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Leseigel
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Villingen

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Insgesamt 1132 Bewertungen
Bewertung vom 17.10.2021
Tote Schwaben leben länger
Abele, Max

Tote Schwaben leben länger


ausgezeichnet

Die Kleeblatt-Morde
Kommissar Querlingers neuer Fall beginnt an einem Sonntag, als zwei Studenten zwei Skelette im Federsee entdecken. Auch wenn die Morde über 30 Jahre zurückliegen, verlangen die Opfer Gerechtigkeit. Leider fordert eine neue Mordserie unter Obdachlosen Querlingers Aufmerksamkeit. Durch die öffentliche Meinung unter Druck gesetzt, ordnet Querlingers Vorgesetzter an , dass er die Federsee-Morde links liegen lassen soll. Neue Brisanz erhalten die Ermittlungen, als identische DNA in beiden Fällen festgestellt wird.

Das ist das zweite Mal, dass ich mit Hauptkommissar Querlinger auf Mörderfang gehe. Und erneut war ich begeistert von der gelungenen Mischung zwischen Humor und Spannung. Der Schwerpunkt der humorvollen Szenen liegt in Querlingers privaten Bereich. Seine Beziehung zur geliebeten Ehefrau Luise ist nicht frei von Missverständnissen und für zusätzlichen Unmut sorgt der bekannte Weißenegger und der Journalist Oxheimer.

Wie ich es von einem Regionalkrimi erwarte, gibt es einige Dialoge in schwäbischer Zunge und eine gehörige Portion Lokalkolorit obendrein.

Die Krimihandlung selbst ist spannend und gibt sowohl mir als Leser als auch dem Ermittlungsteam einige Rätsel auf. Schritt für Schritt und mit klassischer Polizeiarbeit nähert sich Querlinger der Lösung des Falles. Er greift sogar zu verdeckten Ermittlungen bei einem Fest in der Obdachlosenszene, was ihm weiteren Ärger mit seiner Luise beschert und mir einen Lachanfall. Tatkräftige Unterstützung erhält Querlinger durch sein Team und seine mit der modernen Technik vertrauten Kollegin Eulenburg. Ohne sie wäre er nicht nur einmal aufgeschmissen gewesen. Beim hochexplosiven Ende beweist sie Fachkenntnis und einen Sinn für phantasievolle Lösungen.

Der Krimi bekommt von mir eine uneingeschränkte Leseempfehlung, weil er alles besitzt, was in meinen Augen ein guter Regionalkrimi haben muss.

Bewertung vom 16.10.2021
Flug mit dem Wind
Zellner, Ingrid;Dorra, Simone

Flug mit dem Wind


ausgezeichnet

Freud und Leid im Waisenhaus Dar-as-Salam
Die Zeit bleibt auch im Waisenhaus nicht stehen und aus Kindern werden Leute. Die Autorinnen schildern einzelne wichtige Momente im Leben der Bewohner und zeichnen damit ein buntes und lebendiges Bild sowohl der Ereignisse im Waisenhaus als auch der politischen Situation in Kashmir.

Besonders deutlich wurde für mich die prekäre Lebenssituation der Frauen und Mädchen. Ihnen wird der Zugang zu Bildung verwehrt und sie werden von einem Teil der Männer als Freiwild betrachtet. So wird eine von Vikrams Schützlingen entführt und vergewaltigt, eine andere beinahe das Opfer eines Säureanschlages. Hinzu kommen die religiösen Konflikte zwischen Hindu und Moslem. Dadurch bieten gerade Vikram, der Hindu ist und Sameera als Christin eine Angriffsfläche, da die Kinder in ihrem Waisenhaus Moslem sind. Ihr größter Feind , der korrupte Polizeichef Nikam, nutzt die aufgeheizte Stimmung, um vielleicht eine Schließung des Heimes zu erreichen.

Besonders dramatisch werden die Ereignisse, als Vikram beschuldigt wird mit Drogen zu handeln und seine Schützlinge körperlich zu misshandeln. Ich habe im Verlauf der Geschichte öfters vor Wut die Fäuste geballt, ob der haltlosen Anschuldigungen und der NIedertracht einiger Beteiligter.

