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mimitatis_buecherkiste
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Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 721 Bewertungen
Bewertung vom 29.04.2022
Bogmail
McGinley, Patrick

Bogmail


gut

Als der Pubbesitzer Tim Roarty Briefe seiner Tochter an den bei ihm angestellten Barmann Eamonn Eales findet, ist ihm klar, dass er schnellstens etwas dagegen unternehmen muss, hat Eales bekanntlich nicht nur den Ruf eines Frauenverstehers, er ist tatsächlich hinter jedem Frauenrock her, der ihm unter die Augen kommt, und das ziemlich erfolgreich. Leider versagt das von Roarty liebevoll zubereitete Omelette inclusive der Giftpilze kläglich, sodass er bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit mit einem Lexikon zuschlägt. Wider Erwarten ist Eales sofort tot und wird durch Roarty gewissenhaft im Moor entsorgt. Kurze Zeit später bekommt Roarty Post von einem selbsternannten Bogmailer (zusammengesetzt aus bog wie Moor und blackmailer wie Erpresser), der eine hohe Summe wöchentlich auf sein Konto fordert. Roarty muss nun herausfinden, wer von seinen Stammgästen dies sein könnte, um sich auch diesen unauffällig vom Hals schaffen zu können. Dies erweist sich als gar nicht so einfach wie gedacht.

Der Aufdruck auf dem Buch besagt, dass es sich um einen Roman mit Mörder handelt. Dies ist richtig, denn von einem Krimi ist dieses Buch weit entfernt. Zwar war immer wieder mal eine leichte Spannung zu spüren, aber überwiegend verlor sich die Geschichte für mich in Nebensächlichkeiten und Belanglosigkeiten, sodass jeder mögliche Nervenkitzel schnell im Keim erstickt worden ist, was ich sehr schade fand. Immer wieder driftete die Erzählung ab, verlor sich in Nebenschauplätzen und nahm mein Interesse mit. Dabei ist das Grundgerüst solide und der Plot außergewöhnlich; wäre der Autor dabeigeblieben, statt immer wieder neue Komponenten einzubringen, hätte es ein Highlight werden können, denn der Humor war göttlich. Leider gab es hier zu viele fremdländische Wörter, zu viele mir unbekannte Ausdrücke und immer wieder Themen, von denen ich nichts verstand. Die interessanten Abschnitte sind der Grund, warum ich drangeblieben bin, aber bedauerlicherweise reicht es für mich trotzdem nur für eine mittlere Bewertung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.04.2022
Waldinneres
Subietas, Mónica

Waldinneres


ausgezeichnet

Gottfried Messmer ist erstaunt, als ihn die Zürcher Bank kontaktiert und ihm mitteilt, dass es ein Konto auf den Namen seines verstorbenen Vaters gibt, zu dem ein Schließfach gehört, da sein Vater bereits seit über vierzig Jahren tot ist. Im Schließfach selbst findet er einen Spazierstock, in dessen Innern ein echtes Bild des Malers Gustav Klimt versteckt ist. Ein Brief des Vaters enthüllt hierzu eine unglaubliche Geschichte, die über siebzig Jahre zurückliegt. Der Vater möchte, dass Gottfried den echten Besitzer des Bildes ausfindig macht, um diesem Stock und Gemälde zu übergeben. Bevor er dies tun kann, fangen einige Personen an, Fragen zu stellen und es gibt Interessenten für das Bild, die alles dafür tun würden, um es in die Finger zu kriegen.

