat sich mir leider nicht erschlossen. Hauptsache, sich nicht an die Norm halten? Klar, es passt zu den Protagonisten, die auch in keine Norm passen. Trotzdem fand ich es ziemlich überflüssig und gewöhnungsbedürftig.

Fazit:
Mir hat dieses Buch recht gut gefallen. Es hat mich berührt, zum Lächeln und zum Nachdenken gebracht. Ein kleiner Roman über den Tod, die Freundschaft und die Liebe.

Bewertung vom 04.07.2015
Wenn die Wale an Land gehen
Aehnlich, Kathrin

Wenn die Wale an Land gehen


ausgezeichnet

Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, das war und ist Amerika für viele, so auch für die Bürger der ehemaligen DDR. Roswitha ist 50, als sie nach New York reist. Gerade frisch geschieden, ist sie auf der Suche nach Mick, ihrer Jugendliebe. Sie waren in den 1980er Jahren in Leipzig in derselben Studentenclique. Mit Hilfe der Kunst, sei es Musik, Theater, Fotografie oder Film, lehnten sich die Freunde gegen die normierte Gesellschaft auf, bis sie ins Visier der Stasi gerieten. Vor allem Mick war schon immer der rebellische Typ, er wollte sich nicht dem System unterordnen, sondern das Land verlassen, in die USA gehen, was er schließlich auch tat. Roswitha blieb. Seit über 20 Jahren haben sie sich nicht mehr gesehen, und so hat Roswitha nur eine Jahre alte Adresse von ihm und ihre Suche dauert etwas. Dabei lernt sie aber einige Freunde von Mick kennen, die sich ihrer annehmen.

In Rückblicken erzählt Kathrin Aehnlich vom Leben der Studenten in der DDR in den 1980er Jahren, kurz vor dem Fall der Mauer, von der verordneten Langeweile und der langweiligen Planbarkeit des Lebens. Sehr geschickt verwebt sie dabei die Ereignisse der Vergangenheit in der DDR mit denen der Gegenwart in New York. Immer wieder gibt es Parallelen.

Mit leisen Worten und einer guten Portion Humor lässt die Autorin uns Leser tief in das Leben der Protagonisten eintauchen. Es schwingt viel Melancholie mit, aber auch ein starker Wille der Hauptfiguren wird deutlich. Durch den ganzen Roman zieht sich die Musik als verbindendes Element. Schon für die damaligen Studenten war sie ein Mittel der sanften Auflehnung. Für Roswitha spielt die Musik auch heute noch eine große Rolle. Immer wieder unterlegt sie ihre momentane Situation mit einer Liedzeile oder einem Musiktitel.

Sie überlegte, wie sie ihre Frage nach Mick formulieren könnte. Vielleicht mithilfe der Bee Gees? „Have you seen my friend Mrs. Jones?“ (S. 112)

Roswitha suchte nach einem passenden Soundtrack für ihren Abschied. Ihr fiel nur Reinhard Mey ein: „Gute Nacht, Freunde, es wird Zeit für mich zu gehn, was ich noch zu sagen hätte, dauert eine Zigarette und ein letztes Glas im Stehn.“ (S. 248)

Dabei handelt es sich in der Regel um ältere Musiktitel, die der heutigen Jugend vielleicht nicht mehr geläufig sind. Wenn man aber, so wie ich, in einem ähnlichen Alter wie Roswitha ist, kann man sich mit einer gewissen nostalgischen Wehmut an früher erinnern.

Bewertung vom 29.06.2015
Das Meer in deinem Namen / Ostsee-Trilogie Bd.1
Koelle, Patricia

Das Meer in deinem Namen / Ostsee-Trilogie Bd.1


sehr gut

Warmherziger Roman, sommerlich leicht

Inhalt:
Fast ihr Leben lang schon fürchtet sich Carly vor dem Meer. Als sie ein Kind war, hat es ihr die Eltern genommen. Als sie nun den Auftrag bekommt, für ihren ehemaligen Chef ein Häuschen in dem Künstlerdorf Ahrenshoop an der Ostsee für den Verkauf vorzubereiten, ist ihr ein wenig mulmig zumute. Doch Land und Leute machen es ihr leicht, sich dort wohl zu fühlen. Je mehr Carly in die Geschichte der Vorbesitzerin eintaucht, desto weniger will sie diesen wunderbaren Ort wieder verlassen.

Meine Meinung:
Detailreich und bildhaft erzählt Patricia Koelle die Geschichte zweier Frauen. Wir begleiten zum Einen Carly im Jahr 1999, als sie nach Ahrenshoop in das Haus Naurulokki kommt, um auszumisten und sauber zu machen, damit das Haus verkauft werden kann. Je mehr sie sich mit dem Haus beschäftigt, umso mehr erfährt sie über die (Liebes-) Geschichte der verstorbenen Besitzerin, Henny Badonin, einer Malerin. Sie fühlt sich auf eigenartige Weise mit der ihr unbekannten Frau verbunden und spürt sogar deren Anwesenheit auf Naurulokki. Ausgerechnet hier am Meer, vor dem sie immer Angst hatte, fühlt Carly sich endlich heimisch. Es gelingt der Autorin, eine wunderbare Atmosphäre heraufzubeschwören. Man kann leicht nachvollziehen, warum Carly sich auf Naurulokki und in Ahrenshoop so wohl fühlt.

In Rückblicken erfahren wir Leser noch mehr als Carly, nämlich wichtige Ausschnitte aus Hennys Leben in den 1950er und 1990er Jahren. Die Perspektivwechsel haben mir gut gefallen, sie machten den Roman abwechslungsreicher und interessanter. Allerdings blieb mir Henny und ihre Zeit bis zum Schluss fremder als Carly. Aber das ist ja nicht schlimm. Wichtig ist, dass die Handlung in sich logisch und nachvollziehbar ist, und das ist sie, auch wenn es zuweilen vor glücklichen Zufällen nur so wimmelt. Probleme lösen sich wie von selbst, was in der Häufigkeit dann doch etwas unglaubwürdig wirkt. Es wird alles ein bisschen durch die rosa Brille betrachtet, Ecken und Kanten hat wohl das Meer schon abgeschliffen. ;-)

„Das Meer in deinem Namen“ ist ein leichter Roman, nicht besonders tiefgründig, aber auch nicht oberflächlich, ein wenig kitschig, ein wenig klischeebehaftet. Wer das mag, ist hier genau richtig.

Die Handlung kann man als abgeschlossen betrachten. Gleichwohl gibt es einige lose Fäden, die noch weiter verfolgt werden können. Und so wird der 2. Teil der Trilogie mit dem Titel „Das Licht in deiner Stimme“ im September 2015 als Taschenbuch erscheinen. Als E-Book ist er bereits erhältlich.

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