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bolie
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Langscheid

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Insgesamt 955 Bewertungen
Bewertung vom 26.03.2021
Sie haben mich nicht gekriegt
Kucher, Felix

Sie haben mich nicht gekriegt


ausgezeichnet

Tina Modotti und Mary S. Rosenberg sind die beiden Frauen, welche als Hauptpersonen des Buches „Sie haben mich nicht gekriegt“ dienen. Während die eine in bitterer Armut aufwächst, erlebt die andere ihre Kindheit recht unbeschwert. Beide eint ihre Abscheu gegenüber dem Faschismus, der sich in den 1930er Jahren immer weiter ausbreitet. Der Ruf nach Revolutionen wird auch vorher schon laut, wie etwa in Mexiko oder Spanien. Was Hass und Verfolgung mit den beiden Frauen macht, wird in dem Roman faktenreich beschrieben.

Kein leicht zu lesendes Buch, nein eher anstrengend. Immer wieder schwenkt der Autor Felix Kucher von der einen Hauptperson zur anderen und schreibt im Nachwort, dass über Tina Modotti etliche unterschiedliche Biografien existieren. Dass sie nicht unumstritten war, ist wohl allgemein bekannt. Ob sie allerdings tatsächlich als „femme fatale“ lebte, ist nicht belegt. Die Dialoge der beschriebenen Personen sind lebendig und niemals an den Haaren herbeigezogen. Sie lockern die Sachlichkeit des Romans auf.

Trotz weniger belegter Ereignisse aus dem Leben Frau Modottis gelang Herr Kuchner, ein interessantes Stück aus der Vergangenheit zu schreiben. Es geht nämlich nicht ausschließlich darum, dass das Leben zweier Antifaschistinnen beschrieben wird. Die Situation der Menschen zur damaligen Zeit spielt hier eine wichtige Rolle und deren Darstellung gelang dem Autor gut. Frauen waren noch längst nicht so emanzipiert wie heute und ohne den Kampf einiger starker Persönlichkeiten, gäbe es die Gleichberechtigung bis heute nicht.

Bewertung vom 22.03.2021
Die Assassinin (eBook, ePUB)
Cavelius, Alexandra

Die Assassinin (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Jerusalem war und ist noch immer ein Objekt der Begierde. „Die Assassinin“ ist ein Buch, welches von Geschehnissen rund um diese Stadt im 12. Jahrhundert berichtet. Lucia, die Hauptperson des Romans, wurde als „Bastard“ geboren. Sie war Christin und erlebte die Kämpfe gegen Saladin, die Kreuzritter und etliche andere Gruppierungen mit. Sie wird Opfer von Intrigen und muss nicht nur einmal um ihr Leben fürchten.

„Die Assassinin“ ist viel mehr als „nur“ ein historischer Roman. Hier wurden viele Fakten verarbeitet und das zeugt von einer umfangreichen Recherche. Was zunächst ein wenig langatmig erscheint, ist allerdings zwingend notwendig. Wer das Buch und die Taten der Akteure verstehen will, der muss auch die lange Einleitung lesen. Dabei geht es um die Mutter Lucias und deren Weg von Venedig nach Jerusalem. Welche Gründe führten zu ihren Lastern und dem Wesen, welches für ihr Kind zunächst nicht nachvollziehbar war.

Mir gefiel der Roman sehr gut. Zumal ich immer mal wieder in einem Sachbuch über Jerusalem nachlas und erkannte, dass die hier beschriebenen Ereignisse der Wahrheit entsprachen. Nein, die Dialoge sind nicht verbrieft aber sie könnten so stattgefunden haben und sind nicht an den Haaren herbeigezogen. Ein sehr gutes und bestens recherchiertes Werk.

