Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
dorli
Wohnort: 
Berlin
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 894 Bewertungen
Bewertung vom 01.09.2015
Ein Sommer in Wales
Wilken, Constanze

Ein Sommer in Wales


sehr gut

London 2012. Die Journalistin Ally Carter ist entsetzt, als von ihr verlangt wird, eine Story über Cardigan Bay und Morlan House zu schreiben, denn dort ist vor 10 Jahren ihr Bruder Simon auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen. Sie will den Auftrag ablehnen, doch ihr Chef ist unnachgiebig – da Ally ihren Job behalten möchte, bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich gemeinsam mit dem Fotografen Nick Bellamy auf den Weg nach Wales zu machen…

In ihrem Roman „Ein Sommer in Wales“ entführt Constanze Wilken den Leser an die malerische Westküste Wales und wartet mit einer tollen Mischung aus Spannung, dramatischer Familiengeschichte und Romantik auf.

Es gelingt der Autorin ausgezeichnet, den Leser von der ersten Seite an ins Geschehen zu ziehen. Der Roman beginnt mit einem kurzen Ausflug in das Jahr 2002, man lernt Simon kennen, der ganz aufgeregt auf einen Mann wartet, der ihm Morlan House zeigen will. Mehr erfährt man an dieser Stelle nicht.

Zeitsprung in das Jahr 2012. Man begleitet die mittlerweile 26-jährige Ally nach Wales, an den Ort, an dem vor 10 Jahren der Albtraum ihres Lebens begann. Die damaligen Geschehnisse haben Ally geprägt, bis heute hat sie den schweren Schicksalsschlag nicht überwunden.
Nicht nur der immense Verlust macht Ally zu schaffen, auch der fehlende Rückhalt ihrer Eltern und die anhaltende Ungewissheit darüber, was damals wirklich geschehen ist, lassen Ally nicht zur Ruhe kommen. Am schwersten jedoch wiegen die quälenden Selbstvorwürfe, nicht da gewesen zu sein, als ihr Bruder sie gebraucht hätte.

Kaum in Aberaeron angekommen, holen die verhängnisvollen Ereignisse sie wieder ein. Zusätzlich erschwert wird Ally der Aufenthalt, als sie David begegnet – dem Mann, mit dem sie damals verabredet war, als Simon ertrunken ist.

Constanze Willken schildert Allys Erlebnisse sehr emotional, man kann die vielfältigen Gefühle, die auf Ally einprasseln, sehr gut nachvollziehen.
Die knifflige Suche nach der Wahrheit ist spannend – ich konnte über die vielen Ungereimtheiten und Merkwürdigkeiten grübeln und habe durchweg mit Ally und David über den wirklichen Ablauf an dem schicksalhaften Tag im August 2002 am Morlan House gerätselt.

„Ein Sommer in Wales“ lässt sich angenehm zügig lesen und hat mir spannende, unterhaltsame Lesestunden beschert.

Bewertung vom 01.09.2015
Marktplatz der Heimlichkeiten
Waldis, Angelika

Marktplatz der Heimlichkeiten


ausgezeichnet

Juni/Dezember 2012 – ein Medienhaus in der Schweiz. Hier tummeln sich tagtäglich unter einen Dach viele Menschen, die ihrer Arbeit nachgehen – miteinander oder auch gegeneinander. Sie alle haben ihre Eigenarten und Geheimnisse, die hier nach und nach von Angelika Waldis aufgedeckt und präsentiert werden.

In „Marktplatz der Heimlichkeiten“ begibt man sich auf eine Wanderung durch das Medienhaus, öffnet die Türen zu den verschiedenen Ressorts und lernt 27 ganz unterschiedliche Mitarbeiter kennen. 26 Akteure von der Verträgerin bis zum Chef, die dem Leser nacheinander einen kurzen, aber sehr intensiven Einblick in ihr derzeitiges Leben und Denken gewähren – gerade jetzt, wo Worte wie Umstrukturierung und Massenentlassung durch die Korridore geistern; 26 Menschen, die ihre Ängste und Sorgen, ihre Vorlieben und Abneigungen, ihre Angewohnheiten, Geheimnisse, Wünsche und Träume offenbaren. Und mittendrin die Volontärin, die immer wieder durch Zwischenrufe in Erscheinung tritt und scharfzüngig das Leben und Treiben um sich herum kommentiert.