Durch Zufall bin ich auf das Buch aufmerksam geworden und war mir erst nicht sicher, ob ich es lesen will. Der Klappentext ging mir aber einfach nicht mehr aus dem Kopf und auch das Cover selbst finde ich einfach wunderschön. Alles dreht sich um ein Gemälde mit dem Namen Waldinneres. Dieses Bild von Gustav Klimt (1862-1918) existiert tatsächlich, allerdings gehört es nicht zu den populärsten Werken des österreichischen Malers. Anfangs habe ich ein wenig gebraucht, um in die Story reinzufinden. Es gibt immer wieder Zeitsprünge, die ausgefallene und passende Überschriften tragen und zeitlich gekennzeichnet sind, aber zu Beginn half mir das nicht weiter. Diese Sprünge waren verwirrend, ergaben dann aber nach und nach einen Sinn. Plötzlich entfaltete die Geschichte einen unglaublichen Sog, sprang von interessant zu spannend und zwar so mächtig, dass ich zwischendurch nachschauen musste, ob ich den Zusatz Krimi nicht irgendwie übersehen habe. Es geht um Familie, ein Versprechen und Schuld. Der Zweite Weltkrieg und das Thema Raubkunst spielen ebenfalls eine Rolle. Eine tolle Geschichte, die mir spannende Lesestunden beschert und mich sehr begeistert hat. Von mir gibt es fünf Sterne und eine Leseempfehlung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.04.2022
Das Mädchen und der Totengräber / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.2
Pötzsch, Oliver

Das Mädchen und der Totengräber / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.2


sehr gut

Ein bekannter Professor wird tot aufgefunden, sein Leichnam wurde kurioserweise mumifiziert. Inspektor Leopold von Herzfeldt versucht herauszufinden, wer dem berühmten Ägyptologen so etwas angetan haben könnte und sucht Hilfe bei Augustin Rothmayer, dem Totengräber vom Zentralfriedhof. Auf Spekulationen, der Professor wäre einem Fluch zum Opfer gefallen, lassen die beiden sich nicht ein. Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, da hilft es auch nicht gerade, dass parallel hierzu eine Mordserie die Stadt erschüttert, sodass die Polizei alle Hände voll zu tun bekommt. Auch Julia Wolf, die Freundin von Leopold, die als Polizeifotografin tätig ist, bekommt dies zu spüren. Das Böse hält ganz Wien in Atem.

Dies ist der zweite Teil der Buchreihe mit Leopold von Herzfeldt, den ersten Teil kenne ich bisher nicht. Da beide Teile in sich abgeschlossen sind, kann man diese problemlos unabhängig voneinander lesen. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass mir Vorwissen fehlt, nie war mir etwas unklar oder irritierte mich. Natürlich würde ich gerne wissen, wie die drei Hauptakteure sich kennengelernt haben, aber das war für das vorliegende Buch tatsächlich zweitrangig. Das Gebiet der Archäologie ist keines, das mich ungemein interessiert, dennoch hat der Autor es geschafft, die Thematik für mich spannend genug zu verpacken. Es gibt einige Informationen hierzu, diese nehmen aber nicht überhand und spielen nur am Rande eine Rolle. Die Figur des Leopold von Herzfeldt fand ich gut herausgearbeitet und auch Julia war mir sympathisch. Am besten hat mir aber tatsächlich der Totengräber Augustin Rothmayer gefallen, der herrlich skurril und kauzig rüberkommt.

Was mich im Buch anfangs sehr irritierte, war der Umstand, dass plötzlich so viele Mordfälle zu bearbeiten waren, ich kam fast gar nicht mehr mit. Es wird letztendlich zwar aufgeklärt, was es damit auf sich hat, dennoch fand ich es stellenweise etwas überladen und die einzelnen Erzählstränge waren mir einfach zu viel. Dazu kommt, dass ich das Gefühl hatte, dass hier jeder tut und ermittelt, wie er lustig ist, Zeugen und andere Beteiligte eingeschlossen. Ob dies der Zeit geschuldet ist? Immerhin spielt sich die Geschichte im Jahre 1894 ab, da tickten die Uhren noch anders. Ich hätte mir übrigens mehr Informationen zu der damaligen Zeit gewünscht, die wenigen Ausführungen dazu fand ich unglaublich interessant und spannend. Die Auflösung des Falls bzw. der Fälle war raffiniert sowie schlüssig und trotz einiger langatmiger Stellen wurde ich gut unterhalten. Von mir gibt es vier Sterne und ich freue mich bereits sehr auf weitere Fälle mit Leopold und Augustin.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.04.2022
Die Tote im Container / Team Helsinki Bd.1
Ollikainen, A.M.

