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Lesehonig
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Berlin

Bewertungen

Insgesamt 197 Bewertungen
Bewertung vom 22.01.2024
Glänzende Zeiten / Das Haus Kölln Bd.1
Becker, Elke

Glänzende Zeiten / Das Haus Kölln Bd.1


ausgezeichnet

Wohl jeder kennt sie seit frühster Kindheit- die zartschmelzenden Haferflocken. Doch wer kennt schon das traditionsreiche Familienunternehmen, das dahintersteht? Ich zumindest kannte es bisher nicht. Also habe ich mich zum Mühlwerk nach Elmshorn in die Zeit Um 1890 entführen lassen. Starke und innovative Frauen sind mir begegnet. Die Mutter Charlotte ist noch sehr gefangen in den alten Konventionen und pflegt weiter die strenge Hierarchie in der Familie, nachdem ihr Mann verunglückt ist. Damit macht sie ihren Töchtern und Schwiegertöchtern das Leben schwer. Doch die Frauen des Hauses Kölln sind ihrer Zeit voraus und wollen selbstständig sein, studieren und einen Beruf ergreifen. Heirat und Kinder sollen auch sein aber nicht als einziger Lebensinhalt. Der Wandel bestimmt diese Zeit, an dem die Frauen teilhaben wollen. Zu Recht, denn warum soll so etwas wie das Fahrradfahren nur den Männern vorbehalten bleiben. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen und habe mich in dieser wunderschönen Geschichte total verloren. Die Charaktere waren alle so charismatisch und liebenswert, dass ich mit ihnen mitgefiebert habe. Durch diesen großartigen, bildhaften Schreibstil der Autorin konnte ich mich total in diese Zeit hineinversetzen und habe oft darüber nachgedacht, was ich wohl für ein Mensch in dieser Zeit gewesen wäre. Und ob ich nicht auch dem vielen Neuen in unserer Zeit öfter eine Chance geben sollte, denn schließlich kann daraus etwas Großes erwachsen und sein es nur so etwas Kleines wie eine Haferflocke. Ein überaus gelungener Reihenstart! Ich fiebere jetzt schon dem zweiten Teil im April entgegen.

Bewertung vom 15.01.2024
Paris Requiem
Lloyd, Chris

Paris Requiem


gut

Paris im Jahr 1940. Die Nazis beherrschen die Stadt. Für Inspecteur Eddie Giral ist das Leben nicht mehr, wie es mal war. Als eine Leiche in einem geschlossenen Jazzclub gefunden wird nimmt er die Ermittlungen auf, wird aber immer wieder von unterschiedlicher Seite daran gehindert. Mit Zwirn wurde der Leiche der Mund zugenäht, was darauf hindeutet, dass hier jemand etwas zu erzählen hatte. Umso tiefer Eddie in den Sumpf abtaucht, umso gefährlicher wird es für ihn.
Ziemlich düster kommt dieser Krimi daher. Die Pariser sind noch gezeichnet durch die Schrecken des Ersten Weltkriegs und müssen nun bereits die nächste Besatzung hinnehmen. Auch die Besatzer sind nicht alle durchschaubar und einig. So kommen viele verschiedene Gruppen und Strömungen zusammen mit unterschiedlichsten Interessen. Leider habe ich beim Lesen dadurch öfter den Faden verloren. Die Stimmung wurde gut rübergebracht und hat mir gefallen. Die Story an sich hatte für mich jedoch zu wenig Spannung und wenig überraschende Wendungen. Die Protagonisten wirkten unnahbar und etwas farblos. Also dies war leider kein Highlight für mich.

