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bücherliebe74
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Meinhard

Bewertungen

Insgesamt 66 Bewertungen
Bewertung vom 24.04.2024
Bonjour Agneta / Neuanfang auf Französisch Bd.1
Hamberg, Emma

Bonjour Agneta / Neuanfang auf Französisch Bd.1


ausgezeichnet

Agneta, 49 Jahre alt, seit 24 Jahren mit ihrem Mann Magnus zusammen, Mutter von 2 erwachsenen Kindern, fühlt sich ungesehen und unglücklich.
Ihr Mann, Sport-und Ernährungsfanatiker, schwört auf Haferbrei zum Frühstück und Buchweizensalat statt Hähnchenhaut. Seine Libido hat keinesfalls etwas mit Sex zu tun - sondern fokussiert sich auf Radfahren, Schwimmen und Vogelbeobachtungen.
Agneta verbringt ihre Freizeit mit Kreuzworträtseln und Serien über französische Landhäuser. Nebenbei genießt sie heimlich verbotene Leckereien, die sie vor Magnus verstecken muss.
Nachdem Magnus mal wieder eine Vogelexpedition plant, ihre Kinder sich nur melden, wenn sie in Geldnot sind, und ihr Job beim örtlichen Verkehrsamt schon lange keine wirkliche Erfüllung bringt, antwortet sie spontan auf eine Stellenannonce. Gesucht wird eine Haushaltshilfe für einen "älteren Jungen" - in Frankreich! So landet sie tatsächlich kurze Zeit später in dem kleinen beschaulichen Ort Saint Carelle in der Provence! Der "ältere Junge" stellt sich als älterer Herr in den 80ern heraus. Einar lebt in seinem eigenen alten Kloster, leidet an Demenz, ist homosexuell und empfängt jeden Donnerstag seinen Geliebten. Einar kocht nachts, verläuft sich tagsüber im Kloster, versteckt Whiskey im Badezimmerschrank und vermisst seine große Liebe Armand.
Agneta hat jede Menge zu tun - putzen, kochen, Einar suchen und finden, den Klostergarten samt Schildkröte versorgen. Und obwohl Einar gedanklich oft in einer anderen Zeit lebt, fassen Agneta und Einar schnell Vertrauen zueinander.
Und endich fühlt Agneta sich gesehen und findet allmählich zu sich selbst zurück.....
Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, ohne viel "Drumherum", herrlich humorvoll, aber auch so authentisch, dass es ans Herz geht.
Das französische Flair, die Art der Menschen, die zelebrierten Mahlzeiten, die Märkte - werden wunderbar authentisch beschrieben.
Thematisch greift Emma Hamberg Themen wie Einsamkeit, Sehnsucht, Demenz und Selbstfindung gekonnt auf und hat mit "Bonjour Agneta" ein sehr schönes Buch geschaffen.
Das Cover ist farbenfroh und zeigt eine schaukelnde Frau, die vielleicht den Absprung in ein neues Leben schafft! Es passt wunderbar zum Inhalt des Buches!

Bewertung vom 12.04.2024
Keine Spaghetti sind auch keine Lösung
Neumayer, Silke

Keine Spaghetti sind auch keine Lösung


ausgezeichnet

Silke Neumayer nimmt uns in ihrem Roman "Keine Spaghetti sind auch keine Lösung" mit in die Toskana, in die Tiefen und Untiefen einer Freundschaft von 4 Freundinnen.

Mia, Poppy, Schröder und Amelie aus Hamburg verbindet seit vielen Jahren eine enge Freundschaft, obwohl - oder gerade weil - sie völlig verschieden sind.

Mia - Mutter von 3 Kindern, überfürsorglich und gern auf alles vorbereitet, lebt in einer Ehe, die sie nicht mehr glücklich macht.
Poppy - Single mit Kater, erfolgreiche Kinderbuch - Illustratorin, deren Lösung für sämtliche Schieflagen des Lebens das Kochen ist.
Schröder - Bauingenieurin, rational und pragmatisch, die auf junge Liebhaber steht.
Amelie - Künstlerin und jung verwitwet, die sich ihren Traum von einem Leben in der Toskana erfüllt.

