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Lesezauber_Zeilenreise
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Eggenstein-Leopoldshafen
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Buchnerd durch und durch

Bewertungen

Insgesamt 806 Bewertungen
Bewertung vom 26.06.2022
Drachendieb - Das Buch der Bänder 1
Raphael Lang

Drachendieb - Das Buch der Bänder 1


ausgezeichnet

Eine fantasievolle Abenteuerreise, die in schneegepeitschten Gipfeln beginnt und den Leser dann durch ein Fantasieland in wärmere Gefilde bringt. Immer begleitet von Menschen und Chimären und einer ganzen Menge fantastischer Ideen. Eine Fantasy-Geschichte, die ein bisschen asiatisch angehaucht ist und die einfach irren Spaß macht!

Diese Geschichte ist wunderbar und mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet, die Charaktere sind mir nahezu sofort ans Herz gewachsen. Allen voran Narugar, der überaus sanfte, rücksichtsvolle und einfach liebenswerte Panther-Chimär. Aber auch Kaira, die (menschliche) Prinzessin und Tark, der weise, alte Schildkröten-Chimär und natürlich auch Hok, der große, starke und witzige Eisbär-Chimär. Allesamt Charaktere, die einem ans Herz wachsen.

Eher traurig beginnt die Geschichte mit dem Zirkusleben von Narugar, der vom Zirkusdirektor Herr Sonogun in Gefangenschaft gehalten wird. Wobei die Beziehung der beiden wirklich fesselnd, weil seltsam ist. Nach der Flucht von Narugar und Kairi erleben diese wirklich so einiges. Ich war immer mit dabei und konnte mir alles bildlich vorstellen - Kopfkino vom Feinsten. Alles hat einen asiatischen Touch: die Namen, die Landschaft mit Pagoden. Ich konnte mir die Charaktere so gut vorstellen... könnte ich sie zeichnen, hätte ich dazu richtig Lust! Es ist aber keine bierernste, tröge Fantasy-Geschichte. Ganz im Gegenteil. Die Dialoge enthalten so viel Humor und Witz, es gibt einiges an Situationskomik und der Autor schreibt einfach in einem wirklich flüssigen, lebendigen und sehr gut lesbaren Stil. Ich mag dieses Buch wirklich sehr, bin nahezu hindurchgerauscht und freuen mich schon jetzt auf Band 2 dieser "Buch-der-Bänder-Saga". Apropos "Bänder"... das ist eine schöne Idee mit den "magischen Bändern", mit denen Menschen und Chimären verbunden sind. Jede Chimäre ist mit einem bestimmten Menschen verbunden - und das bereits vor der Geburt und über den Tod hinaus. Und nicht jeder kennt seinen Seelenpartner. Tolle Idee, wunderbare Figuren, lebendiges Setting, super Schreibstil! Bitte mehr davon!

Bewertung vom 25.06.2022
Aus der Puste / Rosa Fink Bd.2
Sanne, Manuela

Aus der Puste / Rosa Fink Bd.2


sehr gut

Der zweite Fall für Hobbydetektivin Rosa Fink – Sport ist Mord


Rosa und Sebi wollen zum zweiten Mal heiraten – an ihrem Lieblingsurlaubsort an der Nordsee. Bis es soweit ist, ziehen sie ihre Flitterwochen kurzerhand vor und machen dort 3 Wochen Urlaub. Wegen ein paar Kilos zu viel auf der Waage will Rosa ein bisschen Sport machen und so lernen sie am Urlaubsort die Friesenfüße, eine Läufergruppe kennen. Sehr zum Missfallen von Sebi. Flirtet einer der Läufer, Oli, doch sehr mit Rosa. Und auch mit den Frauen anderer Männer. Als Oli kurz darauf tot umfällt, liegt der Verdacht nahe, dass hier ein wenig nachgeholfen wurde. Rosa und Sebi ermitteln und lernen dabei den einen oder anderen Dorfbewohner kennen sowie manch Wissenswertes über die Wirkung von Kräutern.

