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Benutzername: 
PMelittaM
Wohnort: 
Köln

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Insgesamt 534 Bewertungen
Bewertung vom 30.05.2021
Der Donnerstagsmordclub / Die Mordclub-Serie Bd.1
Osman, Richard

Der Donnerstagsmordclub / Die Mordclub-Serie Bd.1


ausgezeichnet

Als alter Mensch muss man dafür sorgen, auch weiterhin einigermaßen fit zu bleiben, körperlich, aber vor allem auch geistig, denn das Schreckgespenst Vergesslichkeit oder gar Demenz steht immer im Raum. Die Bewohner der Seniorenresidenz Coopers Chase haben eine reichhaltige Auswahl an Möglichkeiten, doch in den Donnerstagsmordclub, in dem alte, ungelöste Mordfälle gelöst werden, kommt nicht jeder. Die ehemalige Krankenschwester Joyce hat Glück, sie wird von Elizabeth angesprochen und gehört bald dazu. Als es einen aktuellen Mordfall gibt, können die vier Mitglieder ihr Glück kaum fassen und lassen es sich nicht nehmen, der Polizei bei der Aufklärung zu helfen.

Richard Osman erzählt seinen Roman aus mehreren Perspektiven, Joyce führt Tagebuch, das wir natürlich in Ich-Form lesen, dazu gibt es die Perspektive verschiedener anderer Charaktere, nicht nur aus dem Club, auch z. B. die eines Opfers, und schließlich auch die eines beschreibenden Erzählers, der z. B. die Landschaft oder die Seniorenresidenz und ihre Geschichte beschreibt. Ich persönlich liebe es, verschiedene Perspektiven zu lesen, zumal wenn sie, wie hier so gut ineinandergreifen.

Der Donnerstagsmordclub besteht aus vier Personen. Joyce lernt man am besten kennen, schon weil wir ihr Tagebuch lesen können. Ibrahim ist Psychiater, Ron ein ehemaliger Gewerkschaftler und Elizabeth hat eine Geheimdienstvergangenheit. Initiiert wurde der Club seinerzeit von der ehemaligen Polizistin Penny, die nun aber leider im Koma auf der Pflegestation liegt.

Fast besser als die Clubmitglieder lernt man die beiden Polizisten kennen, die eigentlich ermitteln: Chris und Donna – die sich schließlich damit arrangieren lernen, dass die Senioren sie „unterstützen““ und die Informationen, die sie erhalten nutzen können – gegen die raffinierten Rentner kommen sie sowieso nicht an. Mit die besten Szenen sind diejenigen, wenn sich alle Sechs zusammenfinden.

Die Fälle (es bleibt nicht bei einem Toten) sind kniffelig, und es gibt mehr als einen Verdächtigen. Als Leser erhält man zwar Gelegenheit mitzurätseln, aber nicht wirklich die Möglichkeit, den/die Täter zu enttarnen. Ich fand die Auflösungen nachvollziehbar.

Das wahre Plus dieses Romans sind die Emotionen, die beim Leser hervorgerufen werden. Zunächst habe ich viel geschmunzelt, dann kamen aber auch ernstere Töne, wie die Angst vor dem Vergessen, der Demenz, und schließlich gab es auch Momente, die mich zum Weinen brachten. Diese Mischung ist gelungen, und der vor allem der Humor hat es mir sehr angetan.

Hat man den Roman gelesen, kann man durchaus auf eine Fortsetzung hoffen, und das tue ich auf jeden Fall, denn ich möchte die sechs Protagonisten unbedingt wiedertreffen.

Für mich ist dieser Roman ein Highlight, er ist witzig, aber auch ernst und manchmal traurig, bietet sechs liebenswerte Protagonisten, die interessante Ermittlungen vorlegen und hat mich insgesamt sehr gut unterhalten. Sehr gerne vergebe ich volle Punktzahl, eine uneingeschränkte Leseempfehlung und hoffe auf weitere Bände.

Bewertung vom 29.05.2021
Behemoth
Orgel, T. S.

Behemoth


ausgezeichnet

2198 starten drei Schiffe, um für die Menschheit eine neue Heimat im All zu finden. Die Zheng He mit Bewohnern der Erde, die Tereschkowa mit Bewohnern des Mondes und die Venta Chitru mit Bewohnern des Mars, zwei davon als Generationenschiffe, eines mit den meisten Bewohnern im Cryoschlaf.

