Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Juti
Wohnort: 
HD

Bewertungen

Insgesamt 688 Bewertungen
Bewertung vom 02.08.2024
Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen
Rudis, Jaroslav

Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen


sehr gut

Seltsame Hobbies

Ein bisschen nachvollziehen kann ich schon, was Rudis schreibt. Es hat etwas Meditatives in einem Waggon zu sitzen und dem gleichmäßigem Geräusch der ratternden Schienen zu lauschen. Doch dann kommt eine rein und telefoniert. Oder eine Gruppe Migranten quatscht dich voll.

All das beschäftigt Rudis nicht. Er sitzt ohnehin meistens im Speisewagen und trinkt Bier als guter Tscheche. So besteht ein großer Teil des Buches aus besonderen Gerichten und besonderen Bahn­hofsrestaurants. In Bamberg heißt sein Lieblingshaus „Zum Sternla“, weit vom Bahnhof entfernt.

Da lobe ich mir, dass er sich auch auf die Strecke begibt und beispielsweise 30 stundenlang quer durch Deutschland reist. Im Paradies in Jena zählt er die schönsten Haltestellennamen auf:
Güterglück, Herzberg, Klitzchen, Rosenwinkel, Blumenthal, Vogelgesang, Taubenheim, Annaburg, Elend und Sorge, Irrenlohe und Sterbefritz, Himmelreich und Höllsteig, Lieblos und Pflaumloch (107). Er zählt unzählbar viele Eisenbahnfilme auf und gibt Literaturtipps wie „Netzkarte“ von Sten Nadolny.

Dann hat er noch einen Reisetipp für mich: Goricia und Nova Goricia, zwei Schwesterstädte, die erste in Italien, die zweite in Slowenien bilden 2025 die europäische Kulturhauptstadt (184). Hin­fahren werde ich über die Semmeringsbahn, die Teil der Südbahn der Habsburgermonarchie war.
Auf Seite 200 zählt er noch die schönsten Eisenbahnbrücken auf, doch erscheint mir das zu wenig, um es hier aufzuzählen.


Etwas durcheinander ist das Buch schon, etwas zuviel Bier wird auch getrunken, doch 4 Sterne gibt es dennoch.

Bewertung vom 01.08.2024
Felix fährt Eisenbahn
Rentta, Sharon

Felix fährt Eisenbahn


sehr gut

Was hat der Felix für ein Glück. Seine Eisenbahn fährt wenigstens. Mit der Deutschen Bahn müsste er sich mit Verspätungen rumärgern. Und dann die Kundenformulare zur Erstattung ausfüllen. Und dann wäre es kein Kinderbuch mehr.

Bewertung vom 01.08.2024
Alles über die Eisenbahn / Wieso? Weshalb? Warum? Bd.8
Mennen, Patricia

Alles über die Eisenbahn / Wieso? Weshalb? Warum? Bd.8


sehr gut

Hier erfährt Kind alles, was es über die Bahn wissen muss. Nur warum die Deutsche Bahn einen Dachschaden hat erfährt Kind nicht. Muss es auch nicht.

Bewertung vom 30.07.2024
Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt
Mumm, Hans-Martin; Wermke, Matthias; Riedlsperger, Eva; Petschan, Walter; Dancker, Dietrich; Engehausen, Frank; Roux, Marie-Thérèse; Riese, Reinhard; von Offenberg, Volker; Mohr, Anna-Lena; Krüger, Enno; Schmidgall, Florian; Präger, Christmut; Gottlob, Marion; Giovannini, Norbert; Wenzel, Uwe; Meier, Verena; Mantaj, Nele; Parrisius, Anna; Kaiser, Marina; Ziegler, Alexandra; Duchrow, Ulrike

Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt


ausgezeichnet

Schön, dass es dich gibt

Mein Lokalkollorit verbietet natürlich eine objektive Bewertung und ich war auch manchmal nach einer interessanten Überschrift doch ein wenig über den Inhalt enttäuscht.
Die Heimatforschenden sollten nicht nur seitenweise aus den Quellen zitieren, sondern ihren Inhalt einordnen und immer auch fragen, was heute noch von Belang ist.