Diesem Sumpf aus Bosheit stellen die Autorinnen die Bewohner des Dar-as-Salam und ihre Freunde gegenüber. Besonders berührt hat mich die beständige und vorbehaltlose Liebe zwischen Vikram und Sameera und die Freundschaft zu Raja. Raja ist der verlässliche Fels in der Brandung, der nichts unversucht lässt, um Vikram zu helfen, obwohl er um oder vielleicht gerade auch weil er um dessen dunklen Seiten weiß.

Ein weiterer großer Pluspunkt des Romans ist, dass die Figuren nicht eindimensional dargestellt werden. Jede hat ihre Ecken und Kanten und überrascht mich durch unvorhergesehene Reaktionen.

Was ich an diesem Buch und an der ganzen Reihe liebe, ist, dass ich völlig in eine für mich exotische Welt eintauche , in der ich dennoch auf Bekanntes stoße und mich dadurch heimisch fühlen kann. Die Figuren sind so lebendig, dass ich meine, ich müsse sie wirklich kennen. Genauso gut gefällt mir, dass aktuelle Probleme und die politische Lage in Kashmir Eingang in die Geschichte finden, ohne plakativ oder moralisierend zu wirken.

Bewertung vom 10.10.2021
Der schwarze Winter
Lindemann, Clara

Der schwarze Winter


sehr gut

Gute Unterhaltung mit ernstem Hintergrund

Silke und ihre Schwester Rosemarie mussten nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches aus Danzig fliehen. Dort führte Silke das elterliche Tuchgeschäft. Nun sind sie beide "Flüchtlingspack", das sich auf einem Bauernhof für etwas zum Essen abrackert.
In der Hoffnung auf ein besseres Leben, machen sich die Frauen auf nach Hamburg, das nach dem Krieg in Agonie liegt. Durch einen glücklichen Zufall lernen sie den Schwarzmarkthändler Meister kennen, der zu ihrem Schutzengel wird. Frauen, die im Schwarzmarkthandel erfolgreich sind, erregen Missgunst, Neid und den Zorn der männlichen Konkurrenz. Silke und Rosemarie sind entschlossen, sich ihr kleines Glück nicht nehmen zu lassen.
Silke und Rosemarie könnten nicht unterschiedlicher sein. Silke ist die Geschäftsfrau, die plant und organisiert. Aber sie hat auch den Nazis zugejubelt und muss sich nun eingestehen, dass sie die Augen vor den Nazi - Gräueln nur allzu bereitwillig verschlossen hat. Diesen Fehler will sie nicht wiederholen. Rosemarie ist die impulsive, die schon immer gegen die Diktatur war. Wenn sie Unrecht sieht, kann sie nicht einfach wegschauen. Ich mochte beide Frauen. Vielleicht Silke etwas mehr, da mir Rosemarie manchmal zu unüberlegt und vertrauensselig war.
Der Schwarzmarkthändler Meister war für mich die Lichtgestalt des Romans, auch wenn das etwas seltsam klingen mag. Er hat sich trotz aller Widrigkeiten sein Mitgefühl bewahrt und seine Fähigkeit, zu lieben. Interessant fand ich die Figur des britischen Soldaten Alan. Auf der einen Seite ist er Besatzer im Land des Feindes, der so viel Leid über die Welt gebracht hat. Zum anderen sieht er das Elend der Zivilbevölkerung, von denen nicht jeder Schuld auf sich geladen hat. Dieses moralische Dilemma fand ich sehr gut dargestellt.
Der Roman ist auch sehr spannend, da es verschiedene Versuche gibt, die beiden Frauen aus dem Geschäft zu drängen , bei denen die Gegner nicht gerade zimperlich vorgehen.
Der Autorin gelingt es in meinen Augen sehr gut, die schrecklichen und lebensfeindlichen Zustände im Nachkriegs-Hamburg mit einer gut zu lesenden und unterhaltsamen Geschichte zu verknüpfen.