Bewertung vom 07.01.2024
Eine halbe Ewigkeit
Kürthy, Ildikó von

Eine halbe Ewigkeit


ausgezeichnet

Ich habe das Buch „Mondscheintarif“ damals sehr geliebt. Es passte in diese (meine) Zeit. Mit Erkenntnissen die endlich mal jemand in Worte fasste, hatte mich die Autorin total abgeholt. Einer dieser Sätze hat mich mein Leben lang begleitet und lautet in etwa sinngemäß: Ich wiege nicht einfach nur, entweder bin ich gerade am Zunehmen oder am Abnehmen. Ich war deshalb total begeistert, als ich las, dass es nun nach 25 Jahren eine Fortsetzung geben soll, in der wir Cora Hübsch wiedertreffen. Mittlerweile ist sie 54 Jahre alt, verheiratet und hat 3 Kinder großgezogen. Sie schaut auf ihr Leben zurück, auf das was sie sich einmal erträumt hatte und auf das, was daraus geworden ist. Ihre große Liebe hat sie verloren, ihre beste Freundin ebenfalls. Sie trägt viel Schuld und Trauer in ihrem Herzen und ersehnt sich einen Neuanfang. Ihr altes Tagebuch fällt ihr wieder in die Hände und Vergangenheit vermischt sich mit Gegenwart.
Faszinierend ist wirklich, dass ich mit der Protagonistin gealtert bin. Und wie wohl jeder in dieser Altersklasse habe, ich ähnliches erlebt, dass mich geprägt und gezeichnet hat. Deshalb habe ich mich auch in diesem Buch total wiedergefunden. Mit starken Sätzen und klaren Wahrheiten hat mir Cora aus der Seele gesprochen. Ich habe mich tief berührt in ihrem Leben wiedergefunden, konnte ihre Gedanken und wünsche nachempfinden und ihre Entscheidungen verstehen. Ich bin mir nicht sicher ob jüngere sich in dieser Geschichte wiederfinden. Aber Frauen, die schon eine halbe Ewigkeit hinter sich haben, werden es lieben und sich verstanden fühlen.

Bewertung vom 21.12.2023
Monsieur le Comte und die Kunst der Täuschung / Monsieur le Comte Bd.2
Martin, Pierre

Monsieur le Comte und die Kunst der Täuschung / Monsieur le Comte Bd.2


ausgezeichnet

Im sonnigen Süden von Frankreich wohnt ein außergewöhnlicher Mann. Lucien Comte de Charcarasse ist der Träger eines schaurigen Erbes. Für seine Mitmenschen ist er der wunderbare Patron eines schmucken Restaurants. Doch tatsächlich sind die Männer in seiner Familie Auftragskiller. Am Sterbebett seines Vaters musste er diesem versprechen die Tradition fortzuführen. Doch Lucien ist von anderer Sorte und will niemanden töten. Um jedoch vor seinem Onkel den Schein zu wahren, lässt er sich kreative und abenteuerliche Szenarien einfallen, um allen gerecht zu werden.
Was für eine außergewöhnliche und witzige Story! Lucien ist ein richtiges Schlitzohr. Mit viel Charme umgarnt er nicht nur die Frauen in seinem Umfeld. Wie ein Eiskunstläufer dreht er seine Pirouetten, um alle Unwägbarkeiten zu umschiffen. Dabei sind seine Coups unvorhersehbar und spektakulär. Ich liebe es in einer Geschichte so überrascht zu werden. Auch die Nebenfiguren sind einzigartige und sehr smarte Charaktere, die man nicht unbedingt alle mögen muss, der Geschichte aber weitere Würze verleihen. Dies war der zweite Band dieser neuen Südfrankreich-Reihe. Ich habe jedoch keine Informationen vermisst. Man kann die Bücher auch gut einzeln lesen. Eine tolle Reihe die ich weiterverfolgen werde.

