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anette1809 - katzemitbuch.de
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Sulzheim
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Bewertungen

Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 12.02.2015
Die Buchspringer
Gläser, Mechthild

Die Buchspringer


ausgezeichnet

Vor vielen Jahren hat Amys Mutter während der Schwangerschaft ihre Heimat Stormsay verlassen. Nun führen Schwierigkeiten von Amy an der Schule und eine Trennung seitens Alexis' dazu, dass die beiden in den Ferien fluchtartig ihr Zuhause in Bochum verlassen und die Insel aufsuchen.
Dort erfährt Amy eine unglaubliche Tatsache, die sie zunächst für einen albernen Scherz hält: sie entstammt einer Familie von Buchspringern, deren Aufgabe es ist die Literatur zu schützen. Ihre Mutter hat ihr diesen Umstand jahrelang verschwiegen, da sie diese Aufgabe für sehr gefährlich einschätzt, aber es existiert noch ein weiterer Umstand, weswegen Alexis mit ihrer Vergangenheit gebrochen hat.

Zunächst ist das Buchspringen für Amy ein großer Spaß, sie bekommt "Das Dschungelbuch" zugeteilt, um ihre Fähigkeiten als Buchspringerin zu testen. Sie bringt schnell in Erfahrung, dass ihre Fähigkeiten außerordentlich groß sind: von Beginn an kann sie in Büchern bis zu deren Rand vordringen und in andere Geschichten wechseln, ebensowenig benötigt sie im Gegensatz zu den anderen Buchspringern auf Stormsay ein Portal, um in die Buchwelt einzutreten. An der Seite des jungen Werther lernt sie die Welt zwischen den Seiten kennen, Oliver Twist und den anderen Waisen im Heim bringt sie Kekse und Kaugummi, doch dann treten verschiedene Umstände ein, die zeigen, dass die Buchwelt in Gefahr ist. Schätze werden geraubt, Ideen werden gestohlen und eines Tages wird sogar eine Buchfigur tot aufgefunden...

Mechthild Gläser erzählt eine spannende Geschichte auf den Pfaden berühmter, literarischer Figuren auf zwei Ebenen. Es sind sozusagen mehrere Bücher in einem Buch enthalten. Dabei verweben sich die Stränge auf verschiedene Art und Weise. Zum einen betreten die Buchspringer die Welten zwischen den Seiten, aber auch einige literarische Figuren finden den Weg in Amys Welt. Zudem sind zwischen den Kapiteln Fragmente eines Märchens eingestreut, welches in Mechthild Gläsers Welt der Buchspringer eine wichtige und geheimnisvolle Rolle spielt.
Auch die ungeklärten Vorfälle in der Bücherwelt haben einen unterschiedlichen Ursprung und verknüpfen mehrere Handlungsstränge miteinander, so sind es verschiedene Faktoren, die die Neugierde beim Lesen anheizen und den Leser durch die Seiten treiben.
Die Figuren aus der literarischen Welt, die Mechthild Gläser auftreten lässt, sind bunt und vielschichtig. Es sind allesamt Figuren aus der klassischen Literatur, entnommen sowohl aus Büchern für junge als auch für ältere Leser. Einige davon kann man bereits auf dem Cover entdecken - Baghira aus dem Dschungelbuch, Sherlock Holmes, Alice und das weiße Kaninchen aus dem Wunderland - selbst, wenn man die Bücher (noch) nicht gelesen hat, so sollte man zumindest schon von den Figuren beziehungsweise den Büchern, denen sie entstammen, gehört haben, und wer weiß... vielleicht bekommt ja der eine oder andere spätestens nach "Die Buchspringer" Lust die Welt des jungen Werther oder von Elizabeth Bennet näher zu erkunden.

Das Ende des Romans gibt auf beiden Ebenen - Amys Geschichte und dem Märchen - Raum für den Leser, die Zukunft der Figuren weiterzuspinnen. Dies gefällt mir gerade im Zusammenhang mit dieser Geschichte ausgesprochen gut, da Mechthild Gläser ein Szenario erdacht hat, in dem sich Geschichten abseits der vom Autor erdachten Pfade entwickeln können. So hat jeder Leser am Ende von "Die Buchspringer" die Möglichkeit, sich sein eigenes Ende auszudenken. Zudem haben "Die Buchspringer" eine gewisse Ironie inne, da die Autorin beschreibt, dass aus Elementen verschiedener Geschichten wieder eine neue gewebt werden kann - wie eine Anzahl verschiedener Zutaten, die in unterschiedlicher Kombination und Mischungsverhältnis einen ganz neuen Cocktail ergeben: Mechthild Gläser ist ein sehr spannender und unterhaltsamer gelungen, der erfrischenden Einblick in die Welt der klassischen Literatur gibt und die Lust daran weckt diese Welten selbst zu entdecken.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.02.2015
17 Briefe oder der Tag, an dem ich verschwinden wollte
Kolbe, Karolin

