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Frankfurt

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Insgesamt 726 Bewertungen
Bewertung vom 02.08.2021
Feen-Internat in Gefahr / Bazilla Bd.2
Schmidt, Heike Eva

Feen-Internat in Gefahr / Bazilla Bd.2


ausgezeichnet

Hilfe – Menschen in Sicht!

Was? Ein Vampirmädchen, dass eigentlich eine Fee ist? Ja!!!! Es ist alles möglich, auch das! Ist das nicht eine herrliche Kernbotschaft, alles geht und jeder darf sein wie er/sie/es ist. Hier geht es in der Tat um Bazilla, die wohl im ersten Band in das Feeninternat eingezogen ist nach ihrem 10. Geburtstag. Wir kennen nur diesen 2. Band und fanden uns schon ein wenig in die Geschichte geworfen. Also, wenn ihr noch überlegt, dann startet doch lieber mit dem 1. Teil: Bazilla – Fee wider Willen! Denn sie ist nicht wie der Rest ihrer Familie ein Vampir, sondern eine Fee!
In diesem 2. Band „Bazilla – Feen-Internat in Gefahr“ geht es nun actionreich rund, denn es gibt Menschen in der Nähe des Feen-Gartens, wo sie nichts zu suchen haben. Die Aufregung ist groß und Bazilla heckt einen verwegenen und guten Plan aus! Natürlich ist ihr Flederhamster Elvis mit von der Partie, genauso wie ihre beste Freundin Mimula. Ideenreich und abwechslungsreich ist die Geschichte und lädt zum Mitfiebern ein.
Heike Eva Schmidt schreibt eingängig einfach, prägnant und mit viel Witz, auch Sprachwitz, denn überall wo sich ‚fee‘ im Wort einbauen lässt tut sie es auch! Herrlich, wie Feeheimnisse und feertanzt! Mein Grundschulkind war begeistert und las es sehr gerne, auch alleine. Die Kapitel sind gute Leseabschnitte für schon ein wenig geübte Leser:innen. Hier wächst jedenfalls die Freude auf den dritten Band, der zum Glück noch im Herbst 2021 erscheint : Bazilla – Ferien auf Morchelfels. Die ersten Seiten sind ja auch schon am Ende abgedruckt.
Angela Gstalter hat die Illustationen herzallerliebst zu diesem Buch gestaltet. Wie cool, ist das eigentlich als Illustratorin mit Nachnamen Gstalter zu heißen! Es ist nicht übrig bebildert, aber ausreichend für die Altersklasse, alle Bilder im Buch sind in Schwarzweiß gehalten.
Spannend, unterhaltsam, witzig und mit tollen Charakteren ist dieses Kinderbuch gespickt! Ich kann es von Herzen empfehlen.