Wie auch schon in Teil 1 mag ich die resolute Rosie sehr. Sie ist Katzennärrin und Hobbydetektivin, hat vielleicht ein paar kleine Pfündchen zu viel auf den Rippen, dafür das Herz auf dem rechten Fleck. Selbstbewusst und lebenslustig ermittelt sie sich durch die Story, Sebi immer an ihrer Seite. Die zwei sind ein nettes Paar und passen einfach gut zueinander. Wo Rosa eher forsch und manchmal unbedacht vorangeht, bleibt Sebi auf dem Boden der Realität und bremst sie wenn nötig ein wenig ein. Dabei sind die beiden immer voller Herzlichkeit und Humor. Ein Cosy Crime, wie er im Buche steht. Klar, es gibt Tote, aber es ist nie brutal oder gewalttätig. Der ostfriesische Humor und die Atmosphäre der Nordsee kommen gut rüber und es fühlte sich wie ein kleiner Kurzurlaub an - ein Wohlfühlkrimi eben. Der lockere, herzliche Schreibstil, der super gut zu lesen ist, steuert das seine dazu bei. Genau so wie die nur kurzen, dafür aber umso witzigeren Szenen mit Hammel Boris – das müsst ihr aber schon selber lesen, was es mit ihm aus sich hat.

Nett auch: am Ende des Buches gibt es – wie auch schon in Teil 1 der Reihe – ein Rezept zum Nachbacken. Diesmal „Flinke Friesenfüße“ – ein Gebäck mit Rum. Ich mag es total, wenn in einem Buch noch Rezepte sind – ein weiterer Wohlfühlfaktor.

Ein Krimi, der Spaß macht, für kurzweilige Unterhaltung sorgt und mir ein paar vergnügliche Stunden an der Nordsee beschert hat. Fast schon konnte ich das Wattenmeer riechen. Sehr gute 4/5 Sterne und eine klare Empfehlung für alle, die beschaulichen, humorvollen Cosy Crime zum Miträtseln mögen.

Bewertung vom 24.06.2022
Marterlmord - Ein Geheimnis. Eine Mordserie. Ein schweigendes Dorf.
Troi, Heidi

Marterlmord - Ein Geheimnis. Eine Mordserie. Ein schweigendes Dorf.


gut

Ein Bergbauerndorf in Südtirol – idyllisch? Nein! Dafür mörderisch und schweigsam!

Ich vergebe für das Buch 3,5 Sterne – da es hier keine halben Sterne gibt, runde ich tendenzmäßig auf 3 Sterne ab.

Tal-Valle in Südtirol – ein kleines Bergbauerndorf mitten im Nichts. Hier soll Pietro Carminati ab sofort seinen Dienst versehen. Doch anstatt eine ruhige Kugel schieben zu können, wird direkt ein Toter gemeldet. Sepp, der „Dorfbsuff“ liegt tot im Bach. Sicher ein Unfall. Als dann tags darauf die Leiche eines der Bauern mit abgehackten Händen und halbnackt an einem Marterl geflochten entdeckt wird, keimt ein Verdacht auf. Dieser erhärtet sich, als am nächsten Tag der nächste Bauer tot am Marterl hängt. Allen Leichen wurde ein Sträußchen Vergissmeinicht beigestellt. Carminati versucht zu ermitteln, doch die schweigende Dorfgemeinschaft macht es ihm nicht leicht. Zudem kämpft er mit seinen Gefühlen, denn seine Verlobte Beatrice hat ihm den Laufpass gegeben, was Carminati nicht akzeptieren will. Und der Chef fordert schnelle Ergebnisse. Carminati steht unter Druck – und schon passiert noch ein Mord.