Bewertung vom 26.09.2021
Die Rückkehr der Zwerge 1 / Die Zwerge Bd.6
Heitz, Markus

Die Rückkehr der Zwerge 1 / Die Zwerge Bd.6


sehr gut

Legenden erwachen zum Leben
Vor hunderten von Zyklen mussten die Zwerge ihre geliebten Berge verlassen. Nun leben sie im Geborgenen Land - nur mehr ein schwacher Abglanz einstiger Größe.
Goimron ist ein mittelmäßiger Gemmenschnitzer, aber ein begeisterter Sammler von Artefakten aus alter Zeit. Per Zufall kommt er in Besitz eines Buches, das Tungdil Goldhand geschrieben hat, ein legendärer Zwergenkrieger und seit hunderten von Zyklen verschollen. Goimron ist überzeugt, dass Goldhand noch lebt. Er macht sich auf, ihn zu suchen. Goimron hofft, dass Goldhand die Stämme der Zwerge einen und sie zu neuem Ruhm führen kann.
Die schlimmsten Feinde der Zwerge sind die Albae, Kreaturen der Finsternis. Diese träumen davon, die Zwerge zu vernichten und alleinige Herrscher über das Geborgene Land zu werden. Bei ihnen macht sich Unruhe breit, als das Gerücht aufkommt, man habe den Krieger Mondarcai gesehen - auch er eine Legende, die der Welt der Mythen zugeordnet wird.
Das ist meine erste Begegnung mit den Zwergen. Die ersten Seiten waren deshalb für mich etwas mühsam zu lesen wegen der Vielzahl der ungewohnten Namen und verschiedenen Stämmen mit ihren Besonderheiten. Nachdem ich mich eingelesen hatte, bin ich vollkommen in die Fantasiewelt und ihre Abenteuer eingetaucht.
Die Zwerge sind ein kampferprobtes und trinkfreudiges Volk, das mir sofort sympathisch war. Goimron ist dagegen nicht unbedingt das Ideal eines Zwerges. Er ist von schmächtiger Statur, eher wie ein menschlicher Halbwüchsiger, bedingt trinkfest, ein schlechter Gemmenschnitzer und sicher kein Kämpfer. Aber ich mochte ihn für seine Entschlossenheit, seinen Glauben an die Existenz von Goldhand und seine Intelligenz.
Welcher Gegensatz dazu die verabscheuungswürdigen Albae mit ihrer Grausamkeit und Hinterlist. Desweiteren sind mir eine Vielzahl phantastischer Lebewesen vom Drachen über Moorhexen bis hin zu Nachtmahren begegnet. Wer Freund oder Feind ist, lässt sich nicht immer eindeutig sagen. Und manchmal geht es auch recht blutig zu. Der Autor schildert die Ereignisse sehr anschaulich in einem gut lesbaren Schreibstil und setzt nicht nur einmal mein Kopfkino in Gang
Das Buch hat mich wunderbar unterhalten und ich war fasziniert und überwältig von dieser bunt bevölkerten und gefährlichen Welt.

Bewertung vom 19.09.2021
Auf den Schwingen des Blutes (eBook, ePUB)
Dicken, Dania

Auf den Schwingen des Blutes (eBook, ePUB)


sehr gut

Wettlauf gegen die Zeit
Nach außen hin scheinen Libby und Owen nach den schrecklichen Ereignissen, die Libby fast das Leben gekostet hätten, wieder ein normales Leben zu führen. Doch Owen kämpft mit seinen Schuldgefühlen und Verlustängsten. Da kommt ein neuer Fall in Seattle zur Unzeit. Zumal Kieran, Libbys alte Liebe, dort wohnt. Libby ist hin- und hergerissen, fährt dann aber doch. Mit von der Partie ist auch Julie Thornton, Libbys beste Freundin, die gerade bei der BAU angefangen hat.

Der neue Fall , bei dem Frauen bestialisch ermordet werden, stellt das Profiler-Team vor ein Rätsel. Die Ermittlungen nehmen Fahrt auf, als Kieran Libby informiert, dass die Schwester seiner Freundin vermisst wird. Ist sie das neue Opfer ? Wenn ja, bleibt nur ein kleines Zeitfenster, um ihren Tod zu verhindern.

