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Benutzername: 
dorli
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Berlin
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 896 Bewertungen
Bewertung vom 24.06.2015
Girl on the Train
Hawkins, Paula

Girl on the Train


ausgezeichnet

Ashbury/London. Rachel Watson pendelt jeden Tag mit dem Zug zur Arbeit und beobachtet die Menschen in den Häusern entlang der Strecke. Sie macht sich Gedanken über die unterschiedlichen Leute und erfindet Geschichten über sie. So auch über Megan und Scott Hipwell, die Rachel in ihrer Fantasie Jess und Jason nennt. Rachel ist neidisch auf das Pärchen, weil die beiden in Rachels Vorstellung das wunderbare Leben führen, das sie selbst gerne leben würde. Eines Tages macht Rachel eine verwirrende Beobachtung, die das perfekte Bild, das sie von dem Paar hat, zerstört. Kurz darauf ist Megan plötzlich verschwunden…

„Girl on the Train“ hatte mich schon nach wenigen Seiten fest im Griff, obwohl anfangs kaum etwas passiert. Man lernt Rachel kennen, erfährt von ihren Beobachtungen, teilt ihre Gedanken. Schnell ist klar, dass Rachel große Probleme hat: Sie trinkt übermäßig viel Alkohol, lässt sich gehen, macht ihren Mitmenschen etwas vor, zerfließt in Selbstmitleid. Nach und nach lässt Paula Hawkins durchsickern, warum Rachel sich so verhält und man kann sehr gut nachvollziehen, weshalb sich Rachels Leben so zum Negativen gewendet hat.

Die Autorin lässt auch Megan zu Wort kommen, allerdings erzählt diese ihre Geschichte zeitversetzt - ihr Part beginnt bereits ein Jahr vor den aktuellen Ereignissen und nähert sich Stück für Stück dem gegenwärtigem Geschehen an. Von Megan erfährt man, das ihr Leben ganz und gar nicht so harmonisch verlaufen ist, wie Rachel es sich ausgemalt hat.

Neben Rachel und Megan spielt auch Anna Watson, die neue Frau an der Seite von Rachels Exmann Tom, eine große Rolle. Anna wirkt zunächst einmal sehr glücklich, sie scheint sich inmitten ihrer kleinen Familie wohlzufühlen. Einzig das Rachel nicht loslassen kann und anscheinend ständig Tom kontaktiert, macht ihr arg zuschaffen, sie fühlt sich von Rachel belästigt und bedroht.

Paula Hawkins hat das Schicksal der drei Frauen eng miteinander verwoben. Nach Megans Verschwinden nimmt nicht nur die Polizei die Ermittlungen auf, auch Rachel versucht zu rekonstruieren, was an jenem verhängnisvollen Abend passiert ist, denn sie selbst war betrunken und kann sich an nichts erinnern, hat aber eine Kopfverletzung. Sie stellt Nachforschungen an und gerät dabei in einen Strudel immer dramatischer werdender Ereignisse.

„Girl on the Train“ hat mich durchweg begeistert. Die immer spannender werdende Handlung ist mit einigen Überraschungen und Wendungen gespickt. Es hat großen Spaß gemacht, über Täter, Motive, Verwicklungen und Hintergründe zu grübeln.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.06.2015
Tiefer Fall / Anna Kronberg & Sherlock Holmes Bd.2
Wendeberg, Annelie

Tiefer Fall / Anna Kronberg & Sherlock Holmes Bd.2


ausgezeichnet

London 1890. Dr. Anna Kronberg wurde von Professor James Moriarty gefangen genommen und soll für ihn grausame biologische Waffen entwickeln. Da Moriarty Annas Vater entführt hat und droht, ihm etwas anzutun, wenn sie flieht oder seinen Anweisungen nicht folgt, spielt Anna dieses gefährliche Spiel zunächst einmal mit und versucht den Schein zu wahren, um das Vertrauen des Professors zu erlangen…

Auch der zweite Krimi mit der sympathischen Ärztin und Bakteriologin Anna Kronberg hat mich rundum begeistert. Schnell hatte mich das London des ausgehenden 19. Jahrhunderts wieder fest im Griff.