Die Tote im Container / Team Helsinki Bd.1


gut

In einem abgeschlossenen Container wird eine Tote gefunden, die in diesem Container ertränkt worden ist. Die Unternehmerfamilie, vor dessen Haus der Container abgestellt worden ist, behauptet, die tote Frau nicht zu kennen. Im Laufe der Ermittlungen stellt sich heraus, dass dies nicht die ganze Wahrheit sein kann, denn die Tote kam aus Namibia, wo die Unternehmerfamilie tätig ist.

Man nehme einen verwirrenden Prolog und ein Folgekapitel, das noch verwirrender ist, danach einen ersten Teil, der mit einem Verbrechen beginnt, dazu eine Ermittlerin, die blass bleibt, nicht wirklich fassbar, und macht Andeutungen, sie würde etwas verbergen. Leider reicht dies nicht, um mich zu fesseln; im Gegenteil bin ich irritiert und leicht ablenkbar. Dabei machen es mir die fremden sowie ungewohnten Vor- und Nachnamen nicht leichter, den Überblick zu behalten. Die Ermittlungen verdienen diese Bezeichnung nicht, mir kommt es vor, als ob die Autoren sich nicht einig waren, ob sie berufliches und privates vermischen, trennen oder in den Vordergrund stellen wollen. Der erste Teil plätschert ruhig vor sich hin, mehr Roman als Krimi, und ich ertappe mich bei dem Wunsch, er möge schnell vorbei sein.

Im zweiten Teil zieht das Tempo etwas an, die Story wird unterbrochen durch einige Rückblenden, wobei unklar ist, aus wessen Sicht diese geschildert werden. Immer noch kommt keine rechte Spannung auf, das Buch zu beenden empfinde ich mittlerweile mehr als eine Pflichtübung, als dass es mir Spaß macht. In dem dritten Teil überschlagen sich die Ereignisse und die Lösung kommt in Sicht. Das Ende ist zwar schlüssig, reißt mich aber nicht wirklich vom Hocker, da hätte ich mir eine originellere Auflösung gewünscht. Alles in allem ein solider Krimi ohne nennenswerte Einfälle und eher unspektakulär. Von mir gibt es ganz knapp drei Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.04.2022
Was im Verborgenen ruht / Inspector Lynley Bd.21
George, Elizabeth

Was im Verborgenen ruht / Inspector Lynley Bd.21


ausgezeichnet

Die Polizistin Teodora Bontempi wird bewusstlos in ihrer Wohnung aufgefunden und ins Krankenhaus gebracht, wo sie erst ins Koma fällt und dann verstirbt. Bei der Autopsie ergibt sich, dass sie einen Schlag auf den Kopf abbekommen hat, der zu einem Schädelbruch geführt hat, sodass es sich um Mord handeln muss. Die Ermittlungen führen DS Thomas Lynley in den Norden Londons, wo Teo in der nigerianischen Gemeinde ermittelt hat. In dem persönlichen Umfeld von Teo scheint fast jeder ein Geheimnis zu haben und auch Teo hatte etwas zu verbergen. Die Aufklärung gestaltet sich schwieriger als gedacht.

Als erstes möchte ich den außergewöhnlichen Aufbau des Buches erwähnen, denn auf den ersten fast hundertfünfzig Seiten werden die Ermittler nicht einmal erwähnt. Erst einmal werden die beteiligten Personen vorgestellt und diverse Handlungsstränge begonnen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Das schürt die Neugier und befeuert meine Phantasie. Als klar wird, dass ein Verbrechen vorliegt, werden zwar einige Fragen beantwortet, dafür aber meine Vermutungen und Verdächtigungen immer wieder in andere Richtungen gesteuert, was ich unglaublich spannend finde. Mein Kopfkino läuft auf Hochtouren und ich bin total begeistert darüber, wie die einzelnen Puzzleteile ineinander greifen und passend zueinander finden.