Bewertung vom 31.07.2021
Club der Schlaflosen
Levy, Gabrielle

Club der Schlaflosen


ausgezeichnet

Manchmal reicht das Schäfchen zählen nicht aus

Michèle, Hervé, Jacques, Léna und Claire eint eines und es gibt Millionen von ihnen weltweit, die darunter leiden: Insomnia – Schlaflosigkeit. Unseren fünf Schlaflosen halten die durchwachten Nächte und die Müdigkeit nicht mehr aus. Wollen raus aus diesem Teufelskreis aus Angst vor dem Nicht-Schlafen-Können, Wachliegen und sich anstrengen zur Entspannung, was natürlich nur im Desaster enden kann. Die Reißleine der 5 ist eine Schlaftherapeutin, die den Protagonisten helfen wird Ursachenforschung zu betreiben was ihr persönliches Leiden ihre Rastlosigkeit auslöst. Die Symptome sind bei allen sehr ähnlich und führen in die Schlaflosigkeit, aber die Ursachen könnten unterschiedlicher nicht sein. Spannend was die Protagonisten auf ihrer persönlichen Reise zutage fördern.
Dieses Debüt ‚Club der Schlaflosen‘ von Gabrielle Levy, dass sicherlich auch sehr lesenswert im Original auf Französisch ist (O-Ton Titel: ‚Au rendez-vous des insomniaques‘), hat mich thematisch in eine Welt mitgenommen, der ich so in Romanform noch nicht begegnet bin in solch einer Ausführlichkeit. Wenn überhaupt findet Schlaflosigkeit in Literatur ja meist nur am Rande statt oder gar als stilistisches Element. Eigentlich ist ein Roman dieser Art so naheliegend, wo es so viele Menschen mit Schlafstörungen gibt, wie eben auch die Autorin selbst.
Ein gelungenes Debüt, der 1978 in Brüssel geborenen Autorin. Klare Sprache ohne Schnörkel, aber ausreichend emphatisch um uns auf die Reise mitzunehmen. Angenehm ohne jegliche esoterische Anwandlungen.
Es loht übrigens hier auch das gedruckte Buch, den die Haptik des leichten Taschenbuches ist großartig, da ist eine Art matte Beschichtung drauf.
Fazit: Wenn sie mal wieder wach liegen, greifen sie zum ‚Club der Schlaflosen‘ – entweder sie schlafen ein, weil sie sich eines guten Textes erfreuen oder kommen ins Grübeln und gehen auch auf Spurensuche. Egal wie, es ist eine Bereicherung für die Nachtruhe, kurz oder langfristig!

Bewertung vom 28.07.2021
Auszeit
Lühmann, Hannah

Auszeit


gut

Das ewige Hadern einer übersättigten Generation

Dieser Roman trifft einen Nerv der Zeit für eine Generation, die nun so ganz langsam in ihrer Lebensmitte ankommt. Hannah Lühmann, eine junge dynamische Feuilletonistin unserer Zeit, schreibt mit ihrem schmalen Debüt ein Roman, der stellvertretend steht für all die sich Suchenden und Sinnsuchenden, die viel mit sich selbst beschäftig sind. ‚Auszeit‘ hat keine große Handlung, ist kein packender Roman. Ganz sacht und nach innen gekehrt, sitzen wir als Leser:in mit den beiden Protagonistinnen in einem Haus im Wald und haben teil an ihren ganz persönlich großen Fragen des Lebens. Klar, im Grunde eine sehr persönliche Sache, aber erstaunlicherweise eint viele der Drang einen Mehrwert zu bieten, etwas zu arbeiten, dass Sinn macht, sich achtsam in der Welt zu bewegen und was hinterlässt man oder wen? Aber immer sehr Ich-bezogen.
Gebettet ist dies in die Geschichte der Henriette, die soeben abgetrieben hat und mit ihrer Dissertation nicht vorankommt. Diese Arbeit beinhaltet das Thema Werwölfe, was wie ein ungewollte Auffrischung zum restlichen Text anmutet. Unterstütz von Paula, ihrer bester Freundin, nehmen sich beide eine Auszeit vom Leben um Henriette wieder auf die Spur zu bringen. Und so kreisen die beiden hier fortwährend um sich selbst.
Hannah Lühnmann schreibt klar ohne Schnörkel, fast ein wenig zu faktisch für solch ein emotionalen Brocken. Aber durchaus gelungen. Sprachlich trau ich der Autorin noch viel zu, Potenzial zu noch bessere Romanen lässt sich durchaus erkennen! Dieses ist kein großer Wurf, daher kann ich keine große Empfehlung aussprechen.

