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Benutzername: 
Pitty318
Wohnort: 
Lahn-Dill

Bewertungen

Insgesamt 57 Bewertungen
Bewertung vom 20.02.2021
Ich und der Andere
Kaizik, Jürgen

Ich und der Andere


weniger gut

„Irgendeine heimliche Bombe trägt jeder bei sich.“
(Zitat)

Der Roman „Ich und der Andere“ von Jürgen Kaizik handelt von dem Frontmann und Sänger Jim Morrison der Band „The Doors“ und beginnt Mitte der 60er Jahre, als „The Doors“ am Beginn ihrer Karriere stehen und noch ohne Gage im kleinen London Fog auftreten. Ich und der Andere ist eine fiktive Geschichte mit teilweise erfundenen Charakteren, die den Gedanken fortspinnt, wo sich Morrison aufgehalten haben könnte, wenn er nicht in Paris 1971 verstorben wäre. Der Autor hat das Leben von Jim Morrison mit einer Gestalt verwoben, die Morrison an einen Lehrer erinnert und von ihm Hölderlin genannt wird. Die Geschichte wird in zwei Erzählsträngen erzählt, wobei Morrison die Ich-Perspektive einnimmt und der fiktive Charakter des Lehrers in der dritten Person erzählt wird. Außer diesen beiden Charakteren treten nur wenige weitere, kaum ausgeschmückte Nebenfiguren auf. Schnell nimmt die Bekanntheit von „The Doors“ Fahrt auf, allerdings sind sie bei den Konzerten in Woodstock nicht mehr aufgetreten. Dann kommen Szenen, die mich mehr als schockiert haben. Das Buch endet dann mit einer interessanten Erklärung für das Verschwinden Jim Morrisons.
Meine Meinung:
Es ist mir sehr schwer gefallen, in das Buch hineinzufinden und in einen Lesefluss zu kommen. Die Sprache ist nicht so eingängig und liest sich nicht so leicht, obwohl sie oft recht poetisch ist. Die geschilderten Szenen wirkten fast ausnahmslos alle sehr düster und bedrückend auf mich. Es haben sich für mich auch keine farbigen Bilder ergeben. Der Roman blieb bis zum Schluss in grauen bis dunkelgrauen Bildern. Die Liebesgeschichte des Lehrers wirkte nicht glaubhaft und die teilweise brutalen Handlungen erwischten mich eiskalt. Darauf war ich nicht vorbereitet. Ich bin mit dem Buch trotz starken Bemühens nicht warm geworden. Der 16-seitige Exkurs (Bonustrack) am Ende des Buches hat mich allerdings überrascht, es waren m. E. die interessantesten Seiten. Sie beinhalteten die Erklärung für den fiktiven Roman und das Zusammenbringen der beiden Hauptfiguren. Zudem waren wunderschöne Textzeilen von Morrison enthalten.
Durch diese Zeilen ist mir klar geworden, wie schwierig es gewesen sein muss für den Sohn eines amerikanischen Vaters, der im II. Weltkrieg gekämpft hatte, seine Selbstbestimmung zu verwirklichen. Jim Morrison war im richtigen Leben eine gebrochene Gestalt und hat sich bereits als kleiner Junge in die Poesie zurückgezogen.
Der Autor Kaizik offenbart sich durch den Exkurs auf den letzten Seiten als profunder Kenner der beiden Persönlichkeiten von Jim Morrison und Friedrich Hölderlin. Irgendwie schade, dass ich so fassungslos durch den gesamten Roman gestolpert bin, obwohl ich die Leseprobe interessant und spannend gefunden hatte.
Vielleicht kann das Buch aber Fans von Jim Morrison und/oder „The Doors“ fesseln und begeistern.

Bewertung vom 20.02.2021
Guten Morgen, Leben!
König, Sandra

Guten Morgen, Leben!