In den insgesamt 28 Episoden bringt Angelika Waldis Erstaunliches, Absurdes, Dramatisches und Bewegendes ans Tageslicht – mir haben diese kleinen Geschichten sehr gut gefallen. Das Buch steckt voller interessanter Begebenheiten. Manche zum Schmunzeln. Viele zum Nachdenken. Einige zum Kopfschütteln.
Die Autorin hat eine angenehme Art, dem Leser die Gedanken und Geheimnisse der unterschiedlichen Mitarbeiter näherzubringen. Schnörkellos und mit treffenden Formulierungen. Besonders gut haben mir die bissigen Kommentare der Volontärin gefallen – eine Aneinanderreihung von Gedankensplittern, die das jeweilige Geschehen exakt auf den Punkt bringen.

Ein außergewöhnliches Buch über die ungesagten Geschichten im Arbeitsalltag. Absolute Leseempfehlung.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.08.2015
Baumgartner und die Brandstifter
Kleindl, Reinhard

Baumgartner und die Brandstifter


ausgezeichnet

Südsteiermark. Die fast 90-jährige bettlägerige Kunigunde Egger ist allein zu Hause, während die Familie die Hochzeit des Sohnes Max feiert. Auf dem Hof bricht ein Feuer aus und die alte Frau kommt darin um. Was zunächst wie ein Unglücksfall aussieht, stellt sich schnell als Brandstiftung heraus…

„Baumgartner und die Brandstifter“ ist bereits der zweite Fall für den Grazer Kommissar Franz Baumgartner. Für mich war dieser Krimi das erste Buch, das ich von Reinhard Kleindl gelesen habe, aber auch ohne Kenntnis des ersten Bandes habe ich schnell in das Geschehen hineingefunden und hatte zu keiner Zeit das Gefühl, dass mir wichtige Informationen fehlen würden.

Reinhard Kleindl schickt mit seiner Mordgruppe Graz ganz unterschiedliche Charaktere ins Rennen – jeder hat seine Eigenarten und Besonderheiten. Das hat zur Folge, dass die Akteure sich nicht immer grün sind und die Zusammenarbeit im Ermittlerteam nicht reibungslos verläuft.
Gregor Wolf leitet die Mordgruppe als Interimschef, solange Chefinspektor Franz Baumgartner spurlos verschwunden bleibt. Als Baumgartner nach wochenlanger Abwesenheit ohne Erklärung oder Entschuldigung plötzlich wieder auftaucht und sich, obwohl es ihm noch nicht wirklich gut geht, an den Ermittlungen beteiligen möchte, merkt man Wolf deutlich an, wie sehr es ihn ärgert, nur als Lückenbüßer gedient zu haben. Diese gereizte Stimmung ist durchweg greifbar und verleiht der ganzen Geschichte eine zusätzliche Portion Spannung.

Der Kriminalfall selbst ist äußerst rätselhaft - die Familienmitglieder und besonders Friederike, die Schwiegertochter der in den Flammen umgekommenen Kunigunde Egger, verhalten sich merkwürdig. Man spürt deutlich, dass hier einiges verheimlicht wird, das unter keinen Umständen ans Tageslicht kommen soll. Nur, was verbergen die Eggers?

In einem weiteren Handlungsstrang lernt man Anna und Juri kennen. Ihre Geschichte wird zunächst weitestgehend unabhängig von dem Kriminalfall erzählt, eine Verbindung zu dem Brand auf dem Egger-Hof scheint es nicht zu geben. Anna fühlt sich verfolgt – nur Einbildung?

„Baumgartner und die Brandstifter“ hat neben einer großen Portion Spannung auch aktuelle Themen wie Fremdenfeindlichkeit und Vorratsdatenspeicherung im Gepäck, die sich, ohne aufgesetzt zu wirken, sehr gut in die eigentliche Krimihandlung einfügen. Die ausdrucksstarken Figuren und die stets fesselnde Handlung lassen zu keiner Zeit Langeweile aufkommen. Absolute Lesempfehlung.