„Das ist entsetzlich, grauenhaft, unmenschlich, entwürdigend, abstoßend, abscheulich, verachtenswert. Aber Sie haben recht, man kann es mit Worten nicht beschreiben, sagte die Ärztin.“ (Seite 207)

Womit wir beim Thema des Buches wären, denn auch mir fehlen fast die Worte, um zu beschreiben, was ich beim lesen gefühlt habe und immer noch fühle. Es geht um Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen. Dabei handelt es sich um diverse Formen von operativen Eingriffen mit kulturellem Hintergrund. Bei diesen Eingriffen werden die äußeren weiblichen Geschlechtsorgane teilweise oder ganz entfernt. Ich wollte hier noch die extremste Variante beschreiben, Infibulation genannt, sehe davon aber ab, weil es so fürchterlich, so barbarisch ist, dass es fast nicht zu glauben ist, dass diese Praktiken auch heute noch gang und gäbe sind. Immer wieder musste ich das Buch zur Seite legen, war entsetzt, erschüttert und mehr als einmal den Tränen nahe. Tatsächlich kam ich hier ganz oft an meine Grenzen und das passiert mir sonst nicht so schnell.

„Die Beschneidung ist etwas, worum in den meisten Familien ein Riesengeheimnis gemacht wird. Die Mütter sagen ihren Töchtern nicht die Wahrheit: dass es sich de facto um eine Verstümmelung handelt. Die Mädchen werden eines Teils ihres Körpers und damit ihrer selbst beraubt, weil eine ignorante Tradition bestimmt, dass sie nichts empfinden dürfen. (…) Die Verstümmelung beraubt sie ihrer Identität, sie macht sie zur käuflichen Ware.“ (Seite 500)

Vieles habe ich nicht gewusst, von manchen Sachen wünschte ich fast, ich hätte sie nie erfahren. Aber es ist wichtig und unumgänglich, dass noch viel mehr darüber berichtet und aufgeklärt wird. Die Autorin schafft es, dieses Thema mit viel Feingefühl in den Kriminalroman einzubauen und dabei großartige Aufklärungsarbeit zu leisten. Für diesen Mut und das Können ziehe ich ganz tief meinen imaginären Hut. Der Fall selbst war interessant, die Ermittlungsarbeit spannend und authentisch dargestellt, die Auflösung überraschend und schlüssig. Trotz des schwierigen Themas, das aufrüttelt und erschüttert, war das für mich Unterhaltung auf dem höchsten Niveau, einfach meisterlich und verdient die volle Punktzahl.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.04.2022
Licht zwischen den Bäumen
Mannion, Una

Licht zwischen den Bäumen


sehr gut

Libby ist vierzehn Jahre alt und das mittlere von fünf Kindern im Alter zwischen sechs bis achtzehn Jahren. Zusammen mit ihrer Mutter wachsen die Kinder ohne Vater auf, der vor eineinhalb Jahren verstorben ist. Bereits vorher war dieser von ihrer Mutter getrennt und lebte in New York. Am Anfang der Sommerferien fahren alle zusammen im Auto nach Hause, als die zwölfjährige Ellen den Bogen mal wieder überspannt und ihre Mutter zur Weißglut treibt, worauf diese sie aus dem Auto wirft und alleine in der Dunkelheit zurücklässt. Am Ende dieses Sommers wird nichts mehr sein, wie es vorher war.

