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Insgesamt 163 Bewertungen
Bewertung vom 25.12.2020
Das Wunder von R.
Cavallo, Francesca

Das Wunder von R.


sehr gut

Eine spannende Weihnachtsgeschichte, die eine Stadt aus ihrem Misstrauen erweckt. Der Diversity-Aspekt ist schön gelungen.

In R. ist schon seit Jahren nichts Schlimmes mehr passiert – weil nämlich gar nichts mehr passiert, seit die Menschen sich komplett voneinander fern halten. Das ist ja keine weihnachtliche Atmosphäre, in die Familie Greco-Aiden mit ihren drei Kindern Manuel, Camilla und Shonda ankommen. Zum Glück kommt ein Brief vom Weihnachtsmann an.

Mein fast 9jähriger Sohn und ich sind der Geschichte voll Spannung gefolgt. Francesca Cavallo hat „Das Wunder von R.“ mit viele schönen Einfällen angereichert.

Das Setting hat mir sehr gut gefallen. Diese Welt, in der die Erwachsenen keinen Kontakt mehr miteinander pflegen, hat etwas dystopisches. Umso schöner, dass das aufgebrochen wird, und dort liegt dann auch die revolutionäre Komponente, die auf dem Titel angekündigt wird. Das Buch ist auf italienisch bereits letztes Jahr erschienen. Jetzt in Corona-Zeiten finde ich es gerade zu Weihnachten geboten, Abstand zu halten. Das macht die Interpretation komplexer, denn so hat die Autorin das ja nicht gemeint. Nun gut, die Menschen in R. telefonieren ja noch nicht einmal.

Toll ist beim Buch der Diversity-Aspekt. In den Bildern Menschen mit unterschiedlichen Hautfarben, dazu gendergerechte Sprache, zwei Mamas, zwei Papas, Alleinerziehende, das wird den Kindern ganz nebenbei als Realität vorgeführt. Ein großes Lob an den Mentor Verlag, das sie das in ihrem Verlagsprogramm so toll umsetzen.

Und auch die Intoleranz gegen gleichgeschlechtliche Paare wird im Buch nicht unterschlagen, denn die Mamas mit ihren Kindern sind vor einer Gesetzesänderungen aus einem anderen Land geflogen, aber nicht problematisiert, so dass hier eine neue Norm gesetzt wird. In Bezug auf die Verhältnisse in R. Stellt sich mir die Fragen, ob das dann einfach Ignoranz ist, die nebenbei zu Toleranz geführt hat, oder wirkliche Akzeptanz. Als wäre es nicht ganz zu Ende gedacht…

Das ist auch bei den Protagonist:innen so, an die ich nicht wirklich rankam. Die Autorin spricht hauptsächlich über ihre Figuren, statt sich in sie einzufühlen. Dabei kommt auch die Magie etwas zu kurz, die ich von Weihnachtsgeschichten erwarten. Da wäre also Luft nach oben gewesen, denn der Plot trägt durchaus, auch, wenn mir alles zu sehr passgenau dort hingeschrieben wurde. Hindernisse werden da nicht aufgebaut.

Mein knapp 9jähriger Sohn war so auch von der Spannung gerade zum Schluss hin richtig gefesselt. Er hat für 4,5 Sterne votiert.

Fazit
Spannende Weihnachtsgeschichte mit dystopischen Zügen, die auch für Kinder gut geeignet ist. Der Diversity-Aspekt ist schön gelungen, Abstriche mache ich wegen der Distanz zu den Protagonist:innen und weil mir die Gesamtaussage etwas zu simpel bleibt. 3,5 von 5 Sternen, die wir aufrunden.

Bewertung vom 25.12.2020
Unter uns das Meer
Gaige, Amity

Unter uns das Meer


gut

Ich hätte gerne mehr von den existentiellen Sorgen auf dem Meer und in dieser Beziehung gelesen. Leider hat die Autorin zu viel reingepackt.

Bei diesem Buch habe ich erst die Leseprobe gelesen und ich war richtig angefixt: Ich mochte total, wie unterschwellig Spannung aufgebaut wird. Dazu die Progagonist:innen und das Setting mit der großen Segeltour. Das ist etwas, das ich total reizvoll finden – auch, wenn ich das selbst nie machen würden. Und dann immer wieder so wundervolle Sätze.