17 Briefe oder der Tag, an dem ich verschwinden wollte


ausgezeichnet

Line ist sehr unglücklich. Ihr dominanter Vater macht ihr, der jüngeren Schwester und der Mutter ständig Vorwürfe und schüchtert sie ein. Line soll Schuld daran sein, dass er vor 18 Jahren nach der Schule keine Weltreise machen und anschließend studieren konnte. Line zieht sich immer mehr in sich zurück, ihre Schwester tröstet sich über den Familientwist mit Essen hinweg, die Mutter duckt sich vor den Vorwürfen des Vaters weg und versucht einen oberflächlichen Frieden zu bewahren, in dem sie zu allem, was ihr Mann will, ja und Amen sagt.
Line weiß nicht mehr, was sie tun soll, sie weiß nur, so wie jetzt kann es nicht mehr weitergehen. Da sie auf Grund ihrer familiären Lage das Vertrauen zu Menschen verloren hat, sucht sie in ihren Büchern um Rat. Ihre Sammlung an Reclam-Heftchen wird zu ihrem Orakel, auf Grund dessen Vorhersagungen sie in 17 Tagen verschwinden will...

Eine weitere Textstelle bringt sie doch zunächst dazu alle ihre Sorgen und Gedanken in einem Brief festzuhalten, den sie unter einem Stein am Bach versteckt, an dem sie sich gerne zurückzieht. Dort wird er von Anton gefunden, einem Jungen aus ihrer Klasse, mit dem sie als Außenseiterin keinerlei Kontakt hat. Im Gegensatz zu ihr ist er beliebt, ein toller Fußballspieler und mit einem hübschen und angesagten Mädchen zusammen. Seltsamerweise berührt der Brief Anton, denn was keiner weiß: bei ihm ist vieles nur Fassade, in Wirklichkeit ist auch seine Familie am Zerbröckeln. Seine Schwester ist magersüchtig, doch die Mutter weigert sich strikt der Wahrheit ins Auge zu sehen, da eine Magersucht ihrer Tochter ihrem Ruf als Kinderärztin schaden würde. Anton selbst setzt sich unter Druck, weil er Erwartungen erfüllen möchte, sowohl im Sport als auch in seiner Beziehung.
Zwischen den beiden problembeladenen Jugendlichen entwickelt sich ein Austausch mit 17 Briefen, für jeden Tag einen bis zu dem Tag, an dem Line eigentlich verschwinden wollte...

Karolin Kolbes Geschichte von Line und Anton ist in Kapiteln aufgebaut, die von "Noch 17 Tage" bis "Heute" vorwärtszählen, vom Beginn der Handlung, bei der der Leser erfährt, dass Line aus ihrem traurigen Leben verschwinden will, bis zu dem Zeitpunkt, als der letzte Brief geschrieben und gelesen wird.
Die Idee ein Mädchen ohne Rückhalt bei Familie und Freunden nach Ratschlägen in Büchern suchen zu lassen und dadurch auf ein offenes Ohr zu stoßen, dass von einer Stelle her rührt, mit dem sie nie gerechnet hätte, ist eine schöne Parabel, dass Freunde und Hilfe manchmal an ganz anderen Stellen zu finden ist als man erwartet. Zudem zeigt die Figur des Anton auf, dass auch Menschen, die nach außen hin selbstsicher wirken und beliebt sind, ihr Päckchen an Problemen mit sich herumzutragen haben.
Karolin Kolbe reisst sehr viele Probleme in ihrem Buch an, die in Familien mit Kindern und Jugendlichen auftreten können, wie Übergewicht, Magersucht, Beziehungsprobleme der Eltern, Verdrängung von Problemen, Bevormundung und Unterdrückung. Trotzdem - und auch trotz des relativ geringen Umfangs - schafft die Autorin es in meinen Augen die Geschichte nicht zu überladen wirken zu lassen.
Durch das Ansprechen vielfältiger Probleme und dem Aufzeigen verschiedener Wege, wie man diese anpacken und möglicherweise lösen kann, finde ich "17 Briefe" sehr geeignet, um als Schullektüre gelesen zu werden. Karolin Kolbe schickt ihre Protagonisten auf einen guten Weg, sie müssen nur den Mut beweisen aus ihrer vertrauten Umgebung auszubrechen und neue Wege zu beschreiten.

Bewertung vom 10.02.2015
Ben Fletchers total geniale Maschen
Easton, T. S.