Schon der Prolog lässt ahnen, dass Libby es wieder mit einem grausamen Fall, zu tun bekommt. Meine Befürchtungen bewahrheiten sich dann schnell. Besonders gefreut habe ich mich, dass Julie nun Mitglied des Profiler-Teams ist. Ihre unbeschwerte und offene Art bringen etwas Leichtigkeit in die Geschehnisse. Libby habe ich für ihre professionelle Einstellung bewundert. Trotz ihrer privaten Probleme konzentriert sie sich ganz auf die Ermittlungen und unterstützt Julie bei ihren ersten Schritten bei einem realen Fall. Julie ist in der Theorie brillant , in der praktischen Arbeit aber ein absoluter Anfänger. Die mangelnde Erfahrung führt dann auch zu einer lebensbedrohenden Situation.

Noch ein Wort zur Lösung des Falles. Obwohl die Taten sehr brutal sind, konnte ich den Täter nicht als Monster sehen, da seine Motivation für die Morde mich eher traurig als wütend gestimmt haben.

Bewertung vom 18.09.2021
Die Stille des Bösen
Perry, Kyle

Die Stille des Bösen


ausgezeichnet

Nimm Dich in acht vor dem Hungermann
Schauplatz des Thrillers ist Tasmanien. Bei einem Schulausflug verschwinden 4 Mädchen. Sofort werden Erinnerungen an einen anderen Vorfall wach. 1985 verschwanden ebenfalls 4 Teenager, die nie wieder aufgetaucht sind. Damals wurde der Mythos vom Hungermann geboren , der in den Bergen auf seine Opfer lauert.

Tatsächlich wird eines der Mädchen tot aufgefunden. Die Todesursache ist unklar. Detective Badenhorst und seine Kollegin Gabriella werden mit den Ermittlungen betraut. Unter dem Deckmantel einer kleinen beschaulichen Stadt stoßen die beiden auf viele dreckige Geheimnisse, die fast jeden verdächtig erscheinen lassen.

Der Grund , warum ich das Buch in die Hand genommen habe, war der in meinen Augen exotische Schauplatz. Dass ich es dann nicht mehr aus der Hand legen konnte, lag an den packenden Ereignissen und der fesselnden Erzählweise. Der Autor lässt die wichtigsten Personen die Geschichte abwechselnd aus ihrer Sicht erzählen. So erfährt man ständig neue Details und hat als Leser einen Wissensvorsprung. Nicht, dass es bei der Suche nach der Wahrheit hilfreich wäre. Mein Verdacht wechselte ständig von einem zum anderen. Hinzu kam noch eine mystische Komponente, weil der Wald ein wichtiger Ort für die Aborigines ist.

Die Figuren haben alle ihre dunklen Geheimnisse, die sie in meinen Augen nicht unbedingt sympathisch erscheinen lassen. Wirklich gemocht habe ich den Ermittler Badenhorst , der alles daran setzt, die Mädchen lebend zu finden. Meine Sympathie galt auch Murphy, dem Vater eines der verschwundenen Mädchen. Er dealt mit Hasch, hat ein Alkoholproblem, hat den Tod seiner Frau nicht verkraftet und die übrigen Bewohner halten ihn für den Täter. Dennoch mochte ich ihn. Zumindest empfand ich seine Gefühle als aufrichtig, was bei den meisten nicht der Fall war.

Wen ich aus tiefsten Herzen verabscheut habe, ist Madison, eine Freundin der Mädchen und Youtuberin, der alles recht ist, was Clicks generiert.

Der Thriller ist mit das beste, was ich seit langem gelesen habe. Nichts ist, wie es auf den ersten Blick scheint und so ist es kein Wunder, dass die Lösung eine echte Überraschung war.