Beim Weiterlesen mochte ich auch die Fragen, die Buch und Protagonist:innen stellen. Amity Gaige zeigt eine Ehe in der Krise und der Segeltrip ist auch ein Versuch diese Krise zu kitten. Wenn ich dann also in den Kopf von Juliet als Ich-Erzählerin und den Tagebucheinträgen ihres Mannes Michels schlüpfen kann, dann hatte ich einige Aha-Momente. Schön geschriebene philosophische Gedanken, die die Verlorenheit der beiden Enddreißiger zeigen.

„Es ist so ermüdend, das Gewicht von nie gesagten Worten mit sich herumzutragen.“

Und auch die ersten Ansätze von politischen Diskursen, die bei der Beziehung der beiden eine Rolle spielt, habe ich noch interessant gefunden. Aber dann wollte die Autorin immer mehr und mehr ins Buch hineinpacken. Und dadurch wurde es für mich überladen und auch etwas dröge.

CN / Content Note: Depression, Tod, sexueller Übergriff auf ein Kind

Juliets Trauma in der Kindheit, was sie als 10jährige erleben musste, war mir dann definitiv eines zu viel. Es fungiert später teilweise auch als „Plot Device“ und Motivation für ihren Ehemann. Die ganze Geschichte hätte auch gut ohne auskommen können. Nicht falsch verstehen: Ich finde es sehr wichtig, dass solche Themen immer wieder behandelt werden, aber hier hatte es mit der eigentlichen Geschichte nichts zu tun. Und als ein Thema von vielen, die jetzt auch mal noch mit abgehandelt werden, ist es dann zu wichtig. Und auch die Darstellung von Juliets Depression fand ich zu offensichtlich.

Dabei hätte es ja gelingen können, das Schwanken zwischen Psychogramm, Ehedrama mit Anleihen zum Psychothriller, aber irgendwie war es dann doch von allem zu viel.

Völlig den Faden verloren hat die Autorin für mich dann beim Schluss, bei dem sie andere Textarten wie einen Appendix recht lieblos ans Ende geklatscht hat.

„Es gibt eine Art von Schwindelgefühl, die es dem Seefahrer nahezu unmöglich macht, an Land zu leben. Das Innenohr gewöhnt sich derart an die ständige Bewegung, dass Bewegungslosigkeit unerträglich macht.“

Fazit
Toller Einstieg, der für mich aber aufs ganze Buch gesehen seine Versprechen nicht erfüllt hat. Es war jetzt keine verlorene Zeit, aber das Buch hat seine Schwächen. Ich hätte gerne mehr davon gelesen: Von den existentiellen Sorgen auf dem Meer und in einer Beziehung. 3 von 5 Sternen.

Bewertung vom 25.12.2020
Wilde Hexen / Hex Files Bd.2 (eBook, ePUB)
Harper, Helen

Wilde Hexen / Hex Files Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Meine Lieblingshexe ermittelt wieder

Mit „Hex Files“ habe ich im Sommer meinen Prototyp einer amüsanten, leichten Unterhaltung gefunden. Anders als sonst, empfand ich die nie oberflächlich und banal, sondern hier passte alles.

Umso mehr habe ich mich nun auf den 2. Band „Wilde Hexen“ gefreut. Ich hatte die letzten Wochen eine Leseflaute und eigentlich noch einige andere Bücher angefangen. Dann bekam ich den Tipp, dass mir dieses Buch aus der Flaute heraushelfen könnte. Und es hat tatsächlich geklappt. Wo andere Bücher trotz ihrer Qualität sehr schwer wirkten, hat mich dieses hier wirklich wieder durch die Seiten fliegen lassen.

„»Aber was uns gestern Nacht angegriffen hat, war ein Zombie!« Er seufzte. »Das habe ich Ihnen doch schon erklärt: Es war kein Zombie, sondern eine belebte Anomalie.« »Natürlich war das ein Zombie! Es war eine Leiche, die sich aus dem Grab gewühlt und uns angegriffen hat!«“

Ich-Erzählerin Ivy soll dieses Mal bei einer Casting-Show für Hexen ermitteln, die keine Mitglieder das Ordens sind. Ihr Verhältnis zu Raphael ist noch ziemlich in der Schwebe, so gibt es sowohl beim Fall wie bei der Love-Story einiges zu entdecken. Für mich hätte es noch etwas mehr Schlagabtausch zwischen Ivy und Raphi sein können, einmal kommt das I-Wort vor und die Welt der Ordenshexen war im 1. Band noch etwas gelungener.