Anna Kronberg - eine Frau, die mit beiden Beinen fest auf der Erde steht, die ihren eigenen Kopf hat und diesen auch zu benutzen weiß, die willensstark ist und allen Widerständen und Gegnern zu trotzen vermag, wird in dieser Geschichte von der Autorin in einen wahren Gefühlsstrudel gedrängt – ein grandioses psychologisches Spiel beginnt.

Mit Anna und James Moriarty stehen sich zwei hochintelligente Menschen gegenüber. Sie fordern einander heraus, sie taxieren, sie provozieren, sie manipulieren – das Ganze gleicht einem faszinierenden Gefecht, einem Tanz, bei dem beide die Führung übernehmen wollen – es wird zu keiner Zeit langweilig, dieses Duell zu beobachten, weil nie wirklich klar ist, wer am Ende als Sieger dastehen wird.

Anna begibt sich auf einen riskanten Tauchgang in die Untiefen der Menschlichkeit und beginnt die geforderten tödlichen Erreger zu entwickeln, immer auf der Suche nach einer Schwachstelle in Moriartys Plan. Annas großer Vorteil ist ihre exzellente Beobachtungsgabe. Nicht die kleinste Regung Moriartys entgeht ihr und es gelingt ihr, hinter die Fassade dieses gefährlichen Mannes zu blicken. Trickreich spielt sie ihre Kenntnisse aus, dennoch scheint Moriarty ihr immer einen Schritt voraus zu sein.

Sherlock Holmes spielt in diesem Band nur eine Nebenrolle – eine wichtige zwar, denn er soll Annas Vater finden und aus der Schusslinie bringen - doch die Bühne gehört in diesem Krimi fast ausschließlich Anna und Moriarty.

Mir hat „Tiefer Fall“ durchweg sehr gut gefallen - ein äußerst spannender, sehr unterhaltsamer Schlagabtausch.

Bewertung vom 18.06.2015
Tödliche Heimkehr
Dützer, Volker C.

Tödliche Heimkehr


ausgezeichnet

Hachenburg im Westerwald. Shadi Seeger eilt nach einem Hilferuf ihrer Freundin Gudrun Holt zurück in ihre Heimatstadt Hachenburg. Doch Shadi kommt zu spät, Gudrun wurde ermordet – von den gleichen Männern, die Shadi vor 15 Jahren vergewaltigt haben. Gudruns Tod reißt die alte Wunde wieder auf und Shadi schmiedet Rachepläne gegen den in der Stadt hoch angesehenen Banker Victor Kronberg und seine Kumpane. Als Shadi Hemmungen bekommt und nicht in der Lage ist, den verhassten Männern den Garaus zu machen, beendet ein Unbekannter skrupellos ihr Vorhaben…

Auch Rechtsanwalt Dirk Lieven möchte den Bankier zur Strecke bringen. Lieven hat Gudrun Holt in einem Prozess gegen Kronberg vertreten und musste aufgrund von Kronbergs hinterhältigen Intrigen eine bittere Niederlage einstecken…

„Tödliche Heimkehr“ ist der erste Krimi, den ich von Volker Dützer gelesen habe und ich bin begeistert. Der Autor versteht es mit seinem angenehm zu lesenden Schreibstil hervorragend, schon auf den ersten Seiten eine spannende Atmosphäre aufzubauen, die den Leser bis zum Schluss nicht loslässt. Zahlreiche im Verlauf des Krimis auftauchende Fragen haben mir viel Platz zum Miträtseln und Mitgrübeln über den mysteriösen Täter, seine Motive und die Zusammenhänge und Hintergründe gegeben.
Die Handlung ist rasant und abwechslungsreich, man rauscht hinein in einen Strudel aus Korruption und Intrigen, Missbrauch, Mord, Rache und Vergeltung. Zum Ende hin spitzt sich das Geschehen dann dramatisch zu, einige Actionszenen geben dem Krimi dabei eine Extraportion Schwung.