Dennoch habe gerade die Artikel über die Eingemeindungen bzw. die Selbstständigkeit Eppelheims mein Interesse gewonnen.
5 Sterne

Bewertung vom 30.07.2024
Magellan
Zweig, Stefan

Magellan


sehr gut

Heldenverehrung

Die Biografie, die Zweig in seiner kunstvollen Art in den 30er Jahren schrieb, leidet unter einem seltsamen Mangel: Er, der seit Beginn stets Abstand vom Führer nahm, zeichnet Magellan als demokratischen Helden, der er nie war.

Mag ja sein, dass nach der Ankunft der „Victoria“, des letzten Schiffes seiner Armada,Magellan nicht die verdienten Lorbeeren erntete, weil er bereits auf einer kleinen philippinischen Insel sein Leben in einer Strafexpedition verlor – ein Umstand, der wohl kaum zum Demokraten passt.

Dass letztlich ein erster Meuterer als Kapitän den Heimathafen erreicht und den Ruhm erntet, mag anfangs so gewesen sein, doch auch Zweig hat schon erkannt, dass die Ehre nur von kurzer Dauer ist, weil Pigafetta den wohl wichtigsten Reisebericht schrieb, der erst Ende des 18. Jahrhunderts in verkürzter Form in Mailand wieder entdeckt wurde. Er steht treu und fest auf Seiten Magellans.

Nichtsdestoweniger beschreibt der Autor alle Probleme der Reise treffend: Erst die Zeitverschwendung am Rio de Plata – wie wir ihn heute nennen, wo Magellan die Durchfahrt in den Pazifik vermutete, dann die Überwinterung weiter südlich in die Pampa, das Finden der Magellan mit dem Desertieren des wichtigsten Lebensmittelschiff. Auf dem Pazifik, dessen Breite er unterschätzte herrschte deswegen an Bord Hunger und Elend. Dann die Auseinandersetzungen mit den falsch verstandenen Sitten der Einheimischen, der Falle eines Königs, das Ende der „Trinidad“ – Magellans Schiff auf den Molukken und schließlich das heimsegeln der „Victoria“ an den Portugiesen vorbei mit der Flucht von den Kapverdischen Inseln.
So kommen im Heimathafen Sevilla letlich von ursprünglich etwa 250 Männern gerade einmal 18 zurück.

Gerade Stefan Zweigs sprachliches Können macht dieses Werk zu einem Genuss – 4 Sterne.

Bewertung vom 26.07.2024
Magellan
Jostmann, Christian

Magellan


sehr gut

feine Biografie

Eigentlich erst im letzten Kapitel, was eigentlich ein Nachwort ist, wurde mir klar, warum es diese Biografie gibt: Nach dem Tod des Helden lebt er weiter in der Literatur.

Und wenn nicht um 1800 in Mailand eine Abschrift des Tagebuchs von Pigafetta gefunden worden wäre, dann wäre Magellan längst vergessen. Mit dieser Abschrift hatte Magellan mit Humboldt einen so großen Fürsprecher, dass selbst die beiden Sternennebel der Südhalbkugel nach ihm benannt sind, obwohl er kein Astronom war.

Ist Pigafetta nicht der eigentliche Held dieser Reise? Er hat alles aufgezeichnet, wurde nie krank und gehörte zu den wenigen Überlebenden, die nach Europa heimkehrten.


Wer sich fragt, warum nach Stefan Zweig es noch ein Magellan-Biografie geben muss, der wird belehrt, dass Magellan doch einen sehr autoritären Führrungsstil hatte und es mit den Strafexpeditionen übertrieben hat, so dass sein Tod auf den Philippinen verständlich erscheint. Aus heutiger Sicht eignet er sich nicht mehr uneingeschränkt als Held. Zweigs Sprache wird aber nicht erreicht, so dass das Buch sich mit 4 Sternen begnügen muss.

Zitat: [Ein schönes Mädchen sah] einen Nagel, länger als ihr Finger. Den nahm sie mit großer Vornehmheit und Anmut an sich, schob ihn zwischen die Lippen ihres Geschlechts und verschwand plötzlich, wobei sie sich ganz klein machte. (170)

Bewertung vom 24.07.2024
KUNTH Bücherorte
Lipps, Susanne

KUNTH Bücherorte


sehr gut

Danke UNESCO

Man mag es kaum glauben, aber weil man geliebtes Heidelberg der UNESCO-Welterbetitel ungerechterweise verwehrt blieb, hat die Stadt als Konzessionsentscheidung frisch aus dem Kölner Keller als erste in Deutschland den Titel der Literaturstadt von der UNESCO bekommen.