Eine Leiche jagt die nächste in diesem Südtirol-Krimi. Es geht Schlag auf Schlag, zu schnell, um wirklich Ermittlungen zu betreiben. Außer ein paar Befragungen, die aufgrund der stoischen Wortkargheit der Bergbauernfamilien eher Monologen gleichen und dem Einsatz von Militärpatrouillen im Dorf, unternimmt Pietro eigentlich nichts. Dazu ist er von seinem Privatleben – erst in Form seiner Verlobten, die ihm einen Laufpass gegeben hat und später dann von den schönen grünen Augen einer Journalistin, die ihm den Kopf verdreht – zu sehr abgelenkt. Für mich macht das aus Pietro einen denkbar ungeeigneten Polizisten und ich empfinde ihn tatsächlich als sehr stümperhaft. So kommt leider kein Ermittlungsfieber auf – es wird ja kaum ermittelt. Eine Leiche nach der anderen, dazwischen ein bisschen Geplänkel und am Ende dann der Showdown mit der letzten Leiche und der Auflösung. Es hat schon Spaß gemacht, das Buch zu lesen und der Schreibstil ist auch wirklich fesselnd. Doch mir ging alles zu schnell. Es blieb keine Zeit, die Figuren näher kennenzulernen – alle blieben für mich sehr blass. Dadurch, dass einfach immer mehr Leichen auftauchten, ohne dass dem Leser ein bisschen Zusatzinfos oder Hinweise zu den Opfern geliefert wurden, war es nahezu unmöglich, mitzuraten, weswegen und von wem sie ermordet wurden. Gefallen hat mir der Humor, der vor allem mit den Militärjungs immer mal wieder aufblitzte. Über Pietro habe ich mich eigentlich nur aufgeregt. So eine selbstmitleidige, unnütze Heulboje. Die Auflösung war dann zwar nachvollziehbar, aber doch auch sehr reißerisch.

Das Cover ist sagenhaft! Diese bedrohliche Stimmung passt perfekt zu dem einsamen Bergbauerndorf. Und: ich weiß jetzt, was Marterln sind – das war mir vorher nämlich nicht bewusst, dass diese überdachten Wegkreuze mit den religiösen Figuren an den Wegesrändern so heißen.

Ein Krimi, der sich flüssig und schnell lesen lässt, der aber irgendwie mein Krimiherz nicht wirklich befriedigt hat. Dafür war es zu viel und zu schnell und zu sehr nur an der Oberfläche. Das ist schade, denn der Schreibstil an sich ist wirklich super. Mit mehr Tiefe und Detailverliebtheit wäre der Krimi perfekt gewesen. So vergebe ich 3 gute Sterne (wie gesagt: GUTE Sterne! Drei sind bei mir GUT, vier sind SEHR GUT – das Buch ist also keinesfalls schlecht, sondern liegt zwischen gut und sehr gut).

Bewertung vom 12.06.2022
Für die Katz / Rosa Fink Bd.1 (eBook, ePUB)
Sanne, Manuela

Für die Katz / Rosa Fink Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Wuppertaler Cosy-Crime mit Katzen – humorvoll und kurzweilig


Rosa und Sebi Fink sind eigentlich geschieden – verstehen sich aber prächtig und machen sogar gemeinsam Urlaub. Ihr diesjähriger Nordseeurlaub wird jedoch von einer Katzenentführung in Wuppertal, ihrem Wohnort, sowie einem Farbsprühangriff auf die Rassekatzenausstellung jäh unterbrochen. Sebi, Privatdetektiv, wird vom Veranstalter der Ausstellung, einem ehemaligen Polizeikollegen gebeten, Ermittlungen anzustellen und den Fall aufzuklären. Rosi – resolut, bestimmt und voller Tatendrang – hilft nach Kräften mit und gerät bald selbst in Gefahr.

Das Cover hat mich als riesigen Katzenfan sofort angezogen – logisch! Zudem mag ich Cosy Crime und habe mich daher sehr gefreut, dass ich das Buch bei einem Gewinnspiel der Autorin gewonnen habe. Ich mag den lockerflockigen, sehr gut zu lesen Schreibstil, immer spritzig und witzig, aber nicht albern und doof. Die Figuren werden wunderbar detailliert beschrieben, so dass man jeden schon bald persönlich zu kennen meint. Allen voran Hauptcharakter Rosi, die ich einfach mag mit ihrer resoluten, zupackenden Art und ihrer herrlichen Normalität (sie ist keine Superwoman, sondern eine normale Frau Mitte 40, die bei Essen schwach wird, keine Diät so richtig durchhält und die Sport überhaupt nicht mag). Die Story ist spannend und nur teilweise vorhersehbar und ich fühlte mich richtig gut unterhalten. Kurzweilig, witzig, nahezu gewaltfrei – eben Cosy Crime. Das Ganze spielt zwar auch an der Nordsee, doch nur kurz. Hauptspielort ist Wuppertal. Ich könnte mir vorstellen, dass Ortskundige da richtig ihre Freude dran und einen hohen Wiedererkennungswert haben.