Gut hundert Jahre später trifft man auf ein 20 km langes Artefakt, das durch dass All trudelt, und da die Ressourcen langsam knapp werden, starten von allen drei Schiffen Shuttles, um das Artefakt zu untersuchen. Schnell prägt sich der Name „Behemoth“ für das Gebilde ein.

Der Roman ist der zweite Ausflug der Gebrüder Orgel ins Science-Fiction-Genre und hat mich sehr gut unterhalten. Auch wenn ich immer noch ihre Fantasy-Romane am liebsten mag, haben sie mich mit diesem Roman endgültig davon überzeugt, dass ich ihre Science-Fiction-Romane unbedingt lesen muss.

Ganz schnell hatte ich auch meine Lieblingscharaktere gefunden. Auf der Zheng He ist das Laohu, der mit besonderen Genen als Tiger Sicherheit und Ordnung wahrt, aber ein bisschen anders zu sein scheint als die anderen Tiger. Auf der Tereschkowa ist mir das Ehepaar Helen und Rangi Hopper schnell ans Herz gewachsen, die mit viel Pragmatismus und Köpfchen ihren Alltag auf dem schon ziemlich maroden Schiff gestalten und dem Geschehen im Roman ihren eigenen Stempel aufdrücken. Charaktere von der Venta Chitru trifft man erst später im Roman, und lernt insgesamt relativ wenige näher kennen, was aber auch kein Wunder ist, liegen die meisten ja im Kälteschlaf.

Alle handelnden Charaktere sind gut gezeichnet, dafür haben die Autoren aber auch ein gutes Händchen – aber nicht nur dafür, sondern auch für ihre bildhafte Erzählweise, die sofort das Kopfkino anspringen lässt. Sogar wenn die Geschehnisse auf der Behemoth manchmal etwas verwirrend werden - manchmal driftet das Geschehen schon fast ins Horrormäßige – entstehen Bilder vor dem inneren Auge und halten den Leser am Ball. Im übrigen kann man bei diesen Szenen immer schön spekulieren, was da wohl gerade passiert. Ob man dann auf das Ergebnis kommt, das den Autoren vorschwebt, ist dabei egal, Hauptsache man hat eine für sich schlüssige Lösung gefunden.

Leider gibt es, wie schon bei „Terra“ kein Nachwort, in dem die Autoren ihre Sicht der Dinge darlegen. Dafür findet sich ein Glossar und ein Personenverzeichnis, das ich persönlich während des Lesens nicht benötigt habe. Was übrigens die Namen angeht, empfehle ich fleißig zu googeln, ich hatte dadurch manches Aha-Erlebnis.

Das Ende ist rund und hat mir gut gefallen, ich habe den Roman zufrieden, aber auch mit einem Hauch Bedauern zugeklappt. Vielleicht wird man in einem späteren Roman noch ein bisschen mehr erfahren, über das weitere Schicksal der Überlebenden? Ich würde mich freuen.

Der zweite Science-Fiction-Roman der Gebrüder Orgel hat mich gut unterhalten. Mir gefällt die Mischung aus Zukunftsszenario und leichtem Horroreinschlag, besonders aber haben es mir die Charaktere angetan. Ich vergebe gerne volle Punktzahl und eine Leseempfehlung für Fans des Genre und/oder der Autoren.

Bewertung vom 24.05.2021
Wisting und der Atem der Angst / William Wisting - Cold Cases Bd.3
Horst, Jørn Lier

Wisting und der Atem der Angst / William Wisting - Cold Cases Bd.3


ausgezeichnet

Der Mörder Tom Kerr soll die Polizei zur Leiche eines Opfers führen, doch es gelingt ihm zu fliehen. Möglicherweise hatte er Hilfe von einem Komplizen, der wahrscheinlich auch die Taten mit verübte, von der Polizei „Der Andere“ genannt – die Fahndung nach den beiden Straftätern läuft nun auf Hochtouren.

William Wisting war mitverantwortlich für die Sicherung Tom Kerrs, und wird nun zum Sündenbock. Nicht nur die interne Ermittlung hat ihn im Visier, er wird auch vom Dienst beurlaubt. Dennoch versucht er, die Ermittlungen mitzuverfolgen.

