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bolie
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Langscheid

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Insgesamt 949 Bewertungen
Bewertung vom 28.12.2020
Der englische Löwe
Lorne, Mac P.

Der englische Löwe


ausgezeichnet

Gerade aus der Gefangenschaft entlassen, muss Richard I, alias Löwenherz, wieder um sein Recht kämpfen. Auch wenn die Kriegskassen leer sind, so macht er sich dennoch auf nach Frankreich. Dort war der Regent Philipp gar zu ungestüm und eroberte während der Abwesenheit des Löwen, etliche seiner Gebiete. Das missfällt dem stolzen Ritter und er kann Gebiete zurückgewinnen, die in der Normandie und Aquitanien liegen. Aber nicht nur die Kämpfe setzen ihm zu. Auch dass er seine Frau so lange nicht sah, bekümmerte ihn. Und dann ist da noch die Frage, wer sein Erbe sein soll.

Es war das erste Buch, welches ich von Mac P. Lorne las und es gefiel mir ausgesprochen gut. Über den englischen Löwen wurden schon etliche Bücher geschrieben. Er war eine schillernde Persönlichkeit mit einer resoluten Mutter. Das gefiel mir bei diesem Roman so gut. Bezogen auf den Charakter des Herrschers fand Herr Lorne ein gesundes Mittelmaß. Richard wurde nicht als alles überstrahlender Held dargestellt und ebenfalls nicht als Schurke. Seine guten Seiten waren nun mal da und dazu gehört meiner Meinung nach unter anderem, der Respekt vor seiner Mutter. Und auch die Fürsorge für seine kranke Frau, die (Fürsorge) mich sehr beeindruckte.

Das Prädikat „Sehr gut“ gebe ich auch für die bildhaften Beschreibungen seiner Burgen sowie der Landbevölkerung damaliger Zeit. Ich merkte, wie intensiv Herr Lorne recherchierte und wie mitgerissen er von seiner Hauptperson war. Ja, ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie der König sich mit seiner Mutter stritt oder wie er seinen jüngeren Bruder herunterputzte. Auch die „geflügelten Wörter“, die immer mal wieder eingestreut waren, fand ich gut. Sie lockerten den Roman auf. Gerne gebe ich fünf Sterne und eine Leseempfehlung. Das Buch zählt zu meinen Highlights im Lesejahr 2020. Jetzt werde ich die Romane über den anderen „Löwen“ von Herrn Lorne lesen.

Bewertung vom 26.12.2020
Sterbewohl (eBook, ePUB)
Monti, Olivia

Sterbewohl (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Sterbewohl“ von Olivia Monti ist eine Mischung aus Dystopie und Kriminalroman. Wir als Leser erfahren, dass die Demokratie in Deutschland seit 10 Jahren abgeschafft ist. Eine Partei regiert, die unmenschlich handelt und selbst das Töten von unliebsamen Mitmenschen unterstützt. Dazu werden sogenannte „Sterbeseminare“ in Luxushotels durchgeführt, die zum großen Teil auf Fehmarn stattfinden.

Ältere Menschen, die gerade mal berentet sind, erhalten Post vom Gesundheitsminister. So auch vier Bewohner einer WG. Alles sollen zu einem bestimmten Termin abgeholt und per Shuttle nach Fehmarn transportiert werden. Sie sind sehr beunruhigt, da es in den Hotels leider nicht so zugeht, wie es den Leuten erzählt wird. Dunkle Wolken ziehen über ihren Horizont zusammen.

Das Buch „Sterbewohl“ wühlte mich auf. Weil ich fast so alt bin, wie die hier vorgestellten Hauptpersonen und viele Aussagen (leider) den Tatsachen entsprechen. Ja, auch heute noch. Wie ist es denn? Langzeitarbeitslose werden als „Harzer“ tituliert und behindert zu sein ist sogar ein geduldetes Schimpfwort. Und wie ist der Umgang mit Senioren? Sie werden in Heime abgeschoben und viele Angehörige warten auf deren Tod, weil dann keine Kosten mehr anfallen.