Teil 2 habe ich mir direkt gekauft (das allein sagt ja schon einiges aus) und ich vergebe für den Auftakt der Rosa Fink-Reihe sehr gute 4/5 Sterne.

Bewertung vom 09.06.2022
Der Magier von Lhasa
Michie, David

Der Magier von Lhasa


ausgezeichnet

Spiritueller Thriller nicht nur für Fans der Buchreihe „Die Katze des Dalai Lama“


Ich vergebe für das Buch 4,5 Sterne – in Ermangelung halber Sterne runde ich sehr gerne auf volle 5 Sterne auf.

Tibet, 1949: Mönchs-Novize Tenzin Dorje flieht gemeinsam mit seinem Bruder Paldon Wangpo (ebenfalls Novize) und ihrem Lama Tsering aus Tibet Richtung Indien, um der Roten Armee zu entgehen, die sämtliche Klöster dem Erdboden gleichmacht und Tod, Verstümmelung und Verzweiflung verbreitet. Im Gepäck die kostbarsten Dokumente, deren Schutz noch vor dem Schutz des eigenen Lebens steht. Zu Fuß über den Himalaya, Schnee, Kälte, Erschöpfung und immer die Gefahr, von Soldaten aufgespürt zu werden.

England/USA, 2007: Matt Lester, Quantenwissenschaftler und Erfinder von Nanobot, bekommt ein Jobangebot, dem er sich nicht entziehen kann. Die berufliche Chance seines Lebens. Doch seine Beziehung leidet darunter und droht zu zerbrechen. Zudem findet er heraus, dass es sein neuer Chef nicht ehrlich mit ihm meint. All das und die Bekanntschaft mit seinem neuen Nachbar, einem tibetischen Mönch, bringt ihn dazu, sein bisheriges und weiteres Leben gründlich zu überdenken.

Was diese beiden so gänzlich unterschiedlichen Geschichten miteinander zu tun haben, offenbart sich zum Ende des Buches. Bis dahin wechseln sich Nervenkitzel der Flucht nach Indien in den 50er Jahren mit Beziehungsproblemen 2007 in den USA auf wunderbar unterhaltsame Weise ab.

Das Buch ist untertitelt mit „Thriller“, doch handelt es sich nicht um einen knallharten, nervenaufreibenden Schocker, sondern um eher um eine spannende, spirituelle und sehr fesselnde Erzählung. Der Teil in Tibet ist nervenaufreibend und unter die Haut gehend, der Teil in England/USA eher ruhig und kurzweilig. David Michie schafft es auch hier wieder (wie schon in seinen „Die Katze des Dalai Lama“-Büchern) dem Leser den Buddhismus auf sanfte, verständliche, unterhaltsame und sehr faszinierende Art näherzubringen und zu erklären. Kein esoterisch-abgehobenes Geschwurbel, sondern faszinierende und interessante Einblicke in die buddhistische Lebensanschauung. Wie er die beiden unterschiedlichen Zweige des Buches am Ende verschmelzen lässt, ist herzerwärmend, tröstend und Hoffnung machend.

Die Charaktere sind bildhaft und lebendig, detailliert beschrieben und charaktervoll, so dass sie einem direkt nahe sind. Die Liebe, die David Michie für alle Lebewesen in sich trägt, ist förmlich greifbar und macht die Lektüre zu etwas Besonderem.

Anfang und Ende des Buches ziert ein wunderschönes Mantra:

Mögen alle Wesen glücklich sein
und die wahren Ursachen des Glücks besitzen.
Mögen alle Wesen frei sein von Leid
und von den wahren Ursachen des Leids.
Mögen alle Wesen niemals das Glück verlieren, das ohne Leiden ist,
die große Freude der Befreiung im Nirvana.
Mögen sich alle Wesen in Frieden und Gleichmut befinden
Und ihr Geist frei sein von Anhaftungen und Abneigungen,
sowie frei von Gleichgültigkeit.