Bewertung vom 20.08.2015
Bärenklau
Waiblinger, Ralf

Bärenklau


ausgezeichnet

Ex-Kommissar Spekulantius Bösenschreck ist seit einem halben Jahr nur noch Vorzeigeehemann - seine Frau Barbarella Piepenbringts schleppt ihn von einer kulturellen Veranstaltung zur nächsten.
Als seinen Eltern ein wertvolles Backbuch gestohlen wird und Kriminaloberkommissar Butscher, Bösenschrecks Nachfolger bei der Kripo, wegen fehlender Einbruchsspuren keinen Handlungsbedarf sieht, erwacht Bösenschrecks Ermittlerherz zu neuem Leben. Er bricht aus seinem goldenen Käfig aus und macht sich auf die Suche nach dem gemeinen Dieb. Als einige Rezepte aus dem gestohlenen Buch in einer Kochshow präsentiert werden und kurz darauf ein Mord geschieht, nimmt der ganze Fall richtig Fahrt auf…

„Bärenklau“ ist bereits der zweite Fall für den ehemaligen Kriminalhauptkommissar Spekulantius Bösenschreck, dieser Krimi ist aber auch ohne Kenntnis des ersten Bandes bestens verständlich.

Ralf Waiblinger erzählt den Hundekrimi mit viel Schwung. Es geht in diesem Buch frisch, locker und lebhaft zu, der Autor beschreibt detailreich und mit viel Humor Bösenschrecks einfallsreiche Ermittlungen. Die Dialoge sind mit ganz viel Wortwitz gespickt, den Protagonisten wurden viele lockere Sprüche in den Mund gelegt und es gibt reichlich Situationskomik. Darüber hinaus wartet die sprachlich ausgefeilte Geschichte mit zahlreichen Anspielungen und allerlei Doppelsinnigem auf und die gut durchdachte Krimihandlung lädt zum Miträtseln und Mitraten ein - das Lesen macht einfach Spaß.

Der Clou in diesem Buch sind ganz eindeutig die wunderbaren und zum Teil recht skurrilen tierisch-menschlichen Figuren. Ich habe mich über die humorvoll dargestellten Eigenarten und Besonderheiten der Akteure und ihr lebhaftes Zusammenspiel köstlich amüsiert.

Sehr gut gefallen haben mir auch die in lockeren Abständen eingestreuten Illustrationen, die die turbulente Szenerie ganz herrlich veranschaulichen. Ein vorangestelltes Mitspieler-Verzeichnis inklusive Profilzeichnungen und ein kleines Wörterbuch Kastalonisch – Deutsch im Anhang runden das Buch perfekt ab.

„Bärenklau“ ist ein äußerst spaßiger Krimi, der wunderbar kurzweilige Unterhaltung bietet.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.08.2015
Schlagzeile
Siebenthal, Rolf von

Schlagzeile


ausgezeichnet

Liestal. Tagblatt-Journalistin Tanja Schneider ist tot. Was zunächst wie ein Autofallfall aussieht, stellt sich sehr schnell als eiskalter Mord heraus. Max Bollag geht davon aus, dass Tanja jemandem mit ihren Recherchen mächtig auf die Füße getreten sein muss, und macht sich auf, den Täter zu finden…

„Schlagzeile“ ist für mich nach „Höllenfeuer“ der zweite Fall, den ich mit dem sympathischen Journalisten Max Bollag erleben durfte und wieder hat mich der Autor mit einer mitreißend erzählten Geschichte und einem gut durchdachten Handlungsverlauf rundum begeistert. Rolf von Siebenthal versteht es ausgezeichnet, die Spannung schon nach wenigen Seiten auf ein hohes Level zu katapultieren.

Die Beschreibungen der Schauplätze sind bestens gelungen und auch die Akteure werden allesamt interessant und vielschichtig präsentiert. Man lernt die handelnden Personen durchweg gut kennen und erlebt alles, was den Einzelnen beschäftigt, sehr intensiv mit. Ich habe jedem seine Probleme geglaubt und konnte das jeweilige Verhalten sehr gut nachvollziehen.