Ben Fletchers total geniale Maschen


ausgezeichnet

Ben Fletcher wächst in einer total schrägen Familie auf. Die Mutter geht regelmäßig auf Tour als Magierin, der machohafte Vater versteht unter einer perfekten Vater-Sohn-Beziehung Interesse an Autos und gemeinsame Besuche von Fußballspielen: eine einmalig grottenschlechte Kombination, wenn der Sohn weder auf Autos steht noch Fußball mag. Die sechsjährige und dickköpfige Molly vervollständigt des Bild der chaotischen Familie, die der Leser gleich zu Beginn live in Action bei einem verunglückten Familienpicknick mit abgefackelten Augenbrauen und verkohlten Hähnchenteilen kennenlernen darf.
Auch mit seinen Freunden hat Ben es nicht viel besser getroffen: ein missglückter Raubzug, um Alkohol für eine Party zu organisieren, endet für seine drei Freunde mit einer Verwarnung, eine Verkettung denkbar unglücklicher Umstände bestraft Ben mit einer Bewährungsstrafe, einem Wohltätigkeitskurs bei einer alten Dame, und einem mehrwöchigen Abendkurs am Community College, der Ben davon abhalten soll erneut auf die falsche Bahn zu geraten. Da er es einfach nicht schafft, um Fettnäpfchen einen Bogen zu schlagen, sitzt Ben nun ab sofort Donnerstagabends im Strickkurs unter der Leitung der Mutter seiner angebeteten Mitschülerin Megan. Unglaublicherweise entpuppt sich Ben als wahres Naturtalent fürs Stricken und entwickelt einen großen Spaß daran. Allerdings verstrickt er sich in ein Lügengerüst aus Lehmklumpen, Playboys, Stricknadeln und erfundenen Freundinnen, weil er sein neues Hobby vor seinem machohaften Vater und seinen coolen Freunden geheimhalten möchte. Doch als er in London bei einer Endausscheidung eines landesweiten Strickwettbewerbs antreten und dadurch seine Schule retten kann, ist es mit der Geheimhaltung vorbei. Seltsamerweise reagieren einige seiner Familie, Bekannten und Freunde ganz anders als befürchtet - dafür manche viiiiiel schlimmer! Wer die Geschichte bis zum Strickwettbewerb in London nicht verrückt fand, der sollte spätestens hier die Gesichtsmuskulatur für ein paar herzhafte Lacher locker machen.

"Ben Fletchers total geniale Maschen" ist ein besonders intensives Lesevergnügen, da man Ben beim Schreiben seines Tagebuchs aka Erfüllung seiner Bewährungsauflagen, direkt über die Schulter guckt. Ganz ernst nehmen sollte man die skurrile Geschichte nicht, sonst hätte er sich sicher mehr Ärger durch seine Eltern eingehandelt und auch der Briefaustausch zwischen ihm und seiner Bewährungshelferin würde nicht so persönlich ausfallen. Für mich war das Buch einfach ein riesengroßer Lesespaß, der zeigt, dass das Hobby, das wie für einen gemacht ist, nicht immer den gängigen Klischees entspricht. Und ein Hobby zudem die perfekte Gelegenheit bietet gleichgesinnte Freunde und Bekannte zu finden.

Das Ende ist rund, bietet aber noch jede Menge Potential für Folgebände. Schließlich schreibt Bens Freund Joz gerade an einer Fortsetzungsgeschichte "Shades of Graham", die Ben lektoriert, er hat nun Megan, ihm stehen die AS Levels bevor, aber am wichtigsten ist: Eine Masche nach der anderen!

Das Layout lockert das Innere des Buches auf und passt perfekt zum Thema: Datenangaben und Überschriften im Tagebuch sind handschriftlich ausgeführt und abgerollte Wollknäuel verleihen dem Ganzen eine spielerische Leichtigkeit. So flutschen die Seiten beim Lesen wie das Garn beim Stricken vom Finger: schneller als man Gucken kann!

Reihen-Info:
Boys don't knit (Ben Fetchers total geniale Maschen)
An English Boy in New York