Bewertung vom 18.03.2021
Zwischen Du und Ich (eBook, ePUB)
Funk, Mirna

Zwischen Du und Ich (eBook, ePUB)


gut

Es gibt viele Stolpersteine und nur sehr selten ist den Betrachtern bewusst, welches Schicksal hinter den Namen steht. So ist es auch bei Nike. Sobald sie ihre Wohnung verlässt, muss sie am Stolperstein ihrer Urgroßmutter vorbei. Nein, ihr Schicksal kennt sie nicht. Nike ist Jüdin und hat keine Ahnung, welche Traumata ihre Vorfahren erlebten. Sie fragt sich aber, warum ihre Großmutter so unnahbar und ihre Mutter so kalt ist. „Zufällig“ bekommt sie ein Jobangebot, welches sie nach Israel bringt. Dort lernt sie den arbeitslosen Journalisten Noam kennen und lieben.

„Zwischen Du und Ich“ ist kein Roman, der sich zwischendurch weglesen lässt. Zu intensiv sind die Schilderungen eines turbulenten Lebens der Hauptperson Nike. Ich las das Buch bis zum „bitteren“ Ende und das war gut. Was anfangs recht oberflächlich daherkommt, entwickelt sich mit den Seiten zu einem tiefgründigen Roman. Dabei werden die Fragen nach dem „Warum“ für nicht nachvollziehbare Handlungen der dargestellten Personen nicht ausreichend beantwortet. Ja, die Nachfahren der Opfer des Holocausts leiden sehr, weil die Vorfahren ihre Traumata im Schweigen verdrängen.

Das Buch #ZwischenDuundIch lässt mich ratlos zurück. Nein, es ist keineswegs schlecht, aber für mich ist es zu „sexlastig“. Die Sprache ist zuweilen so vulgär, dass ich die Passagen nicht lesen konnte. Und dann der Schluss. Hier gibt es viele offene Fragen, die mich ratlos zurücklassen.

Bewertung vom 17.03.2021
Das Wunder von Dünkirchen (eBook, ePUB)
Friederichs, Hauke

Das Wunder von Dünkirchen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In dem Buch „Das Wunder von Dünkirchen“ schreibt der Autor, wie der Westfeldzug begann. Im Jahr 1940 als Hitler seine Nachbarn überfiel und die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzte. Nein, die Länderchefs glaubten nicht daran und wiegten sich in Sicherheit. Dass dies ein fataler Fehler war, merkten sie leider viel zu spät. Zum Glück konnten doch noch über 300.000 eingekesselte Soldaten aus Dünkirchen gerettet werden. Und das mit der Hilfe vieler Laien und unter Einsatz ihres Lebens. Es ist nicht zu ermessen, wie der Zweite Weltkrieg endete, wäre diese Maßnahme nicht erfolgreich gewesen.

„Das Wunder von Dünkirchen“ ist das zweite Buch, welches ich von diesem Autor lese. Das andere ist übrigens jetzt als Taschenbuch erschienen und trägt den Titel „Funkenflug“. Beide Werke zeugen von akribischer Recherche und einem verständlichen und bildhaften Erzählstil.

Ja, im Sommer 1940 wurde klar, dass der „Führer“ größenwahnsinnig war. Wer das vorher nicht wahrhaben wollte, jetzt kam die Erkenntnis für viele zu spät. In dem Buch schreibt Hauke Friederichs, welche Sorgen Anna Seghers hatte, da sie keinen Verlag für ihren neuesten Roman fand. Er zitiert ebenfalls Tagebucheinträge von Astrid Lindgren und berichtet von den Sorgen der Eltern Anne Franks. Dass der König von Belgien feige die Seiten wechselte und den Tod etlicher seiner Landsleute billigend in kauf nahm, ist ebenfalls ein Thema.