Bewertung vom 28.07.2021
Viktor
Fanto, Judith

Viktor


ausgezeichnet

Jüdische Identität zurückgewinnen

Der Roman ‚Viktor‘ bekam in den Niederladen das Siegel: Bestes Debüt des Jahres! Und das macht natürlich neugierig und ich fragte mich: Hält es was die euphorischen Stimmen versprechen? Um es abzukürzen: Ja! Ich bin und war eine begeisterte Leserin des Debütromans ‚Viktor‘ von Judith Fanto.
Judith Fanto, Jahrgang 1969, hat sich auf die Spurensuche ihrer eigenen Herkunft gemacht und wollte einfach mehr wissen, denn sie entstammt einer alteingesessenen Wiener jüdischen Bürgerfamilie. Die niederländsiche Juristin mit dem Fachgebiet Medizin ist Mutter von 3 Kindern und ist hochaktiv im sozialen Bereich, gründete mehrere Stiftungen. Und nun auch hervorragende Autorin. Aber trotz aller Parallelen und Gemeinsamkeiten ist es ein fiktives und kein biografisches Werk.
Dieses Buch hat zwei Erzählstränge, zum einen im Wien des Jahres 1914 wird das Leben der jüdischen Familie Rosenbaum erzählt und hier besonders vom angeblichen schwarzen Schaf der Familie: Viktor. Ein regelrechter Aufschneider, lässt nichts anbrennen, eine Lebemann und macht was er will Scheinbar! Denn was nach außen hin als undurchdacht daher kommt hat oft einen zutiefst sozialen Kern.
Der zweite Erzählstrang widmet sich Geertje, geboren in den Niederlande und 1994 Jura-Studentin in Nimwegen. Sie ist eine „nichtjüdische“ Jüdin, wie sie sich selbst bezeichnet, denn sie ist zwar Teil einer jüdischen Familie, aber die weder praktiziert noch ein Thema daraus macht. Nun will Geertje diesem Teil ihrer Wurzeln nachgehen Zum Teil auf dem Dachboden ihrer Großmutter und zum Teil in einer jüdischen Gemeinde vor Ort. Zusammengeführt werden die Stränge, da Viktor der Bruder ihres Großvater.
Beide Stränge haben ihre Stärken und sind in sich schon eine Bereicherung, aber der Strang in den 90er Jahren hat mir besonders gefallen, denn Geertje setzt sich mit ihrer familiären Identität auseinander und ergründet was das für sie bedeutet! Sie will herausfinden und erspüren was es mit ihr macht und wer sie als Jüdin ist.
Wirklich spannend wie die Autorin sich mit dem Judentum und den historischen Ereignissen hier literarisch auseinandersetzt und das in einer leicht lesbaren Art. Auch beschreibt sie die Orte, also das historische Wien und dengegenwärtigen Nimwegen so plastisch, dass man es sich gut vorstellen kann.
Ich bin überzeugt und wünsche dem Roman sehr sehr viele Leser:innen, vor allem da es kein Roman aus einem der großen Verlagshäuser ist!