Bewertung vom 05.02.2015
Eleanor & Park
Rowell, Rainbow

Eleanor & Park


ausgezeichnet

Eleanor hat wegen einem Umzug die Schule gewechselt. Die Geschichte beginnt am Morgen des ersten Schultags als Eleanor in den Bus einsteigt und Probleme hat einen freien Sitzplatz zu finden. Notgedrungen rückt Park auf seiner Bank ans Fenster und lässt Eleanor neben sich Platz nehmen.
Die ersten Kapitel kratzen zunächst nur an der Oberfläche der Persönlichkeiten von Eleanor & Park: P. ist gutausehend, Halbkorenaer, eher schüchtern und zurückhaltend, E. besitzt eine plumpe Körperstatur und auffällig rote, gelockte Haare. Mit diesem Aussehen zieht sie am ersten Tag im Bus die Blicke auf sich und wird zum neuen Opfer der Schüler im hinteren Teil des Busses auserkoren.
Nach diesen Oberflächlichkeiten steigt der Leser nach und nach tiefer in das Leben der beiden Teenager ein. Man lernt die Familien der beiden kennen und lernt dadurch mit der Zeit ihre Art besser zu verstehen. Denn Eleanor ist eigentlich weder plump, noch dumm, auch wenn sie durch ihre Körpersprache am ersten Tag so gewirkt hat. Ihre verängstigte, zurücknehmende Art ist der Familiensituation verschuldet, die sie tagtäglichen ertragen muss. Mit ihrer Mutter und den vier jüngeren Geschwistern wohnt sie im viel zu kleinen Haus ihres aggressiven und alkoholabhängigen Stiefvaters, der ihre Mutter schlägt und die Kinder einschüchtert.
In der Schule lernt man jedoch schon bald eine starke, offene Eleanor kennen, die einen ganz eigenen Kopf hat und zu ihrem Standpunkt steht. So kommt es eines Tages, dass Park sich irgendwann für das Wesen hinter der plumpen Fassade interessiert und sich die beiden über die Comics, die Park im Bus liest, und die Songtitel, die Eleanor auf ihre Schulbücher geschrieben hat, näher kommen.
Leider steht der Beziehung der beiden so vieles im Weg. Zum einen muss Eleanor die Freundschaft mit Park vor ihrer Familie geheim halten, da ihr Stiefvater in der Vergangenheit schon wegen geringeren Sachen ausgerastet ist. Aber auch Park ringt lange Zeit mit sich, bis er offen zu seiner Beziehung mit Eleanor stehen kann. Er hat Angst vor den Reaktionen der anderen Mitschüler und seine Mutter lehnt Eleanor anfangs ab, da Eleanor durch ihre verschlossene Art und den schrecklichen Familiengeheimnissen, die sie vor anderen verbirgt, unfreundlich und ablehnend auf andere wirkt.
Eleanor & Park ist ein ruhiges Buch, das trotzdem einen unglaublichen Sog auf den Leser ausübt. Dies liegt zum einen an den tiefen Gefühlen, die Rowell fast greifbar zwischen Eleanor und Park entstehen lässt, aber auch wegen dem tieftraurigen Anfang, der vor dem ersten Kapitel zu lesen ist: Eleanor ist fort... Mit diesem Wissen begleitet der Leser das Kennenlernen der beiden und ihre entstehende Liebe zueinander. Von Anfang an mit dem Wissen, dass Irgendwas oder Irgendwer es schafft die beiden wieder auseinander zu bringen.
Ich gebe zu: bei einigen Büchern bin ich ein "auf-die-letzte-Seite-Gucker", weil mich ein Buch so fesselt oder eine derart unerträgliche Spannung aufbaut, dass ich nicht schnell genug lesen kann, um endlich ans Ende zu gelangen, damit der Knoten sich löst. Zum Glück habe ich es in diesem Fall geschafft, nicht während des Lesens ans Ende zu linsen. Lasst um Himmels Willen die Finger von der letzten Seite! Dieses Buch durchläuft alle Facetten an Gefühlen und Beziehungen, Glück und Trauer, Freundschaft und Liebe, Familienglück und einem Scherbenhaufen. Man muss sich auf die Achterbahnfahrt der Gefühle einlassen bis zur Endstation, denn kurz vor Schluss gibt Rowell mit unerwarteten Entwicklungen und Überraschungsmomenten nochmals alles und schüttelt den Leser richtig durch. Zum Glück lässt sich das Buch durch den jugendlichen Schreibstil und den ständigen Perspektivwechsel zwischen Eleanor und Park regelrecht inhalieren.
Spätestens am Ende sollten dann auch die abgebrühtesten Leser ein Taschentuch bereit liegen haben - sei es zum Vollheulen oder Zerknüllen, mehr sage ich dazu nicht, meine Qualen während des Lesens musste ich schließlich auch alleine durchstehen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.01.2015
Der Klang der Hoffnung
Zail, Suzy

Der Klang der Hoffnung


ausgezeichnet

Die Autorin Suzy Zail wurde durch die Lebensgeschichte ihres Vaters zu ihrem Roman "Der Klang der Hoffnung" inspiriert. Im Vorwort gibt sie an, welche Teile von Hannas Geschichte historisch verbürgt sind, und dass die Romanfiguren und die Handlung ihrer Fantasie entsprungen sind. Des Weiteren erwähnt sie, dass der einzige Weg ist, dass sich die Geschichte des Holocaust nicht wiederholt, darüber zu reden und zu schreiben. Dieser Meinung kann ich mich nur anschließen: wer sich nicht für Geschichtsbücher oder Lebenserinnerungen interessiert, der sollte stattdessen zu fiktiven Erzählungen greifen, bevor er vor diesem Punkt in der Vergangenheit die Augen verschließt.

"Der Klang der Hoffnung" erzählt die Geschichte der 15jährigen Hanna. Der Leser lernt sie und ihre Familie im Jahr 1944 kennen. Sie leben seit einigen Wochen im Budapester Ghetto, doch nun soll das Ghetto dicht gemacht werden. Noch schweben Hanna und ihre Familie in völliger Ahnungslosigkeit, wie es weitergehen soll. Nach den Wochen im Ghetto denken sie, dass egal was danach kommt, es nur wieder aufwärts gehen kann. Wenn man dies liest, schnürt sich bereits ein Knoten im Hals zu, denn viele haben ja doch einiges an Vorwissen zum Holocaust, sei es durch die Schule, Fernsehen und Filme oder andere Bücher. Da das Buch jedoch nur aus der Sicht Hannas erzählt wird, kann sie natürlich immer nur Vermutungen anstellen oder schwebt in völliger Ahnungslosigkeit. Dies zeigt sich unter anderem an einem Handlungsstrang, in dem der Mediziner Josef Mengele im Zusammenhang mit Zwillingen erwähnt wird.