Als Mia, Poppy und Schröder die Nachricht vom plötzlichen Tod ihrer Freundin Amelie erhalten, reisen sie gemeinsam in die Toskana. Der letzte Wunsch von Amelie: die Freundinnen sollen ihre Bestattung gemeinsam organisieren und dann das Castello erben.
Amelie hatte sich von ihrem Erbe ihren Wunsch erfüllt, in die Toskana auszuwandern. Ein wunderschönes Castello mit Atelier war ihr Traum. Auf zahlreichen Fotos präsentierte sie ihr Anwesen immer wieder ihren Freundinnen.
Doch als die drei Freundinnen in der Toskana ankommen, stellt sich das Castello als heruntergekommenes, baufälliges, kleines Häuschen heraus, und auch der künstlerische Erfolg von Amelie war mehr Traum als Realität.
Während die Freundinnen auf den Tag der Beisetzung warten, kommen auch bei ihnen Geheimnisse, Sehnsüchte und einiges mehr zutage - denn bei keiner der Dreien läuft das Leben so glatt, wie sie es sich gegenseitig weismachen.
Kann die Freundschaft dem Sturm der verschiedenen Offenbarungen standhalten? Denn nicht immer sind Spaghetti die Lösung!

Das Cover ist bunt und ansprechend. Das Motiv deutet klar auf eine Urlaubslandschaft hin und passt gut zum Titel und Inhalt.
Der Schreibstil ist fließend, der Spannungsbogen ist durch einige Wendungen im Verlauf der Geschichte sehr gut aufgebaut, ich hatte das Buch in kurzer Zeit durch. Ein kurzweiliges Lesevergnügen mit einer guten Mischung an Gefühl, Humor und Tragik. Es bekommt von mir 5 Punkte!

Bewertung vom 03.04.2024
Der Sommer, in dem alles begann
Léost, Claire

Der Sommer, in dem alles begann


gut

Helene ist sechzehn und lebt in einem kleinen Dorf in der Bretagne. Die BewohnerInnen scheuen alles Neue, Zugezogenen gegenüber sind sie verschlossen und es "bestehen noch Ressentiments aus der Besatzerzeit".
Als die Lehrerin Marguerite aus Paris mit ihrem Mann Raymond und Tochter Lilly in das Dorf zieht, sorgt das für Aufsehen und reichlich Gerede.
In ihrer Klasse an der örtlichen Schule, in der Marguerite fortan Literatur unterrichtet, gelingt ihr zunächst ein guter Start. Sie bringt frischen Wind in das Unterrichtssystem. Bald entdeckt sie in der Schülerin Helene eine Begabung, die sie intensiv fördert. Durch sie taucht Helene ein in die Welt der Literatur und Lyrik. Es entwickelt sich eine enge Bindung zwischen Marguerite und Helene, was Helene zunehmend von ihren MitschülerInnen isoliert.
Auch Helene`s Freund Yannick nimmt Anstoß an der Freundschaft der beiden. Er ist aktiv bei der Liberer la Bretagne, dem bretonischen Widerstand. Er steht ein für die vergessene Kultur Bretagnes und träumt von einer Zukunft mit Helene.
Helene fühlt sich jedoch von der Welt außerhalb ihres Dorfes angezogen und auf besondere Art von Marguerite`s Mann Raymond, dem berühmten Autor.
Auch die Geschichte von Odette spielt eine Rolle, die einen gewissen Einfluss im Dorf hat. Die Pariser werden wenig freundlich behandelt, Gerüchte werden geschürt, was zu starken Turbulenzen führt.

Wie zu Beginn des Buches zu lesen ist, führt so eins zum anderen - am Ende gibt es zwei Todesfälle.
Claire Leost`s Roman führt den Leser von 1940 bis 2005 über mehrere Zeitebenen und durch einen schicksalhaften Sommer.
Der Schreibstil ist überwiegend sachlich, teilweise erinnert es an einen Bericht. Das macht es schwer, mit den Hauptpersonen warm zu werden. Ein Augenmerk liegt auf alten bretonischen Riten und Bräuchen, was nicht uninteressant ist, stellenweise hätte ich mir aber mehr Einblick in die heutige typische Lebensweise und mehr Umgebungsbeschreibungen dieses schönen Landes gewünscht.
Der Spannungsbogen zeigte sich für mich erst im letzten Drittel leicht steigend.
Ein Roman verwoben mit einem Familien-und Gesellschaftsdrama.
Das Cover finde ich schön und passend.