Besonders spannend war für mich die Tatsache, dass Hitler in unmittelbarer Nähe meines Wohnortes das „Felsennest“ erbauen ließ. Er war also nur wenige Kilometer von hier entfernt. Das schockte mich tatsächlich und ich werde den mir bis dato unbekannten Ort besuchen. Ja, die Eifel war ein Nest der Anhänger Hitlers und bis heute gibt es hier Hochburgen der Nazis. Mich freute sehr, dass Herr Friederichs das Buch von Erika Mann erwähnte und auch dessen Inhalt skizzierte. Es heißt „Wenn die Lichter ausgehen“ und ich empfehle es ausdrücklich.

Am Ende des Buches stehen Erklärungen für Abkürzungen, ein Glossar, Erklärung von außergewöhnlichen Begriffen und Fremdwörtern sowie eine umfangreiche Auswahl von weiterführender Literatur. Dass ich für dieses Buch eine Leseempfehlung gebe, ist für mich selbstverständlich.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.03.2021
Wenn die Lichter ausgehen
Mann, Erika

Wenn die Lichter ausgehen


ausgezeichnet

In dem Buch „Wenn die Lichter ausgehen“ schreibt Erika Mann, wie das „Leben unterm Hakenkreuz“ gestaltet war. Sie führt die Leser in eine Universitätsstadt in Deutschland und der Name bleibt ihr Geheimnis. 10 Kurzgeschichten schrieb sie und es wird offenbar, was Menschen damals erlebten. Es gab Verzweifelte, die plötzlich „minderwertig“ und in Deutschland nicht erwünscht waren, Denunzianten, die sich von der Bespitzelung Vorteile erhofften und Menschen, die sich auch in diesen Wirren ihre Humanität nicht verloren.

Erika Mann hatte das Glück, dass sie früh genug in die USA einreisen durfte. Ihr Bruder Klaus sowie die Eltern halfen von dort aus vielen ihrer Freunde, die ebenfalls die Republik verlassen mussten. Dieses Buch erschien bereits im Jahr 1940 in den USA, fand dort aber nicht viel Beachtung. Erst am Anfang des 21. Jahrhunderts wurde es in deutscher Sprache veröffentlicht. Eigentlich sollte das Werk den Titel „Tatsachen“ haben, denn alles, was hier geschrieben ist, entspricht der Realität. Sie hätte viel mehr Geschichten schreiben können, aber das würde den Leser mit der Zeit langweilen, so dachte sie.

Mir gefiel das Buch sehr gut. Damals war auch Sprache ein Werkzeug, Botschaften zu vermitteln. Sie war in der Beziehung ganz die Tochter des berühmten Vaters. Die Geschichten sind berührend und passen (leider) auch in die heutige Zeit. Frau Mann war es wichtig, dass sie nur das zum Thema nahm, was den Durchschnittsbürger betraf. Nein, nicht alle waren diskriminierend und nicht alle im Widerstand tätig. Es war der Autorin wichtig, diese Tatsachen zu berücksichtigen. Niemals verallgemeinern und mit dem Finger auf unbedarfte Menschen zeigen.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.03.2021
Die Heilung der Welt (eBook, ePUB)
Gerste, Ronald D.

Die Heilung der Welt (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Der Autor führt uns durch die Geschichte über die Dauer von nahezu 8 Jahrzehnten. Der Schwerpunkt liegt dabei nicht alleine auf medizinischen Entdeckungen sondern auch auf Erfindungen, die bis heute unser Leben mitgestalten. Die Rede ist unter anderem von der ersten Weltausstellung in London, der Erfindung von Eisenbahn und Fotografie sowie Berichte über Semmelweis, Koch und Morton.

„Die Heilung der Welt“ wurde von einem Mann geschrieben, der sowohl Mediziner als auch Historiker ist. Sein Buch fesselte mich, weil er historische Persönlichkeiten so ganz anders als „normal“ porträtierte. Er berichtet über Fakten, die so nicht bekannt sind und das gilt auch für die Anfeindungen durch Kollegen unter anderem bei Semmelweis. Wussten Sie, wer das erste „Selfie“ machte oder warum die Fotografie so wichtig für die Medizin ist?