Seine Tochter Line, Journalistin, war von Adrian Stiller, dem Leiter der Cold-Cases-Abteilung, beauftragt worden, den Ortstermin per Filmaufnahme zu dokumentieren. Im Anschluss möchte sie einen Bericht über Tom Kerr veröffentlichen, muss damit aber warten, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind. Auch sie ermittelt auf ihre Art.

Adrian Stiller hatte einmal mehr Hintergedanken, doch so hatte er sich das nicht vorgestellt.

Wisting gefällt mir wieder sehr gut, man merkt einfach, wie erfahren er ist, und es ist auch schön, einmal keinen gebrochenen Ermittler zu erleben. Wisting ist Witwer, hat Tochter und Enkelin, und ein ganz normales Leben, ohne besondere Probleme. Er ist mit Verstand und Herz beim Ermitteln, und wirkt dabei immer sachlich, aber nie gefühllos. Dies charakterisiert auch den Erzählstil, der Autor, selbst vom Fach, erzählt ruhig und sachlich.

Line Wisting ist Journalistin und hat daher ihre eigene Motivation, die nicht unbedingt die der Ermittler entspricht. Line hatte bisher in jedem der Cold-Case-Fälle ihre Rolle. Manchmal erscheint sie zu unvorsichtig.

Adrian Stiller kocht immer sein eigenes Süppchen, wofür er auch andere benutzt, ohne seine Intentionen offenzulegen. Sicher tut er das immer „für die Sache“, aber er nimmt damit in Kauf andere in Gefahr zu bringen, während er sich in der Regel absichert. Sympathisch ist das nicht, wirklich unsympathisch ist er mir aber dennoch nicht, denn letztlich will er vor allem eines: Täter ihrer Strafe zuführen.

Wenn man als Leser erfährt, was Tom Kerr seinen Opfern antut, hofft man sofort, dass er schnell wieder gefunden wird, und hat gewisse Befürchtungen, wer sein nächstes Opfer werden könnte. Auch zum Anderen ergeben sich einige Verdachtsmomente, und man kann als Leser prima miträtseln, wer das sein könnte. Die Auflösung ist dann gewohnt nachvollziehbar.

Auch der dritte Band der Cold-Cases-Reihe hat mich überzeugt. Hier erhält man interessante Fälle, die sachlich und kompetent gelöst werden. Sachlich und kompetent wirkt auch der Erzählstil. Für mich ist diese Reihe eine der besten Krimireihen, die ich kenne. Gerne vergebe ich wieder volle Punktzahl und eine Leseempfehlung für Genrefans.

Bewertung vom 20.05.2021
Shakespeares Welt
Mortimer, Ian

Shakespeares Welt


ausgezeichnet

Als Tourist im elisabethanischen England, in Shakespeares Welt? Wäre das möglich, wäre dieses Buch ein wunderbarer Reiseführer, denn es deckt alle denkbaren Bereiche ab, die für einen Besucher wichtig sein könnten.

Wie ist die Stimmung im Land, welche verschiedenen Klassen gibt es, und wie gehe ich mit deren Angehörigen jeweils um? Was muss ich in Beziehung auf die Religion wissen? Wo kann ich übernachten, was gibt es zu essen, wie kann ich mich pflegen? Welche Regeln sollte ich unbedingt kennen? Was kann ich zu meinem Vergnügen tun und was sollte ich mir unbedingt ansehen? Wie sind die Preise? Was sollte ich besser nicht tun und mit welchen Strafen müsste ich rechnen? Dies ist nur ein Teil der Fragen, auf die man hier Antworten bekommt.

„Shakespeares Welt“ heißt zwar das sehr lebendig geschriebene und gut zu lesende Sachbuch, aber eigentlich deckt es die Regierungszeit Elisabeths I ab, die (1558 – 1603) ungefähr deckungsgleich mit Shakespears Lebenszeit (1664 – 1616) ist. Die meisten Dinge, wie Religion und Gesetze hängen aber natürlich vor allem von der Monarchin ab. Vor und nach ihrer Regierungszeit sah manches anders aus.