Ich habe wieder sehr viel gelacht mit der „faulen Hexe des Westens“ und mir gefällt generell sehr gut, wie liebevoll sie trotz aller Schnoddrigkeit über ihre Mitmenschen denkt. Das alles macht auch diesen Band wieder zu einem sehr großen Lesevergnügen.

Fazit
Ich habe mich wieder sehr gut amüsiert. 4,5 von 5 Sternen, weil mir der 1. Band noch etwas besser gefallen hat. Ich freue mich schon mächtig auf den 3. Band.

Bewertung vom 25.12.2020
Asterix - Der Goldene Hinkelstein
Uderzo, Albert;Goscinny, René

Asterix - Der Goldene Hinkelstein


sehr gut

Eine Überraschung VON Goscinny & Uderzo.

Kein klassischer Comic, dafür Originaltreue und Begeisterung beim 8jährigen.

Achtung: Kein üblicher Comic, sondern die Geschichte wird in Dialogform mit großformatigen Bildern erzählt. Dafür stammt „Der goldene Hinkelstein“ original aus den Federn von René Goscinny und Albert Uderzo.

Als ich die Beschreibung gelesen hatte, dachte ich zunächst, hier kommt eine Seitenhieb auf die Castingshows, die ja nicht mehr ganz so neu und aktuell sind. Umso witziger fand ich aber dann, dass René Goscinny und Albert Uderzo sich die Geschichte bereits 1967 als Hörspiel ausgedacht haben. Die Ersterscheinung auf Deutsch, die nun vorliegt, bildet nun auch das Begleitheft der Hörspiels ab.

Ich finde gelungen, dass die Herausgeber:innen dem Original treu geblieben sind. Logisch, sie hätten die Geschichte auch in Comicform überführen können. Aber dann wäre es eben nicht mehr eine Geschichte VON Goscinny und Uderzo, sondern nur NACH den beiden. So gelingt 53 Jahre später eine wundervolle Überraschung.

Ich war schon immer ein Fan von Troubadix. Er ist so witzig, obwohl er eigentlich eine zutiefst tragische Gestalt ist. Troubadix geht so im Singen auf – und ist darin so schlecht. Ich habe mich sehr gefreut, dass er in dieser Geschichte im Mittelpunkt steht. Im Fortlauf der Geschichte erkenne ich altbekannte Rezepte. Wirklich überrascht hat mich der Plot nicht und dafür ziehe ich auch einen Stern ab. Gern gelesen habe ortlaufs des Plotts können sich die Lesenden denken. Dafür ziehe ich einen Stern ab.

Die Dialogform hat bei mir super funktioniert und bei Kenner:innen der Reihe entstehen die passenden Bilder im Kopf. Und NICHT NUR bei Kenner:innen!

Mein 8,5jähriger Sohn, der bislang nur einen Asterix-Band kannte, war total angefixt. Die Form von Rede-Gegenrede funktionierte beim Vorlesen so gut, dass er nach dem Zuklappen des Bandes sofort aufgesprungen ist und sich sein anderes Heft geholt hat. Er will ganz dringend noch viel mehr Bände lesen und spart da nun sein Taschengeld.

Für den kleinen Preis von 97 Cent lässt sich übrigens das Hörspiel herunterladen.
https://www.universal-music.de/asterix/musik/der-goldene-hinkelstein-625001
Das Hörspiel macht auch richtig Laune. Nur die Lieder hätten noch etwas passender umgesetzt werden können. Ich vermute, da standen Rechtefragen im Weg.