Bewertung vom 31.03.2024
Das Waldhaus
Webb, Liz

Das Waldhaus


sehr gut

Die 37jährige Hannah zieht nach beruflichen und persönlichen Rückschlägen zurück in ihr Elternhaus, und kümmert sich um ihren demenzkranken Vater. Nach einem Sturz muss der Vater ins Krankenhaus. Dort verwechselt er Hannah zum ersten Mal mit ihrer Mutter Jen, bittet sie inständig um Verzeihung und löst damit eine Lawine von Zweifeln und Fragen aus.
Nachdem Hannahs Mutter Jen vor 23 Jahren ermordet wurde, geriet der Vater zwar in Verdacht, allerdings konnte der wahre Mörder nie überführt werden. Warum sollte ihr Vater ihre Mutter um Verzeihung bitten, wenn er sie nicht ermordet hat? Diese Frage wird für Hannah zur Obsession. Sie schlüpft in die Rolle ihrer Mutter, trägt ihre Kleidung, ändert ihre Frisur und richtet das Elternhaus wie zum Tatzeitpunkt her - um ihren Vater zurückzubringen zu seinen Erinnerungen.
Sie nimmt Kontakt auf zu ihrem Bruder, mit dem sie seit 15 Jahren keinen Kontakt hat, ebenso zu früheren Freundinnen ihrer Mutter - und muss feststellen, dass ihre Mutter eine andere war, als Hannahs Erinnerungen zeigen. Mit ihren Nachforschungen und ihrer unerbittlichen Art kommt sie ungeahnten Geheimnissen und dem wahren Täter von damals gefährlich nahe.
Allein in dem ehemaligen Ermittler des Falles ihrer Mutter findet Hannah einen Unterstützer und Vertrauten bei ihrer Suche nach der Wahrheit.

In dem Thrillerdebüt von Liz Webb vereinen sich Thriller und Familiendrama, verursacht durch Liebe, Betrug, Lügen und Rache. Die Hauptprotagonisten werden anfangs ausführlich beschrieben, jeder kämpft auf seine Weise mit den Schatten der Vergangenheit um den Mord an Jen. Die Trauer und Verzweiflung und die damit verbundenen Verarbeitungs-bzw. Verdrängungsstrategien der Einzelnen werden nachfühlbar, wenn auch stellenweise etwas extrem, beschrieben.
Der Spannungsbogen baut sich erst allmählich auf, ab Mitte des Buches nimmt die Handlung überraschende Wendungen und damit Fahrt auf - so wurde es für mich zu einem spannnenden Lesevergnügen!
Das Cover ist dunkel gehalten, mit leuchtend reifen Quitten und ebenso leuchtend gelbem Farbschnitt, sodass das Buch sofort ins Auge sticht und Spannung verspricht.
Das Buch bekommt eine klare Leseempfehlung für diejenigen, die Familiengeheimnisse mögen und gern miträtseln bei der Suche nach der Wahrheit!

Bewertung vom 26.03.2024
Die Vermesserin der Worte
Seck, Katharina

Die Vermesserin der Worte


ausgezeichnet

Ida, 29 Jahre alt, Autorin, lebt in der Stadt in einem tristen Wohnkomplex. Niemand interessiert sich dafür, wer nebenan lebt. Ihr einziger Kontakt ist der Postbote, ihre Bücher die einzige Gesellschaft in ihrer Wohnung, die sie Baracke nennt.
Seit 4 Monaten ist sie nun "wortlos", sie hat eine Schreibblockade. Und langsam geht ihr das Geld aus und ihre Selbstzweifel nehmen zu. So meldet sie sich auf eine Annonce, in der eine "Haushaltskraft für ein Anwesen im Grünen" gesucht wird. Ida findet sich in einem abgelegenen kleinen Ort wieder, der ebenso wortlos erscheint, wie sie sich fühlt. Auch wird sie von Ottilie Selig, der alten Dame, der "Madame - Herrin des papiernen Anwesen" sehr wortkarg empfangen. Das Anwesen stellt sich als großes, altes Haus heraus, mit unzähligen verstaubten und ungepflegten Zimmern, gefüllt mit unzähligen Büchern und Kunst. Trotz des abschreckenden Zustandes des Hauses verspürt Ida den Drang zu bleiben. Mit der Hoffnung, hier wieder zu ihren Worten zurückzufinden.
Ida kämpft sich nach und nach durch die Räume des Anwesens, befreit sie von Staub, putzt. Und langsam nähern sich Ottilie und Ida sich an und finden Worte füreinander.
Ottilie leidet unter "Lücken in den Gedanken" und mit der Zeit erkennt Ida eine Demenz dahinter. Zugewandt, fast liebevoll, nähert Ida sich Ottilie und deren Lebensgeschichte. Bricht nach und nach durch Ottilies anfängliche harte Schale aus Isolation und Einsamkeit. Und obwohl Generationen zwischen beiden Frauen liegen, gelingt eine beidseitige, fast herzliche, Zugewandtheit.