Der Autor gibt einen sehr guten Einblick in diese Zeit, man hat oft regelrecht den Eindruck, mit ihm durch die Straßen zu laufen und über die Gegend zu reiten, die Menschen vor sich zu sehen, sie zu hören und - auch das – sie zu riechen. Ian Mortimer geht sehr ins Detail und liefert auch oft sehr anschauliche Beispiele und/oder Zitate. Das Leben damals war ganz anders als das unsere heute, und dennoch basiert das heutige auf dem damaligen, und gerade in der elisabethanischen Zeit wurden viele Weichen gestellt für die Moderne, sei es in der Wissenschaft, bei Entdeckungen oder in der Kunst (in der Shakespeare einen herausragenden Platz einnimmt).

Im Anhang findet sich ein Bildteil, den man nicht überspringen sollte und umfangreiche Anmerkungen.

Dem Leser diese interessante Zeit durch einen Reiseführer nahe zu bringen ist eine sehr gelungene Idee, ich habe vieles erfahren und werde das meiste in Erinnerung behalten – und habe mich noch dazu gut unterhalten. Durch die Einteilung in verschiedene Gebiete (Religion, Landschaft, Gesellschaftssystem, Reisen, Kleidung, Körperpflege usw.) kann man sich zudem die für einen selbst interessantesten Bereiche aussuchen – oder, wie ich, einfach alles der Reihe nach lesen. Natürlich vergebe ich hier volle Punktzahl und eine Leseempfehlung an alle, die sich für dies Epoche interessieren.

Bewertung vom 16.05.2021
Der Tod ist ein Tänzer / Die schwarze Venus Bd.1
Rusch, Veronika

Der Tod ist ein Tänzer / Die schwarze Venus Bd.1


ausgezeichnet

„Ich war nicht wirklich nackt, ich hatte nur keine Kleider an“ (Josephine Baker)

1926: Josephine Baker, bereits in Paris ein gefeierter Star, tritt ihr Engagement in Berlin an. Auch hier kommt sie gut an, doch nicht bei allen, es gibt Elemente, die alles „Fremde“ ablehnen, und es gibt Anzeichen, dass Josephine in Gefahr sein könnte. Nowak, Veteran des Großen Krieges, wird von seinem Onkel beauftragt, auf die Künstlerin aufzupassen.

Josephine Baker fand ich schon als Jugendliche faszinierend und freue mich, dass es derzeit ein paar neue Bücher gibt, die sich um sie drehen. Veronika Rusch hat gar eine Trilogie verfasst, in der Josephine im Mittelpunkt steht, und das, eher unerwartet, in Form historischer Kriminalromane. Die Autorin hat gut recherchiert und lässt Josephine lebendig werden, man sieht sie regelrecht vor sich, hört die Musik, sieht sie tanzen – und hätte sie gerne einmal persönlich getroffen.

In diesem ersten Band ist sie erst 19 Jahre alt, und dennoch schon eine großartige Persönlichkeit. Man erfährt auch aus ihrer Vergangenheit, erkennt, wie sie wurde, was sie ist, und bewundert sie noch ein Stück mehr dafür, was sie geschafft hat. Ich bin gespannt, auf die Begegnungen in den Folgeromanen, die einige Jahre später stattfinden.

Auch der fiktive Nowak ist ein interessanter Charakter, der einige Traumata mit sich bringt, aber auch loyal und mutig ist, vor allem aber ist er ohne Vorurteile, und somit ein guter Gegenpart zu den nationalen Strömungen und den Antagonisten, die aus diesem Lager kommen. Auch sein Onkel, der zwar ebenfalls fiktiv ist, aber an eine historische Person angelehnt wurde, ist interessant – ich bin gespannt darauf, die beiden wiederzutreffen.

Die Antagonisten sind vielfältig, hier gibt es sowohl Mitläufer als auch Strippenzieher – und einen ganz besonders widerlichen Charakter, bei dem man Gänsehaut bekommt. Einer ist noch ein Phantom, aber man wird ihn sicher in den Folgebänden näher kennenlernen.

Die Geschichte ist spannend, sie hat mich von Beginn an gepackt, ich konnte den Roman kaum aus der Hand legen, und sie lässt sich sehr gut lesen, ist sehr bildhaft erzählt und das Kopfkino bekommt einiges zu tun. Auch die Atmosphäre des damaligen Berlin kann man gut spüren.