Dieser Roman war anders, als ich es erwartet habe. Die gesamte Handlung spielt sich in einem Sommer ab, obwohl es mir im Nachhinein viel länger vorkommt. Wer hier unglaubliche Spannung erwartet, wird enttäuscht. Der Fokus liegt auf der Familie von Libby; die Erinnerungen an den Vater, das Zusammenleben mit der Mutter, das Band der Geschwister untereinander, all dies wird hier ausführlich thematisiert und noch viel mehr. Das Verschwinden von Ellen spielt zwar eine wichtige, aber nicht immer eine zentrale Rolle. Natürlich führt diese Aktion zu einer Reaktion, aber zu welcher und in welcher Form, das habe ich so nicht erwartet.

Anfangs hatte ich Probleme damit, dass fast nichts passiert, dass es einfach nur das normale Leben ist, das Libby so eindringlich schildert und erklärt. Aber irgendwann hat gerade das mich begeistert, mich an meine Kindheit und Jugend erinnert, mich gefesselt und mitgenommen auf eine Reise in die Vergangenheit. Der Schluss wurde dramatisch und rasant, die Auflösung war stimmig und ich traurig, dass das Buch nun zu Ende geht. Es hat mir gefallen und mich letztendlich überzeugt. Von mir gibt es vier Sterne und eine Leseempfehlung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.04.2022
Applikation
Rieck, Tilo

Applikation


gut

Als auf dem Hamburger Fischmarkt ein Toter gefunden wird, ahnt noch niemand, dass dieser ermordet wurde, anfangs scheint es sich um einen Drogenkonsumenten zu handeln, der eine Überdosis erwischt hat. Der junge Kommissar Paul Tiedge aber vermutet mehr dahinter und liegt seinem Partner, dem älteren und erfahreneren Uwe Drechsler, damit in den Ohren, hier weitere Ermittlungen anzustellen. Tatsächlich ergibt sich nach einiger Recherche die Vermutung, dass es sich um Mord handelt, und nicht nur das: Anscheinend war der Tote vom Fischmarkt nicht das erste Opfer!

Nur langsam kam für mich der Fall in die Gänge und auch an den ungewöhnlichen Schreibstil musste ich mich zuerst gewöhnen. Gedanken, Gespräche und das Geschehen wechselten sich ab, ebenso die Perspektive, dann fanden der Autor und ich einen gemeinsamen Rhythmus und ich war drin im Buch. Der Kriminalroman ist humorvoll, aber auf eine dezent zurückhaltende Weise, was mir sehr gefallen hat. Zwar gab es hier nicht viel Neues zu entdecken für mich als langjähriger Leserin von Krimis, aber der Fall war interessant und mir hat die Dynamik zwischen den beiden Polizisten sehr gefallen. Die vielen Erklärungen zur Ermittlung fand ich allerdings oft unnötig und etwas übertrieben, der ältere Polizist war überzogen schlau, zu vorausschauend und genial, dies war sehr unrealistisch. Das ist aber natürlich mein persönliches Empfinden. Bereits vor der Auflösung hatte ich einen Verdacht, der sich einerseits bestätigt hat, andererseits auch nicht. Klingt seltsam, ist aber so. Wer nun neugierig ist, dem kann ich das Buch empfehlen.

Leider gab es hier unglaublich viele Komma-Fehler, die sich durch das gesamte Buch ziehen. Das hat mich sehr irritiert, immer wieder meinen Lesefluss erheblich gestört und führt so bedauerlicherweise zur Abwertung der Gesamtwertung. Wer damit kein Problem hat, rechnet einfach einen halben Stern zu meiner Bewertung hinzu. Von mir gibt es drei Sterne für diesen interessanten Fall.

