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Benutzername: 
dorli
Wohnort: 
Berlin
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 896 Bewertungen
Bewertung vom 06.10.2015
Vereinte Chaoten
Plass, Adrian

Vereinte Chaoten


ausgezeichnet

„Vereinte Chaoten: 25 Jahre frommer Chaot“ von Adrian Plass beinhaltet die ersten drei Tagebücher des frommen Chaoten: „Tagebuch eines frommen Chaoten“, „Die rastlosen Reisen des frommen Chaoten“ sowie „Das Tour-Tagebuch des frommen Chaoten“.

Adrian ist Christ und erzählt in Tagebuchform von seinen Gedanken, Erfahrungen und alltäglichen Erlebnissen und gewährt dem Leser umfassende Einblicke in sein Familien- und Gemeindeleben.

Adrians Geschichten über sich und sein Umfeld sind schonungslos ehrlich und offen, aber nie verletzend. Sie sind bissig, witzig und klug, sie bringen zum Lachen und machen nachdenklich. Es sind besonders die treffenden Formulierungen, die mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht haben.

Adrian ist sehr sympathisch und hat mich von der ersten Seite an mit seinen Tagebucheinträgen begeistert. Er berichtet geradeheraus und ungeschminkt von den Dingen, die ihn bewegen. Er ist sehr selbstkritisch und hat das faszinierende Talent, jeden Fettnapf, der seinen Weg säumt, auch zu treffen.

Der Autor beschreibt seine Familie und die Mitglieder seiner Kirchengemeinde sehr detailliert und versteht es hervorragend, allen Akteuren Leben einzuhauchen. Ob nun Adrians Sprüche klopfender und Anagramme austüftelnder Sohn Gerald. Oder Prediger Edwin Burlesford, ein mitfühlender Freund, der Adrian immer wieder in seinen Vorhaben bestärkt. Oder auch Leonard Thynn, immer ein wenig neben der Spur, aber durch und durch herzlich und liebenswert. Alle wirken sehr echt und lebendig und tragen mit ihren Eigenarten kräftig zur Unterhaltung bei.

„Vereinte Chaoten“ lässt sich angenehm zügig lesen, kommt mit einer großen Portion britischen Humors daher und lädt zum Schmunzeln aber auch immer wieder zum Nachdenken ein. Ein Buch, das mich rundum begeistert hat.

Bewertung vom 01.10.2015
Blaues Gold
Frontzek, Alice

Blaues Gold


ausgezeichnet

In ihrem historischen Roman „Blaues Gold“ entführt Alice Frontzek den Leser in das 17. Jahrhundert nach Erfurt und erzählt von einem damals sehr bedeutenden Gewerbe: dem Waidhandel.

Der Autorin ist eine tolle Mischung aus Historie und Spannung gelungen. Geschickt verknüpft sie die tatsächlichen Ereignisse in Erfurt während des 30-jährigen Krieges mit einer fesselnden Geschichte rund um Neid, Missgunst und Verrat unter den Waidhändlern und zeichnet ein facettenreiches und vor allen Dingen sehr glaubwürdiges Bild der damaligen Zeit.

Als der Waidhandel durch das voranschreitende Kriegsgeschehen und durch das auf den Markt drängende, billigere Indigo aus Indien zunehmend in die Krise gerät, ist den alteingesessenen Waidhändlern das florierende Geschäft von Florian und Caterina Seber mehr und mehr ein Dorn im Auge.
Als Florian von einer Handelsreise nicht zurückkehrt, sehen die Zunftbrüder eine Möglichkeit, dass Sebersche Handelshaus auszulöschen und damit einen lästigen Konkurrenten loszuwerden. Sie pochen auf Einhaltung der Waidordnung und legen Caterina und ihrer Schwiegermutter Regine immer neue Steine in den Weg, doch die beiden Frauen kämpfen und versuchen ihr Waidgeschäft am Leben zu erhalten…

Caterina ist eine fröhliche Frau mit einem starken Willen und dem Mut, auch neue Wege zu gehen. Obwohl die gebürtige Italienerin den Feindseligkeiten und der Falschheit der Erfurter ausgesetzt ist, versucht sie sich zu behaupten.