Dass Hanna im KZ Birkenau nicht direkt in die Gaskammern geschickt wird, liegt nur daran, dass sie sich ein Jahr älter macht, um bei ihrer Schwester und ihrer Mutter zu bleiben. Der Leser erlebt auch hier wieder einen Schreckensmoment, denn Hannas ältere Schwester Erika wollte unbedingt, dass Hanna ihr wahres Alter angibt, weil sie dachte, dass Kinder und ältere Menschen im KZ leichtere Arbeit leisten müssen.
Dank ihres großen Talents zum Klavierspielen bekommt Hanna nach einer Weile die Gelegenheit im Haus des Kommandanten von Birkenau aufzuspielen und erlangt damit gewisse Privilegien und außerdem die Möglichkeit eine letzte Verbindung zu ihrem alten Leben aufrecht zu erhalten: die Liebe zur Musik. Durch diese Liebe nähert sie sich im Laufe der Zeit Karl - dem Sohn des Kommandanten, oder dem "falschen Jungen", wie das Buch im Original betitelt ist. Doch der "falsche Junge" ist er nicht wegen seiner Abstammung, die in seinem Fall genauso wenig ein Grund zum Schämen ist wie für Hanna ihre jüdische Abstammung.

'Ich bin, wer ich bin, und ich schäme mich nicht dafür, hätte ich ihm gerne gesagt. Ich bin stolz darauf, eine Jüdin zu sein. Ich lebe mit Philosophen, Wissenschaftlern, Künstlern und Lehrern, Landfahrern, Dichtern und Komponisten hinter einem Stacheldrahtzaun. Du lebst in einem Haus voller Hass.' (S.132)

Neben dem Schicksal Hannas und ihrer Familie gewährt die Autorin auch einen tieferen Einblick in das Leben einiger Nebenfiguren, so dass man zumindest ansatzweise Verständnis dafür entwickeln kann, warum sich einige Menschen zu Kriegszeiten in ihrer Persönlichkeit so stark verändert haben. Zudem führt das Buch hoffentlich jedem vor Augen, dass man niemandem seine Herkunft, seine Abstammung oder seinen Glauben anlasten sollte. NIEMANDEM - bei Suzy Zail ist es nämlich mitnichten nur Hanna, die unter diesem Irrglauben unmenschliches Leid ertragen muss, sondern auch Karl, wenngleich dieses Leid bei ihm ganz anders aussieht und sich zumindest nicht auf körperlicher Ebene auswirkt.

Gegen das Vergessen sind Bücher wie "Der Klang der Hoffnung" wichtig und unerlässlich, denn Romane wie die fiktive Geschichte Hannas, die jedoch auf historischen Fakten aufbaut und ohne Effekthascherei den Leser tief berührt, erreichen das jugendliche Zielpublikum eher als Geschichtsbücher dies vermögen.

Bewertung vom 28.01.2015
Als Opapi das Denken vergaß
Marmon, Uticha

Als Opapi das Denken vergaß


ausgezeichnet

"Alle Menschen sollten ihre Kindheit von Anfang bis Ende mit sich tragen."
Astrid Lindgren

Mias Urgroßvater - den sie Opapi nennt - ist mittlerweile über 80 Jahre alt und wird immer vergesslicher. Da er nicht mehr alleine wohnen kann, zieht er vom Bodensee in den Norden zu seinem Enkel und dessen Familie.
Für seinen Enkel und seine Frau ist die Umstellung groß, denn ein demenzkranker Angehöriger bedeutet Verantwortung und Pflegeaufwand. Mia selbst geht an die Krankheit lockerer heran, auch wenn sie der unbekannte Junge in Opapis Wohnung verwirrt. Er riecht nach See und Fisch und hat ständig Unfug im Kopf. Scheinbar fällt der Junge aber niemandem außer Mia auf, und selbst mit ihrem Opapi kann sie nicht über ihn reden, denn Berti - der Junge - und Opapi sind nie zur gleichen Zeit anwesend. Es dauert eine Weile bis Mia merkt, dass die beiden trotzdem sehr eng miteinander verbunden ist...

'Bei den Sachen, die Opapi einfach nur verlegte, half Mia ihm suchen. Bei denen, die er vergaß, war es etwas schwieriger. Denn dummerweise konnte Mia nur dann das Licht für Opapi anknipsen, wenn sie wusste, was er in seinem Gedächtnis gerade nicht fand. Bei allem anderen konnte sie nur wie bei Joni und Nils ein Nachtlicht in die Steckdose neben der Tür stecken. Und das tat Mia, so oft es ging.' (S.99)

"Als Opapi das Denken vergaß" ist ein sehr gutes Kinderbuch, welches einem mit einem verzauberten Flair vermittelt, was Demenz bei Betroffenen und deren Angehörigen bewirkt und in welchem Maße diese Krankheit in das Leben all jener beeinflusst. Zudem ist es aber auch ein Plädoyer dafür, wie wichtig ein Mehrgenerationenhaushalt für eine Familie sein kann. Opapi bleibt trotz seiner Krankheit in einer familiären Umgebung, die Kinder wachsen mit einer Selbstverständlichkeit fürs Altwerden und (altersbedingte) Krankheiten auf und lernen dadurch mehr Verantwortung zu tragen und wachsen früher in die Selbstständigkeit hinein.
Von der Verantwortung, die die Erwachsenen im Umgang mit ihrem an Demenz erkrankten Verwandten tragen müssen, bekommt man nur etwas am Rande mit, da diese Geschichte aus der Sicht Mias erzählt wird. Kinder sollen diese Krankheit verstehen lernen und bekommen zudem von der Autorin vermittelt, wie sie dem Kranken helfen und damit ihre Eltern unterstützen und entlasten können. Denn Mia unternimmt gemeinsam mit Opapi regelmäßig unter zu Hilfenahme dessen alter Fotoalben Fantasiereisen in seine Vergangenheit, so wird sein Gedächtnis trainiert und er findet zudem Ruhepunkte in seinem bisher Erlebten, wenn ihn die Gegenwart mit der neuen Lebens- und Wohnsituation überfordert.