Rolf von Siebenthal wirbelt den Alltag seines Protagonisten gehörig durcheinander und konfrontiert Max nicht nur mit dem Tod seiner Kollegin, sondern auch mit einem übereifrigen Staatsanwalt, der ihn als Verdächtigen ins Visier nimmt. Damit nicht genug, ein angekündigter Personalabbau beim Tagblatt bereitet Sorgen und auch in Max’ Privatleben läuft es nicht rund - seine Beziehung zu der Bundesrätin Petra Mangold steht auf wackeligen Füßen, da sie aufgrund ihrer zahlreichen Aufgaben und Termine kaum Zeit für ihn hat.

Petra selbst hat mit Unternehmer und Ständerat Franz Heusser einen hinterlistigen Gegenspieler, der scharf auf ihren Posten im Bundesrat ist und sie daher wo es nur geht in Misskredit bringt. Gut, dass Petra eine starke Frau ist, die sich zu wehren weiß.

Bei der Spurensuche in dem Mordfall steht Max die Volontärin Rebecca Tobler zur Seite. Rebecca ist eine fröhliche junge Frau, die ihre Mitmenschen ganz raffiniert um den Finger wickeln kann, um an nötige Informationen zu kommen. Sie ist Max bei seinen Nachforschungen eine große Hilfe.

Der Kriminalfall ist knifflig. Rolf von Siebenthal versteht es außerordentlich geschickt, nicht nur Max und Kripo-Chef Neuenschwander, sondern auch den Leser an der Nase herumzuführen, indem er mehrere unterschiedliche Ansatzpunkte für die Ermittlungen ins Spiel bringt. Falsche Fährten, Wendungen und Überraschungen lenken den Blick immer wieder in eine neue Richtung, so dass man bis zum Schluss prima über Täter und Motiv rätseln und grübeln kann.

„Schlagzeile“ ist ein fesselnder, angenehm zügig zu lesender Krimi, der nicht nur spannende Unterhaltung bietet, sondern auch mit aktuellen Themen wie Stellenabbau und Versicherungsbetrug aufwartet.

Bewertung vom 17.08.2015
Bei Zugabe Mord!
Kruse, Tatjana

Bei Zugabe Mord!


ausgezeichnet

Salzburg. Es ist Festspielzeit. Auf dem Spielplan steht u. a. Mozarts „Die Entführung aus dem Serail“ mit Operndiva Pauline Miller in der Rolle der Konstanze. Die Proben laufen gut, alles bestens soweit. Doch dann geschieht ein Mord. Und noch einer. Pauline gerät in das Visier des polizeilichen Ermittlers – das kann die Primadonna natürlich nicht auf sich sitzen lassen und beginnt selbst zu ermitteln…

Mit „Bei Zugabe Mord!“ ist Tatjana Kruse ein äußerst spaßiger Krimi gelungen, dessen Krimihandlung zwar nicht mit atemloser Höchstspannung daherkommt, dafür aber mit reichlich Situationskomik und ganz viel Wortwitz punkten kann.

Der Mörder, ganz Opernfreund, hat sich das Libretto der „Entführung aus dem Serail“ zur Vorlage genommen und mordet entsprechend Osmins Arie („Erst geköpft, dann gehangen…“). Doch die Morde - so brutal, abscheulich und blutrünstig sie auch sind - hier werden sie zur absoluten Nebensache, denn Pauline Miller stellt mit ihrem trockenen Humor einfach alles in den Schatten.

Pauline selbst beschreibt sich als rubeneskes Prachtweib. Sie ist Powerfrau und Schokoladenjunkie mit einer Vorliebe für Mozartkugeln. Der Clou in diesem Buch ist ganz eindeutig Paulines freches Mundwerk. Es ist einfach herrlich, mit wie viel Witz Tatjana Kruse ihre Protagonistin ausgestattet hat. Pauline kommentiert munter die Welt um sich herum und hat für alles und jeden einen lockeren Spruch parat.