Wie sieht es denn aus mit Menschen, die der Allgemeinheit keinen Nutzen mehr bringen? Nein, es ist zum Glück (noch) nicht so, wie zur Zeit Hitlers. Aber es gibt leider Zeichen, die dorthin führen. Aber nun noch einmal zum Buch. Es ist in einfacher Sprache geschrieben und lässt sich gut lesen. Die Spannung hätte für meinen Geschmack ruhig ein wenig mehr sein können. Zuweilen kam es mir auch zu unwahrscheinlich vor, was die Autorin hier schilderte. Vom Grundgedanken her gebe ich ihr aber vollkommen recht und für mich ist das Buch keine Fiktion. Vier Sterne und eine Leseempfehlung für einen Winterabend gebe ich daher.

Bewertung vom 24.12.2020
Das Unrecht der Väter
Carsta, Ellin

Das Unrecht der Väter


ausgezeichnet

Das Buch beginnt im Jahr 1936 und beschreibt die Erfolgsgeschichte von drei Männern, die sich im Ersten Weltkrieg kennenlernten. Sie sind erfolgreich und das auch, weil sie ihre Firmensitze sehr nah nebeneinander legten. Doch das Glück wird getrübt als plötzlich und ohne Vorwarnung die Tochter eines Kameraden diese Idylle stört. Was geschah tatsächlich in der Vergangenheit und kann dieses Ereignis den Erfolg der drei Freunde schmälern?

„Das Unrecht der Väter“ ist der erste Band einer Saga. Hier geht es um die Geschichte der Falkenbachs, die in der Nähe des Starnberger Sees leben und arbeiten. Nein, eine Saga zählt normalerweise nicht zu meinen bevorzugten Büchern, aber hier mache ich eine Ausnahme. Dafür gibt es zwei Gründe. Die Geschichte ist so fesselnd, dass ich sie innerhalb eines Tages lag und der Folgeband lässt nicht lange auf sich warten.

Ellin Carsta schrieb bereits viele Bücher und dieses gefällt mir bisher am besten. Es sind drei Familien, die hier eine Rolle spielen und zu keinem Zeitpunkt empfand ich den Wechsel der Schauplätze übertrieben oder gar anstrengend. Die Dialoge sind erfrischend echt dargestellt und auch die Situation vor dem Zweiten Weltkrieg sehr gut wiedergegeben. Was haben Menschen jüdischen Glaubens mitmachen müssen und wie oft wurden sie grundlos für Taten bestraft, die sie nie begingen. Und dann das strenge Regiment von Vätern und/oder Ehemännern. Ja, das gab es in den 1930 Jahren auch noch und die Autorin hat auch diese Fakten perfekt in ihren Roman eingebettet.

Ja, das Buch endet mit Cliffhangern und das ist wohl normal, wenn es sich um eine Serie handelt. Aus dem Grund darf es aus meiner Sicht dafür keinen Abzug von Sternen geben. Fünf Sterne gibt es von mir und dazu eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 20.12.2020
Erinnerungen aus Glas
Dobson, Melanie

Erinnerungen aus Glas


ausgezeichnet

Zitat aus dem Buch: „Bücher sind das beste Vermächtnis. Sie überdauern unser Leben und selbst wenn die Wahrheit nur schwer zu finden ist, bringen sie Licht in die Vergangenheit.“
„Erinnerungen aus Glas“ wurde in zwei Zeitzonen geschrieben. Einmal sind es die Ereignisse im Jahr 1942 während des Zweiten Weltkrieges. Und dann 75 Jahre später, wenn die Hauptperson die Machenschaften ihres Urgroßvaters aufdeckt. Eliese und Josie erleben nicht nur die Deportationen von Juden in den Niederlanden hautnah mit. Eliese ist selbst Jüdin und beiden gelingt es, dass sie einige Kinder vor den Gaskammern retten.
Im zweiten Strang ist es dann Ava Drake, die sich für die Vergangenheit ihrer Vorfahren interessiert. Sie ist Mitglied einer sehr reichen Familie und deren Stiftung. Die wiederum fördert Menschen, welche sich zur Aufgabe machten, hilfesuchenden Kindern, häufig Waisen, zu helfen. Dabei trifft sie einen Mann namens Landon, dessen Urgroßmutter ihr bei den Recherchen zu ihrer Familie hilft.
Der Beginn war schwierig. Es gab viele Namen und Orte und die Handlung wechselte häufig in Zeit und Region. Meist war ich in Holland und zwar zu dem Zeitpunkt, wo Nazis dort ihr Unwesen trieben. Hier verfolgte ich, wie zwei junge Frauen sich selbst in Lebensgefahr brachten, um Kindern von jüdischen Eltern vor einer Deportation zu schützen.
Ein Buch, das den Schwerpunkt in die Niederlande legt. Auch dort gab es Menschen, die jüdische Freund und Nachbarn verrieten. Oft für wenige Gulden und nach dem Krieg versuchten viele, sich eine reine Weste zu erarbeiten. Sie logen über ihre Taten und ihnen gelang die Rehabilitation.
Der Roman ist mit Tatsachen und Fakten versehen, die von der Autorin genau recherchiert wurden. Im Anhang schreibt sie, wer die Menschen im Untergrund waren und in welcher Weise sie den Verfolgten halfen. Die Übersetzerin leistete gute Arbeit und auch das trug dazu bei, dass ich das Buch mit fünf Sternen bewerte. Auf jeden Fall ist es lesenswert und auch das Cover ist ein Eyecatcher.