Als Dank wird die Perle des Neckartals gleich an dritter Stelle aufgeführt. Ich habe die Unesco-Liste nicht mit dem Inhaltsverzeichnis verglichen. Sie könnte sehr ähnlich sein.

Als Reiseführer eignet sich der Band nicht, dafür sind die Orte zu verstreut. Der zweite Abschnitt "Wo die wilden Bücher wohnen" behandelt dann eher die großen Metropolen - gut auch Görlitz.

Wenn schon nicht als Reiseführer, dann darf sich die Leserin über schöne Fotos freuen und der Leser erfährt über einige Nobelpreisträger - gut auch Harry Potter - noch ein paar Zeilen, wobei Heine in den Harz zu verorten doch ein bisschen zu kurz kommt. Aber noch länger, dann könnte diesen Ziegelstein ja keiner mehr tragen. 4 Sterne

Bewertung vom 22.07.2024
Tag der Befreiung
Saunders, George

Tag der Befreiung


weniger gut

Unverständlich

„Denis Scheck erklärt George Saunders“ könnte ein Buchtitel lauten. Ich hatte nämlich das große Glück in der Sendung „lesenswert“ seine Erklärung zur Titelgeschichte zu hören und konnte diese – mit Abstand längste – Kurzgeschichte dann auch verstehen.

Sonst ist mir kein Ende der Geschehnisse in Erinnerung geblieben. Es fängt immer ganz nett an, biegt dann ins Dystopische ab und endet unverständlich.


Der Autor soll Dozent für kreatives Schreiben sein. Wir wollen alle hoffen, dass er nicht zu viele Schüler hat, sonst wird die zukünftige Literatur harte Kost. Dank Denis Scheck habe ich bis zum Ende durchgehalten und nur deswegen gibt es 2 Sterne. Scheck selbst sieht Saunders als eine Art Nachfolger von David Forster Wallace. Ich nicht. Wallace schrieb verständlich.

Bewertung vom 18.07.2024
Zeit, sich aus dem Staub zu machen
Petkovic, Andrea

Zeit, sich aus dem Staub zu machen


sehr gut

Einblicke hinterm Platz

Was passiert eigentlich, wenn die Tennisspielerin auf ihr Match wartet. Sie schaut in der Kabine auf dem Monitor sich die vorherigen Partien an.

Und wie bereitet sie sich vor? 50 Prozent ist Psychologie. Gegen Serena Williams versuchte Petkovic nicht aufzufallen. Gelang nicht ganz.

Der Anfang des Buches erinnert an den Corona-Wahnsinn. In der Quarantäne vor den Australian Open muss sie mit ihrem Partner sogar das Klo selbst reparieren.

Und dann das Altern, das im Leistungssport schon mit Ende 20 beginnt. Nicht zu vergessen sind auch die Menstruationsbeschwerden, die die Autorin freimütig in ihrer Badewanne beschreibt.

Das alles war ziemlich spannend. Weniger interessant waren aber die endlosen Gespräche mit ihren Freundinnen und Freunden. Deswegen nur 4 Sterne. Auch der Verlag sollte überlegen, ob das Kapitel September II nicht als September 11 gelesen werden kann.

Bewertung vom 13.07.2024
Lichtenstein.
Hauff, Wilhelm

Lichtenstein.


weniger gut

erster Heimatroman

Wenn wir dem Autor etwas zugutehalten wollen, dann hat er mit diesem Werk ein neues Genre erschaffen: den Heimatrom.

Doch erfüllt diese Geschichte genau den Kitsch, den wir mit diesem Genre verbinden: eine Liebe mit Hindernissen und kriegerische Kämpfe.

Das einzige, was man aus diesem Buch ist die Geschichte des Schwabenlandes um 1520. Ich hoffe, dass dies nicht fiktiv, die Geografie scheint nämlich zu stimmen. 2 Sterne