Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Leseigel
Wohnort: 
Villingen

Bewertungen

Insgesamt 1132 Bewertungen
Bewertung vom 19.03.2022
Dreivierteltot
Stein, Christina

Dreivierteltot


ausgezeichnet

Bedrohlich, verwirrend, überraschend
Kim ist zusammen mit ihrem Freund Jon auf dem schottischen West Highland Way unterwegs. Der gemeinsame Urlaub kurz nach dem Abitur steht unter keinem guten Stern.

Kim, die nicht besonders sportlich ist, findet, dass der gut trainierte Jon nicht genügend Rücksicht auf sie nimmt. Er läuft voraus und ist mürrisch. All zu oft streiten die beiden. Die Wanderer, die sie unterwegs treffen, sind in Kims Augen nervig und machen ihr mit ihrem rüpelhaften Benehmen Angst - bis auf Sky, der mit seinem Hund unterwegs ist. In Kims Augen ist er attraktiv und sympathisch , so dass sie sich gerne mit ihm unterhält, was wiederum Jon missfällt.

Gerade als es scheint, dass Kim und Jon Frieden schließen, stolpern sie geradezu über eine Leiche. Voller Panik informieren sie die Polizei, die aber keine Spuren entdecken kann. Dann überschlagen sich die Ereignisse. Irgendjemand von den Leuten, die sie getroffen haben, spielt ein falsches Spiel. Ist es Sky ?

Die Handlung beginnt wie die Schilderung eines ganz normalen Urlaubs zweier jungen Leute. Es kommt zum Streit aus nichtigem Anlass und weil beide unterschiedliche Vorstellungen über ihre gemeinsame Zukunft haben.

Die Stimmung kippt langsam von angespannt in bedrohlich, als Kim Nachrichten von ihrer Freundin Emma erhält, sie selber Emma nicht erreicht. Verstärkt wird diese Empfindung durch die anderen jungen Leute, denen sie begegnen. Kim fühlt sich durch sie bedroht. Ich war mir unsicher, ob Kim einfach nur empfindlich ist oder ob ihre Ängste berechtigt sind.

Bei Jon hingegen war ich mir meiner Einschätzung sicher. Ich fand ihn unsensibel und mir war unerklärlich, warum Kim sich in ihn verliebt hatte, Nach dem Fund der Leiche erschien mir Kim zusehends als hysterisch, da sie jedem nur noch böse Absichten unterstellte . Die beiden herbei gerufenen Polizisten kommen zu dem Schluss, dass Jon und Kim unter Drogen stehen. Und wenn ich ehrlich bin, fand ich diese Erklärung sehr plausibel. Kim befand sich vermutlich auf einem Horrortrip. War überhaupt irgendetwas von dem, was sie so in Angst und Schrecken versetzt hatte, real ? Tat ich Jon unrecht ?

Die Autorin hat ein absolut spannendes und dabei sehr bewegendes und ungewöhnliches Buch geschrieben. Dieses wachsende Gefühl von Bedrohung verbunden mit dem Eindruck von Unwirklichkeit hat die Erzählerin nachdrücklich vermittelt. Die Erklärung für die Ereignisse hat mich dann emotional stark mitgenommen und mich gedanklich noch eine ganze Weile beschäftigt.

Keine leichte Lektüre, aber packend und mit dem nötigen Maß an Einfühlsamkeit und Realitätssinn und deshalb absolut lesenswert.

Bewertung vom 14.03.2022
Zeiten des Wandels / Mallorca Saga Bd.1
Bellmonte, Carmen

Zeiten des Wandels / Mallorca Saga Bd.1


ausgezeichnet

Keine gute alte Zeit
Der Roman erzählt die Geschichte einer mallorquinischen Winzerfamilie beginnend im Jahr 1913.

Die Familie kommt gerade so über die Runden. Dazu müssen alle Familienmitglieder im Weinberg arbeiten. Das Geld reicht nicht, um einen Arbeiter einzustellen. Schweren Herzens entschließen sich die Eltern deshalb, den Weinbau aufzugeben und Mandeln und Aprikosen anzubauen . Sehr zum Missfallen des Sohnes Leo, der vom Weinbau geradezu besessen ist. Es kommt zum Bruch und Leo sucht sein Glück in der Stadt .