Bewertung vom 20.12.2020
Winzerschuld
Wagner, Andreas

Winzerschuld


ausgezeichnet

Es geht hoch her bei der Fassenacht. Es wird gesungen, geredet und noch mehr getrunken. Die Büttenreden kommen nicht alle gut an und auch sonst brodelt es unter der Oberfläche. Aber an Karneval lieben sich ja alle. Doch, was ist das? Till verschwindet plötzlich und spurlos. Noch schlimmer, dass eine Bedienung, jung, hübsch und nett, am nächsten Morgen tot aufgefunden wird. Kurt-Otto Hattemer ist Hobbypolizist und ermittelt gerne. Ob er den Spezialisten mit Rat und Tat zur Seite stehen kann?
Schon rasch ist klar, dass der Autor Winzer ist. So präzise, wie er die Arbeit dieses Berufszweiges erklärt, das kann kein Laie. Der Krimi ist locker und angenehm geschrieben. Es gibt viele Verdächtige, die aber dann doch nicht als Täter infrage kommen. Bis zum Schluss rätselte ich und lag dann doch daneben.
Für meinen Geschmack gab es aber zu viele Handlungsstränge, wobei mir aber jene, die zu den Verbrechen im Zweiten Weltkrieg führten, gut gefielen. Die hat der Autor nämlich vor Ort recherchiert und sogar Originale zitiert. Das fand ich beeindruckend. Daher gebe ich auch gute vier Sterne und eine Leseempfehlung. Ja, auffallend ist auch das geschmackvoll gestaltete Cover. Auch das kann sich sehen lassen.

Bewertung vom 19.12.2020
Goldener Mohn
Ibrahim, Laila

Goldener Mohn


ausgezeichnet

Schon die beiden Vorgänger „Gelber Krokus“ und „Eine Handvoll Senfkörner“ gefielen mir ausgesprochen gut. Daher freute ich mich sehr als ich den dritten Band vor mir sah. Im Buch „Goldener Mohn“ geht die Geschichte von Mattie und Lisbeth im Jahr 1894 weiter. Mattie wird bald sterben und ihre Tochter Jordan sowie die Enkelin bitten Lisbeth, dass sie ihr noch einen letzten Wunsch erfüllt. Nach dem Tod der Mutter zieht es Jordan samt Tochter nach Oakland. Hier leben Lisbeth und deren Tochter Sadie.

Für mich ist diese Reihe etwas Besonderes. Ich verfolgte aufmerksam die Anfänge einer Freundschaft, deren Beteiligte nicht unterschiedlicher sein konnten. Dass sie bis zum Tod der einen aneinander dachten, das imponierte mir. Und obwohl sie weit entfernt voneinander wohnte, sie hielten den Kontakt aufrecht. Laila Ibrahim schreibt in „Goldener Mohn“ über Rassismus, der entweder unterschwellig und grausam zu durchleben ist. Von den Weißen, die sich im Jahr 1894 immer noch als „Herrenmenschen“ fühlten, obwohl die Verfassung der USA etwas Anderes bestimmt. Aber auch das Wahlrecht steht vor einem Durchbruch und hier sind Frauen, egal ob weiß oder farbig, immer benachteiligt. Dieser dritte Band ist zwar so geschrieben, dass wichtige Ereignisse aus der Vergangenheit eingebunden wurden. Aber ich denke es ist gut, wenn die erste beiden Bücher zunächst gelesen werden. Fünf Sterne und eine Leseempfehlung gibt es von mir.