Bewertung vom 26.07.2021
Die Telefonzelle am Ende der Welt
Imai Messina, Laura

Die Telefonzelle am Ende der Welt


ausgezeichnet

Das japanische Telefon des Windes

Das Beste aus zwei Welten vereint! Dieses Debüt von Laura Imai Messina ist eine Kombination aus klassischer europäischer literarischer Erzählweise gepaart mit asiatisch leiser, aber kratvoller Erzählkunst. Die Autorin ist gebürtige Italienerin, die es zum Studium nach Japan zog und dort noch immer mit Mann und Kindern lebt. Eine Frau die zwei Welten vereint.
Wie hier in „Die Telefonzelle am anderen Ende der Welt“, dass im Original auf Italienisch erschien. Es geht tatsächlich um eine Telefonzelle die verlassen an einem verschlafenen Ort am Meer steht unweit von Tokyo entfernt. Diese besondere Telefonzelle im Garten am Meer lässt Hinterbliebene mit ihren Verstorbenen kommunizieren. Dieses Telefon des Windes zieht auch die Radiomoderatorin Yui an die 2011 im Tsunami ihre Mutter und ihre Tochter verlor. Aber wo es Verlust gibt, sollte es auch Hoffnung geben und so trifft sie just an diesem entlegenen Ort den Arzt Takeshi – auch er ein Trauernder, der traumatisiert ist. Diese Beiden finden sich, geben sich gegenseitig Kraft und Mut.
Mich hat dieser Roman berührt und feinfülliger gemacht. Wunderbar wie Laura Imai Messina mit klarer Sprache und scheinbar so einfachen Stilmitteln auf sehr japanische Weise uns mit dem doch sehr emotional stark beladenen Thema Tod und Trauer begegnet und diesem auch noch etwas abgewinnt und mit einem Lächeln zum Guten dreht.
Wunderbar kommen auch japanische Sitten und Riten zum Ausdruck. Eindeutig ein europäischer Blick, der uns ihre japanische Welt offenbart. Besonders schön fand ich viele japanische Begriffe die sich im Buch wiederfinden und deren Bedeutung sich auch offenbaren, den am Ende des Romans ist ein ausführliches Glossar zu finden.
Auch das Plädoyer zum Schluss, dass diese Telefonzelle keine touristische Attraktion ist und bitte nicht gesucht werden soll außer man möchte sie nutzen wie es auch die Japaner tun ist eine sehr respektvolle Bitte!
Herzerwärmend ohne kitschig zu werden und dazu noch sehr japanisch, obwohl es eine Italienerin geschrieben hat!

Bewertung vom 22.07.2021
Die Geschichte von Kat und Easy
Pásztor, Susann

Die Geschichte von Kat und Easy


sehr gut

Entwicklung zweier Frauen über die Jahrzehnte

Mit 15 Jahren liegt einem die Welt zu Füßen und genau das fühlen die beiden Freundinnen Kat und Easy – es war im Jahr 1973. Es werden Zukunftspläne und Absichten geschmiedet - und dann kam Fripp. Etwas älter als die beiden und anziehend, leider für beide!
Lange lange scheint es her und die beiden begegnen sich nach 50 Jahren auf Kreta wieder. Nun mit über 60 Jahren, beide geschieden und mit viel Erfahrungen und Erlebnissen auf dem Buckel.
Wir nähern uns den beiden auf drei verschiedenen Ebenen. Zum einen wird uns die Vergangenheit ihrer Jugend nähergebracht, dann lauschen wir Kat, die uns als Erzählerin auf Kreta mit einbindet und das dritte Element sind Blogeinträge aus Kats Lebenshilfeblog auf dem Easy unter dem Pseudonym ‚Ich-wills-wissen‘ Fragen an Kat hat.
Die beiden tasten sich auf Kreta aneinander heran. Es gibt viel zu berichte was in den letzten Jahren, Jahrzehnten war oder hätten nicht sein sollen. Und klar, für uns Leser:in steht immer die Frage im Raum was die beiden auseinander getrieben hat. War es Fripp? War es der Zahn der Zeit? Auf die Lösung steuert die/der Leser:in zu Ende des Buches hin, aber es scheint im Verlauf irrelevanter zu werden.
Es geht um die Auseinandersetzung der Beiden, das reflektieren und das Gemeinsame. Da war Easy, die immer Schöne und Kat die Mutige. Wie ist es heute?
„Die Geschichte von Kat und Easy“ hat Susann Pásztor sprachsensibel zu Papier gebracht und großartig macht die Autorin deutlich wie Kommunikation entzweien kann und auch wieder zusammenführt.
Fazit: Ein empathischer Roman, der gut ist, aber aus meiner persönlichen Sicht nicht der beste von Susann Pásztor.