Die älteste Tochter Antonia heiratet den Buchhalter Mateo. Als er seine Stelle verliert, wandern sie nach Kuba aus, in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Die jüngere Schwester Carla bleibt bei den Eltern. Das Leben hält auch für sie schwere Prüfungen bereit.

Was mir schon nach den ersten Seiten gut gefallen hat, ist die schnörkellose Sprache, die nicht beschönigt und das karge und durch Traditionen geprägte Leben der einfachen Winzerfamilie anschaulich beschreibt.

Jedes Familienmitglied hat seine Eigenheiten, zeigt einen anderen Weg mit den Gegebenheiten umzugehen und war mir mal mehr, mal weniger sympathisch.

Die Mutter ist eine starke Persönlichkeit, die die Familie zusammenhält und wichtige Entscheidungen trifft. Der Vater war für mich eher eine Randerscheinung, der auch bereit ist, sich seiner Frau unterzuordnen.

Antonia ist ganz die Tochter ihrer Mutter. Entschlossen macht sie sich auf den Weg in eine neue Welt, um sich dort eine erfolgreiche Zukunft aufzubauen. Probleme löst sie pragmatisch. Durch sie lerne ich die Zigarrenfabriken und das Leben der Tabakbarone kennen. Für mich neu und emotional bewegend war die Schilderung der Lebensverhältnisse der ehemaligen Sklaven.

Leo war mir von Herzen unsympathisch. Seine Besessenheit vom Weinbau lässt ihn jedes Mitgefühl vergessen und um sein Ziel zu erreichen, schreckt nicht vor kriminellen Machenschaften zurück.

Besonders ans Herz gewachsen ist mir Carla, die zuhause bleibt und die Eltern unterstützt. Sie verliebt sich in den herzensguten Francisco, der von ihrem Vater abgelehnt wird . Weitere Schicksalsschläge prägen ihr Leben.

Die Autorinnen zeigen ein ganz anderes Bild Mallorcas , als das der bunten Ferieninsel. Ich fand das sehr interessant. Auch die Schilderungen von Kuba waren lehrreich, weil ich ebenso wie Antonia Neuland betreten habe. Die Figuren empfand ich als realistisch und ich habe mit ihnen gelitten und mich gefreut. Für mich ist der Roman rundum gelungen und deshalb lesenswert.

Bewertung vom 06.03.2022
Ein Giro in Triest
Klinger, Christian

Ein Giro in Triest


sehr gut

Verschwörung gegen den Kaiser
Gaetano Lamprecht ist Kriminalbeamter mit Leib und Seele. Am Vortag des Attentats auf das österreichische Thronfolgerehepaar wird er zu einem scheinbaren Selbstmord gerufen. Für Lamprecht deuten die Zeichen auf Mord und er stellt Nachforschungen an, sehr zum Missfallen seines Vorgesetzten. Keiner scheint sich für den Fall zu interessieren und erschwerend kommt hinzu, dass das Opfer ein Militärangehöriger war.
Die Bluttat tritt in den Hintergrund, als Separatisten drohen die Särge des Thronfolgerehepaars zu entführen. Ein zusätzlicher Angriff gegen den Kaiser und die Monarchie. Lamprecht erhält den Befehl, die Verschwörer ausfindig zu machen und die Tat zu verhindern. Der Auftrag ist delikat, denn die Stimmung in der Stadt mit ihrem Gemisch aus vielen verschiedenen Ethnien, ist aufgeheizt. Eine falsche Beschuldigung kann das Pulverfass zum explodieren bringen.
Im Laufe der Ermittlungen erscheint der bereits zu den Akten gelegte Selbstmord unvermittelt in einem anderen Licht.
Der Autor entführt mich in die lebhafte Hafenstadt Triest, die ein wichtiger Warenumschlagplatz des Kaiserreichs war.
Gefallen hat mir deshalb, dass die Örtlichkeiten der Stadt sehr gut beschrieben werden. Lamprecht ist in Triest zuhause und kennt seine Stadt sehr gut. Zusammen mit ihm bin ich des öfteren durch die Stadt spaziert und im Cafe gesessen und habe das Treiben auf den Straßen, auf mich wirken lassen. Ich bin überzeugt, ein Besuch in Triest würde sich lohnen.
Interessant waren die Einblicke in die politischen Verhältnisse und die Konflikte, die die Unabhängigkeitsbestrebungen der verschiedenen Nationalitäten auslösten und damit zum Sprengstoff für das Habsburgerreich wurden. Für Lamprecht bedeutet dass, dass er sich mit seinen Ermittlungen durch ein Minenfeld der Befindlichkeiten bewegt. Ein weiterer Machtfaktor ist das Militär, das eine Sonderstellung und damit verbundene Privilegien besitzt.
Lamprecht selbst war mir im großen und ganzen sympathisch. Er brennt für seine Arbeit und lässt sich durch Hierarchien nicht von seinem Streben nach Gerechtigkeit abbringen. Was nicht unerwähnt bleiben darf, ist Lamprechts große Begeisterung für das Radfahren und den Radrennsport, was damals nicht gern gesehen wurde. Interessant und bei mir auf Gegenliebe gestoßen sind die Ausführungen des Autors zur Geschichte des Radsports.
In meinen Augen ist der Krimi eine überzeugende und gelungene Mischung aus historischen Tatsachen und einer darauf aufgebauten, fesselnden fiktiven Handlung.