Die Covergestaltung gibt einen sehr schönen und umfassenden Einblick in Opapis "altes" und "neues" Leben, da man hier den kleinen Berti findet, das gelbe Haus, in dem Opapi aufgewachsen ist, aber auch Mia und Opapi, wie sie Hand in Hand durch die Erinnerungen spazieren.

"Als Opapi das Denken vergaß" ist ein richtiger Familienschmöker, der Verständnis, sowohl für die an Demenz erkrankten Personen als auch für deren Angehörige, vermittelt und spielerisch Tipps für das Leben und den Umgang mit dieser Krankheit gibt.

Bewertung vom 20.01.2015
Ich, Toft und der Geisterhund von Sandkas
Freund, Wieland

Ich, Toft und der Geisterhund von Sandkas


ausgezeichnet

Für sie gibt es nichts Schöneres als den Sommer auf Sandkras zu verbringen: die Katze Disse, der Hund Toft, und der alte Johan, der als Parkplatzwächter sein Geld verdient und davon Katzenfutter kauft. So weit so gut... bis eines Tages die Touristen ausbleiben und Johan für nichts und wieder nichts im Kassenhäuschen am Parkplatz an der alten Storeborg sitzt. An sich wäre es Disse als Katze völlig egal, ob Touristen ins Ort kommen oder nicht, aber wenn es von den Touristen abhängt, ob es im Winter Fressen im Napf gibt, dann muss Disse dringend der Ursache auf die Spur kommen, warum die Touristen ausbleiben.

"Ich, Toft und der Geisterhund von Sandkas" ist ein kindgerechtes Abenteuer aus der Sicht zweier Tiere erzählt, wobei Disse als Ich-Erzählerin fungiert. Dabei macht es besonders viel Spaß, wie selbstbezogen Disse häufig ist und vor lauter Fixierung auf die eigene Person wichtige Hinweise übersieht, worum es sich bei dem Geisterhund von Sandkas handelt. Da braucht er erst zwei "dumme" Hunde, die Disse gerne von oben herab betrachtet, um in dem Fall die richtige Spur "zu erschnuppern". Oder vielleicht schaffen es sogar die jungen Leser vor Disse dem Geheimnis des Geisterhundes auf die Spur zu kommen? Auf jeden Fall ist es spannend und lustig den Fall mit den beiden Tieren und weiteren ihrer vierbeinigen Freunde zu lösen.

Eine kurzweilig erzählte Abenteuergeschichte mit solch sommerlichem Ambiente, dass man beim Lesen fast die Sonne auf den Pelz scheinen spürt, witzig illustriert von Gergely Kiss, der gekonnt und mit wenigen Strichen schafft die Charaktere der Tiere aufs Papier zu bannen. Auch die Kapitel starten mit lustigen Illustrationen und haben dazu witzige Überschriften, so dass man das Buch kaum zur Seite legen kann, weil man immer denkt "eins geht noch". Die kurzen Sätze - aus Katzensicht - der große Druck und die überschaubaren Kapitellängen überfordern auch Leseanfänger nicht.

Eine tierisch spannende Geschichte für alle Katzen-, Hunde- und Schafsfreunde!

Bewertung vom 19.01.2015
Die Rache / Vollendet Bd.3
Shusterman, Neal

Die Rache / Vollendet Bd.3


ausgezeichnet

Wer durch den zweiten Band der Vollendet-Tetralogie fieberhaft hindurchgeeilt ist, der wird im dritten Teil "Die Rache" vieles finden, was auf den Plott von "Der Aufstand" aufbaut. So findet der Leser sehr schnell ins Geschehen zurück: zu Beginn des dritten Teils in erster Linie zu Starkey und der befreiten Storchenbrigade, die nach dem "Aufstand" nun "Rache" üben wollen.
Es bestehen nun nicht nur mehr zwei Fronten im Krieg rund um das Umwandeln, sondern drei, wobei Starkeys Befreiungsaktionen in krassem Gegensatz zu Connors Vorgehen, das Umwandeln zu bekämpfen, stehen.