Die Charaktere werden von Volker Dützer allesamt interessant und vielschichtig präsentiert. Jeder Einzelne spielt die ihm zugedachte Rolle ausgezeichnet.
Shadi Seeger agiert impulsiv und spontan. Sie steckt voller brodelnder Energie und ist wild entschlossen, sich nicht kleinkriegen zu lassen. Es hat mir sehr gut gefallen, dass sie trotz ihres immensen Hassgefühls nicht zu einer kaltblütigen Mörderin wird.
Dirk Lieven ist das genaue Gegenteil. Er ist überaus korrekt und glaubt an Recht und Ordnung. Seine sehr schwere Kindheit hat ihn stark und zielstrebig gemacht, er lässt sich von Kronberg & Co. nicht einschüchtern.
Victor Kronberg ist ein Widerling durch und durch. Er hat die halbe Stadt in der Hand und benutzt Polizisten, Anwälte und Richter, um seine fiesen Machenschaften durchzusetzen. Was habe ich mich über diesen abscheulichen Kerl und seine Anhänger aufgeregt!

Sehr gut gefallen haben mir auch die detaillierten Beschreibungen der Schauplätze. Volker Dützer setzt Hachenburg und Umgebung prima in Szene.

„Tödliche Heimkehr“ hat mich von der ersten bis zur letzten Seite fest im Griff gehabt - ein fesselnder Krimi, der durchweg spannende Unterhaltung bietet.

Bewertung vom 04.06.2015
Der Marionettenspieler
Meyer, Senta

Der Marionettenspieler


weniger gut

Berlin. Innerhalb kurzer Zeit verschwinden neun Kinder. Es gibt weder Hinweise noch brauchbare Spuren. Ein aus hoch qualifizierten Mitgliedern bestehendes Spezialteam nimmt die Ermittlungen auf und soll Licht in das Dunkel um die entführten Kinder bringen. Und die Zeit drängt, denn in ganz Europa verschwinden weitere Kinder…

Senta Meyer schickt in „Der Marionettenspieler“ ein Team ins Rennen, das fähiger nicht sein könnte: hochintelligent, hervorragend ausgebildet, überaus gut aussehend – fünf erstklassig qualifizierte Menschen und dazu eine Chefin, die Normalsterblichen in allen Bereichen haushoch überlegen ist. Perfekte Ermittler möchte man meinen - doch leider wird diese Perfektion schnell langweilig. Mir waren die Akteure und besonders Jenny zu vollkommen. Es sind doch gerade die Ecken und Kanten und die kleinen Fehler und Macken, die eine Figur interessant und damit unterhaltsam machen.

Nicht nur das Superlative-Team war mir zu unecht und zu unglaubwürdig, auch die Handlung konnte mich nicht überzeugen. Die Ermittlungen sind wenig spannend und geschehen oft „aus dem Bauch heraus“ – soll heißen, es ist Jennys Magen, der hier die Regie übernimmt und Jenny die richtigen Eingebungen und Ideen haben lässt. Es gibt viele Zufälle und Ungereimtheiten. Wenn es Schwierigkeiten gibt oder etwas gebraucht wird – ein Anruf genügt und alles kuscht vor Jenny. Dazu unnötige Liebesszenen und futuristische Technik, wenig Wendungen und kaum Überraschungen.

Schade, aber „Der Marionettenspieler“ konnte mich nicht so begeistern, wie ich aufgrund des viel versprechenden Klappentextes gehofft hatte.

Bewertung vom 04.06.2015
Drei nach Norden
Beckerhoff, Florian

Drei nach Norden


gut

Berlin. Greta hat eine Kiste erhalten, eine schwere, anderthalb Meter lange, fest verleimte Kiste mit unbekanntem Inhalt. Gute Freunde aus früheren Zeiten haben Greta gebeten, ihnen die Kiste zu bringen. Nach Schweden. In Gretas ungeliebte Heimat. Obwohl sich alles in Greta gegen diese Reise sträubt, macht sie sich mit ihren Freunden Cassady und dem Halben Belgier auf den Weg in den Norden, um die geheimnisvolle Kiste abzuliefern…

Florian Beckerhoff schickt seine Protagonistin Greta auf eine abenteuerliche Reise in ihre Vergangenheit – ich war sehr neugierig, wie die junge Frau die Dinge, die während dieser Exkursion auf sie einprasseln, bewältigen würde und habe einen turbulenten, humorvollen Roadtrip erwartet.