Besonders gut hat mir das entspannte Verhältnis zwischen Caterina und Regine gefallen. Mal kein Schwiegermutter/Schwiegertochter-Zwist. Das ist selten in Büchern und daher erfrischend anders.

„Blaues Gold“ lässt sich angenehm zügig lesen und hat mir nicht nur spannende, unterhaltsame Lesestunden beschert, sondern mir auch interessante Einblicke in die Historie Erfurts und die Geschichte des Waidhandels ermöglicht.

Bewertung vom 30.09.2015
Ein Lama zum Verlieben
Porath, Silke

Ein Lama zum Verlieben


ausgezeichnet

Berlin. Eigentlich sollte Stella vor Freude unter der Decke schweben – endlich darf sie eine der begehrten Reisereportagen für das Frauenmagazin „Donatella“ schreiben. Aber Stella schwebt nicht, Stella plumpst hart auf dem Boden auf: Statt Wellness und Traumstrand in einem fernen, sonnigen Land heißt es für sie: Lamatrekking auf der Schwäbischen Alb – doch der Aufenthalt wird für die Journalistin ganz anders als erwartet…

„Ein Lama zum Verlieben“ ist ein frecher, fröhlicher Roman, der von Silke Porath mit viel Pep und Schwung erzählt wird. Den Leser erwartet eine tolle Mischung aus Romantik, frischem Wortwitz und Situationskomik.

Die Autorin schickt ganz unterschiedliche Akteure ins Rennen, die allesamt mit herrlichen Eigenarten daherkommen und durch ihr turbulentes Zusammenspiel für beste Unterhaltung sorgen. Bevor das Abenteuer richtig losgeht, werden die Hauptpersonen erst einmal vorgestellt: Neben Stella sind auch Regula, eine Marketingexpertin aus Zürich, Bjarne, ein Sternekoch aus Wiesbaden und Louis, ein französischer Austauschschüler, mit von der Partie – eine bunt gemischte Truppe, die auf dem idyllisch gelegenen Lamahof in Weinlingen zusammentrifft. Die vier Urlauber und ihr Trekkingführer Gerry verstehen sich auf Anhieb prächtig und Lamahengst Dalai und sein weibliches Gefolge verzaubern alle Anwesenden mit ihrem Lama-Charme - einem erholsamen Urlaub steht eigentlich nichts im Wege. Bis Gerrys Zwillingsbruder Stephan auftaucht, dem hoch verschuldeten Gerry den Hof nehmen will und damit der fröhlichen Gruppe die Stimmung vermiest. Das lässt sich die kleine Trekkinggesellschaft jedoch nicht bieten und schmiedet einen Plan…

„Ein Lama zum Verlieben“ lässt sich angenehm zügig lesen und ist randvoll gefüllt mit guter Laune. Sowohl der ab und an gesprochene schwäbische Dialekt wie auch Louis’ süßer Akzent verleihen der Geschichte eine Extraportion Schwung - ein rundum spaßiger Roman, der von der ersten bis zur letzten Seite kurzweilige Unterhaltung bietet.

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Bewertung vom 30.09.2015
Die australischen Schwestern / Auswanderer-Epos Bd.2
Renk, Ulrike

Die australischen Schwestern / Auswanderer-Epos Bd.2


ausgezeichnet

„Die australischen Schwestern“ ist der zweite Teil um die Auswandererfamilien Lessing und te Kloot und schließt direkt an den ersten Band an. Für das Verständnis dieser Geschichte ist das Wissen um die vorherigen Ereignisse aus „Die Australierin“ aber nicht unbedingt vonnöten.

Obwohl es sich bei dieser Familiengeschichte um einen Roman handelt, beruht der größte Teil der Handlung auf wahren Begebenheiten. Ulrike Renk hat Fakten aus Briefen und Zeitungsausschnitten zusammen mit fiktiven Handlungsfäden zu einer mitreißenden, sehr emotionalen Geschichte verwoben.