'Doch es braucht nur einen Starkey und fünf umgestoßene Stühle, um alles zu zerstören, wofür sich Connor eingesetzt hat.
Er macht den Fernseher aus. Die Augen tun im weh von den Bildern. "Starkey hört sicher nicht so bald damit auf", sagt er. "Es wird nur noch schlimmer."
"Das bedeutet, dass es in diesem Krieg jetzt drei Seiten gibt", erwidert Lev. Connor gesteht sich ein, dass er recht hat.
"Wenn also die eine Seite von Hass getrieben wird und die zweite von Furcht, was treibt uns an?"
"Hoffnung?", schlägt Lev vor.' (S.405)

Auch Cam, der Junge, der komplett aus Wandlerstücken hergestellt wurde, ist wieder mit von der Partie. Unsere Helden Connor, Risa und Lev treffen auf alte Feinde und Freunde, aber auch einige neue Mitspieler im Kampf für und gegen das Umwandlungsabkommen werden eingeführt. "Die Rache" lässt sich in jedem Fall nur mit Kenntnis der beiden Vorgängerbände lesen, sonst fehlt dem Leser zu vieles an Vorwissen und die Masse an Charakteren verwirrt.
Kursivgedruckte Texte führen des Lesers immer wieder weit zurück in die Vergangenheit zu Jason Rheinschild, der gemeinsam mit seiner Frau eine Innovation entwickelte, die nachher der Umwandlung den Wand bahnen sollte. Doch zu welchem Preis, und mit Einverständnis des Erfinders? Der Leser bekommt hier noch weit mehr Fragen aufgeworfen, aber auch viel mehr Antworten geliefert als in den beiden Vorgängerbänden.
Besonders fesselnd fand ich die die Entwicklung der beiden neu hinzugekommenen Protagonisten Argent und Grace. Gegen Ende des Buches in Grace in der Gesellschaft Conners, wohin Argents Weg hinführen wird, ist noch nicht ganz klar... Auf jeden Fall hat es Neal Shusterman mit der Neumischung und Zusammenstellung der Protagonisten am Ende des dritten Teils geschafft, dass man als Leser nun endlich erfahren möchte, ob die Umwandlungen gestoppt werden können oder die Welt mehr und mehr im Chaos versinken wird. So ist auch lange nicht klar, ob er mit den zwischenzeitlich eingeführten Charakteren alle Eisen im Feuer - sowohl auf der guten, als auch auf der schlechten Seite - hat.

Reihen-Info:
Vollendet (#1 - UnWind)
(#1.5 - UnStrunk)
Vollendet: Der Aufstand (#2 - UnWholly)
Vollendet: Die Rache (#3 - UnSouled)
UnDivided (#4 - Oktober 2014)

Bewertung vom 11.01.2015
Teslas unvorstellbar geniales und verblüffend katastrophales Vermächtnis / Tesla Bd.1
Shusterman, Neal;Elfman, Eric

Teslas unvorstellbar geniales und verblüffend katastrophales Vermächtnis / Tesla Bd.1


ausgezeichnet

Nach einem verheerenden Brand, der nicht nur das Zuhause von Nicks Familie verschlingt, sondern ihm, seinem Vater und seinem jüngeren Bruder Danny auch die Mutter nimmt, ziehen die drei von Florida nach Colorado Springs in das Haus ihrer verstorbenen Großtante Greta.
Nachdem Nick direkt nach Einzug ins alte Haus seiner Großtante ein Toaster auf den Kopf gefallen ist und für eine Platzwunde sorgt, will er das antike Küchengerät auf dem Speicher verstauen. Der Dachboden ist weitläufig, trotzdem findet Nick keinen Platz für das alte Ding, da der Speicher bis obenhin mit Schrott vollgestopft ist.
So schreitet Nick zu einer Tat, die viele mysteriöse und auch unheilvolle Dinge nach sich ziehen wird, von denen er und der Leser zu diesem Zeitpunkt aber noch nichts ahnen können: Nick stellt sich mit den schrottreifen Dingen bei strömenden Regen hinaus, um einen Hausflohmarkt zu veranstalten.

Der Flohmarkt vor Großtante Gretas Haus ist Ausgangspunkt für die meisten Kontakte, die Nick in Auftaktband der Accelerati-Trilogie knüpft und gleichzeitig das Epizentrum, von dem aus Nikola Teslas geniale Erfindungen ihren Wirkungskreis ziehen und Unheil stiften. Denn um nichts anderes handelt es sich bei dem "Schrott" von Großtante Gretas Speicher: Erfindungen, die Nikola Tesla zu Lebzeiten entwickelt hat und die er vor der schrecklichen und besitzergreifenden Gemeinschaft der Accelerati versteckt hat.
Die ersten Anzeichen auf ein "unvorstellbar geniales und verblüffend katastrophales Vermächtnis" offenbaren sich recht schnell, doch bis Nick und seine neu gewonnenen Freunde die volle Tragweite begreifen, welche Macht hinter den vermeintlich schrottreifen Gegenständen steckt, ist es beinahe zu spät, Teslas Vermächtnis vor den Accelerati zu schützen. Eine Schatzjagd auf Leben und Tod beginnt und nicht immer ist klar, wer Freund und Feind ist!