Bewertung vom 14.09.2021
Die Mäusekönigin
Kay, Jay

Die Mäusekönigin


ausgezeichnet

Ein modernes Märchen über Macht und wahre Größe
Die Vietnamesin Nhi ist aufgrund der chemischen Kriegsführung ohne Beine zur Welt gekommen und in einem Waisenhaus aufgewachsen. Sie hat die besondere Gabe mit Tieren sprechen zu können. Ihre treuen Begleiter sind die Maus Bao und der blinde Waisenjunge Thang. Mit 18 ist für die drei kein Platz mehr im Waisenhaus und sie werden zu Nhis Tante in ein kleines Dorf in den Bergen gebracht. Die Tante betreibt eine Schlangenfarm. Thang und Nhi sind nicht willkommen und bleiben Außenseiter. Niemand sieht in ihnen einen Nutzen. Nhi ist intelligent und sieht viel, was ihr nicht gefällt. Durch Bao erfährt sie die dunklen Geheimnisse der Tante. Nhis Tante glaubt, in Nhi und Thang hilflose Opfer für ihre Machenschaften zu haben. Doch Nhi weiß, sich zu wehren.

Die Geschichte wird aus der Perspektive der Maus Bao erzählt, was einen Teil des besonderen Reizes des Märchens ausmacht. Während die Umgebung nur Nhis Defizite sieht, hat sie mich mit ihrer Empathie für alle Lebewesen und ihrem wachen Verstand für sich eingenommen.

Was zuerst als Glücksfall erscheint, dass sie noch lebende Verwandte hat und damit ein Zuhause, entwickelt sich immer mehr zum Alptraum. Die Geschichte entwickelt sich immer mehr zum Krimi. Gespannt habe ich mitverfolgt, wie das Trio hinter die dunklen Geheimnisse der Tante kommt. Die drei kommen dadurch mehrmals in Lebensgefahr. Dadurch ist die Geschichte sehr spannend.

Das Ende mag auf den ersten Blickgrausam erscheinen, war für mich aber angemessen und hat mir ein tiefes Gefühl der Befriedigung gegeben.

In meinen Augen stehen die Tante und ihre Kumpane für den Menschen, der aus Profitgier rücksichtslos die Natur ausbeutet und was in ihren Augen keinen Wert besitzt, erbarmungslos vernichtet. Nhi ist das positive Gegenstück. Sie weiß, dass jeder seinen Platz im Naturgefüge hat und sich das nehmen darf, was er braucht, um zu überleben.

Ich bin von der Geschichte begeistert. Sie war unterhaltsam, packend geschrieben und und lässt mich am Schluss kurz innehalten.

Bewertung vom 13.09.2021
Wenn die Schatten sterben
Gasser, Christof

Wenn die Schatten sterben


sehr gut

Dunkles Kapitel der Schweizer Geschichte
2006 Becky Kolberg verliert bei einem Segelunfall ihren Ehemann. Um das Trauma zu verarbeiten, zieht sie mit ihrem Sohn Adrian von Deutschland in das Schloss der Eltern ins Schweizerische Solothurn . Bei Renovierungsarbeiten wird im dortigen Keller die Leiche einer jungen ermordeten Frau gefunden. Da in der Schweiz Mord nach 30 Jahren verjährt und der Mord wohl in den 1940zigern Jahren war, finden keine Ermittlungen statt. Becky will der Toten unbedingt einen Namen geben und stellt eigene Nachforschungen an. Ohne es zu ahnen, bringen Beckys Fragen sie und ihren Sohn in Lebensgefahr.

Obwohl ich nahe der Schweizer Grenze aufgewachsen bin, war mir die tiefe Verstrickung der Schweiz in die nationalsozialistischen Machenschaften, die der Autor im Krimi thematisiert, unbekannt. Durch die Ereignisse rund um die Tote, die als Emma Kummer identifiziert wird, tauche ich ein in eine gespaltene Gesellschaft. Es gab starke nationalsozialistische Strömungen, die Frontisten und vehemente Gegner, die für eine unabhängige Schweiz gekämpft haben. Hohe Nazi-Funktionäre hatten Einfluss auf das wirtschaftliche Geschehen in der Schweiz.

Diese Ebene des Krimis war für mich absolut packend. Aber nicht nur wegen der historischen Details, sondern weil auch hier eine junge Frau ermordet wurde und polizeiliche Ermittlungen in Gang setzt. Lange bleibt unklar, ob es politische Motive waren , die zu der Tat geführt haben oder eine Beziehungstat.