Bewertung vom 16.12.2020
Die verstummte Liebe
Metzenthin, Melanie

Die verstummte Liebe


ausgezeichnet

Beim Roman „Im Lautlosen“ war Fritz Ellerweg einer der Hauptpersonen. In diesem Buch „Die verstummte Liebe“ schreibt die Autorin Melanie Metzenthin über das Leben seiner Mutter Helen Mandeville.

Es beginnt in England im Jahr 1896. Helen wächst in behüteter und wohlhabender Umgebung auf. Ihr Vater ist erfolgreicher Bankier und das schlägt sich auf die Erziehung der beiden Kinder nieder. Die Eltern erwarten, dass Helen sich standesgemäß verheiratet und der Vater sucht dazu ihren künftigen Gatten aus. Helen mag den aber so gar nicht und bei einer Reise nach Deutschland verliebt sie sich in den Arzt Ludwig Ellerweg. Sie bricht mit ihrer Familie, löst das Verlöbnis und flüchtet in die Arme Ludwigs nach Hamburg. Die beiden heiraten und schon bald erblickt Sohn Fritz das Licht der Welt.

Nach einigen Jahren muss Helen kurzfristig in die Heimat reisen, da ihre Mutter im Sterben liegt. Das Fatale daran ist, dass der Erste Weltkrieg ausbricht und die beiden Länder England und Deutschland sich bekämpfen. Für Helen beginnt eine schlimme Zeit.

Wie gut, dass es „Tinte und Feder“ gibt. Sonst wären mir die Bücher von Melanie Metzenthin vorenthalten worden. Nur hier, bei diesem Verlag sahen die Verantwortlichen, wie wertvoll und begehrt ihre Romane sind. So auch „Die verstummte Liebe“. Mich beeindruckte dabei, wie ausführlich Frau Metzenthin die Entwicklung Helens beschrieb. Wie aus einer reichen und behüteten Tochter eine selbstbewusste und verantwortungsvolle Frau wurde. Sie nahm viele Unannehmlichkeiten hin, um mit ihrer großen Liebe vereint zu sein.

Die Darstellung der Ereignisse vor und während des Ersten Weltkrieges imponierten mir ebenfalls. Die Sorgen der Frauen und Mütter von Soldaten, die teilweise mit „Hurra“ in den Krieg zogen. Dann die Furcht vor den Bomben oder die große Not der Deutschen, welche schon jahrelang in England lebten. Plötzlich waren sie Feinde und wurden sogar ausgegrenzt.

Auch dieses Buch ist wieder mal ein Highlight für mich. Jetzt werde ich sehr bald „Im Lautlosen“ lesen und darauf freue ich mich schon sehr. Für dieses Buch gebe ich fünf Sterne plusplus und hoffe, dass es viele Leser findet. Das hat es nämlich mehr als verdient.

Bewertung vom 15.12.2020
Die verratene Generation (eBook, ePUB)
Hardinghaus, Christian

Die verratene Generation (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Es ist eine grausame Statistik, die uns der Autor Dr. phil. Christian Hardinghaus in seinem neuesten Werk präsentiert. Er schreibt von den vielen Frauen, die missbraucht wurden und von einem Tabu, welches jegliche Aufarbeitung des Schicksals der Vertriebenen thematisiert. Und nein, er scheute sich nicht zu fragen, ob die Flächenbombardements der Alliierten kein Kriegsverbrechen war. 600.000 Menschen wurden getötet und die meisten von ihnen waren Frauen und Kinder. Sollte auf diese Weise das faschistische Regime aufgehalten werden? Was hätten denn diese Menschen dagegen tun können?

Ich las und lese immer noch viele Bücher, die sich mit den Schreckenstaten während des Zweiten Weltkrieges auseinandersetzten. Aber kein Autor schreibt so sensibel über dieses Thema wie Herr Hardinghaus. Für sein neuestes Werk „Die verratene Generation“ interviewte er 13 Zeitzeuginnen, die ihm ihre Erlebnisse unter Tränen schilderten. Auch heute, das bedeutet, Jahrzehnte nach dem Ende des Krieges, leiden sie unter den Traumata, die ihnen widerfuhren. Sie wurden sowohl von Russen als auch von den „Alliierten“ vergewaltigt und wie Lustobjekte missbraucht.