Wie es sich für einen guten historischen Roman gehört, gibt es auch hier ein paar Extras, so hat die Autorin ein interessantes Nachwort geschrieben, wo sie z. B. auch ihre Entscheidung erklärt, die historische Wortwahl zu verwenden.Im Anhang findet man außerdem Josephines Lebenslauf bis 1926 und ein Literaturverzeichnis.

Nicht jeder Roman kann einen von Anfang an packen, diesem ist es gelungen, und das hat auch bis zum Ende gehalten. Das Setting, die Charaktere, die Geschichte, die Atmosphäre, alles hat mir gut gefallen, so dass ich sehr gerne volle Punktzahl vergebe und natürlich auch eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 15.05.2021
Camouflage
Haldeman, Joe

Camouflage


sehr gut

1931 taucht ein Wesen aus dem Meer auf, das bisher u. a. als Hai gelebt hat, und nimmt menschliche Gestalt an. Über die Jahre hat es verschiedene Identitäten.

Ein anderes Wesen lebt bereits seit den Anfängen der Menschheit unerkannt unter ihr.

2019 wird ein Artefakt aus dem Meer geborgen. Die Untersuchung gestaltet sich schwierig und gefährlich.

Der Leser stellt sich ganz schnell die Frage, ob diese drei Phänomene miteinander zu tun haben. Leider verrät der Klappentext wieder einmal viel zu viel, wem es noch möglich ist, liest ihn besser nicht, aber auch für den, der ihn schon gelesen hat, wird es Überraschungen geben, nur leider liest man das Buch dann bereits mit bestimmten Vorzeichen.

Die beiden Wesen könnten unterschiedlicher nicht sein, und für eines von ihnen, im Roman werden sie Wechelbalg und Chamäleon genannt, habe ich deutlich positivere Gefühle entwickelt, nicht direkt am Anfang, aber im Laufe der Zeit, so wie das Wesen selbst sich auch entwickelt hat.

Die menschlichen Charaktere dagegen bleiben relativ blass, tragen aber natürlich auch ihren Teil zum Geschehen bei, vor allem natürlich die Mannschaft, die das Artefakt birgt und untersucht.

Gut hat mir das Ende gefallen, auch wenn es nicht alle Fragen beantwortet. In meinen Augen ist das aber nicht schlimm, nein, das passt hier ganz gut, finde ich, und ich kann mir meine eigenen Gedanken dazu machen.

Schreibstil und/oder Übersetzung scheint mir etwas holprig, und leider gibt es auch relativ viele Fehler in meinem Exemplar. Ich besitze allerdings die ältere Version (Deutsche Erstauflage von 2012), so dass sich das möglicherweise mittlerweile gebessert hat. Es hat meinen Lesefluss ein bisschen gestört, aber nicht wesentlich. Das Original ist übrigens von 2004.

Insgesamt wurde ich gut unterhalten, konnte mir meine eigenen Gedanken machen und finde auch das Ende gelungen. Ich vergebe 4 Sterne und eine Leseempfehlung an alle, die es nicht stört, dass am Ende nicht alles aufgelöst wird.

Bewertung vom 13.05.2021
Miss Hollywood - Mary Pickford und das Jahr der Liebe
Walton, Emily

Miss Hollywood - Mary Pickford und das Jahr der Liebe


ausgezeichnet

1916 kommen sich die beiden Stummfilmstars Mary Pickford und Douglas Fairbanks sen. näher und verlieben sich ineinander. Problematisch ist nur, dass beide verheiratet sind, wenn auch nicht sehr glücklich. Marys Image hält sie davon ab, sich für Douglas zu entscheiden und die Scheidung einzureichen, von ihm lassen kann sie aber auch nicht.

Beide Protagonisten sind Filmstars, die Geschichte, die hier erzählt wird, erzählt daher automatisch auch ein Stück Filmgeschichte, zudem aus einer Zeit, da Hollywood erst noch am Werden ist. Ich als großer Filmfan kannte natürlich vorher schon die beiden Protagonisten, und auch viele der weiteren Charaktere, die hier auftreten und die Filmgeschichte wesentlich mitbestimmt haben, wie z. B. Charlie Chaplin. So war es für mich ein doppeltes Vergnügen, diesen Roman zu lesen.

