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Quincyliest

Bewertungen

Insgesamt 102 Bewertungen
Bewertung vom 03.11.2021
Die letzten Romantiker
Conklin, Tara

Die letzten Romantiker


sehr gut

Tara Conklin hat eine unterhaltsame Familiengeschichte mit vielen tragischen Momenten über die vier Geschwister Renee, Caroline, Joe und Fiona geschrieben. Als im Sommer 1981 plötzlich der Vater verstirbt, ist in der Familie nichts mehr so wie es mal war. Die Mutter Noni verfällt in eine jahrelange Depression und die vier Kinder müssen den Alltag weitestgehend ohne die Hilfe der Mutter meistern. Die Geschwister schweißt der Verlust des Vaters und die frühe Konfrontation mit Trauer zusammen. Alle vier Geschwister entwickeln sich ganz unterschiedlich.
Die Bindung der Geschwister ist ein zentrales Thema in dem Roman, aber auch das Scheitern der Beziehungen und die damit verbundene Enttäuschung spielen eine Rolle.
Conklin beschreibt die Figuren lebendig, authentisch und auch mit Ecken und Kanten. Es ist ein vielschichtiger Roman, der am Ende auch ein paar Fragen offen lässt. Mich konnte die Geschichte fesseln, allerdings hielt der Spannungsbogen nicht bis zum Schluss. Insgesamt war es für mich ein gutes Buch.

Bewertung vom 26.10.2021
Gesammelte Werke
Sandgren, Lydia

Gesammelte Werke


ausgezeichnet

Lydia Sandgren hat mit ihrem Debütroman ein fulminantes und beeindruckendes Meisterwerk hingelegt, das zu Recht den renommierten August - Preis erhalten hat.
Sandgren erzählt lebendig und erfrischend über das Leben des Verlegers Martin Berg, der sich mit fast 50 in einer Krise befindet. In Rückblenden beschreibt die Autorin die Schul- und Studienzeit von Martin Berg. Sie erzählt nicht chronologisch, verschiedene Erzählebenen lassen ein umfassendes Bild der Hauptfigur entstehen. Sandgren schreibt über die Freundschaft zu dem Maler Gustav Becker, über die Kinder Rakel und Elis und natürlich über die Ehefrau Cecilia, die von einem Tag zum anderen Mann und Kinder verlassen hat. Das plötzliche Verschwinden Cecilias ist ein zentrales Thema in dem Roman. Aber es geht auch um die Liebe zur Kunst und Literatur im Allgemeinen.
Sandgren beschreibt die Figuren authentisch und fängt den Zeitgeist gekonnt ein. Sie schreibt klug und tiefgründig, aber auch leicht und feinfühlig.
"Gesammelte Werke" ist ein wunderbares Buch, das mich sehr begeistert hat. Auf weitere Werke der Autorin darf man sehr gespannt sein.

Bewertung vom 08.09.2021
Das Glashotel
Mandel, Emily St. John

Das Glashotel


sehr gut

Das Cover gefällt mir und hat mich zusammen mit dem Klappentext sofort angesprochen. Der neue Roman von Emily St. John Mandel lässt sich inhaltlich schwer fassen.
Im Mittelpunkt des Romans steht Vincent, die früh ihre Mutter verloren hat und bei einer Tante aufwächst. Sie findet einen Job als Barkeeperin in einem Hotel und lernt dort den Investmentbanker Jonathan Alkaitis kennen und geht mit ihm eine Beziehung ein. Sie lernt ein Leben im Luxus kennen. Doch seine Geschäfte basieren auf Betrug, der schließlich auffliegt. Alkaitis verbringt den Rest seines Lebens im Gefängnis. Auch Vincent muss ihr Leben neu ordnen.
Es gibt viele weitere Personen in dem Roman und auch weitere Handlungsebenen.
Leider konnte mich keine Figur wirklich fesseln, zu den Personen blieb immer eine gewisse Distanz bestehen. Thematisch ist der Roman vielschichtig. Der Schreibstil ist ungewöhnlich und anspruchsvoll.
Mich konnte der Roman leider nicht ganz überzeugen.