Dass Hygiene und hier besonders das Waschen der Hände überlebenswichtig ist, wird nicht erst seit Corona vermittelt. Es war Herr Semmelweis, der dadurch die Todeszahlen der jungen Mütter im Kindbett drastisch verringerte. Heute ist es ganz normal, dass Patienten bei Operationen eine Narkose erhalten. Ein Segen, der heute zwar selbstverständlich jedoch ohne Erfindung des Äthers nicht möglich wäre.

Einige Persönlichkeiten erwähne ich, da ihr Leben und ihre Werke den meisten Menschen bis heute bekannt sind. Da ist die Krankenschwester Florence Nightingale, die durch den Krimkrieg auf das Leid der Soldaten aufmerksam wurde. Während dieses Krieges gab es zudem eine Premiere, nämlich die der Kriegsberichterstattung. Hier begann „Die Macht der Medien“, welche (leider) bis heute anhält. Charles Darwin, Henry Dunant und Hodkin gehören auch zu den Persönlichkeiten, die im Buch einen Platz fanden.

Dann noch etwas zum Thema impfen. Wer weiß denn von den Gegnern, dass der Deutsch-Französische Krieg durch das Impfen der Soldaten entschieden wurde? Es starben damals mehr Männer durch die Pocken als durch den Feind. Deutsche Soldaten wurden alle geimpft, während die französische Regierung keinen wert darauf legte.

Vor jedem neuen Thema wurde ein Foto eines Ereignisses oder des Forschers gestellt. Danach folgt die Beschreibung der Erkrankung, dann die Vita des Forschers und die harte Zeit von den ersten Tests bis zum Durchbruch. Dabei kommen aber auch andere Ereignisse des betreffenden Zeitraums zur Sprache. Am Ende folgen dann Anmerkungen des Autors sowie Verweise auf die Quellen. Die Fußnoten werden ebenfalls erklärt und es folgen Bildnachweise sowie Namens- und Sachregister. Keine Frage, das Buch ist ein Muss für jeden, der mitreden möchte, wenn es um den Segen aber auch den „Fluch“ der Industrialisierung geht.

Bewertung vom 12.03.2021
Als wir uns die Welt versprachen (eBook, ePUB)
Casagrande, Romina

Als wir uns die Welt versprachen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Edna lebt alleine mit ihrem Papagei in Südtirol. Regelmäßig liest sie die Zeitschrift „Stern“ und eines Tages findet sie dort das Foto ihres Freundes aus Kindertagen. Jacob ist sein Name und wie sie, wurde als Verdingkind auf einem Markt in Ravensburg verkauft. Sie erkennt ihn auch nach vielen Jahrzehnten an seiner markanten Verletzung am Augenlid. Kurzentschlossen macht sie sich auf den Weg nach Radolfzell. Nein, nicht mit dem Auto oder der Bahn, sie reist per pedes und mit Emil, dem Papagei an ihrer Seite. Der hat nämlich für Edna und Jacob eine besondere Bedeutung. Auf dem Weg von Italien nach Deutschland begegnet sie etlichen Menschen, die sie tief in ihrem Inneren berühren und so gar nicht dem üblichen „Schubladendenken“ entsprechen.

„Als wir uns die Welt versprachen“ berichtet von einem Kapitel in der Geschichte, welches nicht viel Beachtung findet. Verding- oder Schwabenkinder wurden von armen Familien in großer Not verkauft. Sie mussten zu reichen Bauern ziehen und dort unter sklavenähnlichen Verhältnissen arbeiten. Immer wieder wird berichtet, dass auch Geistliche für den Verkauf der Kinder einsetzten. Sie wollten ihnen laut eigener Aussagen, doch nur das beste. Wie das tatsächlich war, das kann in Büchern nachgelesen und in Filmen angeschaut werden. Märkte, bei denen die Kinder an meistbietende Bauern verkauft wurden, gab es nicht nur in Ravensburg. Unter anderem wurden die Kleinen auch in Wengen und Friedrichshafen auf ihre erschütternde Reise gebracht.