Bewertung vom 01.03.2022
Das rote Band der Hoffnung
Adlington, Lucy

Das rote Band der Hoffnung


ausgezeichnet

Nie die Hoffnung verlieren !
Die 14jährige Ella wird auf dem Heimweg von der Schule aufgegriffen und nach Ausschwitz-Birkenau deportiert. Eben noch behütete Enkelin, die vom eigenen Modesalon träumt, findet sie sich in der Hölle wieder. Nun geht es nur noch darum, zu überleben.

Glücklicherweise wird Ella der Nähwerkstatt zugewiesen. Dort wird exklusive Bekleidung für die Aufseher und ihre Familien angefertigt. Hier trifft Ella das Mädchen Rose, die ständig phantasievolle Geschichten erzählt und ihr Mitgefühl behält. Langsam entwickelt sich Freundschaft zwischen den beiden. Rose gibt Ella Hoffnung mit ihren Träumen von einer besseren Welt. Ella achtet darauf , dass Rose nicht verloren geht in diesem Universum aus Hunger, Niedertracht und Willkür.

Dann wird Rose krank, das schlimmste was passieren kann.

Der Autorin ist es wunderbar gelungen, das Grauen eines Konzentrationslagers darzustellen, ohne zu viele grausame Details darzustellen. So beschreibt sie die tägliche Suppe als braune Brühe und die Freude, wenn eine Karottenscheibe darin schwimmt. Jeder kann sich gut vorstellen, dass diese Suppe nicht satt machen kann. Geschweige denn die Kraft gibt, schere Arbeit verrichten zu können.

Ella will überleben. Kraft gibt ihr ihr Traum vom eigenen Modeatelier und dass sie sich nicht ihren Namen nehmen lässt. Aber Überleben bedeutet auch, die Chance auf mehr essen auch auf Kosten anderer zu ergreifen.

Rose ist der Gegenentwurf zu Ella. Rose lebt in ihren Phantasiegeschichten. Wenn sie etwas zu essen hat, teilt sie bereitwillig. Als sie krank wird und es keine ärztliche Hilfe gibt, war ich unglaublich traurig. Um so heftiger war mein Wunsch, dass Ella diese Hölle überleben möge.

Das Ende ist so märchenhaft wie Roses Geschichten.

Da es sich um ein Jugendbuch handelt, fand ich den Schluss absolut passend, da er Hoffnung auf bessere Zeiten macht. Eine Hoffnung, die angesichts der aktuellen Ereignisse überall auf der Welt, auch heute noch so wichtig ist.

Es ist unerlässlich, dass die Gräuel des Naziterrors nicht in Vergessenheit geraten und junge Menschen erfahren, zu was Menschen fähig sind - im Guten und im Bösen. Der Autorin gelingt es, die Balance zwischen Information und dem Erzählen einer bewegenden Geschichte, auf wunderbare Weise.

Das Buch ist meiner Meinung nach für jede Altersgruppe lesenswert.

Bewertung vom 26.02.2022
Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar / Mord ist Potts' Hobby Bd.1
Thorogood, Robert

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar / Mord ist Potts' Hobby Bd.1


ausgezeichnet

Miss Marples ebenbürtige Erben
Die kleine beschauliche Stadt Marlow ist die Heimat der 77jährigen Judith Potts. Judith liebt Whisky, schwimmt gerne nackt in der Themse, entwirft Kreuzworträtsel und liebt ihre Unabhängigkeit.