Denn auch die Geschichte um die Mary und Douglas erzählt die Autorin packend und berührend, und schnell haben die beiden mein Herz gewonnen, auch wenn ich sie, vor allem Mary, manchmal hätte schütteln können. Dass sie ihr Image für so wichtig hält, dass sie Angst vor den Folgen hat, wenn sie sich zu Douglas bekennt, und lieber in ihrer lieblosen Ehe verbleibt, konnte ich zwar aus ihrer Sicht verstehen, aber nicht gutheißen. Nun, ich wusste ja vorher schon, wie es ausgehen wird, und dennoch war es spannend zu lesen. Im Nachwort betont die Autorin, dass es eine fiktive Geschichte ist, die auf historischen Tatsachen beruht – natürlich muss immer wieder die künstlerische Freiheit greifen, denn vieles spielte sich ja hinter verschlossenen Türen ab. Das ist der Autorin meiner Meinung nach gut gelungen. Nur Marys Geschwister scheinen mir ein wenig zu schlecht weg zu kommen.

Douglas und Mary lernt man sehr gut kennen, einschließlich ihrer Vergangenheit (und im Nachwort erfährt man auch ihre Zukunft), erzählt wird abwechselnd aus beider Perspektiven, nur zweimal erhält Mary zwei Kapitel hintereinander. Man kann sich wunderbar in beide hineinversetzen, zudem erlebt man beide auch noch jeweils aus der Sicht des anderen. Dieser Erzählstil hat mir sehr gut gefallen, und mich ganz schnell gepackt. Es lohnt sich auch, nach der Lektüre ein bisschen weiter zu googeln, es gibt zum Beispiel im Internet viele Fotos zu finden.

Der Roman bietet vieles: Eine nicht ganz einfache Liebesgeschichte, ein Stück Filmgeschichte und eine biografische Erzählung zweier berühmter Stummfilmstars, da sollte für viele etwas dabei sein. Ich selbst habe mich gut unterhalten und mich in das Leben der beiden Protagonisten in der damaligen Zeit hineinversetzt gefühlt. Auch wenn manches fiktiv ist, so gibt es doch einen guten Einblick. Ich vergebe sehr gerne volle Punktzahl und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 02.05.2021
Lady Churchill / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.2
Benedict, Marie

Lady Churchill / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.2


gut

Der Roman erzählt ausgewählte Ereignisse im Leben der Ehefrau Winston Churchills, beginnend mit dem Hochzeitstag. Die gewählten Ereignisse sind prägend, nicht nur für Clementine Churchill, sondern auch für Großbritannien – neben Clementines privatem Leben wird auch das politische in den Mittelpunkt gestellt, letzteres sogar ein bisschen deutlicher.

Sicher kann man Clementine nicht ohne ihren berühmten Ehemann sehen, aber, Clementine hat ebenso wie er eine politische Stimme, die sie zum einen dafür nutzt, Winston zu unterstützen, die sie aber auch selbst laut werden lässt, manchmal dezent und im Hintergrund, ihre Position nutzend, manchmal aber auch laut und deutlich. Ihre Stimme ist dabei zunächst vor allem feministisch, sie setzt sich z. B. für das Frauenwahlrecht ein, später aber auch patriotisch, wenn sie nicht nur versucht, die Lage der Briten, vor allem die der Frauen und Kinder, im 2. Weltkrieg zu verbessern, sondern auch z. B. die US-Amerikaner zum Einstieg in den Krieg zu überzeugen, um Großbritanniens Lage zu verbessern.

Die Zeit des 2. Weltkrieges nimmt mehr als ein Drittel des Romanes ein – und mit dem Krieg endet auch der Roman – leider. Clementines Leben ist da noch lange nicht zu Ende, aber die Autorin hat beschlossen, uns am Rest nicht mehr teilhaben zu lassen. Mich hätte das schon interessiert, z. B. Clementines Gedanken zu Queen Elisabeth, zu Churchills zweiter Amtszeit oder zu seinen letzten Jahren. Ich hätte Clementine gerne bis zum Schluss begleitet.