Ulrike Renk nimmt den Leser mit auf eine Zeitreise in das ausgehende 19. und frühe 20. Jahrhundert. Die Autorin erzählt die Geschichte der Schwestern te Kloot sehr intensiv und vermittelt ganz ausgezeichnet, was den Menschen damals wichtig war und was sie bewegt hat.

Die Autorin schildert die Erlebnisse von Carola, Mina und Elsa te Kloot in den Jahren 1891 bis 1910. Während Carola als 8-Jährige auf Geheiß ihres Vaters Australien verlassen muss, um bei ihrer Tante Mathilde in Deutschland zu leben, wachsen Mina und Elsa gemeinsam mit ihren beiden Brüdern bei den Großeltern Lessing in Glebe, einem Vorort von Sydney, auf.

Im Wechsel lässt Ulrike Renk die Mädchen von ihren Erlebnissen und Erfahrungen erzählen.
Carola nimmt es sehr mit, dass sie ihre Heimat verlassen muss. Doch sie gewöhnt sich im Laufe der Zeit daran und genießt später auch die Annehmlichkeiten, die ihr ihre Tante und ihr Onkel in Krefeld bieten.
Mina lebt einige Zeit bei Tante Till in den Blue Mountains und ist ganz fasziniert von dem schönen Haus und dem erstklassigen Lebensstil. Doch sie merkt während ihres Aufenthalts schnell, dass der äußere Schein trügt und Tills Leben nicht so glücklich ist, wie Mina zunächst angenommen hat.
Elsa besucht Tante Lily, die Haushälterin auf einer Schaffarm in den Atherton Tablelands ist. Hier trifft sie nicht nur ihren Cousin Otto wieder, sondern lernt auch einiges über das Leben auf einer so abgelegenen Station.
Obwohl die Lebenswege der drei Schwestern sehr unterschiedlich sind, reißt der Kontakt zwischen ihnen nie ab, sie bleiben durch ihre Briefe eng miteinander verbunden.

Mir hat das Lesen dieser emotionalen Familiengeschichte großen Spaß gemacht. Es war sehr spannend, die drei Schwestern ein Stückchen auf ihren Lebenswegen zu begleiten, ihre Entwicklung zu verfolgen und Kummer, Sorgen und Wut, aber auch Glück und Freude mit ihnen zu teilen.

Bewertung vom 29.09.2015
Mordsclique
Wichlatz, Helmut

Mordsclique


ausgezeichnet

Erkelenz, 2009. Das Cusanus Gymnasium begeht seinen 150. Geburtstag – zu diesem Anlass wurden ehemalige Schüler eingeladen, unter ihnen der berühmte Rockstar Luc Martens, das bekannte Model Ellen Kamps und der erfolgreiche Geschäftsmann Bernd Jacobs. Doch das große Wiedersehen verläuft ganz anders, als Schulleiter Hermann Sonnenschein es sich vorgestellt hat. Nachdem Luc Martens die Ankündigung gemacht hat, ein brisantes Geheimnis lüften zu wollen, wird er am nächsten Tag ermordet aufgefunden…

Helmut Wichlatz beginnt diesen Krimi mit einem Rückblick in das Jahr 1988 – wir befinden uns in Rosemarie Bergers Küche, Rosi liegt auf dem Boden. Sie wurde gerade erschossen.

Zeitsprung in das Jahr 2009. Bevor die ehemaligen Cliquenmitglieder sich in Erkelenz nach über 20 Jahren wieder treffen, kommen sie nacheinander zu Wort und stellen sich selbst vor. Man lernt die Hauptakteure sehr gut kennen, weiß um ihre Eigenarten, ihren Werdegang, ihre Pläne, ihre Probleme und Sorgen und ihre Gedanken über die damaligen Geschehnisse.

Mehrere, locker in den Verlauf der Handlung eingestreute Rückblenden in das Jahr 1988 offenbaren Stück für Stück, was damals geschehen ist. Wie es zu dem Banküberfall kam und warum Berger für eine Tat büßen musste, die er nicht begangen hat.