Als sie beim Schwimmen einen Schuss hört und die Polizei alarmiert, findet sie sich unvermittelt in einer Morduntersuchung wieder. Die Polizei geht davon aus, dass Judiths Nachbar, das Opfer, Selbstmord begangen hat, was Judith wiederum nicht glaubt. Kurz entschlossen kümmert sie sich selber um den Fall. Bei ihren Nachforschungen lernt sie die Hundesitterin Suzie und die Pfarrersgattin Becks kennen, die Judith mal mehr, mal weniger begeistert bei den Ermittlungen unterstützen.

Der Fall ist kniffliger als ein Kreuzworträtsel, bis Judith den entscheidenden Hinweis findet und sich dadurch in tödliche Gefahr bringt.

Ich habe mich schon lange nicht mehr mit einem Buch so wohlgefühlt und dabei vor Spannung fast an den Fingernägeln geknabbert, unterbrochen von so manchen Lachanfall.

Zuerst mache ich Judiths Bekanntschaft, die mir mit ihren Macken gleich sympathisch war. Da sich die Polizei Judiths Meinung nach nicht genügend um den Mord kümmert, ergreift sie kurzerhand die Initiative. Ein wenig hat sie mich an die legendäre Miss Marple erinnert.

Der Autor stellt ihr zwei weitere sehr sympathische Mitstreiterinnen zur Seite. Becks geht, ganz vorbildliche Pfarrersfrau, ganz in der Fürsorge für die Familie auf und hält sich strikt an die Konventionen. Man merkt aber schnell, dass es da noch eine andere rebellische Seite gibt. Suzie vervollständigt das Trio. Sie hat mich an die gute alte Hippie-Zeit denken lassen.

Der Fall selbst wird immer undurchsichtiger. Nichts scheint ,Sinn zu ergeben. Mal fehlt das Motiv, dann wieder hat der Verdächtige eine Alibi.

Die Lösung des Falles ist stimmig, aber fast Nebensache, da das Trio zu absoluter Höchstform aufläuft und mir noch einige Schrecksekunden beschert .

Das Buch hat mich in jeder Beziehung überzeugt, so dass ich mich auf eine Fortsetzung freue. Bis dahin ein Glas Whisky bitte !

Bewertung vom 20.02.2022
Die Schule der Redner
Seeger, Johann

Die Schule der Redner


sehr gut

Die Macht des gesprochenen Wortes


Der junge Leon flieht vor dem Vogt Uther aus der Burg seines Onkle, dem Fürsten Rudolf von Habsburg. Uther will von Leon ein geheimnisvolles Buch, das ihm sein Lehrer anvertraut hat. Um an sein Ziel zu kommen, schreckt Uther auch nicht vor Folter zurück. Leon sieht seine einzige Chance in der Flucht. Sein Ziel ist die Schule der Redner in Sankt Gallen, Dorthin soll er auf Geheiß seines Lehrers das Buch bringen.

Unter großen Gefahren erreicht Leon die Schule. Unterwegs hat er den Jungen Flint kennengelernt. Die beiden werden Freunde und Flint begleitet ihn von da an. Die Schule erweist sich nicht als sicherer Zufluchtsort und die beiden Jungen fliehen erneut. Ihr Ziel ist Venedig. Dort hoffen sie etwas zu finden, das Uther in seinem schändlichen Treiben Einhalt gebietet.

Zurück in Sankt Gallen muss Leon feststellen, dass er ausgerechnet von dem Menschen betrogen wurde, dem er vertraut hat. Ein Kampf auf Leben und Tod entbrennt.

Der Autor spielt mit der Idee, dass Sprache das Werkzeug ist, um Macht über Menschen zu erhalten und sie für die eigenen Zwecke zu manipulieren. Diese Vorstellung ist nicht ohne Reiz und in der Geschichte gibt es berühmte Beispiele, die zeigen, was begabte Redner erreichen können. Angefangen bei Predigern wie Johannes, dem Täufer über Jesus bis hin zu den Dämonen der Neuzeit wie Joseph Goebbels.

Der Autor untermauert seine These mit kurzen Ausflügen in die Rhetorik, die ich sehr interessant und anschaulich dargestellt fand.