Auch das weitere Personal präsentiert die Autorin kunterbunt und vielfältig.
Da ist zunächst einmal Paulines Agentin Marie-Luise „Bröcki“ Bröckinger. Bröcki ist kleinwüchsig, macht ihre geringe Körpergröße aber durch eine riesige Präsenz wieder wett. Bröcki sagt, wo es langgeht. Sie lässt sich niemals die Butter vom Brot nehmen und zeigt jedem, wo der Hammer hängt.
Yves DuBois, ein junger Countertenor, ist in diesem Sommer ohne Engagement und wurde von Pauline als ‚Mann für alle Fälle’ eingestellt – er ist bemüht, diesen Job einigermaßen gut zu erfüllen und kümmert sich u. a. um Paulines Boston Terrier Radames.
Radames, verpasst oft krankheitsbedingt das spannende Geschehen, denn der kleine Hund leidet an Narkolepsie – immer wenn die Szenerie zu aufregend für ihn wird, schläft er ein.
Und auch all die anderen Figuren wirken nicht oberflächlich, sondern beleben mit ihren Eigenarten die Handlung und tragen kräftig zur Unterhaltung bei.

Ich hatte wahnsinnig viel Spaß beim Lesen. Der frisch-fröhliche Schreibstil und der trockene Humor haben mich durchweg begeistert und ich hoffe sehr, dass ein weiteres Abenteuer mit Pauline Miller und ihrer Entourage nicht allzu lange auf sich warten lässt.

Bewertung vom 16.08.2015
Kernfrage
Weisbrod, Andrea

Kernfrage


ausgezeichnet

Teresa Kern versteckt sich immer noch in Südostasien, als sie eine Einladung von ihrer Großcousine Joanna Ingalls erhält. Teresa wird gebeten, nach Baltimore zu kommen und mit ihrer Großtante Sophie deren 88. Geburtstag zu feiern. Teresa nimmt die Einladung an. Auf der Geburtstagsfeier wartet Joanna mit einer weiteren Überraschung auf: alle werden sich gemeinsam auf eine Spurensuche in die alte Heimat begeben und nach Koblenz reisen. Krönender Abschluss soll dann ein Familienfest mit allen noch lebenden Verwandten werden…

„Kernfrage“ ist bereits der zweite Kriminalroman um die Historikerin Teresa Kern. Obwohl ich den ersten Band und damit die Hintergründe zu Teresas Flucht nach Asien nicht kenne, habe ich schnell in diese Geschichte hineingefunden und nicht das Gefühl gehabt, dass mir wichtige Informationen fehlen.

Andrea Weisbrod erzählt in diesem Krimi eine spannende, sich über mehrere Generationen ersteckende Familiengeschichte, die in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts beginnt und ein Geheimnis birgt, das bis in das Jahr 2004 nachwirkt.

Die Handlung wechselt ständig zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her. Während man in den Jahren 2003/2004 Teresa auf ihrem Weg von Ho-Chi-Minh-Stadt über Baltimore nach Koblenz begleitet, lernt man in den historischen Abschnitten Teresas Vorfahren kennen und kann die ganz unterschiedliche Entwicklung der Küppers-Kinder verfolgen.

Während die Krimihandlung im Gegenwartspart erst im letzten Drittel des Buches richtig Fahrt aufnimmt, hat mich die mitreißende Familiengeschichte von Anfang an fest im Griff.

Das Familienleben der Küppers ist geprägt von den schweren Zeiten – Geld ist knapp, die Einkünfte aus der Schneiderwerkstatt der Eltern reichen gerade zum Überleben.
Der alkoholkranke Vater ist brutal, er schlägt seine Kinder schon wegen Nichtigkeiten. Mutter Wilhelmine schweigt zu allem und hat nur das Wohl ihrer Tochter Delia im Sinn. Während alle Geschwister und besonders die kleine Hermine in Haushalt und Werkstatt kräftig mit anpacken müssen, wird Delia verwöhnt und verhätschelt.
Der intelligente Anton wird auf Anraten seines Lehrers zu Verwandten nach Köln geschickt, um ihm dort eine bessere Ausbildung zu ermöglichen. Anton hofft auf ein angenehmeres Leben, doch auch Onkel Gustav, Inhaber eines feinen Modegeschäfts, prügelt den Jungen tagtäglich. In der Schule hingegen blüht Anton auf.
Richard und Walter erkranken an Diphtherie, Ida und Auguste wandern schon in jungen Jahren als Näherinnen in die USA aus, nur Sophie bleibt stets an Hermines Seite.