Das Fatale bei den missbrauchten Kindern war, dass die Familien sich tatsächlich keine andere Lösung denken konnten. Zumal, wie oben geschrieben, auch die Kirchenväter ihnen gut zuredeten. Über ihre Situation berichteten die Kinder kaum. Zu ängstlich waren sie und selbst Missbrauch wurde nicht verraten. Leider gibt es bis heute nur wenige Zeitzeugen, die darüber berichten. Zu lange sind die Untaten an Wehrlosen her und kaum noch jemand interessiert sich dafür. Die Autorin schildert eindringlich das Geschehen damaliger Zeit, verzettelt sich aber meiner Meinung nach dann doch zu sehr.

Bewertung vom 12.03.2021
Der Todesbote (eBook, ePUB)
Puffpaff, Ellen

Der Todesbote (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Anna hat sich jetzt, ein Jahr nach ihrer Entführung, ein wenig erholt. Sie fühlt sich durch die Police relativ sicher und ahnt nicht, wie gefährdet sie tatsächlich ist. Mehrere Angriffe auf ihr Leben lassen sie jedoch vorsichtiger werden und ihre Angst kehrt auch zurück. Leider geht sie nicht zu Polizei sondern denkt, dass sie sich selbst beschützen kann.

„Die Komplizin“ was schon nervenaufreibend spannend und in diesem Buch hat die Autorin Ellen Puffpaff nochmals einen drauf gesetzt. Nicht nur, dass es Überraschungen gab, die ich so niemals ahnte. Auch die vielen Spannungsbögen hören nicht auf. Sobald ich dachte, puh, jetzt erst mal ausruhen, schwupps, war die nächste unglaubliche Szene da. Und nein, niemals übertrieben sondern stets realistisch dargestellt. Viele Dialoge sorgen für Abwechslung und die Beschreibung ließ bei mir immer wieder die oft erwähnten „Bilder im Kopf“ entstehen. Auch die Psyche der handelnden Personen wird glaubhaft dargestellt. Warum handelt die Person so? Was treibt sie an? Ein tolles Buch, welches ich unbedingt empfehle. Wie gut, dass es auch noch einen dritten Band geben wird.

Bewertung vom 11.03.2021
Klaras Schweigen
Storks, Bettina

Klaras Schweigen


ausgezeichnet

Klara, so heißt die Großmutter von Miriam. Sie haben ein inniges Verhältnis und die Enkelin ist am Boden zerstört als ihre Oma einen Schlaganfall hat. Dass sie dann auch noch mit dem Sprechen beginnt und nur französische Vokabeln äußert, gibt nicht nur Miriam Rätsel auf. Diese Ereignisse finden im Jahr 2018 statt.

Ein zweiter Erzählstrang beginnt im Jahr 1944 und in der Vergangenheit liegt auch der Schlüssel zu Großmutters Kenntnissen der französischen Sprache. Was geschah aber denn damals und warum schwieg Klara überhaupt so lange?

Neulich las ich bei Facebook einen Kommentar, der mich zum Schmunzeln brachte. In einer Gruppe, wo sich Freunde historischer Romane austauschen, schrieb doch tatsächlich ein Mitglied: „Haha, was kann man denn von einem Roman lernen?“ Dazu kann ich nur sagen, lies die Bücher von Bettina Storks und du lernst sehr viel.

„Klaras Schweigen“ führt den Leser in die Zeit der französischen Besatzung und zwar nach Freiburg. Hier lebte Klara mit Schwester und Eltern. Wie sich das für die Bevölkerung anfühlte und worunter sie besonders litten, berichtet die Autorin sehr einfühlsam. Aber auch die Bombennacht und der Zerstörung dieser schönen Stadt findet Erwähnung. Von Freiburg aus zieht Klara nach Konstanz, wo sie im Haushalt ihrer Tante lebt. Ein Interview mit der Zeitzeugin Klara Henze führte Bettina Storks auch und das zeugt noch einmal davon, wie wichtig ihr die Fakten beim Schreiben ihrer Bücher ist. Frau Henze lebte damals in Konstanz und berichtete über die Jahre während und nach dem Krieg. Interessant zu erfahren, warum diese Stadt nicht verdunkelt wurde.