Ein wundervolles, spannendes, herzerwärmendes Buch – nicht nur für Fans der Katze des Dalai Lama – 4,5/5 Sterne.

Bewertung vom 05.06.2022
Selbst.Zufrieden
Reed Turrell, Emma

Selbst.Zufrieden


gut

Verhaltenstherapie im Buchformat


Nachdem die vier Pleasing-Profile vorgestellt werden (der klassische People Pleaser, der Schatten, der Beschwichtiger, der Verweigerer) widmet sich die Autorin dem Pleasing in den verschiedenen Lebensbereichen: Pleasing in Freundschaften, in Beziehungen, am Arbeitsplatz, in der Elternrolle, bei besonderen Anlässen, im Internet, als Frau, als Mann und von der Empfängerseite betrachtet. Mit Praxisbeispielen in Form von Geschichten ihrer Klienten (die Autorin arbeitet als Psychologin) verdeutlicht sie ihre Ausführungen.

Ich bin ein bisschen zweigespalten, was das Buch betrifft. Einerseits ist es gut und verständlich geschrieben, andererseits empfinde ich es sehr als Verhaltenstherapie im Buchformat. Wer Altlasten mit sich herumschleppt, z.B. aus der Kindheit, der wird hier ordentlich getriggert. Das ist hart, das tut weh – und da man hier nur das Buch vor sich hat und keinen Therapeuten, steht man dann damit ziemlich alleine da. Es ist kein Buch zum schnell mal weglesen, sondern zum damit arbeiten – sofern man bereit ist, die Krusten der Vergangenheit aufzubrechen, weil man sich selbst tatsächlich unwohl fühlt, mit dem ewigen Ja-Sagen und Allen-gefallen-wollen und damit Schluss machen möchte. Je nach Grad des eigenen People-Pleaser-Zustands ist das Buch vielleicht ein Anfang, aber keinesfalls die Heilung. Das wäre zu einfach.

Ich mag den Begriff People Pleaser nicht. Bedeutet er doch direkt übersetzt: Einschleimer. Das ist mir zu negativ behaftet. Generell wäre mir ein deutscher (nicht negativ behafteter) Ausdruck in dem Buch auch lieber gewesen, da nahezu auf jeder Seite mehrfach Poeple Pleaser und Pleasing zu lesen ist. Aber gut, halb so wild.

In einem Satz heißt es: „Wenn du nicht erkennst, dass deine Herangehensweise ans Leben Resultat der eigenen Konditionierung ist […], so wirst du womöglich gar nicht merken, dass es Leerstellen bei dir gibt, die du füllen musst.“ Ich persönlich habe ein Problem mit der Aussage. Wenn ich alle meine Taten, Worte, Gedanken (eben meine Herangehensweise) hinterfrage in Bezug auf meine Vergangenheit, meine Erziehung, meine Kindheitserlebnisse etc., werde ich m.M.n. verrückt und handlungsunfähig. Dann doch lieber ein paar „Leerstellen“ – und ob ich die wirklich füllen muss, sei mal dahingestellt.

Alles in allem ein verständlich geschriebenes Lebenshilfebuch, das es sich für meinen Geschmack jedoch zu einfach macht und nur dazu dienen kann, einen allerersten Anstoß zu geben. Oder das sich eher an die leichteren Fälle von People Pleasern richtet. Keine einfache Lektüre für Betroffene, sondern Triggerauslöser und dadurch u.U. schmerzhaft. Eine Empfehlung für oder gegen das Buch kann ich nicht abgeben, da jeder selbst herausfinden muss, ob das was für ihn ist.

Von mir 3/5 Sterne.

Bewertung vom 03.06.2022
Talberg 2022 / Talberg Bd.3
Korn, Max

Talberg 2022 / Talberg Bd.3


ausgezeichnet

Grandioser Abschluss der Talberg-Trilogie – düster, beklemmend, fesselnd, atmosphärisch


Ein Jahrhundertsturm legt nicht nur die Nerven der Talberger und Baumwurzeln frei, sondern auch das Skelett eines Kindes. Adam Wegbauer, ehemaliger Kriminaler in München, nun degradiert zum einfachen Dorfpolizist, hat gleich ein ganz komisches Gefühl bei der Sache. Er birgt die Überreste und informiert seinen Chef über den Fund. Der schickt Eva Engler vom LKA nach Talberg, um die Untersuchungen zu leiten. Gegen die Unfreundlichkeit und das Eigenbrötlertum der Dorfbewohner kämpfend, beginnen die beiden ihre Ermittlungen und scheuchen damit ein dunkles Geheimnis auf, dass auf Talberg, vor allem aber auch auf Adams Familie lastet.