Bewertung vom 21.07.2021
Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1
Pötzsch, Oliver

Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1


weniger gut

Wo anfange, wo aufhören bei diesem Kriminalroman. Gereizt hat es mich, weil ich gerne auch mal einen Krimi lese und das in historischem Setting von Wien reizend fand. Der Titel ist schon etwas reißerisch, aber nun gut, dachte ich mir, der Autor Oliver Pötzsch hat eine riesige Fangemeinde, warum also nicht.
„Das Buch des Totengräbers“ spielt 1893 in Wien. Der jungen Inspektor Leopold von Herzfeldt ist neu und hat just seinen ersten Tag bei der Polizei. Er war zuvor schon Untersuchungsrichter in einer anderen Stadt, ist kein Wiener und neuen Ermittlungstechniken besonders offen gegenüber wie Fotoapparaten. Genau in der Nacht vor seinem ersten Tag geschieht dieser unfassbare Mord an einer jungen Frau auf mehr als brutaler Weise und er ist schon zur Stelle. Tja, das war kein guter Auftakt für von Herzfeldt, er eckt an und wird gemieden.
Dann gibt es da noch den Totengräber, Augustin Rothmayer, der seine Erkenntnisse über die Leichen in ein Kompendium zusammenfasst und dann doch im Laufe der Ermittlungen zu einem Verbündeten wird mit Herzfeldt.
Natürlich bleibt es nicht bei einer Leiche. So viel zum Inhalt, sonst verrate ich zu viel. Es gibt auch eine reizende junge Kollegin im Präsidium die Herzfeldt waghalsig unterstützt und noch andere Charaktere, die so angelegt sind, dass sie noch in weiteren Fällen vorkommen können. Denn es ist ja auch ein Auftakt einer neuen Reihe (Totengräber-Serie).
Ich fand die Geschichte nicht sonderlich um die Ecke gedacht. Spannend war es aus meiner Sicht nur bedingt, auch wenn es natürlich den Friedhofcharme und damit ein wenig Gothic in gesamte Story bringt. Da ich es lieber knifflig mag und auch die Art des Sterbens an meiner weiblichen Seele gerüttelt hat, fand ich es in der Summe eher weniger gelungen.
Was man Oliver Pötzsch zugutehalten muss ist das historische Wien, dass konnte ich mir gut vorstellen. Auch wie er Erneuerungen wie das Telefon in die Geschichte einband fand ich gut. Sonst war der Kriminalroman sprachlich ok, aber auch hier keine herausragende Leistung.

Bewertung vom 19.07.2021
Der Junge, der das Universum verschlang
Dalton, Trent

Der Junge, der das Universum verschlang


sehr gut

So stellt man sich keine gelungene Kindheit vor!

Eli Bell wächst in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts in einem Vorort von Brisbane, Australien auf unter den schwierigsten Bedingungen, die man sich vorstellen kann. Die Mutter und sein Stiefvater handeln mit Drogen, sein Babysitter ist ein Ex-Häftling und Mörder. Sein Vater ist zunächst nicht im Bilde, erst als die Mutter im Knast landet, muss Eli mit seinem nicht mehr sprechenden Bruder beim Vater einziehen, der auch mehr als genug Macken hat. In all dem Elend erkennt Eli trotz allem Loyalität, Zuneigung und Zugewandtheit auf seine eigenen Art und Weise, nicht nur Gewalt und Verwahrlosung. Sein großer Traum ist es Journalist zu werden!
Der Autor des Romans, Trent Dalton, schreibt hier aus eigenen Erfahrungen, denn der Roman ist autofiktional. Vieles ist echt Erlebtes des Autors und manch anderes von Bekannten hinzugemengt, damit eine spannende Melange entstand. Das erklärt auch die sehr gut getroffene Ich-Perspektive von Eli. Er hat seine ganz persönliche Sichtweise auf die Dinge und dadurch bekommen alle Charaktere, die seinen Weg kreuzen auch eine Tiefe. Kein Schwarz-Weiß-Denken herrscht hier vor, auch ein Mörder kann Kindern etwas mitgeben auf ihrem Weg.
„Der Junge, der das Universum verschlang“ ist kein Buch das in eine Schublade passt, denn dieses Debüt ist ein gelungener Roman mit vielen Aspekten. Spannungsgelanden, aufreibend, aber auch humorvoll und literarisch ansprechend geschrieben.
Ach, man merkt dem Roman übrigens auch an, dass er Down under spielt. Wer hier große Lust auf einen Tapetenwechsel im Geiste hat, kann auch diesen Roman nutzen. Merklich ein Aussie-Roman!