Wobei ich sagen muss, dass ich zuerst sehr begeistert war, z. B., dass die Autorin ihre Protagonistin selbst in Ich—Form erzählen lässt, und man ihr als Leser dadurch näher kommen könnte, aber leider war dem dann doch nicht durchgehend so, zumindest bei mir. Ja, zunächst kam ich ihr tatsächlich näher und konnte mich in sie hineinversetzten, später dann deutlich weniger, und tatsächlich fiel es mir immer schwerer, den Roman in die Hand zu nehmen, auch wegen zunehmender Längen.

Ich glaube, es war auch die Art der Erzählung anhand Spotlights, die mir dann doch nicht so gut gefallen hat, dazwischen liegt oft viel Zeit, manchmal Jahre. Manches erfährt man zwar kurz im Rückblick (dieses dann im Präteritum, während der Rest des Romans im Präsens erzählt wird), aber Clementine bleibt in meinen Augen relativ oberflächlich, ihre tiefsten Gefühle erfahre ich nicht, z. B. wenn sie psychisch am Ende ist – ich kann nicht wirklich mit ihr mitleiden.

Dennoch habe ich dieses Buch mit Interesse gelesen, einfach, weil es wichtig ist, sich mit dieser interessanten Frau zu beschäftigen, und dafür bietet dieses Buch zumindest einen Einstieg. Winston Churchill kennt jeder, aber seine Frau nicht, in Großbritannien ist sie vielleicht präsenter, aber ich selbst habe mir bisher nicht viele Gedanken über sie gemacht, und wusste nicht, wie sehr sie mitmischte.

Leider hat der Roman nicht alle meine Erwartungen erfüllt. Ich habe Clementine Churchill kennengelernt und erfahren, dass sie nicht nur „die Frau an seiner Seite war“, sondern auch tatkräftig mitmischte. Clementine als Mensch ist mir allerdings recht fern geblieben, obwohl die Erzählweise in Ich-Form zum Gegenteil hätte beitragen können. Auch hatte der Roman zunehmend Längen, so dass ich mich manchmal sogar zwingen musste, ihn weiter zu lesen. Ich vergebe daher nur 3 Sterne, wer sich aber für die Ehefrau Winston Churchills interessiert, kann hier einen Einstieg finden, mehr über sie zu erfahren.

Bewertung vom 12.04.2021
Weiter Himmel / Jackson Brodie Bd.5
Atkinson, Kate

Weiter Himmel / Jackson Brodie Bd.5


ausgezeichnet

Vince Ives‘ Frau hat ihn verlassen, die Scheidung wird ihn arm machen, und jetzt hat er auch noch seinen Job verloren. Das Golfen mit seinen Freunden Steve, Tommy und Andy wird er sich womöglich auch nicht mehr lange leisten können. Schon öfter hat er sich die Frage gestellt, woher die Drei ihren Reichtum haben.

Die beiden DIs Reggie Chase und Ronnie Dibicki rollen einen alten Fall wieder auf und sprechen mit Zeugen, die womöglich neue Namen liefern können – dabei stechen sie in ein Wespennest.

Privatdetektiv Jackson Brodies neue Kundin Crystal Holroyd fühlt sich verfolgt – und wie es scheint, irrt sie sich nicht.

Dies sind nur drei der Erzählstränge dieses Romans, die sich immer mehr miteinander verflechten. Ich mag es, wenn aus vielen Perspektiven erzählt wird und finde es schön, mitzuverfolgen, wie alles zusammenhängt. Wenn dazu noch Kate Atkinsons Erzählstil kommt, der mich mittenhinein zieht in das Geschehen, und mich, trotz mancher Tragik der Ereignisse, auch immer wieder zum Schmunzeln bringt, ist es für mich perfekt – und so habe ich auch direkt weitere Romane der Autorin gekauft, erst einmal die Vorgängerbände um Jackson Brodie, dessen fünfter Roman „Weiter Himmel“ ist.

Durch die unterschiedlichen Erzählperspektiven lernt der Leser einzelne Charaktere sehr gut kennen. Mir hat besonders Harry Holroyds Perspektive gefallen, der jugendliche Stiefsohn Crystals, der im Theater jobbt, seine kleine Schwester Candance liebt und auch loyal gegenüber seiner Stiefmutter ist. Gerne würde ich in späteren Romanen noch einmal von ihm lesen. Insgesamt sind alle Charaktere gut gezeichnet, egal ob Pro- oder Antagonisten. Man hat schnell das Gefühl, echten Menschen zu begegnen, mit all ihren Stärken und Schwächen.