Es hat gefühlt 2 Sekunden gedauert, dann war ich wieder sowas von angekommen in Talberg. Das Dorf und seine Bewohner sind weder idyllisch noch liebenswert, sondern eher beklemmend und düster und unfreundlich. Diese Stimmung hat sich 1 zu 1 auf mich übertragen – wie es auch schon bei den beiden Vorbänden der Fall war. Max Korns Schreibstil hat auf mich eine Wirkung, die ich kaum beschreiben kann. Story und Setting kriechen mir unter die Haut, ins Herz, ins Hirn und lösen Empfindungen aus, als wäre ich persönlich vor Ort in Talberg. Ich möchte diese Dorfbewohner gern schütteln. Ihnen in den Allerwertesten treten. Sie verfluchen und wegsperren. Mich vor ihnen verstecken. Gleichzeitig faszinieren sie mich über alle Maßen. Der Aufbau ist brillant. Durch Rückblicke erhalte ich immer mehr Informationen, bin traurig, entsetzt, wütend. Ich tappe bis zum Schluss im Dunklen, habe Vermutungen, verwerfe sie, werde überrascht und bin dann wieder ratlos. Die Charaktere sind bildhaft und nahezu greifbar, die Themen gehen unter die Haut. Ganz sicher kein Cosy-Crime, sondern düster, bedrückend, erschreckend, brutal, intensiv und extrem berührend.

Es ist nicht notwendig, die Vorbände zu kennen. Jedes Buch ist auch einzeln für sich zu lesen. Dennoch empfehle ich die Lektüre aller drei Teile. Nicht fürs Verständnis, aber fürs Feeling. Eine grandiose Reihe, die ich jedem ans Herz lege, der mit Büchern klarkommt, die ihre düstere, beklemmende Stimmung dem Leser schonungslos überstülpen. Und die einen außergewöhnlichen, atmosphärischen, fesselnden Schreibstil mit mächtiger Sogwirkung so sehr lieben, wie ich.

Schade, dass mit diesem dritten Band die Trilogie und damit meine Reisen nach Talberg ein Ende gefunden haben. Ich hätte mich gerne noch öfter auf den Weg dorthin gemacht.

Ganz klare 5/5 und für mich ein Lese-Highlight!

Bewertung vom 29.05.2022
Nilpferdson & Erdmannson
Neuffer, Niklas

Nilpferdson & Erdmannson


ausgezeichnet

Die Reise des ersten Nilpferds auf der Suche nach sich selbst – bezauberndes Kinder-Bilderbuch

Von mir bekommt dieses Buch 4,5 Sterne - in Ermangelung halber Sterne runde ich tendenzmäßig auf volle 5 Sterne auf.

Nilpferdson fühlt sich einsam, so als einziges Nilpferd am Nil, ohne Freunde. So macht er sich eines Tages auf die Reise, um die Welt zu entdecken, andere Tiere zu finden und vielleicht sogar den einen, wahren Freund. Den findet er in dem Erdmännchen Erdmannson und fortan gehen sie gemeinsam durch Dick und Dünn.

Dieses Buch ist optisch schon mal ein echtes Highlight! Das beginnt beim Cover und setzt sich im Innenteil fort. Auf den linken Buchseiten steht die Geschichte, der Text, immer mit einer hübschen kleinen s/w-Skizze unterstrichen. Auf den rechten Seiten sind dann die traumhaft schönen, ganzseitigen Farbillustrationen, die voller Details und einfach nur wunderschön sind.
Der Text ist kindgerecht und einfach, doch voller Gefühl und sehr liebenswert. Nilfpferdson entdeckt die Welt um sich herum und trifft auf die unterschiedlichsten Tiere, die ihm alle wohlgesonnen sind. Die Botschaft hinter dem Buch ist klar: Sei Du selbst und habe Vertrauen in Dich. Auch wenn Du anders bist. Du musst Dich nicht verstellen, um Freunde zu finden. Schlagwörter hier sind: Selbstvertrauen, Akzeptanz, Freundschaft, Mut, gemeinsam sind wir stark.