Und dann beschreibt Frau Stark auch noch über Orte in der Bretagne. So eindringlich und bildhaft, dass ich gar nicht nach Frankreich fahren muss. Nein, in Gedanken befand ich mich bereits dort. Es gibt einige Wendungen, die den Spannungsbogen aufrecht halten und diese wirken keineswegs konstruiert. Ein sehr gutes Buch mit vielen Passagen, aus denen ich eine Menge lernen konnte.

Bewertung vom 09.03.2021
Was wir scheinen
Keller, Hildegard E.

Was wir scheinen


ausgezeichnet

Hannah Arendt wurde von vielen Menschen gemieden, nachdem ihr Buch zum Prozess gegen Eichmann veröffentlicht wurde. Wie es ihr dabei ging, das ist eins der Themen, welche die Autorin Hildegard Keller in dem Buch „Was wir scheinen“ aufgreift. Sie nimmt den Leser an die Hand und wir begleiten Hannah Arendt zu den wichtigen Stationen ihres Lebens. Von ihrer Flucht nach Frankreich, über die Immigration in die USA bis zum Umzug in die Schweiz, die lebendige Schilderung wird durch viele Dialoge überzeugend dargestellt.

Als ich vor etlichen Jahren den Film „Hannah Arendt“ sah, war ich von dieser mutigen Frau sehr beeindruckt. Umso mehr freute ich mich, dass nun auch ein Roman über ihr Wirken erschien. Viele Weggefährten hatte sie und dazu gehörten unter anderem auch die Gräfin Dönhoff, Ingrid Bermann und Gottfried Keller. Kellers Verse, die er weit vor der Machtergreifung Hitlers schrieb, zeigten in erschreckender Weise, wie er die Zukunft sah. Ja, Hannah Arendt war eine Jüdin und erlebte hautnah was es heißt, die Heimat gezwungenermaßen zu verlassen. Als dann der Krieg vorbei war und sie nach Jerusalem zum Prozess gegen Eichmann gerufen wurde, konnte sie kaum fassen, was sie sah. Ein unscheinbares „Männlein“, das in keiner Weise dem Bild eines Massenmörders entsprach. Ihre Aussage von „der Banalität des Bösen“ wurde scharf kritisiert und viele „Freunde“ wandten sich von ihr ab.

Hannah Arendt ließ sich nicht den Mund verbieten oder gar verbiegen. Sie stand zu ihrer Meinung und musste schmerzlich hinnehmen, dass sie damit zuweilen aneckte. Als Menachem Begin sich in Israel etablierte und seine Partei immer mächtiger wurde, verfassten Intellektuelle Amerikas ein Schreiben an die New York Times. Unterschrieben wurde es unter anderem auch von Einstein und Arendt. Alle verwiesen auf die Gräueltaten Begins gegen Palästinenser. Es bleibt also festzuhalten, dass Frau Arendt keineswegs parteiisch war. Sie sah auch die Fehler ihrer Glaubensbrüder und -schwestern und benannte diese öffentlich. Das Buch endet mit den Worten der Autorin wobei sie erwähnt, dass Fakten mit Fiktion verwoben wurden und das Werk als Roman anzusehen ist.

Quellenangaben und Zitate aus weiteren Büchern folgen. Viele Menschen halfen mit, dieses Buch zu veröffentlichen und alle finden ihren Platz auf den letzten Seiten. Auffallend ist zudem die wertige Ausstattung mit Einband und Lesebändchen, während das Cover schlicht und doch eindrücklich gehalten ist.