Das Cover in Pastelltönen mit dem Motiv aus Blumen und Büchern gefällt mir, und passt für mich zum Inhalt des Buches.
Mit ihrem klaren Schreibstil stellt Katharina Seck Themen wie Einsamkeit, Freundschaft, Verzeihen und auch Demenz verbunden in einer wunderschönen Geschichte in den Fokus. Stimmungen und Umstände sind lebensnah beschrieben und ich konnte den Staub und die lang verschlossenen Räume fast riechen. Der fließende Schreibstil machte mir das Lesen leicht. Die Geschichte um beide Frauen ließ mich nicht mehr los, ging mir zu Herzen, und wird noch eine Weile nachwirken.

Bewertung vom 15.03.2024
Die sieben Türen
Draschoff, Adrian

Die sieben Türen


ausgezeichnet

Adrian Draschoff ist hier ein wunderschön gestaltetes, philosophisch anmutendes Bilderbuch für Erwachsene, aber auch für Heranwachsende, gelungen.
Mit dem dunkelblauen Cover und vielen dunkelgehaltenen Bildern im Inneren erscheint das Buch auf den ersten Blick düster. Allerdings eröffnet sich der Gedanke hinter der bildlichen Gestaltung rasch - dunkle und helle, farbige Bilder im Wechsel, illustrieren den Inhalt von Tür zu Tür. Passend zu den Gegensätzen der menschlichen Natur. Und macht diese um so deutlicher.

Ein kleines Leuchten im scheinbaren Nichts macht sich in Begleitung der Raupe Yara auf die Reise - auf die Suche nach dem Sinn des Lebens.
Dabei eröffnen sich dem kleinen Leuchten 7 Türen, hinter denen sich die Gegensätze der menschlichen Natur zeigen.
Licht und Schatten, Mut und Angst, Liebe und Hass, Glück und Trauer, Jetzt und Unendlichkeit, Alles und Nichts, Leben und Tod.
Das kleine Leuchten darf auf der Reise all seine Fragen stellen. Doch können diese eindeutig beantwortet werden?

Auf einfühlsame, fast meditative Weise führen Adrian Draschoff mit seiner wunderbaren Schreibweise und Natascha Baumgärtner mit ihren stimmungsvollen Illustrationen den Leser durch eine Reise auf der Suche nach der Bedeutung Mensch zu sein.
Der Spannungsbogen steigt mit jeder Tür, sodass ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen habe. Die künstlerisch gestalteten Bilder lassen sich auch ohne den Text zu lesen schön betrachten und manche regen zum Nachdenken, andere zum Träumen an.

Sicher sind in diesem Buch Lebensweisheiten verarbeitet, die geläufig sind. Aber durch ihr schriftstellerisches und künstlerisches Können haben Draschoff und Baumgärtner ein bezauberndes, anrührendes und wunderschönes Werk geschaffen!

Ich denke, es ist für Erwachsene als auch für Kinder und Heranwachsende gut geeignet.
Von mir bekommt es 5 Punkte!

Bewertung vom 15.03.2024
Wort für Wort zurück ins Leben
Miller, Beth

Wort für Wort zurück ins Leben


ausgezeichnet

Beth Miller schreibt hier einen wunderschönen Roman über das Leben, verpasste Chancen und Entscheidungen. Hat man sich eingelesen und auf das Buch eingelassen, ermöglicht es Einblicke in eine Reihe von Verknüpfungen und Lebensentscheidungen, die ans Herz gehen!