Leider verläuft die Geschichte ganz anders, als ich mir vorgestellt habe. Greta ist sehr negativ eingestellt und will den „schlechten, alten Zeiten“ eigentlich gar nicht begegnen. Das Vorhaben, die Kiste an ihr Ziel zu bringen, wird zu einem ziemlich schwierigen Unterfangen, diverse Probleme und kuriose Zwischenfälle lassen die drei Reisenden nicht wirklich vorankommen. Sie treffen auf viele unterschiedliche, zum Teil recht skurrile Menschen, die Greta aus ihren schwedischen Zeiten kennt. Ansonsten dreht es sich in der Handlung meist um Alkohol, Sex, noch mehr Alkohol und Drogen.

Schade, aber die Geschichte um Greta und ihre Vergangenheit konnte mich nicht so begeistern, wie ich gehofft hatte.

Bewertung vom 28.05.2015
Der letzte Heuler / Ostfriesen-Krimi Bd.2
Kuhnert, Cornelia;Franke, Christiane

Der letzte Heuler / Ostfriesen-Krimi Bd.2


ausgezeichnet

Neuharlingersiel. Sommer in Ostfriesland. Am Strand ein einsamer Heuler, der dringend Hilfe braucht. Grundschullehrerin Rosa Moll eilt in die nahe gelegene Tierarztpraxis, trifft jedoch nicht wie erhofft auf die Tierärztin Iris Brakenhoff, sondern stolpert über deren toten Ehemann. Hans-Otto Brakenhoff wurde erschossen. Da es sich bei der Tatwaffe um eine russische Makarow handelt, wähnt die Kripo Wittmund eine große Verschwörung und glaubt an einen Auftragsmord. Das sehen Rosa und ihre Freunde Henner und Rudi allerdings ganz anders und ermitteln auf eigene Faust…

Auch der zweite Krimi mit dem sympathischen ostfriesischen Ermittlertrio hat mich rundum begeistert. Es ist einfach klasse, wie echt und natürlich die drei Hobbydetektive wirken – ihre Ermittlungen sind durchweg glaubwürdig und nachvollziehbar, weil sie stets im Rahmen ihrer Möglichkeiten bleiben und entsprechend ihren Eigenheiten handeln.

Während Henner und Rudi den Fall eher besonnen und mit ostfriesischer Gemütlichkeit angehen, ist Rosa von Anfang an in ihrem Element, sie sprüht vor Tatendrang und spielt ihre kriminalistischen Talente voll aus. Auch wenn die beiden Männer manchmal von Rosas Eifer etwas genervt sind, spekulieren und kombinieren die drei gemeinsam, nehmen einen Tierarzt, einen Grafen und einen Dixi-Klo-Verleiher ins Visier und kommen dem wahren Täter schließlich auf die Schliche.

Ganz wunderbar die große Portion Lokalkolorit. Die Besonderheiten der Landschaft, die Eigenarten und Gewohnheiten der Einheimischen und auch die Spezialitäten der Region werden von den Autorinnen hervorragend in Szene gesetzt.

Die Verknüpfung von Spannung und Humor ist Christiane Franke und Cornelia Kuhnert auch in „Der letzte Heuler“ ausgezeichnet gelungen - ein Küsten-Krimi randvoll mit bester Unterhaltung.

Bewertung vom 27.05.2015
Das Nordseegrab / Theodor Storm Bd.1
Spreckelsen, Tilman

Das Nordseegrab / Theodor Storm Bd.1


sehr gut

Husum, 1843. In einem Holzfass wird eine Leiche gefunden, die sich nach dem ersten Schrecken als Wachsfigur herausstellt – eine Wachsfigur, die dem Vater von Theodor Strom erstaunlich ähnlich sieht. Eine Warnung für den Husumer Rechtsanwalt und Koogschreiber?
Aus einem Friedrichstädter Lagerhaus verschwinden Waren von hohem Wert. Als kurze Zeit später ein reicher Kaufmann ermordet wird, stellen der junge Anwalt Theodor Storm und sein neuer Schreiber Peter Söt umfassende Nachforschungen an und greifen dabei zu ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden…

Man merkt diesem Krimi an, dass Tilman Spreckelsen sich sehr intensiv mit dem Leben von Theodor Storm beschäftigt hat. Es ist dem Autor sehr gut gelungen, den jungen Juristen Storm darzustellen - einen Mann, der mehr die Schriftstellerei und die Musik im Kopf hat, als dass er sich Gedanken um die Anliegen seiner Mandanten macht.