Bewertung vom 18.07.2021
Mein Sternzeichen ist der Regenbogen
Schami, Rafik

Mein Sternzeichen ist der Regenbogen


ausgezeichnet

Interkultureller Brückenbauer in Buchform!

„Lachen ist der beste Schmuggler von Gedanken“ – Zitat von Rafik Schami im Vorwort zu seinem „Mein Sternzeichen ist der Regenbogen“, das neuste Buch des großartigen Geschichtenerzählers und genau das tut er hier in diesem Band: Geschichten erzählen! Ich muss mich als großer Rafik Schami Fan outen, denn ich habe ihn einst vor Jahren auf der Buchmesse zum ersten Mal live erlebt und war fortan von seiner Erzählkunst angetan und las bisher alle seine Werke. Auch vor 2 Jahren konnte ich ihn bei einer Veranstaltung zu „Die geheime Mission des Kardinals“ live erleben. Großartig. Ich schweife ab.
Nun zu seinem neuen Werk, dass streng genommen ein Erzählband ist und Geschichten zu den Themen Geburtstag, Lachen, Reisen, Geheimnis, Tiere und Sehnsucht enthält und als über allem liegende Klammer bitte nicht die Liebe vergessen! Wunderbar wie er wieder einmal seine Kunst der Detailanalyse verknüpft mit der Liebe zur guten Prosa und seiner emotionalen Annäherung an die Themen. Rührende Texte, die auch unsere interkulturelle Wahrnehmung schärft! Liegt doch meist der Teufel im Detail. Rafi Schami trägt aus meiner Sicht einen erheblichen Teil dazu bei uns Mitteleuropäern die syrische Kultur mit all ihren Facetten nahe zu bringen.
Mein liebster Abschnitt im Buch war der des „Lachens“. Herrlich erfrischend und tiefsinnig zugleich.
Ach, die Umschlaggestaltung gefällt mir gar nicht, aber wir halten es klassisch und stürzen uns auf den Inhalt!

Bewertung vom 18.07.2021
Raumfahrer
Rietzschel, Lukas

Raumfahrer


sehr gut

Aus was wird meine Gegenwart zusammengebaut?

Lukas Rietzschel hat mich bereits mit seinem sehr gelungenen Debüt 2018 „Mit der Faust in die Welt schlagen“ überzeugen können und somit haben ich mich sehr auf seine neuste Schreibübung gefreut. Wieder taucht er in Familie ab und was sie zu dem macht was sie ist, individuell und als kollektive Ansammlung einer gemeinsamen Vergangenheit.
‚Raumfahrer‘ ist dieser zweite Roman den Lukas Rietzschel uns glücklicherweise zum Lesen überlässt und nimmt sich dem Thema der Wende an und was sie mit den Einzelnen gemacht hat und wie es uns alle geprägte. Gespickt mit ein wenig Kunstszene und Kultur um den sächsischen Künstlers Georg Baselitz.
Lukas Rietzschel hat einen durchdringlich guten Schreibstil, der komplexeste Wahrheiten zu kondensieren weiß. Wir schauen durch die Augen des jungen Jans auf sein Leben an einem Stadtrand, der bald keiner mehr sein wird, denn die Ortschaft beginnt sich aufzulösen. Die DDR baut sich ab und die BRD installiert sich. In dieser Gemengelage lernt Jan einen Herrn Kern bei der Arbeit im Krankenhaus kennen und sie kommen ins Gespräch über das was war und wie die Fallstricke zusammengehören. Nonchalant erzählt über mehrere Zeitebenen hinweg.
Fazit: Mich hat der Roman überzeugt, lässt er doch eine Innenansicht zu über ein noch nicht ganz verdautes innerdeutsches Thema, der Wende. Sehr gelungen und lesenswert!