Bewertung vom 13.12.2023
Das einzige Kind
Lind, Hera

Das einzige Kind


ausgezeichnet

Völlig abgeschieden lebt der kleine Djoko mit seinen Eltern in einem Häuschen im Wald im ehemaligen Jugoslawien. Doch schon bald wirft der Zweite Weltkrieg seine Schatten über das karge Bauernleben. Verzweifelt versuchen die Eltern mit dem 5-jährigen zu fliehen, geraten aber schon bald zwischen die Fronten verfeindeter Volksgruppen. Während alle die der kleine Junge liebt, dem Krieg zum Opfer fallen überlebt er auf ganz unglaubliche Weise. Immer wieder nehmen sich Menschen dem Kind an und retten ihm mehrfach das Leben. Getrieben von einem unsagbaren Überlebenswillen und mit der Kraft extremer Anpassungsfähigkeit geht Djoko seinen Weg durch halb Europa.
Diese Kriegsgeschichte ist einzigartig und steht doch für so viele Geschichten, Kinder und Länder in denen ähnliches Leid herrscht. Djokos Geschichte macht einen demütig und sprachlos und Hera Lind beweist hier wieder Einfühlungsvermögen, Empathie und Wortgewandtheit. So werden einem die grausamen Ereignisse, die dieses Kind durchleben musste, schmerzhaft bewusst. An mancher Stelle musste ich das Buch weglegen und tief durchatmen, an andere Stelle flossen bei mir die Tränen und dennoch wollte ich genau hinhören und mitfühlen. Denn was kann man Menschen, die solches Leid erfahren haben, schon geben als unser Mitgefühl und unsere Aufmerksamkeit? Ich finde es ganz großartig, dass uns die Autorin diese Geschichte zugänglich gemacht hat und Djoko uns nach so langer Zeit seine Geschichte erzählt hat. Sie sollte niemals verloren gehen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.11.2023
Der Kaninchenstall
Gunty, Tess

Der Kaninchenstall


sehr gut

Ein großes Apartmenthaus in Vacca Valley ist Schauplatz für ein bizarres Spektakel. Unterschiedlichste Menschen sind hier gestrandet. Manche glücklich, manche zutiefst verstört oder abgelöscht. Wie in einem Zoom bewegen wir uns von Apartment zu Apartment und tauchen in ihre Geschichten ein. Im Zentrum steht die 19-jährige Blandine. Völlig aus der Bahn geworfen durch eine Liebesgeschichte mit ihrem Highschool Lehrer klammert sie sich fanatisch an die heilige Hildegard von Bingen. Während die Hitze des Sommers alles lähmt, lernen wir weitere Nachbarn von Blandine kennen. Oft nicht minder skurril und mit absurden Gedankengängen bestückt.
Ich habe doch ziemlich lange für dieses Buch gebraucht. Denn es war keine leichte heitere Literatur, sondern ziemlich schwere Kost. Die vielen Preis und Lobhymnen auf die Autorin Tess Gunty kann ich durchaus nachvollziehen. Ihre Wortgewalt ist ziemlich beeindruckend und sie schlägt einem mit hoher Frequenz unglaublich bizarre und spektakuläre Sätze um die Ohren. Die Gedankengewitter die ihre Protagonisten erschaffen sind erschlagend und predigtgleich. Die Geschichte selbst war mir doch etwas zu absurd und an mancher Stelle zu schräg. Immer wieder musste ich das Buch zur Seite legen, da ich es als belastend empfand. Ein Fazit fällt hier schwer, denn obwohl mir die Geschichte nicht gefallen hat, ist es doch meiner Meinung nach richtig gute Literatur. Ich bin sehr gespannt auf weitere Romane aus der Feder von Tess Gunty.