Bewertung vom 13.04.2022
Die Wahrheit und andere Erinnerungen
Neeme, Imbi

Die Wahrheit und andere Erinnerungen


ausgezeichnet

Nicole ist elf Jahre alt, als ihre Mutter Tina einen Unfall baut, bei dem Nicole und ihre zwei Jahre jüngere Schwester mit im Auto sitzen, aber kaum verletzt werden. Darüber, ob Tina an dem Tag betrunken war, streitet sich die Familie noch Jahrzehnte später, denn Tina hat ein Alkoholproblem. Kurz danach trennen sich die Eltern, Nicole bleibt bei Tina, die jüngere Samantha zieht ein wenig später zu ihrem Vater Craig und dessen neuer Frau. Nun ist Tina gestorben und alte Wunden brechen auf, Geständnisse folgen und Erinnerungen kommen ans Licht. Was ist damals passiert am Unfalltag und war vielleicht doch alles ganz anders?

Die Gegenwart, sechsunddreißig Jahre später, wird unterbrochen durch Rückblenden, die zeigen, wie unterschiedlich Nicole und Samantha sich erinnern. Beide wurden geprägt durch das Erlebte, zueinander finden sie dadurch aber nicht. Die Beziehung der beiden Schwestern zueinander ist reines Gift, keine der beiden ist ehrlich zur anderen; wie denn auch, die beiden schaffen es ja kaum, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein. Verlustängste bestimmen das Leben der beiden Frauen, was sich auf die Beziehung mit anderen, besonders aber auf die der Schwestern untereinander auswirkt. Das empfand ich als besonders tragisch, denn tief innen dachten beide anders darüber, aber keine von ihnen war bereit, über ihren Schatten zu springen, geschweige denn, den ersten Schritt in die Richtung ihrer Schwester zu tun. Zwei Frauen, Produkte ihrer Kindheit und der Erlebnisse in ihrer Jugend, gefangen in sich selbst, nicht fähig, Liebe zu geben oder zu empfangen.

Ich wusste gar nicht mehr, was ich wollte oder brauchte, so lange hatte ich anderen geholfen, das zu erreichen, was sie wollten oder brauchten. Seite 270

Anfangs hat mich das Buch kalt gelassen, der Schreibstil seltsam hölzern und ungelenk. Mit jeder gelesenen Seite war es aber so, als ob die Autorin sich frei schreiben würde, als ob die Story sie fände und nicht umgekehrt. Plötzlich war sie da, die Geschichte, mit ganzer Wucht, Kraft und Macht. Ganz tief bin ich eingetaucht, habe miterlebt, gefühlt, verstanden. Ein weiteres Highlight in diesem Jahr ist dieses Buch und ich hoffe, es folgen von dieser Autorin noch viele mehr. Volle Punktzahl von mir, wie könnte es anders sein. Lest es.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.04.2022
Die andere Schwester / Karlstad-Krimi Bd.2
Mohlin, Peter; Nyström, Peter

Die andere Schwester / Karlstad-Krimi Bd.2


sehr gut

Alicia und Stella betreiben zusammen eine erfolgreiche Dating-App. Als Stella ermordet wird, ist Alicia sicher, dass sie den Täter auf dem Überwachungsvideo erkannt hat, was sie der Polizei aber verschweigt. Derweil ist der Ermittler Fredrik Adamsson, der in Wirklichkeit John Adderley heißt, abgelenkt durch eigene Probleme. Anscheinend hat ihn sein früheres Leben, vor dem er geflohen ist und sich in Schweden versteckt, eingeholt. Er versucht, den Mord an Stella aufzuklären und gleichzeitig, seine Verfolger abzuschütteln, was gar nicht so einfach ist. Die Situation spitzt sich zu und John muss sich entscheiden, ob er fliehen oder sich seiner Vergangenheit stellen soll.

Dies ist der zweite Teil der Reihe um John Adderley, der unter einem falschen Namen in Schweden lebt. Der erste Teil hat mich vor zwei Jahren begeistert und endlich ist auch hierzulande die Fortsetzung erschienen. Der Vorgänger endete mit einem Cliffhanger, was die Person John Adderley angeht, der Fall selbst wurde abgeschlossen. Man kann dieses Buch lesen, ohne den Vorgänger zu kennen, allerdings versteht man dann einige Andeutungen und Zusammenhänge nicht, sodass ich es nicht empfehlen würde.