Ich mag das Buch sehr. Die Idee mit den Nilsen hat mich zum Lachen gebracht, die Liebesgeschichte zwischen Nils-Männchen und Pferde-Weibchen, also Nilpferdsons Eltern, fand ich einfach nur entzückend und Nilpferson selbst habe ich direkt in mein Herz geschlossen. Ein Buch über Akzeptanz und Toleranz und Selbstvertrauen.

Von mir super gute 4,5/5 Sterne und eine Empfehlung an alle Eltern, die ihren Kindern gern wunderschön illustrierte Bücher mit schöner und wichtiger Botschaft vorlesen.

Bewertung vom 29.05.2022
Schatten über Saint-Tropez / Conny von Klarg Bd.1
Vöhringer, Sabine

Schatten über Saint-Tropez / Conny von Klarg Bd.1


sehr gut

Ein Buch wie ein Kurzurlaub – nur spannender!


Conny, gerade frisch getrennt von ihrer On-Off-Beziehung mit Félix, reist nach Saint Tropez, um für das Journal ihres neuen Arbeitgebers einen Reisebericht zu schreiben. Doch es kommt ganz anders, denn ihre langjährige Freundin, Hotelbesitzerin und Ziehmutter Simonette, wurde wegen Mordverdachts festgenommen. Conny glaubt keine Sekunde daran und ermittelt auf eigene Faust, um Simonette zu entlasten. Unterstützt wird sie von Jacques, Simonettes Lebensgefährte. Alle anderen Bewohner des Ortes und sogar die eigenen Familienmitglieder, scheinen keinen Finger rühren zu wollen. Warum schweigt Simonette? Wen will sie schützen oder welches Geheimnis bewahren? Oder ist Simonette doch gar nicht unschuldig? Conny gerät immer tiefer in einen Strudel aus Korruption, Kunstraub, Grundstücksspekulation und bald sogar selbst in Gefahr. Zu allem Überfluss ist nun auch noch ihr Verflossener Félix in den Fall involviert und ermittelt ebenfalls vor Ort.

Direkt nach den ersten Seiten fühlt ich mich wie im Urlaub. Das Setting ist einfach traumhaft und ich habe förmlich das Meer gehört, den Wind gespürt und die südlichen Düfte gerochen. Kein Wunder, denn Sabine Vöhringer beschreibt Land und Leute mit einer Leidenschaft und Liebe, die auf jeder Seite förmlich greifbar ist. Der Aufbau gefällt mir ausgesprochen gut, tappte ich doch bis zum Ende im Dunklen, habe die verschiedensten Szenarien erschaffen und wieder verworfen, wurde von einer Wendung zur nächsten getragen, misstraute Figuren, nur um sie dann wieder sympathisch zu finden und umgekehrt. So nach und nach wurden mir kleine Bröckchen vorgeworfen, die wieder ein bisschen mehr offenbarten und ständig fragte ich mich: was ist hier los? Wer? Warum? Wie?

Anfangs war die Handlung noch chillig, quasi im Urlaubsmodus, nahm dann aber immer mehr an Fahrt zu und ich konnte das Buch dann nur noch schwer aus der Hand legen. Die Sache mit Félix, dem Verflossenen, hätte ich jetzt nicht unbedingt gebraucht, gestört hat mich dieses Beziehungsding aber auch nicht. Das Ende, die Auflösung, war nachvollziehbar, die Art und Weise für meinen Geschmack jedoch ein bisschen to much (die Hauptfigur, die von einer Journalistin zu einer unerschrockenen Ermittlerin mutiert). Aber nichtsdestotrotz spannend.

Ein Buch, das mich nach Südfrankreich entführt hat. Urlaubsfeeling pur, Sonne, Meer, Wind und Pastis. Von mir sehr gute 4/5 Sterne.