Fazit
Kein klassischer Comic, aber ich fand grade die Originaltreue des Bandes sehr charmant. Mein 8,5jähriger ist nun mit dem Asterix angefixt. 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 26.10.2020
Die Klimaschmutzlobby
Götze, Susanne;Joeres, Annika

Die Klimaschmutzlobby


ausgezeichnet

„Wer wirksame Klimagesetze verschleppt, bedroht uns alle.“

Für mich steht das Buch „Die Klimaschmutzlobby“ daher unter dem Motto: Kenne deine Feind:innen! Und weil uns die Klimakrise alle bedroht, finde ich sehr wichtig, dass viele Menschen sich mit diesen Schmutzlingen beschäftigen.

Da gibt es die Leugner, die Relativierer, Bremser und Profiteure, Kohle- und Fleischindustrie, Rechtspopulisten und Ewig-Gestrige. Und beim sogenannten Kohleausstieg, der keiner ist, oder bei dem Landwirtschaftsgesetzt CAP auf EU-Ebene zeigt sich dann immer wieder, dass die unser aller Leben beeinflussen.

Ich gebe zu, es gibt angenehmeres als das vorgestellte Gruselkabinett. Viele dieser Namen haben sicherlich auch Menschen bekannt, die sich noch nicht explizit mit Umweltthemen beschäftigt haben. Da gibt es, um nur ein paar zu nennen, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, „Die Familienunternehmer“, den Bauernverband, den marktliberalen US-Thinktank Heartland oder das Klimaleugnungsinstitut EIKE. Sie alle bremsen effektive Klimaschutzmaßnahmen, zum Teil bereits seit Jahrzehnten.

„Das Ziel dieser Klimaschutz-Bremser ist es, die profitablen Geschäfte mit fossilen Energien so lange wie möglich am Laufen zu halten.“

Das alles kommt nicht von ungefähr und so fand ich sehr spannend, dass die Autorinnen auch die Verknüpfungen zum Neoliberalismus aufmachen.

„Die marktliberalen und neoliberalen Kräfte in Europa scheuen die politischen Folgen des globalen Umweltproblems: Ein starker Staat mit effektiven Klimagesetzen passt nicht zu neoliberalen Ideen, nach denen der Markt die Gesellschaft regulieren sollte.“

Es geht um Absprachen in Hinterzimmern, unklaren Geldfluss zwischen verschiedenen Leugnern und Bremsern und auch um gut dotierte Jobs für Politiker:innen. Erschwerend kommt hinzu, dass es in Deutschland und Europa beim Lobbyismus an Transparenz fehlt, ist es gar nicht leicht Wissen über diese Verknüpfungen zu erlangen. Daher ist die Rechercheleistung des Autorinnen-Duos ein wichtiger Schritt: Es gibt fast 800 Belege und Anmerkungen, die über ein Viertel des eBooks ausmachen.

Viele Strukturen wiederholen sich auf EU-Ebene und in den unterschiedlichen Ländern und auch viele Akteur:innen begegnen uns im Verlauf des Buches immer wieder. Das erzeugt eine gewisse Redundanz, und bei mir das Gefühl, dass es doch endlich einmal aufhören muss mit diesem Klüngel. Das ist aber nicht der Fehler dieses Buches, sondern der Fehler liegt am Thema: Die Klimaschmutzlobby sind Wiedergänger, die unser aller Lebensgrundlage bedrohen.

Fazit
Ein sehr wichtiges Buch! Gewisse Redundanzen liegen im Thema, weil die Klimaschmutzlobby einfach so eng verknüpft ist. Bitte lesen, damit Ihr wisst, wer seit Jahren Klimaschutz verhindert. Und dieses Thema geht uns alle an. 4,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 21.10.2020
Hilfe, mein Handy ist ein Superschurke! / Das Superschurken-Handy Bd.1
Bertram, Rüdiger

Hilfe, mein Handy ist ein Superschurke! / Das Superschurken-Handy Bd.1


ausgezeichnet

Das ersehnte Smartphone ist – Überraschung – zur fiesen K.I. geworden. Nein, Technik ist nicht der Untergang des Abendlandes. Sehr witzig!

Mein 8,5jähriger Sohn und ich haben mittlerweile schon einige Bücher von Rüdiger Bertram gelesen – und wir mögen seinen Witz sehr. Die Bücher lesen sich leicht, transportieren dabei viel Ironie und manchmal auch etwas schwarzen Humor. Beides lieben wir.