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Bewertung vom 28.08.2021
Kairos
Erpenbeck, Jenny

Kairos


ausgezeichnet

Jenny Erpenbeck ist eine der bedeutendsten Autorinnen unserer Zeit. In ihrem neuesten Roman "Kairos" stellt sie ihr großartiges erzählerisches Können und ihre präzise Beobachtungsgabe unter Beweis.
Im Mittelpunkt der Handlung steht die Beziehung der jungen Katharina und des über 30 Jahre älteren Hans. Kann so eine ungleiche Beziehung eine Chance haben? Am Anfang sieht es fast danach aus. Aber Hans trennt sich nicht von seiner Ehefrau und auch Katharina sucht und findet ihr Glück woanders. Zusätzlich wird die Liebe der beiden von Eifersucht und anderen negativen Gefühlen überschattet. Wirklich zueinander finden sie nicht.
Interessant ist der historische Hintergrund des Romans. Die Beziehung der beiden beginnt Ende der achtziger Jahre in Ostberlin und setzt sich in der Wendezeit und den Jahren danach fort. Das Ende ist überraschend, aber auch realistisch.
Erpenbeck hat einen spannenden und lebendigen Roamn geschrieben, der mich von Anfang an gefesselt hat. Ich empfehle ihn gern weiter.

Bewertung vom 20.08.2021
Wo auch immer ihr seid
Pham, Khuê

Wo auch immer ihr seid


ausgezeichnet

Khue Pham erzählt in ihrem Debütroman die Geschichte ihrer vietnamesischen Familie. Im Mittelpunkt des Buches steht die Frage nach ihrer eigenen Herkunft, die ihr immer wieder gestellt wird und sie beschäftigt. Als Kim, wie sie sich nennt, dann die Nachricht eines Onkels aus Amerika erhält und dieser um ein Familientreffen bittet, offenbart sich bruchstückhaft die Geschichte ihrer gesamten Familie. Die Autorin porträtiert in überzeugender Sprache einzelne Familienmitglieder und so setzt sich Stück für Stück ein Gesamtbild der Familie zusammen. Es wird verständlich, warum jeder Einzelne zu bestimmten Meinungen und Überzeugungen gelangt ist, es waren vor allem die Erfahrungen mit politischen Systemen, die dazu führten.
Khue Pham schreibt in einer klaren und ausdrucksstarken Sprache, präzise sind ihre Beobachtungen, das Geschriebene nie wertend.
Ihr Roman konnte mich fesseln und ließ mich mitfühlen, gern empfehle ich ihn weiter.

Bewertung vom 17.08.2021
Shuggie Bain
Stuart, Douglas

Shuggie Bain


ausgezeichnet

"Shuggie Bain" ist ein berührender Debütroman, der die Geschichte eines Jungen erzählt, der im Arbeitermilieu im Glasgow der 80er Jahre aufwächst. Shuggies Mutter ist eine Alkoholikerin, gefangen in der Widersprüchkeit, nach Höherem zu streben und sich dann wieder der Alkoholsucht hinzugeben.
Shuggie lernt Armut kennen, früh muss er Verantwortung übernehmen, mit dem wenigen Geld haushalten. Es sind traurige und erschütternde Szenen, die der Autor Douglas Stuart authentisch beschreibt. Immer wieder wird der Leser mit dem schweren Schicksal von Shuggie konfrontiert. Er ist ein Kind und doch nie unbeschwert und selten fröhlich. Shuggie ist anders, hat femine Züge, ist feinfühlig, oft wird er zum Opfer im harten Arbeitermilieu. Der Zeitgeist mit all seinen Problemen wie Arbeitslosigkeit, Armut und Gewalt wurde realistisch eingefangen und glaubwürdig geschildert.
"Shuggie Bain" ist ein beklemmender Roman, der hervorragend geschrieben ist und zu Recht mit dem Booker Preis ausgezeichnet wurde.