ausgezeichnet

Nach anfänglicher Skepsis, ein absolut begeisterndes Buch

Guten Morgen, Leben von Sandra König ist ein erfrischendes Buch mit zahlreichen, wunderbaren Ideen für einen guten Start in den Morgen. Ein Schwerpunkt bilden zweifelsohne kleine Yogaübungen, die hervorragend erläutert und gezeichnet sind.
Bei diesen einfachen und trotzdem effektiven Übungen ist zusätzlich beschrieben für welche Körperbereiche die Übungen anregend oder mobilisierend wirken.
Sandra König kann sehr gut motivieren und ihre ganz niedrigschwelligen Vorschläge unterstützen einem, einen schnellen Einstieg in eine Yogaroutine zu finden. Selbst eventuelle Hinderungsgründe wie z. B. ein Familienleben, kann sie gekonnt und mit Tipps aus eigener Erfahrung entkräften.
Sie sagt nicht, dass es leicht ist, eine Morgenroutine mit kleinen Yoga-Übungen als Programm durchzuziehen, aber sie sagt, wenn Du den inneren Schweinehund überwindest, entdeckst Du etwas Wunderbares. Sie sagt, versuche es, es wird Dir gut tun. Ihre Begeisterung ist ansteckend. Man merkt auf jeder Seite, dass Sandra König sehr viel eigene Erfahrung hat und daher ihre Vorschläge und Empfehlungen sehr praxisnah und umsetzbar sind.
Zu einem guten Morgen gehören noch weitere Zutaten: Vorschläge für ein sättigendes Frühstück und ggf. auch Meditation. Diesen Themen sind eigene Kapitel gewidmet.
Gespickt hat Sandra König das Buch mit aufmunternden Sinnsprüchen. Nicht zu viel an der Zahl, sondern nach meinem Geschmack gerade richtig. Sprüche, die helfen den großes Rahmen wieder zu sehen, wenn man sich im Alltagsstress verlaufen haben sollte.
Als großes Schmankerl gibt es durch Scannen eines QR-Codes, die Möglichkeit neun gesprochene Meditationsanleitungen von Sandra König zu erhalten. Die Anleitungen sind sehr ruhig und klar gesprochen und die Umsetzung fiel mir durch die gute Wortwahl sehr leicht.
Das Bemerkenswerteste an dem Buch ist, mit wie viel Liebe zu sich selbst die Autorin von ihren Erfahrungen berichtet und die Leser*innen zu genau dieser Liebe zu sich selbst animieren möchte.
Ein rundum gelungenes und empfehlenswertes Buch, dass nicht nur aus Yoga-Anleitungen besteht, sondern immer das gesamte Wohlbefinden im Fokus hat und daher nicht nur für Yoga-Anfänger absolut bereichernd sein wird.

Bewertung vom 31.01.2021
Könnt ihr mal das Segel aus der Sonne nehmen?
Erdmann, Johannes

Könnt ihr mal das Segel aus der Sonne nehmen?


sehr gut

Stressiges Chartergeschäft humorvoll erzählt

Johannes Erdmann segelte schon mit 19 Jahren allein über den Atlantik. Das hat mich sehr beeindruckt, daher interessierte ich mich für sein Buch „Könnt Ihr mal das Segel aus der Sonne nehmen?“ In dem Buch berichtet er in 33 Geschichten über seine Erlebnisse und Erfahrungen mit Gästen als Charterskipper auf einem Katamaran in den Bahamas.
Jede Geschichte wird spritzig und mit viel Witz und Humor erzählt.
Sie betreffen u. a. das Zusammenleben mit den Gästen, Ereignisse mit defektem Bordzubehör (ist die Toilette schon wieder kaputt?!), Organisatorisches oder Spuren von Promis auf den Bahamas. Jede Geschichte endet mit einer kleinen Pointe. Man bekommt einen sehr intensiven Einblick in das Bordleben und die Herausforderungen eines solchen individuellen Urlaubsangebotes auf den Bahamas.

Außerordentlich gut hat mir die Zusammenarbeit zwischen seiner Freundin Cati und ihm gefallen und die tolle Unterstützung so vieler Freunde einschließlich der Familie.

Die meisten Geschichten hätten allerdings auch anderswo stattfinden können, dafür war die Kulisse Bahamas nicht unbedingt notwendig. Daher kann ich das Buch besonders empfehlen für Menschen, die selbst den Plan haben, für Kleingruppen Segeltouren oder Ähnliches anzubieten. Detailreich werden sie auf Fuß- und Angelpunkte bei der Durchführung hingewiesen und erhalten zahlreiche, wertvolle Tipps.

Die meiner Meinung nach beiden besten und bildhaftesten Geschichten werden bereits in der Leseprobe vorgestellt, so dass für mich keine Steigerung mehr erfolgte. Mir haben auch die in diesen beiden Leseprobegeschichten enthaltenen regionalen Naturbeschreibungen in den anderen Erzählungen etwas gefehlt. Leser, die daher erwarten nebenbei etwas von der Schönheit der Bahamas, der Tier-, Pflanz- oder Unterwasserwelt zu erfahren, werden eventuell etwas enttäuscht sein. Interessante Fische landen beispielsweise in der Pfanne oder auf dem Grill und Schnecken werden als Muscheln benannt.