Darüber hinaus erzählt der Roman eine packende Abenteuergeschichte, die mich in ihren bann gezogen hat. Leon ist ein sympathischer junge, der mehr zufällig in die Ereignisse hinein gezogen wird. Als er begreift, um was es geht, zögert er nicht, Verantwortung zu übernehmen. Auf der anderen Seite steht der Vogt Uther, der das personifizierte Böse ist. Grausam, manipulativ und machtgierig wie er war, konnte ich ihn von Herzen hassen.

Als ich schon dachte, ich hätte alle Intrigen durchschaut, wartet der Autor am Ende mit einigen überraschenden Enthüllungen auf , die manches in einem anderen Licht erscheinen lassen.

Der Roman konnte mich durch seine spannende und gut erzählte Geschichte fesselnd. Ich gebe dem Autor recht. Sprache besitzt eine gewaltige Macht. Das hat sich über die Jahrhunderte eher noch verstärkt.

Bewertung vom 17.02.2022
Im Schatten der Wende
Goldammer, Frank

Im Schatten der Wende


ausgezeichnet

Ost trifft West und ein spannender Kriminalfall
Tobias Falck, wohnhaft in Dresden, waren Recht und Ordnung schon immer wichtig. Deshalb entscheidet er sich für den Beruf des Polizisten.
Als die Mauer fällt, hat er gerade den Lehrgang für Kriminalisten beendet und wird dem Kriminaldauerdienst zugeordnet. Dort trifft er auf die ihm bereits bekannten Kollegen Schmidt, an den er keine guten Erinnerungen hat und Steffi Bach.
Die Arbeit gestaltet sich eher langweilig, bis die Westkollegin Suderberg auftaucht und Amtshilfe bei der Aufklärung einer ihrer Fälle einfordert. Welten treffen aufeinander, was die Zusammenarbeit nicht erleichtert.
Als Falck die richtigen Schlüsse zieht, hängt das Leben seiner Kolleginnen bereits am seidenen Faden.
Ich lerne Falck kennen, als er noch Volkspolizist in der DDR ist. Er steht fest zu den den Grundsätzen der sozialistischen Republik und kann nicht verstehen, dass man unbedingt in den Westen, den Staat der Ausbeuter, will. Was mich aber für ihn eingenommen hat, sind seine Träume von Familie und eigener Wohnung, sein Gespür für Menschen, seine Empathie und Hartnäckigkeit.
Der Mauerfall ist erstmal ein Schock für ihn. Zum Glück kann er seine Arbeit behalten, wenn auch der Umgang mit den neuen alten Kollegen nicht einfach ist. Schmidt ist mir noch von seinem Auftreten in der DDR her unsympathisch. Er war in meinen Augen brutal und nicht unbedingt an der Aufklärung seiner Fälle interessiert. Kollegin Bach ist sehr darauf bedacht, dass es im Team zu keinen Konflikten kommt. Ich mochte sie, schon allein schon deswegen und weil sie sich um die Aufspürung von Sexualstraftätern bemüht - einer Tätergruppe, die es in der DDR offiziell nicht gab.
Turbulent wird es, als die westdeutsche Kollegin auf der Bildfläche erscheint. Beide Seiten sehen ihre Vorurteile gegenüber dem jeweils anderen bestätigt und arbeiten eher gegen als miteinander. Das führt zu einigen humorvollen Szenen, über die ich mich wunderbar amüsiert habe. Der Fall selbst wird immer verworrener und die Beamten geraten mehrfach in große Gefahr.
Die Lösung des Falles fand ich überzeugend und hat mir auch deshalb gefallen, weil bei allen Unterschieden es eben auch Gemeinsamkeiten gibt.

Bewertung vom 15.02.2022
Die Uhrmacher der Königin
Dorweiler, Ralf H

Die Uhrmacher der Königin


ausgezeichnet

Auf Glückssuche im Uhrenland
Im 19.Jahrhundert waren Schwarzwalduhren in ganz Europa ein Begriff, besonders auch in England. Die Uhren wurden von den Bauern in Heimarbeit hergestellt und der Verdienst war ein willkommenes und notwendiges Zubrot. So auch auf dem Fallerhof. Durch das Schicksal gezwungen, suchen die beiden Fallerbrüder Erwin, der jüngerer der beiden und ein begnadeter Uhrmacher und Johannes, der durch einen Unfall einige körperliche Beeinträchtigungen hat, ihr Glück in England.