Für mich gab es beim Lesen des Buches „Die verratene Generation“ etliche Absätze, die mich in meine Kindheit versetzten. Meine Eltern kannten die Bombardements von Osnabrück und erzählten hin und wieder davon. Auch Berichte über das Pflichtjahr der Tanten war wieder präsent. Nein, das war mit Sicherheit nicht als Hilfe oder Rettung zu verstehen, wie die Alliierten deutsche Städte zerstörten. Und auch das darf niemals vergessen werden. Dass auch in Deutschland Menschen getötet wurden, die niemals Anhänger der Faschisten waren und nur dadurch verurteilt wurden, dass sie Deutsche waren.

Ich las das Buch über den Todesmarsch von Brünn und auch einige Bücher über die Vertreibung der Deutschen aus Königsberg. Woher kam der Hass der Tschechen und was veranlasste sie, alle Deutschen als Mörder anzusehen? Warum wurden sogar alte Leute und Kinder gequält? Ich weiß es nicht und bin dankbar, dass ich zur damaligen Zeit noch nicht geboren war. „Die verratene Generation“ ist ein Muss für alle die meinen, dass nur wir Deutschen schwere Schuld auf uns luden.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.12.2020
Zeit der Wunder / Kinderklinik Weißensee Bd.1
Blum, Antonia

Zeit der Wunder / Kinderklinik Weißensee Bd.1


ausgezeichnet

Nach einem erschütternden Prolog beginnt das Buch im Jahr 1911. Zwei Schwestern beginnen eine Ausbildung im ersten Kinderkrankenhaus Berlins. Marlene, so heißt die ältere und fühlt sich stetes für die jüngere Schwester verantwortlich. Ihr Traum ist ein Studium der Pädiatrie. Aber das scheint ein Wunschtraum zu bleiben. Es ist zwar seit einigen Jahren auch Frauen gestattet, eine Universität zu besuchen, aber der Studiengang Kinderheilkunde ist bisher Männern vorbehalten.

Sobald ich einen Historischen Roman lese, bemühe ich das World Wide Web. So auch bei „Kinderklinik Weißensee“. Ja, es gibt dieses Haus noch immer und es ziert auch das Cover des Buches. Allerdings gehört es zu den vergessenen Orten. Erst im Jahr 1997 wurde es geschlossen und das nach 86 Jahren. Und per Gerichtsbeschluss ging es im Jahr 2015 zurück an das Land Berlin. Umso beeindruckender ist, dass sich die Autorin Antonia Blum so intensiv mit der Historie des Hauses beschäftigte. Heraus kam ein netter Roman, der viel von den Anfängen der Pädiatrie berichtet.

Kinderheilkunde als Studiengang gibt es erst seit 1895. Vorher wurden die Kleinen stets mit Erwachsenen behandelt. Rücksicht auf ihren Entwicklungsstand gab es nicht. Die Sterblichkeit war besonders bei Säuglingen hoch und Frühchen hatten (fast) keine Chance zum Überleben. Neben den Verstrickungen von Ereignissen, wie etwa Liebe, Verrat oder Standesdünkel, beschreibt die Autorin, wie es in jenen Jahren auf Kinderstationen zuging. Besuchszeiten mussten streng eingehalten werden. Kein Elternteil durfte bei den Kindern bleiben. Es ist also in keiner Weise mit den heutigen Gegebenheiten zu vergleichen.

Ein feiner Roman, der zwar einige bekannte und immer wiederkehrende Geschichten enthielt, aber lesenswert ist. Weil es wirklich etliche Fakten gibt, welche den Lesern zeigen, wie gut es unsere Jüngsten heute haben. Es gibt kaum noch Babys, die während oder nach der Geburt sterben. Frühchen haben gute Überlebenschancen und das ohne bleibende Schäden. Die Pädiatrie sorgt für eine immer geringere Kindersterblichkeit. Das Buch ist der erste Band rund um das Krankenhaus Weißensee und ich freue mich schon jetzt auf die Fortsetzung.