Neben allen kleinen Kritikpunkten ist es dennoch ein gut geschriebenes, kurzweiliges und sehr humorvolles Buch, das viele Seiten des Chartergeschäfts nüchtern und klug darstellt und daher besonders für Charter- und Segelinteressierte eine wahre Fundgrube sein dürfte.
Die vergebene Punktzahl mittelt sich aus 3 Punkten (persönliche Interesse) und 5 Punkten (fachliche Darstellung, Humor und Schreibstil).

Bewertung vom 04.10.2020
Sag die Wahrheit, auch wenn deine Stimme zittert
Galizia, Daphne Caruana

Sag die Wahrheit, auch wenn deine Stimme zittert


ausgezeichnet

Das Buch besteht aus Originaltexten der 2017 ermordeten maltesischen Journalistin Daphne C. Galizia, die sie in verschiedenen Zeitschriften und in ihrem Blog veröffentlicht hatte.
Die LeserInnen lernen durch die Texte eine Frau kennen, die zutiefst davon überzeugt war, dass in einer wahren Demokratie die freie Meinungsäußerung das wichtigste Gut ist. Und man darf für das Schreiben der Wahrheit als Investigativjournalistin nicht verurteilt, verfolgt oder diffamiert werden und auch nicht getötet werden. D. C. Galizia war Investigativjournalistin. Sie schrieb über brisante Themen in Malta: Korruption, Geldwäsche, Einbürgerung gegen hohe Geldbeträge, finanzieller Missbrauch auf höchster Regierungsebene.
Sie war die Stimme Maltas und das Gewissen Maltas.
Mir ist erneut bewusst geworden: Freiheit ist eng verbunden mit Journalisten, die frei schreiben können. Journalisten, besonders investigativ arbeitende Journalisten, die schreiben, was sie in detektivischer Arbeit an Daten und Wahrheiten herausgefunden haben. Und Freiheit bedeutet, im zweiten Teil, schreiben können, ohne Repressalien oder den Tod befürchten zu müssen.
Mit Daphnes Tod wurde bewiesen, wie unfrei Malta ist. So hart und so einfach ist es.
Daphne C. Galizia beschreibt zum einen haarsträubende Vorgänge in der Politik Maltas, sie thematisiert aber auch andere Ereignisse, wie den Überfall auf Charlie Hebdo, den
Umgang mit Asylsuchenden oder den Stand der Frauenemanzipation.
Das Buch klingt aus mit wunderschönen und entspannenden Artikeln von Ihr in der Zeitschrift Flair (unbedingt lesenswert: Maltesische Orangen) und mit einer Zitatesammlung.
Aufgrund der Originaltexte sind bei den politischen Texten an einigen Stellen unvermeidbare Wiederholungen enthalten und in die Namen der maltesischen Politiker muss man sich etwas einarbeiten. Aber beides ist lohnenswert. Über ihre Texte lernt man eine Frau kennen, die facettenreich, mit einem klaren moralischen Kompass ausgestattet und absolut bewundernswert ist.
Sie hat die besondere Begabung, Begebenheiten und Zusammenhänge mit Klarheit und haarscharf auf den Punkt gebracht, zu schildern. Es ist eine Freude, ihre Texte zu lesen.
Von den Umständen und vom Thema kein einfaches Buch, aber ein äußerst lesenswertes Buch.

Bewertung vom 04.10.2020
Pohl, Klaus

"Sein oder Nichtsein". Erinnerungen an Peter Zadeks legendäre Hamlet-Inszenierung


ausgezeichnet

Lebendiges Theater
Das Hörbuch ist der absolute Bringer. Kurzweilig, pointenreich, witzig, humorvoll und ereignisreich sind die Proben zu Shakespeares Hamlet von Klaus Pohl in seinem Theatertagebuch festgehalten worden. Es ist ein Inneneinblick in die Proben mit Peter Zadek, einem der bekanntesten Theater-Dramaturgen Deutschlands, und mit einer Schauspielerin als Hamlet. Ein nicht einfaches Stück, ein Haufen Individualisten als Schauspieler und ungeplante Aktionen lassen ein neues kleines Drama während der Proben entstehen. Es ist eine Wonne, das 5 Stunden und 25 Minuten lange Hörbuch zu hören und ein ausgesprochenes Glück für den Hörer, dass der Drama-Schauspieler Klaus Pohl keinen Printverlag für sein Probentagebuch gefunden hat. Eine unbedingte Hörempfehlung auch für Nicht-Hamlet und Nicht-Theater-Fans.