Der zweite Handlungsstrang des Buches spielt 2006 und stellt Becky in den Mittelpunkt. Dieser Abschnitt konnte mich nicht ganz so fesseln. Vielleicht lag es daran, dass ich Becky nicht mochte ich fand sie undurchsichtig und manche ihrer Handlungen waren für mich nicht nachvollziehbar ,auch wenn der Autor dafür gegen Ende des Krimis eine logische Erklärung liefert.

Spannend sind die Ereignisse trotzdem allemal . Es kommt zu weiteren Todesfällen. Becky wird bedroht. Man ahnt, dass es mit der toten Emma zusammenhängt und ich habe wilde Theorien dazu aufgestellt.

Die Lösung war für mich überzeugend, aber auch bedrückend. Der Autor hat mir vor Augen geführt, dass die Ereignisse von damals auch heute noch das Leben Einzelner durcheinander wirbeln können.

Bewertung vom 11.09.2021
Schwestern fürs Leben
Schrödter, Sybille

Schwestern fürs Leben


ausgezeichnet

Vier Frauen - vier Lebenswege
Wir begleiten die drei Danneberg-Schwestern und ihre Cousine Freya auf ihrem Lebensweg von 1919 bis 1945.

Die 4 Mädchen stehen kurz vor ihrem Schulabschluss und müssen Entscheidungen für ihren weiteren Lebensweg treffen.

Lene, die älteste Schwester, möchte unbedingt die Rumfabrik übernehmen. Ihr Vater ist strikt dagegen. Um ihr Ziel dennoch zu erreichen, opfert sie ihr persönliches Glück.

Lizzie hat einen klugen Kopf und träumt davon, Ärztin zu werden.

Jette, das Nesthäkchen, sieht sich als erfolgreiche Schauspielerin auf den Bühnen der Welt.

Cousine Freya hat es von Anfang an nicht leicht im Leben. Sie verliebt sich in den charismatischen Paul und hofft auf ein glückliches Familienleben.

Jede der vier trifft ihre Entscheidungen und muss mit den Konsequenzen leben.

Mich hat das Buch sehr gut unterhalten. Da jede der 4 Frauen einen komplett unterschiedlichen Charakter hat, sind auch ihre Lebenswege anders. Das erlaubt mir völlig verschiedene Aspekte des Lebens im beschriebenen Zeitraum kennenzulernen. Die Ereignisse werden abwechselnd aus Sicht der einzelnen Frauen geschildert. Gut gefallen hat mir, dass die Frauen mit ihren Stärken und Schwächen beschrieben werden, so dass im Verlauf der Geschichte meine Sympathien des öfteren gewechselt haben.

Lene opfert viel für ihren Traum, das väterliche Unternehmen zu führen. Manche ihrer Entscheidungen waren in meinen Augen sehr rücksichtslos. Gleichzeitig habe ich sie für ihren starken Willen bewundert.

Lizzie war mir mit ihrem Wunsch zu lernen am nächsten. Sie geht in ihrem Beruf auf und findet trotz manchem Schicksalsschlag in meinen Augen so etwas wie Erfüllung.

Jette dagegen konnte nie so richtig mein Herz erwärmen. Sie war mir zu egozentrisch und labil.

Wen ich aufrichtig bedauert habe, ist Freya. Das Glück schien ständig einen Bogen, um sie zu machen .

Verwoben mit dem Leben des Kleeblatts, wie sich die Frauen selber nennen, sind die geschichtlichen Ereignisse der damaligen Zeit. Einen besonderen Schwerpunkt bilden die Geschehnisse in Flensburg. Interessant für mich als Südlicht waren die Konflikte im Zusammenhang mit der Abstimmung, ob Flensburg dänisch werden sollte.

In meinen Augen bietet der Roman eine gelungene Mischung aus Fiktion, die für gute Unterhaltung und Spannung sorgt und den historischen Ereignissen, die durch die Figuren ein Gesicht bekommen.