Die Erzählung beginnt relativ harmlos, obwohl auch zu Beginn schon Dinge passieren, die Befürchtungen aufkommen lassen, und steigert sich, ähnlich einem Musikstück, immer mehr auf den Höhepunkt zu, dieser ist fulminant, doch damit ist der Roman noch nicht zu Ende, nein, man erfährt auch noch das Danach. Auch das gefällt mir sehr gut.

Ich bin absolut begeistert von diesem Roman, der mich sehr gepackt hat, der mir interessante Charaktere näher brachte, dessen Geschehen sich immer mehr steigerte und mich immer atemloser lesen lies. Ich muss unbedingt mehr von Kate Atkinson lesen! Gerne vergebe ich volle Punktzahl und eine absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 10.02.2021
Abels Auferstehung / Paul Stainer Bd.2
Ziebula, Thomas

Abels Auferstehung / Paul Stainer Bd.2


ausgezeichnet

Leipzig 1920: Paul Stainer ist erst vor kurzem aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt und schätzt sich glücklich, seinen alten Job wiederbekommen zu haben, auch wenn er die gesundheitlichen Probleme, mit denen er noch zu kämpfen hat, verbergen muss. Seinen schweren Verlust hat er noch nicht verkraftet, so kommt ihm die Ablenkung durch einen neuen Fall ganz gelegen.

Endlich ist er da, der zweite Band der Reihe, dessen erster mich sehr begeistert hat. Die Erzählung beginnt kurz nach den Ereignissen im Vorgängerband. Wieder verwebt der Autor die Geschenisse gelungen mit dem historischen, politischen und sozialen Hintergrund, der wieder gut recherchiert ist. Mir gefällt besonders gut, dass nicht nur der aktuelle Fall im Mittelpunkt steht, sondern auch die persönlichen Geschichten der verschiedenen Charaktere bandübergreifend erzählt werden – ich bin schon gespannt, wie es mit ihnen im nächsten Band weitergeht.

Neben Paul Stainer trifft man nämlich eine Reihe weiterer bekannter Charaktere wieder, natürlich Stainers Kollegen, wie seinen Assistenten Siegfried Junghans und den Polizeiarzt Kurt Prollmann, aber auch die Clubbesitzerin Rosa Sonntag, deren Geschichte aus dem letzten Band noch nicht auserzählt ist, und die Straßenbahnfahrerin Josefine König, die, wie ihre Kolleginnen, ihren Arbeitsplatz für die aus dem Krieg heimkehrenden Männer räumen muss.

Aber auch neue Charaktere gibt es, so bekommt Stainer einen neuen Kollegen, Joseph Nürnberger, ein Spurenspezialist. Sehr interessant ist auch die Journalistin Marlene Wagner, die sich wenig um Konventionen schert und sehr selbstbewusst ihre Meinung vertritt, die sie auch in ihren Artikeln zum Ausdruck bringt.

Die Geschichte wird in mehreren Handlungssträngen erzählt, und erst nach und nach zeigt sich eine Verzahnung. Dem Autor ist es wieder wunderbar gelungen, verschiedene Fäden miteinander zu verweben. Da er den jeweils im Mittelpunkt stehenden Charakteren Leben verleiht und Tiefe gibt, sind sie mir alle nahe gekommen und ich konnte gut mitfühlen, und auch um sie bangen. Denn, damit muss man rechnen in dieser Reihe, es kann auch dort Tote geben, wo man es zunächst nicht erwartet – das hält die Spannung oben und den Wunsch, den Roman in einem Rutsch durchlesen zu können. Miträtseln ist ebenso angesagt, und selbst wenn man vielleicht schon vor Ende eine Ahnung hat, wie sich alles auflösen könnte, wird es nicht langweilig. Die Auflösung ist gelungen und nachvollziehbar.

Auch der zweite Band der Reihe hat mir sehr gut gefallen und ich hoffe auf noch viele weitere Bände. Die Reihe zeichnet nicht nur durch die spannenden Kriminalfälle, sondern auch die persönlichen Schicksalen der Charaktere aus – alles gelungen eingewoben in den gut recherchierten historischen Hintergrund. So vergebe ich gerne wieder volle Punktzahl und eine uneingeschränkte Leseempfehlung.