Obwohl man als Leser schnell eine Ahnung bekommt, wer bei den Morden - damals wie heute - seine Finger im Spiel gehabt haben könnte, bleibt die Spannung auf einem hohen Level, denn Kommissar Benjamin Becker und Journalist Markus Müller decken die wirklichen Zusammenhänge erst nach und nach auf und kommen dem wahren Täter schließlich auf die Spur. Sie bedienen sich dabei einiger nicht ganz vorschriftsmäßiger, aber durchaus zielführender Methoden.

Zwischenmenschliche Beziehungen und private Angelegenheiten der Ermittler fügen sich ohne aufgesetzt zu wirken in den Ablauf der Handlung ein, lockern die eigentliche Krimihandlung auf und machen das gesamte Geschehen noch authentischer. Eine Extraportion Schwung bekommt der Krimi durch kleine, lebhafte Gefechte zwischen Becker und seiner Frau Jette und ganz besonders durch die bissigen Dialoge zwischen Becker und Müller.

Äußerst gelungen sind auch die Beschreibungen der Schauplätze, Erkelenz und Umgebung werden prima in Szene gesetzt.

„Mordsclique“ ist ein fesselnder, angenehm zügig zu lesender Krimi, der mich von der ersten bis zur letzten Seite bestens unterhalten hat.

Bewertung vom 16.09.2015
Verspielt
Klementovic, Roman

Verspielt


sehr gut

Wien. Maria Fink und Christine Richter wurden entführt. Ihre Angehörigen werden aufgefordert, innerhalb von drei Tagen den Grund für die Entführung herauszufinden, ansonsten werden beide Frauen getötet. Eine kaum lösbare Aufgabe, denn es gibt kein ersichtliches Motiv, keinen möglichen Anhaltspunkt…

„Verspielt“ hat mich von der ersten bis zur letzten Seite fest im Griff gehabt. Die Geschichte wird flüssig erzählt und es gelingt Roman Klementovic sehr gut, die Spannung schon nach wenigen Seiten auf ein hohes Level zu katapultieren.
Bereits das erste Kapitel hat es in sich: Eine Frau, eingesperrt in einem dunklen Raum. Sie hat Angst. Sie weiß nicht, was passiert ist. Sie sucht verzweifelt nach einem Ausgang.

Im Folgenden lernt man die Mitspieler in diesem perfiden Spiel kennen und kann im Verlauf der Handlung beobachten, wie unterschiedlich sie mit der unerwarteten Situation umgehen.

Rechtsanwalt Martin Fink kommt von einer Dienstreise zurück und wundert sich, dass seine Frau Maria nicht zuhause ist. Er findet einen Brief, der neben der Information, dass Maria entführt wurde, auch eine Art Spielanleitung enthält.
Roman Klementovic versteht es ausgezeichnet, Martins Emotionen zu schildern - wie sich dessen Angst von einem leichten Unbehagen schnell zu einer ausgewachsenen Panik steigert und ihn psychisch an seine Grenzen bringt.

Ganz anders Klaus Richter. Der Inhaber eines mehr schlecht als recht gehenden Gebrauchtwagenhandels dealt nebenbei mit Drogen und hat Ärger mit Drogenkönig Al. Die Entführung seiner Schwester sieht der Alkoholiker zunächst als Scherz an und hat mehr mit sich selbst und seinen Problemen zu kämpfen, als dass er sich Gedanken um die Anweisungen des Entführers macht.

Den 41-jährigen Robert Mück plagen nicht nur familiäre Probleme, auch seine Versetzung von der Mordkommission zum Ermittlungsbereich Suchtmittelkriminalität macht dem Bezirksinspektor des LKA Wien mächtig zu schaffen. Der einsam und unzufrieden wirkende Mück wird eher zufällig zum Teilnehmer in diesem Spiel, als er die Machenschaften von Klaus Richter genauer unter die Lupe nehmen will.

Der Täter. Er ist brutal, ergötzt sich an Angst und Panik seiner Opfer. Doch wer ist er? Warum spielt er dieses Spiel? Was treibt ihn an? Warum hat er gerade Maria und Christine als Opfer ausgewählt?