Doch die Dinge gestalten sich nicht wie erhofft und das Scheitern ist wahrscheinlicher als der Erfolg. Da kommt der Zufall zu Hilfe. Sophia, ein Kindermädchen im Palast der Königin Viktoria, vermittelt den Brüdern die Möglichkeit, eine Uhr als Geburtstagsgeschenk für die Königin zu fertigen. Abermals stellt das Schicksal die Weichen neu. Die beiden Brüder werden Zeugen eines Attentates auf Ihre Majestät. Sophia, die mit den Brüdern befreundet ist, gerät in Lebensgefahr und Johannes zögert keinen Moment, sie zu retten.

Das Buch hat mir erlaubt, in das Leben der Schwarzwaldbauern einzutauchen und nimmt mich anschließend mit nach England, das damals als das Gelobte Land für Uhrmacher erschien.

Die Geschichte beginnt sehr gemächlich mit den Jugendjahren der Brüder. Mir hat das gut gefallen, denn so erfahre ich viel über die damaligen Lebensbedingungen und lerne die Brüder und den Rest der Familie näher kennen. Durch Ernst mache ich Bekanntschaft mit der Faszination des Uhrenhandwerks und durch Johannes lerne ich schmerzhaft, wie schnell Träume zerplatzen können.

In England soll nun alles besser werden. Doch die goldenen Zeiten für die Schwarzwälder Uhrenmacher sind vorbei und so geht es auch hier nur darum, zu überleben.

Interessant fand ich, dass einmal in England einzelne Kapitel des Romans im Palast der Königin spielen. Ich erhalte Kenntnis über Viktorias Privatleben und wie es in der königlichen Kinderstube zuging.

In meinen Augen war es ein dicker Pluspunkt, dass der Autor fiktive und historische Personen so überzeugend miteinander agieren lässt , dass bei mir keine Zweifel an der tatsächlichen Möglichkeit des Geschehen aufkamen.

Höhepunkt ist das Attentat auf die Königin, das dramatische Auswirkungen auf alle Beteiligten hat .

Ich habe das Buch mit einem zufriedenen Lächeln und auch Bedauern zugeklappt, weil ich einige sehr unterhaltsame, interessante, lehrreiche und bewegende Lesestunden hatte, die gerne noch hätten andauern können.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.02.2022
Die Seele des Bösen - Todesliebe (eBook, ePUB)
Dicken, Dania

Die Seele des Bösen - Todesliebe (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Abschied
Matt hat sich einen Namen als Fotograf gemacht. Während der Eröffnung zu seiner Ausstellung in L.A. trifft Sadie ihre alten FBI-Kollegen. Nick erzählt ihr von einem aktuellen Fall von Kannibalismus und frägt, ob sie sich eine Mitarbeit vorstellen könnte. Im Herzen immer noch eine begeisterte Profilerin sagt Sadie zu.

Zuerst arbeitet sie an der Erstellung eines Profils und begleitet dann ihren alten Freund Nathan spontan zu einer Routinekontrolle, sie sich schnell zum Alptraum entwickelt.

In dieser Folge beschäftigt sich die Autorin mit Kannibalismus als Motiv für das Verbrechen. Ein Thema, das wohl bei den meisten Menschen Unglauben, Entsetzen und Ekel hervorruft. Hier muss ich der Autorin ein Kompliment machen, da sie diese Eigenart sehr sachlich und emotionslos darstellt, so dass ich die Ausführungen mit großem Interesse lesen konnte.

Matt und Sadie erleben erneut die Schrecken, die sie durch ihren Rückzug aus dem aktiven Dienst vermeiden wollten. Was auffällt ist, dass in dieser Folge die Stimmungslage vollkommen anders ist . Wenn ich bisher Sadie als selbstbewusste , mental starke und tapfere Frau erlebt habe, wirkt sie hier mutlos und erschöpft. Mir wurde dadurch bewusst, dass dieser Fall wohl der endgültige Abschied von Sadie und ihrer Familie bedeutet. Das stimmt mich wehmütig, denn ich durfte Sadie in 20 Fällen als Profilerin begleiten. Was mein Herz ein wenig leichter macht, ist eine weitere Erkenntnis aus dem aktuellen Fall. Sadies Tochter Libby zeigt in einer entscheidenden Szene, welche Fähigkeiten in ihr stecken. Ich bin überzeugt, dass mich die Autorin weiterhin mit spannenden, interessanten und bewegenden Episoden wie bisher unterhalten wird.