Die 52-jährige Pearl lebt abgeschieden und beschaulich mit ihrem Mann in den Wäldern Frankreichs. Seit 30 Jahren hat sie keinen Kontakt mehr zu ihrem Vater Francis, der die Familie für eine andere Frau verließ. Dann erreicht sie der Anruf ihres Bruders, Francis liegt im Sterben - und Pearl fliegt kurzentschlossen nach Sussex und kommt so ihrer Vergangenheit näher als gedacht. Sie erbt die Tagebücher ihres Vaters, ausdrücklich nur für sie hinterlegt und in Kurzschrift verfasst, sodass nur sie sie lesen kann. Daraus geht hervor, dass Francis über Jahrzehnte von Pearl´s Leben wusste und daran Anteil nahm, ohne dass sie selbst davon wusste. Sie liest sich Stück für Stück durch die Tagebücher und kommt so ihrem Vater und sich selbst ungeahnt nahe.
Parallel dazu macht sich Carrie, eine junge und alleinerziehende Mutter, auf den Wunsch ihrer verstorbenen Mutter hin, auf den Weg in ihre Vergangenheit. Auch diese ist mit Francis verbunden.
Das Geheimnis um die Verknüpfung beider Erzählstränge löst sich ab Mitte des Buches auf spannende Weise.
Beide Frauen finden einen wichtigen Teil von sich selbst, womit sich ihrer beider Leben zuerst schmerzhaft und dann doch auf positive und schöne Weise ändern.

Der Schreibstil hat mich sehr angesprochen, die Gefühle der Protagonisten sind authentisch dargestellt und ich konnte mich gut einfühlen. Der Spannungsbogen hat mich das Buch innerhalb von 2 Tagen durchlesen lassen! Das Cover ist farblich schön gestaltet, würde meiner Meinung nach allerdings eher zu einem romantischen Buch passen.
Von mir bekommt das Buch volle 5 Punkte!

Bewertung vom 09.03.2024
Annas Lied
Koppel, Benjamin

Annas Lied


sehr gut

Benjamin Koppel erzählt in seinem Buch "Annas Lied" die Geschichte der Schwester seines Großvaters.
Beginnend im Jahre 1929 mit Annas Kindheit in Kopenhagen und endend 2019, nimmt er die Leser mit durch Annas Leben - im Buch Hannah genannt.
Hannah wächst mit 4 älteren Brüdern, ihrer dominanten und zu Hysterie neigenden Mutter und dem sanften Vater in einer lautstarken, weit verzweigten, jüdischen Familie auf. Der jüdische Glaube ist Gesetz, mit Traditionen, jüdischem Speisegesetz, der Thora, arrangierten Eheschließungen.
Im Gegensatz zu ihren Brüdern, die freie Berufswahl haben und sich gegen arrangierte Eheschließungen wehren können, soll Hannah ihrer Familie "alle Ehre machen" und muss sich den jüdischen Konventionen beugen.
Hannah liebt von Kindesbeinen an das Klavierspielen, ist sehr talentiert und besteht die Aufnahmeprüfung am Konservatorium - trotzdem bleibt ihr die Karriere als Pianistin verwehrt. Mit dem Einmarsch der Deutschen in Dänemark unterstützt sie gemeinsam mit ihrer besten Freundin Elisabeth den Widerstand und lernt dort Aksel kennen und lieben. 3 Jahre nach dem Einmarsch der Deutschen muss die Familie Kopenhagen verlassen, auch Hannahs Klavier bleibt zurück, wie auch Aksel, ihre große Liebe.
In Paris muss sie sich in eine arrangierte Ehe fügen und verliert im Laufe der Jahre vieles, aber nicht ihre Träume und die Liebe zur Musik.
Benjamin Koppel lässt Fakten und Fiktion verwischen. Es ist spürbar, dass es ihm wichtig ist, die Geschichte von Anna zu schreiben. Die Charaktere sind gut herausgearbeitet. Man bekommt einen deutlichen Einblick in den jüdischen Glauben. Allerdings verliert er sich, meiner Meinung nach, in der ersten Hälfte des Buches allzusehr in ausschweifenden Beschreibungen verschiedener Musikstücke und Nebensächlichkeiten, was den Spannungsbogen für mich zu flach hält. Ich kam erst ab der Hälfte so richtig in den Lesefluss, mit zunehmenden Dialogen und weniger Beschreibungen.
Das Cover zeigt ein Gemälde einer jungen Frau am Klavier. Es stimmt nachdenklich, gefällt mir gut und passt sehr zum Titel und Inhalt des Buches.
Klare Leseempfehlung für Musikkenner und Geschichtsinteressierte, aber auch für alle anderen sehr lesenswert!