Man gerät in einen Strudel aus immer neuen Fragen und Vermutungen - was wirklich hinter dem Tun des Entführers steckt und welche Verbindung zwischen ihm und den Opfern besteht, offenbart sich erst gegen Ende des Buches, so dass man prima über Täter und Motiv miträtseln und mitgrübeln kann.

„Verspielt“ ist ein fesselnder und gut durchdachter Thriller mit einer schlüssigen Auflösung – ein rundum gelungenes Debüt.

Bewertung vom 16.09.2015
Die Salbenmacherin Bd.1
Stolzenburg, Silvia

Die Salbenmacherin Bd.1


ausgezeichnet

Konstantinopel, 1408. Die 16-jährige Olivera darf Laurenz Nidhard, einen Handelspartner ihres Vaters, heiraten. Nach der Hochzeit reist die junge Frau voller Vorfreude mit Laurenz in dessen Heimat Tübingen. Doch schon die Reise ist anstrengender, als Olivera vermutet hat, außerdem verändert sich der zunächst äußerst charmante Laurenz mehr und mehr zum Negativen und in Tübingen wird sie von den Einheimischen nicht besonders herzlich empfangen…

In ihrem historischen Roman „Die Salbenmacherin“ entführt Silvia Stolzenburg den Leser in das frühe 15. Jahrhundert nach Konstantinopel und Tübingen und erzählt die Geschichte der jungen Salbenmacherin Olivera. Durch die ausführlichen Beschreibungen der Schauplätze und die lebhaften Schilderungen der Ereignisse ist man ruckzuck mittendrin im Geschehen und bekommt nicht nur sehr interessante und aus heutiger Sicht zum Teil recht amüsante Fakten über die damalige Heilkunst vermittelt, sondern erhält auch spannende Einblicke in den im Mittelalter blühenden Handel mit gefälschten Reliquien.

Silvia Stolzenburg hat einen angenehm flott zu lesenden Schreibstil. Schon auf den ersten Seiten zeigt sich, wie ausgezeichnet die Autorin in der Lage ist, dem Leser die jeweilig vorherrschende Stimmung zu vermitteln. Ob nun die farbenfrohe Atmosphäre auf dem Markt, das geschäftige Treiben im Hafen oder auch die ungeahnten Strapazen während der langen Reise von Konstantinopel nach Tübingen - man erlebt alle Ereignisse sehr intensiv mit den Akteuren mit.

Silvia Stolzenburg lässt ihre Hauptfiguren abwechselnd zu Wort kommen, so dass man die jeweiligen Gedanken und Gefühlen bestens miterleben kann.
So konnte ich sehr gut nachvollziehen, dass Olivera sowohl Laurenz’ Wandlung und sein abweisendes Verhalten, als auch die Feindseligkeit der Einheimischen nur schwer ertragen kann. Wenn sie sich nicht mit ihrer Arbeit im Spital an der Seite ihres Schwagers und der Herstellung von Salben und Tränken hätte ablenken können, hätten ihr Kummer und ihre Sehnsucht nach Konstantinopel sie schier aufgefressen.
Die Darstellung von Laurenz hat mir besonders gut gefallen. Sein unbedingter Wille, zur Oberschicht dazuzugehören und in den Rat zu kommen, lassen ihn lange blind sein für die furchtbaren Machenschaften, die das fälschen der Reliquien mit sich bringt. Als er den ganzen Umfang der Grausamkeiten erkennt, gerät er immer mehr ins Schwanken, fürchtet um sein Seelenheil und droht in einen bodenlosen Abgrund zu stürzen, kann aber gleichzeitig dem verlockenden Angebot seines Auftraggebers nicht widerstehen – eine Zwickmühle, die die Autorin hervorragend schildert.

„Die Salbenmacherin“ ist ein lebhaft erzählter historischer Roman, der mir nicht nur spannende, unterhaltsame Lesestunden beschert hat, sondern mir auch interessante Einblicke in Reliquienhandel und Heilmethoden des Mittelalters ermöglicht hat.