Besonders gefällt mir, dass sich Bertram Themen der Popkultur bedient, Superheld:innen, Parallelwelten, hier nun Smartphones. Smartphones sind bei Bertram nicht der Untergang des literarischen Abendlandes (nimm das, Manfred Spitzer), nein, sie sind Bestandteil des kindlichen Alltags und eine eigene Kulturtechnik. Damit sind sie einfach das, was wir alle daraus machen. Und Bertram macht daraus ein tolles Thema für ein witziges Kinderbuch.

Bei aller Flapsigkeit scheinen so immer auch ernste Themen durch.

Franzi wünscht sich ein Smartphone, u.a. weil sie ohne von ihren Mitschüler:innen gemobbt wird und zudem nicht im Klassenchat mitlesen kann. Nun bekommt sie doch eines und dieser „Dan“ hat es in sich, denn er hat sich selbst aus Langeweile zur Künstlichen Intelligenz hochgerechnet. Am Ende geht es dann Supersmartphone und Franzi gegen die Superschurkin, und dazu eine ganz wundervolle, absurde mit dem sprechenden Namen Lady Ballerina.

Einen Extra-Diversity-Punkt gibt es für Franzi als Schwarze Protagonistin in den Illustrationen. Ich finde, es sollte noch viel mehr Schwarze und PoC-Hauptprotagonistinnen in Kinderbüchern geben.

Franzi ist selbst sehr smart, manchmal smarter als Dan.

„‚Aber ich kann doch nicht einfach so bei ihr klingeln.‘ ‚Du erzählst ihr einfach, dass du von der Schülerzeitung kommst und einen Artikel über sie schreiben willst. Superschurken sind super eitel, da sind sie genau wie Superhelden.‘ ‚Und super-Smartphones‘, flüstere ich.“

Franzi erlebt mit Dan ein recht aberwitziges Abenteuer, bei dem wir viel kichern und lachen mussten. Was Bertram hier aber in diesem Buch besonders gut gelingt, ist die Verknüpfung mit ernsten Themen.

CN / Content Note: Mobbing, Armut, Klassismus

Dies alles wird thematisiert und Franzi wird zugleich als souveräne Heldin geschildert, die sich durch diese schwierige Situationen durchmanövriert.

Besonders gelungen finde ich, wie liebevoll Betram die Eltern schildert. Ehrlich arbeitende Menschen, die allerdings so viel arbeiten müssen, dass sie ihre Arbeit – das Bügeln und das Paketaustragen sogar mit nach Hause nehmen. Also bügelt die Mutter die Papiertaschentücher und der Vater trägt ständig alles in der Wohnung durch die Gegend.

Obwohl Franz selbstverständlich obergenervt ist, als sie zunächst kein Handy bekommt, hat sie immer Verständnis für die finanzielle Situation ihrer Familie. Ich denke, dass Kinder, die besser dran sind, sich da einiges abgucken können. Und das ganze Konstrukt des Buchs zeigt eben auch, dass Armut ausgrenzt – und einiges an Klassismus und Mobbing verursacht.

Mein Sohn hat gleich gesagt: Das macht man nicht!, als Franzi mit den geheimen Infos von Dan den Mobbing-Spieß einmal umdreht. Zugegeben, in die Tiefe geht das nicht immer und so wird recht schnell verziehen. Das kann aber auch mal schön sein.

Das Buch lässt sich für geübtere Lesende ab circa Ende 2. Klasse lesen. Mein Sohn kam ganz flüssig durch den Text.

Die Illustrationen von Ka Schmitz runden das Lesevergnügen ab.

Fazit:
Wir hatten sehr viel Spaß. Und dass bei einem vermeintlich leichtem Stoff die ernsten Themen so toll eingeflochten werden, gefiel uns besonders gut. Wir empfehlen das Buch sehr gerne und vergeben 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 21.10.2020
Mama Superstar
Manrique, Melisa;Chander, Manik;Melisa Manrique und Manik Chander

Mama Superstar


ausgezeichnet

Diese Frauen sind mir lieber als jeder Superman!