Der Fall im vorliegenden Buch kommt etwas zu kurz, da die Probleme von John aufgrund seiner Vergangenheit überhand nehmen. Die beiden Stränge führen zwar irgendwann zusammen, aber mir kam es lange so vor, als ob hier zwei Storys parallel erzählt würden und ich konnte mich auf keine richtig einlassen. Immer dann, wenn es interessant wurde, wechselte die Perspektive von John zu Alicia und andersherum, was zwar einerseits die Spannung erhöhte, mich andererseits aber oft irritierte. Erst spät kam etwas Struktur rein und der Fokus richtete sich auf die laufende Ermittlung. Das letzte Drittel konnte mich richtig begeistern, die Auflösung war schlüssig und gut konstruiert. Das Ende lässt mich zufrieden zurück und obwohl es keinen erneuten Cliffhanger gibt, so ist bereits jetzt absehbar, dass im nächsten Teil ein gänzlich neues Abenteuer wartet. Ich freue mich schon jetzt sehr darauf! Von mir gibt es vier Sterne und eine Leseempfehlung.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.04.2022
Stille Befreiung
Hammesfahr, Petra

Stille Befreiung


sehr gut

Sandra ist achtzehn Jahre alt, als sie den sieben Jahre älteren Ronnie kennengelernt. Eigentlich ist er gar nicht ihr Typ, aber wenn er lächelt, dann ähnelt er frappierend ihrem Lieblingsschauspieler. Ronnie tut alles, um Sandra von sich zu überzeugen, dabei ist er sehr spendabel und wirft förmlich mit Geld um sich, was für das junge Mädchen, das eine Ausbildung macht, die nicht vergütet wird, sehr verlockend ist, schließlich lebt sie noch zu Hause und bekommt lediglich etwas Taschengeld. Trotz der Warnungen von allen Seiten, allen voran ihre Familie, sich nicht mit Ronnie einzulassen, besonders im Hinblick auf den Geisteszustand seiner Mutter die Hände von der Familie zu lassen, werden die beiden ein Paar und kurze Zeit später ist Sandra schwanger. Damit beginnt aber nicht etwa die schönste Zeit ihres Lebens.

Sandra erzählt ihre Geschichte und dies tut sie sehr ausführlich, fast schon ausschweifend. Dies ist interessant, aber sicherlich nicht immer spannend. Unterbrochen wird ihre Erzählung von Rückblenden, die ständig eine Situation beleuchten, die sich immer mehr zuspitzt. Leider werden diese Rückblenden oft wiederholt und verraten lange Zeit so wenig, dass mich diese irgendwann einfach nur noch irritieren. Zudem ist die geschilderte Situation für mich nicht nachvollziehbar und auch nicht logisch, was dazu führt, dass ich ein wenig das Interesse verliere. Während die Geschichte voranschreitet, merke ich aber allmählich, dass etwas in den Rückblicken unstimmig ist und vermute, dass mich die Autorin an der Nase herumgeführt. Als die Erzählung im letzten Drittel eine unerwartete Wendung nimmt, fühle ich mich zwar bestätigt, bin aber vorerst wieder auf dem Holzweg. Dies habe ich nicht erwartet und letztendlich ist es diese Wendung, die mich für die vielen Längen entschädigt.

Leider handelt die Autorin die Story dann auf wenigen Seiten ab, als ob das Ende nun schnell kommen müsste, keine Zeit bliebe für lange Erklärungen, das Papier wird knapp. Das finde ich schade, denn ich fühle mich wie im Regen stehengelassen, enttäuscht und unbefriedigt. Das hätte ich mir anders gewünscht. So aber ist es ein solider Spannungsroman mit einigen Längen und einem etwas unpassenden Ende. Von mir gibt es dreieinhalb Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.