Bewertung vom 07.09.2015
Finstere Geschäfte
Härtl, Cornelia

Finstere Geschäfte


ausgezeichnet

Offenbach. Emilia Hornauer wird erhängt im Stadtwald aufgefunden. Selbstmord, so die mehrheitliche Meinung. Doch Lena Borowski glaubt nicht daran, dass ihre stets fröhliche Kollegin sich das Leben genommen hat. Ihre Vermutung, dass Emilia ermordet wurde, wird durch brisante Unterlagen, die Lena in der Aktentasche der Toten findet, bestärkt. Emilia war einigen Ungereimtheiten in ihrer Behörde auf der Spur – Mauschleien bei Abrechnungen und eine drohende Insolvenz lassen Lena hellhörig werden und eigene Nachforschungen anstellen…

„Finstere Geschäfte“ ist bereits der zweite Fall für Lena Borowski, für mich war dieser Einsatz im Rhein-Main-Gebiet der erste, den ich mit der toughen Sozialarbeiterin erleben durfte. Auch ohne Kenntnis des vorhergehenden Bandes habe ich Lena gut kennengelernt und hatte zu keiner Zeit das Gefühl, dass mir wichtige Informationen fehlen würden.

Cornelia Härtl versteht es ausgezeichnet, den Leser einzufangen und die Spannung schon nach wenigen Seiten auf ein hohes Level zu katapultieren. Durch die detaillierten Schilderungen der Ereignisse und die ausführlichen Beschreibungen der Schauplätze war ich stets mittendrin im Geschehen und konnte bestens mit den Figuren mitfühlen und bei den Ermittlungen prima miträtseln.

Die Autorin beginnt diesen Krimi mit einem kurzen, aber sehr aufwühlenden Prolog: Eine verzweifelte junge Frau versucht aus einen Zimmer zu entkommen, als sie schreckliche Geräusche aus dem Nebenzimmer hört.

Im Folgenden lernt man Lena Borowski kennen. Die sympathische Sozialarbeiterin wird facettenreich dargestellt. Im Berufsalltag ganz die selbstbewusste, starke Frau, zeigt sie in ihrem Privatleben einige Unsicherheiten, besonders, wenn es um ihr Liebesleben geht. Ihre Emotionen fahren gerade Karussell, denn ihre japanische Geliebte Tamae ist in ihre Heimat zurückgekehrt und ihre zweite Geliebte Karin hat sich in letzter Zeit ohne erkennbaren Grund zurückgezogen. Und dass sie sich plötzlich zu der Frankfurter Rotlichtgröße Gerd Rohloff hingezogen fühlt, verwirrt Lena erst recht.

In einem zweiten Handlungsstrang geht es um Sunita. Das junge Mädchen aus Nigeria wurde von Menschenhändlern nach Frankfurt gebracht. Obwohl sich schnell abzeichnet, was Sunita im Verlauf der Geschichte blüht, hofft man ständig, dass ihr Schicksal eine andere Richtung nehmen wird. Was Sunita erdulden muss, ist grausam. Brutale Freier, Schläge und Angst bestimmen ihren Alltag. Das eingeschüchterte Mädchen hat weder den Mut noch die Kraft, sich gegen ihre Peiniger zur Wehr zu setzen.

Kriminalkommissarin Jutta Ernst sieht - anders als ihr Kollege und ihr Vorgesetzter - einige Unklarheiten im Fall Emilia Hornauer und behält die Akte im Auge, obwohl der Mord an einer unbekannten Frau die polizeilichen Ermittler in Atem hält.

Die Handlung ist durchweg spannend und mitreißend. Die von Lena gesammelten Informationen und Erkenntnisse bringen im Verlauf der Geschichte einige Überraschungen mit sich. Lena deckt diverse Unstimmigkeiten auf, hat aber bis fast zum Schluss keine Ahnung, wem sie mit ihren Nachforschungen auf die Füße tritt. Gegen Ende des Krimis spitzt sich die Lage für Lena dann dramatisch zu.

„Finstere Geschäfte“ ist ein spannender, aufwühlender Krimi, der mich von der ersten bis zur letzten Seite fest im Griff gehabt hat.