Schon lange hatte ich bei einer Jugendbuchreihe nicht mehr solch einen Spaß wie beim Auftaktband der Accelerati-Reihe. Dem Autorenduo ist ein irrwitziger und intelligenter Lesespaß gelungen, der Jungs wie Mädchen genau wie erwachsene und junge Lesern in seinen Bannkreis ziehen kann. Die beiden haben sich das sicher von Nikola Teslas Erfindung abgeguckt, die die Flohmarktkäufer in Scharen zu Nicks Garagenverkauf angelockt hat ;)
Mit Nick haben die beiden einen Charakter erschaffen, der durch seine familiäre Lage und die umzugsbedingte Außenseitersituation an der neuen Schule direkt die Sympathien des Lesers für sich gewinnt. Freundschaft und Familie spielen eine große Rolle, und Nick muss lernen, dass man für Freundschaften und seine Familie manchmal Opfer bringen muss. Neben Nick warten die beiden Autoren mit zahlreichen vielschichtigen, interessanten sowie auch undurchsichtigen Charakteren auf. Hierbei haben sie es besonders mit der Entwicklung einer Nebenfigur gegen Ende des Buches regelrecht geschafft mich zu schocken und ungeduldig auf die Fortsetzung warten zu lassen, da die Bedrohung durch die Accelerati dadurch noch dichter und fassbarer an Nick und seine Freunde gerückt ist.
Durch die Mischung aus weiblichen und männlichen Figuren, die sich sowohl auf der guten als auch der bösen Seite tummeln, wird das Buch für Mädchen und Jungs interessant, aber auch gerade als Erwachsene habe ich mich erstklassig unterhalten gefühlt, da die Erfindungen Teslas raffiniert, irrwitzig und nicht leicht zu durchschauen sind. Zudem sind die Anspielungen auf den großen Erfinder und seine Zeitgenossen interessant und lehrreich zu lesen. Mit den Accelerati die Autoren zudem einen gefährlichen und interessanten Geheimbund geschaffen, der auch würdig wäre in einer Bestseller-Thrillerreihe den Gegenpart zu übernehmen, aber im Rahmen eines Jugendbuches machen Intrigen und Gefahren einfach viel mehr Spaß. Das Ganze ist ein Gefüge aus historischen und fiktiven Ereignissen und Figuren, das durch Einfallsreichtum und intelligentem Humor zu fesseln vermag.

Bewertung vom 03.01.2015
Prinzessin der Nacht
Endl, Thomas

Prinzessin der Nacht


sehr gut

"Prinzessin der Nacht" ist ein märchenhaftes und fantastisches Stück Literatur aus der Feder von Thomas Endl, welches von Mozart "Zauberflöte" inspiriert ist.

Skaia lebt im Sonnenreich Solterra, doch das Leben dort wirkt gar nicht sonnig, fröhlich oder kreativ. Der Tagesablauf der Einwohner ist streng geregelt, Effizienz, Gehorsam und Ordnung sind dort die obersten Gebote. Skaia wirkt dort wie ein Fremdkörper, denn sie ist neugierig und aufmüpfig, so ist es nur eine Frage der Zeit, dass sie in der Nähe einen geheimen Park entdeckt, durch den sie in das Königreich der Nacht gelangt. Auf einer langen Reise an der Seite ungewöhnlicher Gefährten erfährt Skaia, dass sie die Prinzessin der Nacht ist, deren Aufgabe es ist die beiden Reiche Solterra - das Reich der Sonne - und Moxó - das Reich der Nacht - wieder zu vereinen, um den Menschen die Freiheit zu bringen.

In "Prinzessin der Nacht" schöpft Thomas Endl aus dem Vollen und erschafft ein wahres Feuerwerk an verrückten Ideen, Schauplätzen und Figuren. Stellenweise hat mich die Vielzahl von zu entdeckenden Facetten jedoch erschlagen, so dass ich manchmal Mühe hatte Handlung und Protagonisten mit allen Ecken und Kanten und Anspielungen zu verstehen. An mancher Stelle hätte dem Plot und der Spannungskurve eine Idee weniger und eine stärkere Ausarbeitung der anderen sicher gut getan.

Von der Gesamtkomposition der Geschichte und der Aufmachung ist das Buch jedoch ein wahrer Lese- und Augenschmaus, an dem ich nichts auszusetzen habe. Besonders der Einstieg in die Geschichte ist fantasievoll und zauberhaft umgesetzt. Hier wird der Leser über einen alten Theaterzettel wahrhaft in das Buch hineingesogen. Die ausgewählten, altertümlichen Illustrationen zu Beginn jedes Kapitels tun ihr Übriges die Lust anzuschüren tiefer in dieses Buch abzutauchen.

Gerade für das junge Lesepublikum wirkt dieses Buch auf mich an mancher Stelle zu überladen von Einfällen und Anspielungen, auch wenn die Grundidee, das Licht und Schatten nur gemeinsam harmonisch nebeneinander regieren können, wunderbar ausgearbeitet ist und herübergebracht wird.

Ich werde auf jeden Fall irgendwann ein wiederholtes Mal zu diesem Buch greifen, da ich beim ersten Lesen stellenweise Schwierigkeiten hatte voll in die Geschichte hineinzufinden und deswegen sicher die eine oder andere Nuance der Erzählung und der Figuren verpasst habe.