Es ist durchweg fesselnd, den ungleichen Werdegang der Geschwister zu beobachten, denn die Autorin versteht es ausgezeichnet, die Spannung auf einem hohen Niveau zu halten, indem sie den Leser über einige Hintergründe lange Zeit im Dunklen tappen lässt. So habe ich zum Beispiel immer wieder gegrübelt und spekuliert, warum Wilhelmine Küppers ihre Tochter Delia stets bevorzugt und wie eine Prinzessin behandelt, ihre anderen Kinder aber kaum bis gar nicht beachtet. Dieses und auch einige andere Fragen klären sich im Verlauf der Handlung, so dass sich zum Schluss ein stimmiges Bild ergibt und man alle Geschehnisse bestens nachvollziehen kann. Sowohl die Krimihandlung als auch die dramatische Familiengeschichte endeten für mich mit Überraschungen - besonders die Geschichte der Geschwister Küppers erhält einen verblüffenden Schlusspunkt, der vieles noch einmal in ein ganz neues Licht rückt.

„Kernfrage“ ist spannend, dramatisch, vielschichtig – eine fesselnde Familiengeschichte, die Stück für Stück zum Krimi wird.

Bewertung vom 13.08.2015
Die Tarotmeisterin
Fischer, Elis

Die Tarotmeisterin


ausgezeichnet

Wien. Die Illustratorin Theresa „Thesi“ Valier und ihre Freundin Flora Lombardi wollen einem Frauennetzwerk beitreten - einer Gruppe Kleinstunternehmerin, die sich gegenseitig unterstützen, um beruflich voranzukommen. So zumindest der äußere Schein - doch schon das erste Treffen zeigt, dass sich einige der Mitglieder nicht grün sind. Als dann eine der Frauen überfallen wird und kurz darauf Thesis Gartenhäuschen in Flammen aufgeht, erwacht ihr kriminalistischer Spürsinn und Thesi beginnt zu ermitteln…

In „Die Tarotmeisterin“ nimmt Elis Fischer den Leser mit auf eine abwechslungsreiche Spurensuche und lädt zum Miträtseln und Mitgrübeln ein.

Auch der zweite Fall für die Amateurdetektivin Thesi Valier lässt sich angenehm zügig lesen. Schnell ist man mittendrin im Geschehen und erlebt eine Frauengruppe, in der Intrigen und Bosheiten an der Tagesordnung sind.

Thesi, die eigentlich nur herausfinden möchte, wer den Anschlag auf ihre ehemalige Schulkollegin Sarah verübt hat und wer Interesse daran gehabt haben könnte, ihr Gartenhaus abzufackeln, gerät immer tiefer in einen Strudel aus betrügerischen Machenschaften rund um das Frauennetzwerk.

In einigen Kapiteln schickt Elis Fischer den Leser auf eine Zeitreise – es geht ins London der 1930er Jahre. Hier trifft man auf einen äußerst wütenden Aleister Crowley, der unsäglich über Pamela „Pixie“ Colman Smith, der Illustratorin des Rider-Waite-Tarotdecks, wettert. Crowley will ein eigenes Tarotdeck entwerfen, dass Pixies Arbeiten um Längen übertreffen und die Zeichnerin auf diesem Weg ruinieren soll.

In einem weiteren Handlungsstrang lernt man den 60-jährigen Anton Dorf und den Journalisten Egon Kruger kennen. Kruger ist auf der Jagd nach einer lukrativen Story und will Dorf Fragen über die jüngst aufgetauchten historischen Tarotkarten aus dem Nachlass seines Vaters stellen. Die beiden geraten heftig aneinander, denn Dorf möchte nicht an seinen Vater und dessen nationalsozialistische Vergangenheit erinnert werden.

Neben der spannenden Spurensuche nimmt man auch an Thesis recht turbulentem Alltag teil – nicht nur ihr quirliger 5-jähriger Sohn Dino, sondern auch ein aufmüpfiger Hundebesitzer und eine zänkische Mutter in Dinos Kindergarten halten Thesi in Atem.

Sehr gut gefallen hat mir, dass Elis Fischer jedes Kapitel mit einer Tarot Tageskarte beginnen lässt, die andeutet, was den Leser im folgenden Kapitel erwartet.

„Die Tarotmeisterin“ ist eine spannend erzählte und mit einigen humorvollen Einlagen gespickte Geschichte, die einen interessanten Einblick in die Welt der Tarotkarten bietet.