Bewertung vom 17.02.2024
Einfach gärtnern! Naturnah und nachhaltig
Mager, Horst

Einfach gärtnern! Naturnah und nachhaltig


ausgezeichnet

Horst Mager, bekannt aus der rbb Gartenzeit, Gärtner und Biologe, schreibt hier auf tolle Weise vom Gärtnern.
Bereits auf den ersten Seiten wird deutlich, dass er nicht "einfach" Gartenarbeit verrichtet, sondern in Beziehung geht mit Pflanzen, Lebewesen und der Natur.
Es liest sich nicht als reines Sachbuch. Beim Lesen wird schnell spürbar, dass er mit seinem Garten lebt und dabei mit dem Garten und der Natur im Einklang ist. Das Inhaltsverzeichnis ist gut übersichtlich angeordnet, sodass man nach bestimmten Themen suchen kann. Ich habe das Buch allerdings aufgrund des ansprechenden und fließenden Schreibstils in einem Rutsch durchgelesen. Mir als Gartenanfängerin hat der Schreibstil außerordenlich gut gefallen, seine Passion zum Gärtnern ist deutlich spürbar und reißt mit. Ohne belehrend zu wirken, gibt er wertvolle, praxisnahe und leicht umsetzbare Tipps, u.a. zur Planung von Sitzplätzen, Beeten und Wegen, zur Pflanzenauswahl, zur Bodenbeschaffenheit und vielem mehr. Auch Insekten und Nachhaltigkeit kommen nicht zu kurz.
Das Buch ist nun mit vielen Merkzetteln gespickt, Pflanzenlisten sind geschrieben und ich kann es kaum abwarten, mit dem Gärtnern zu beginnen! Das Buch hat ein handliches Format, das Cover ist einfach schön. Die Fotos im Inneren sind gut fotografiert, und machen Lust auf das Erleben der Natur im eigenen Garten!
Das Buch bekommt von mir 5 Sterne!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.02.2024
Nostalgia Siciliana
Di Stefano, Patrizia

Nostalgia Siciliana


ausgezeichnet

26 Jahre nach dem Tod ihres Vaters Gianni begibt sich Tita auf die Reise in die Vergangenheit, in das Land ihres Vaters und somit auch in das Land ihrer frühen Kindheit.
Um eine Erbschaftsangelegenheit in Sizilien zu regeln, reist Tita in den sizilianischen Heimatort ihres Vaters. Dort wird sie mit offenen Armen empfangen, überwältigt von der Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen. Sie taucht ein in längst verdrängte Erinnerungen und lernt die Liebe ihres Vaters zu seinem Heimatland verstehen.
Innerhalb kürzester Zeit findet auch sie eine Heimat in dem wunderschönen Ort.
Parallel dazu wird Gianni`s Kindheit und Jugend auf dem ärmlichen Hof der Familie erzählt. Nachdem er sich gegen ein Leben als Priester enschieden hat, macht er sich auf die Reise nach Deutschland. In der Hoffnung auf ein leichteres und reicheres Leben. Als er in den 60iger Jahren in Deutschland ankommt, muss er feststellen, dass er einer von vielen ist - ein GASTarbeiter. Für wenig Lohn arbeitet er sich von einfachsten Jobs hoch bis er es eines Tages geschafft hat - zu Berlin`s Pizzakönig!
Das Buch ging mir ans Herz!
Tita`s früher Verlust des Vaters als auch Gianni`s Zerrissenheit zwischen seiner Heimat und Deutschland sind authentisch dargestellt. Durch den fließenden, mitreißenden Schreibstil gelingt der Autorin Patrizia Di Stefano ein wunderbares Werk. Das Lesen wird zum Erlebnis. Man sieht die Farben, riecht die Düfte des Landes, mit ihren Beschreibungen von Orangenbäumen und Dattelpalmen, der Vegetation, dem Essen, fühlt man sich wie vor Ort.
Das Cover im Retrolook gefällt mir sehr gut, auch wenn mir das Gelb zu grell ist.
Das Buch bekommt von mir 5 Sterne!