Bewertung vom 03.08.2021
Auszeit
Lühmann, Hannah

Auszeit


sehr gut

In dem Debütroman von Hannah Lühmann wird die Generation der um die 30 - Jährigen beleuchtet. Eine Generation, die in einer Überflussgesellschaft aufgewachsen ist und auch materiell alles zu haben scheint, doch im Innersten kann es leer und düster aussehen. Auch Henriette gehört dieser Generation an. Nach einem Schwangerschaftsabbruch möchte sie ihr Leben neu ordnen. Sie verreist mit ihrer besten Freundin Paula. Der Aufenthalt in einer abgelegenen Hütte offenbart jedoch das ganze Ausmaß der Instabilität von Henriette. Ihr fehlt die Motivation für ihre Dissertation, sie hat keine Ziele im Leben, sie ist eine Suchende. Anders dagegen Paula, sie ist ein positiver Mensch, hilfsbereit und voller Energie. Leider gelingt es ihr nicht, Henriette aus ihrem Tief zu befreien. Das Ende des Romans war überraschend, Henriette findet noch ihr Glück, aber es hat einen faden Beigeschmack.
Lühmann schreibt bildhaft, präzise, aber auch atmosphärisch. Ihre Sprache konnte mich fesseln, inhaltlich gibt es meiner Meinung nach ein paar kleinere Schwachstellen.
Ich bin mir sicher, von dieser jungen Autorin wird man in Zukunft noch einiges hören.

Bewertung vom 14.07.2021
Was fehlt dir
Nunez, Sigrid

Was fehlt dir


ausgezeichnet

Die amerikanische Autorin Sigrid Nunez erzählt in ihrem neuen Roman über das Älterwerden und über die Beziehungen zu den Menschen, mit denen wir verbunden sind. Im Mittelpunkt steht dabei die Beziehung zu ihrer Freundin, die unheilbar an Krebs erkrankt ist. Wie geht man damit um? Wie verhält man sich? Welche Wünsche des Sterbenden wäre man bereit zu erfüllen, wenn man wüsste, der geliebte Mensch möchte freiwillig aus dem Leben scheiden?
Es sind unbequeme Fragen, die der Roman aufwirft und doch schafft es Nunez diese schwierige Thematik mit einer gewissen Leichtigkeit und stellenweise auch mit Witz zu beleuchten.
In kleinen Anekdoten und Geschichten erzählt sie von der Freundin, aber auch von anderen Dingen, die sie bewegen. Es ist nicht immer ein "roter Faden" erkennbar, dies hat aber den Erzählfluss nicht unterbrochen.
Mich konnte das Buch berühren, deswegen empfehle ich es gern weiter.

Bewertung vom 05.07.2021
The Comfort Book - Gedanken, die mir Hoffnung machen
Haig, Matt

The Comfort Book - Gedanken, die mir Hoffnung machen


ausgezeichnet

Auch im Leben berühmter Schriftsteller läuft nicht immer alles perfekt. Matt Haigs neuestes Buch tröstet einen an einem verregneten Tag über düstere Gedanken hinweg. Er selbst kennt depressive Phasen nur zu gut.
Sein neuestes Werk ist ein Kompendium von kleineren Anekdoten und Geschichten, klugen Zitaten und berührenden Gedanken. Dem Leser werden Hoffnung, Optimismus und Mut vermittelt. Es ist ein Buch, bei dem man über sich selbst reflektiert, hinterfragt und neu bewertet. Dies geschieht ganz leicht und nebenbei, weil der Text sich nicht zu schwer aufdrängt. In seinen Worten stecken viel Wärme, Menschlichkeit und Toleranz anderen und vor allem sich selbst gegenüber, dies hat mir besonders gut gefallen.
Es ist ein berührendes Buch, das die Welt ein bisschen freundlicher erscheinen lässt und dafür erhält es von mir die volle Punktzahl.