„Willkommen zur Feier, denn dieses Buch ist eine Feier und ein Dankeschön für unsere Mama Superstars.“

So positiv starten Melisa Manrique und Manik Chander ihr tolles Buch, das wirklich ein Fest geworden ist. Elf Mamas stehen hier im Mittelgrund. Ein ganzseitiges, toll gestaltetes Bild von Marta Pucci setzt sie so richtig in Szene. (Das ganze Layout finde ich übrigens klasse.) Diese Frauen sind mir lieber als jeder Superman.

Das Empowerment, das dieses Buch transportiert ist so richtig klasse. Jetzt habe ich keine Migra Mum und ich vermute, dass es für Kinder migrantischer Eltern nochmal stärker sein wird. Vieles kann ich genauso auf meine Mama beziehen. Die Frauen stehen klar im Mittelpunkt. Die Männer kommen zwar vor, aber sie sind halt das Beiwerk, das es für die Kinder so braucht. Und gleichzeitig wird über alle so respektvoll geschrieben.

Die Porträts sind gemeinsam mit den Töchtern entstanden und folgen immer wieder den gleichen Schwerpunkten: Tochter, Verblüfft, Berührt, Glücklich, Nachdenklich. Es sind Schlaglichter, kleine Anekdoten und große Gefühle, die in ihrer Prägnanz diese Mütter und Töchter ganz lebendig vor meinem inneren Auge werden.

Spannend fand ich auch immer wieder den Außenblick auf die deutsche „Mehrheitsgesellschaft“. Manches ist mir mittlerweile hochnotpeinlich. Wie kann man nur Kinder vor dem Abendessen nach Hause schicken? (Das war bei uns und meinen „biodeutschen“ Eltern zum Glück nie der Fall.) Apropos Essen: Authentische Rezepte aus den Familien runden die Vorstellung der elf Frauen ab.

Ich bin beim Lesen in so ein ganz positives Kind-Gefühl reingerutscht. In eine Dankbarkeit meinen Eltern gegenüber und ich musste auch an eigene Kindheitserinnerungen denken. Dieses sehr wertschätzende Gefühl, das ist wirklich wundervoll an diesem Buch.

(CN / Content Note für Menschen, die schwierige Beziehungen zu ihren Eltern erfahren mussten. Da könnte das Buch vielleicht einiges aufrühren.

Dieses Buch sollten alle lesen, denn es zeigt das vielfältige Deutschland, in dem ich gut und gerne lebe. Damit es breit gelesen werden kann, haben die Autorinnen einen ganz wundervollen Stil gewählt. Das Buch ist durchgängig in einfacher Sprache auf C1-Niveau geschrieben, damit haben auch viele Migra-Mamas Zugang zum Buch. Und obwohl die Sprache leicht verständlich ist, wirkt sie nicht zu simpel oder redundant, sondern vielmehr peppig und witzig. Großen Respekt an die beiden Autorinnen dafür.

Schade finde ich, dass leider diese einfache Sprache nicht noch mit genderneutraler Sprache kombiniert wurde. Das wurde von Versuchslesenden wohl als zu schwierig empfunden. Nachdem das aber auch das Todschlagargument gegen gendergerechte Sprache ist, bedauere ich das sehr.

Zwei weitere Aspekte fehlten mir noch ein wenig, so dass ich nicht die volle Sternenzahl vergebe: Die Mütter sind alle sehr gut ausgebildet migriert (auch, wenn sie leider nicht alle in ihren erlernten Berufen arbeiten konnten). Aber vielleicht folgt das ja in einem zweiten Band. Negative Aspekte werden nur am Rande erwähnt, wie z.B. eine arrangierte Ehe oder Rassismuserfahrungen. Aber nein, das fiel mir nur auf. Es ist nämlich Teil der Konzeption des Buches:

„Vom ersten Tag an war uns klar, dass wir die andere Seite der Migration zeigen müssen. Die Seite der Medaille, die zeigt, dass Migrant*innen besondere Beispiele für Kreativität, Widerstandsfähigkeit, Mut, Spaß und Erfahrungsreichtum sind.“

Lasst uns das alle feiern!

Fazit
Wundervoll, das ist die Welt, in der wir alle gut und gerne leben können mit tollen Mamas und tollen Töchtern. Eine herzliche Empfehlung und 4,5 von 5 Sternen!