Ausgezeichnet gefallen hat mir auch, wie Tilman Spreckelsen die wahren Begebenheiten und Ereignisse in und um Husum im Jahr 1843 mit seiner fiktiven Geschichte verwoben hat. Die gesamte Handlung wirkt echt und glaubwürdig.

Erzählt wird der Krimi aus Sicht des Schreibers Söt. Söt wirkt sehr geheimnisvoll, der eigentliche Auftrag, der ihn nach Husum in die Kanzlei Storm führt, ist rätselhaft und undurchsichtig.
Die Ermittlungen, die Söt gemeinsam mit Storm anstellt, gestalten sich als schwierig – wütende Bauern und verschwiegene Kaufleute lassen die beiden die wahren Gründe hinter den Vorkommnissen und ein damit zusammenhängendes Schiffsunglück erst nach und nach aufdecken.

Tilman Spreckelsen kann besonders mit Lokalkolorit punkten – Husum und Umgebung werden ganz hervorragend in Szene gesetzt. Durch die detaillierten Beschreibungen kann man die Wege, die Storm und Söt während der Aufklärung des Falls in Husum, Schwabstedt und auch in Friedrichstadt zurücklegen, bestens mitverfolgen.

Mir hat dieser Ausflug in das historische Husum sehr gut gefallen - es hat Spaß gemacht, Storm und Söt bei ihren Ermittlungen zu begleiten.

Bewertung vom 27.05.2015
Der gute Mensch von Düsteroda
Kolb, Andreas

Der gute Mensch von Düsteroda


sehr gut

Düsteroda. Pfarrer Samuel Pistorius kümmert sich hingebungsvoll um seine Gemeinde. Gelenkt von einem Ausschuss sorgt er unbürokratisch für Recht und Ordnung. Als der Auftrag, den Geschäftsmann Günther Blech aus dem Weg zu räumen, nicht nach Plan verläuft, erscheint plötzlich Kommissar Brückner auf der Bildfläche und quartiert sich ausgerechnet beim Pfarrer ein…

Andreas Kolb hat sich als Handlungsort für seinen Krimi das fiktive Düsteroda ausgesucht, ein idyllisches Fleckchen im Thüringer Wald, herrlich gelegen in beeindruckender Natur. Doch diese Beschaulichkeit ist trügerisch, denn hier wird gemordet, und das nicht zu knapp. Ein Ausschuss, bestehend aus Mitgliedern alteingesessener Sippen, wacht über die Angelegenheiten des Dorfes und sorgt mit dem Pfarrer als Handlanger für geregelte Abläufe.

Andreas Kolb hat seine Hauptfigur mit einer sehr derben Sprache ausgestattet – aber gerade die für einen Geistlichen oft ungewöhnliche Wortwahl passt zum Verhalten und Handeln von Samuel Pistorius wie die Faust aufs Auge.
Pistorius ist ein Pfarrer, der flucht und über Gott und die Welt lästert. Der mit Gewalt tut, was getan werden muss, der mehr als eine Leiche im Keller hat und seine Predigten aus dem Internet herunterlädt. An Pistorius’ Seite: Kommissar Gernot Brückner. Um unbemerkt von den Dörflern ermitteln zu können, wird der Mann vom LKA als „Bruder Brückner“ in die Gemeinde eingeführt. Der Kommissar entwickelt sich dann im Verlauf der Handlung ganz anders, als ich es anfangs vermutet habe.

In mehreren Rückblenden erzählt Pistorius aus seiner ereignisreichen Vergangenheit. Dabei erhält man nicht nur Einblicke in seinen persönlichen Werdegang, sondern erfährt auch nach und nach, wie es zu der derzeitigen, recht turbulenten Situation in Düsteroda kommen konnte.

„Der gute Mensch von Düsteroda“ kommt mit einer großen Portion Kritik an Politik und Gesellschaft daher - eine gelungene Mischung aus schwarzem Humor, Satire und Krimi, die mich sehr gut unterhalten hat.