Bewertung vom 28.11.2023
Da bin ick nicht zuständig, Mausi
Conny from the block

Da bin ick nicht zuständig, Mausi


ausgezeichnet

Was haben wir doch alle unsere Meinung von Beamten. Und was glauben wir doch, was da auf dem Amt abgeht. Conny ist so eine von den Beamtinnen. Sie lebt in Berlin Gropiusstadt und arbeitet in einer Berliner Behörde. In ihrem Buch nimmt sie uns mit durch den täglichen Amtswahnsinn. Ihre Kolleginnen symbolisieren typische Charaktere wie man sie wahrscheinlich in jedem Büro findet: eine motzige Giesela, die Mir-doch-allet-ejal-Doris, eine in sich ruhende Petra, die übermotivierte Führungskraft Ronja, die es allen recht machen wollende Dilara und die typische mitt40er-Beamtin Conny.
Bevor ich das Buch lass, hatte ich noch nichts von Conny gehört, habe jetzt aber ihren Instagram-Account für mich entdeckt. Hier lässt sie die Puppen tanzen und stellt ihre Charaktere mit viel Charme und Filter vor. Zum schreien komisch. Da ich selbst in einem Amt arbeite, muss ich leider zugeben: Jenau so isset! Das ist keine Satire, sondern mein täglicher Alltag. Und da ich die meiste Zeit meines Lebens selbst in Neukölln Gropiusstadt gelebt habe, kann ich sagen, auch das Bild, dass hier gezeichnet wird ist wirklich gut getroffen. Sehr sympathisch und komisch die Conny. Du bereicherst meinen Arbeitsalltag! Ick sach Danke, wa! Weitermachen! Is jenemicht!
Müssta ma lesen Leute!

Bewertung vom 18.11.2023
Verlogen / Mörderisches Island Bd.2
Ægisdóttir, Eva Björg

Verlogen / Mörderisches Island Bd.2


ausgezeichnet

Die alleinerziehende Mutter Marianna verschwindet spurlos. Aber irgendwie scheint es, als wurde es niemanden wirklich kümmern. Selbst die 15-jährige Tochter Hekla, ist eher froh nun dauerhaft bei ihren Pflegeeltern bleiben zu dürfen. Als in einer Höhle im Lavafeld Mariannas Leiche gefunden wird, bringt dies nun doch die Polizei auf den Plan. Die junge Polizistin Elma geht dem Fall nach und trifft auf viel Schweigen, Wut und Trostlosigkeit.
Ich war schon lange nicht mehr so begeistert von einem Krimi. Die Stimmung in diesem Buch hat es mir total angetan. Schon früher habe ich gerne skandinavische Krimis gelesen. Doch waren die oft ziemlich gewalttätig und roh. Dieser hier ist geprägt von leisen ruhigen Tönen, ohne Gewaltexzesse oder blutigen Szenen. Hier bringt eher das Ungesagte und Angedeutete die Gänsehaut zum Wachsen. Obwohl doch etwas Düsteres und Bedrückendes nicht unbedingt meine bevorzugte Lektüre für den November ist, war dieses Buch gerade jetzt genau das richtige für mich. Denn die Isländer zeigen uns wie man auch im grauen Winter glücklich sein kann. Unter anderem mit einem Gläschen Rotwein im Whirlpool auf der Terrasse unter einem strahlenden Sternenhimmel. Dieser Islandkrimi war für mich ein absolutes Jahreshighlight und eine tolle Entdeckung. Ich freue mich schon auf die kommenden Bände dieser Reihe.

Bewertung vom 31.10.2023
Die drei ??? Der Tag der Toten
Sonnleitner, Marco

Die drei ??? Der Tag der Toten


ausgezeichnet

Der neuste Fall der drei Detektive beginnt auf einem Friedhof. Peter ist dort in den späten Abendstunden mit seinem Schulkurs versammelt, als plötzlich unheimliche Dinge vor sich gehen und sie Einbrecher stören, die Rätselhaftes suchen. Denn was gibt es schon zu holen auf einem Armenfriedhof? Wenig später treffen die drei ihren neusten Klienten Linus. Der ist völlig verzweifelt, da er von einem unheimlichen Skelett heimgesucht wird. Es lauert ihm überall auf und versetzt ihn in Angst und Schrecken. Und wir wären hier nicht bei den drei ??? wenn nicht alle Fäden zusammenlaufen würden.
Mein Sohn und ich haben dieses Buch zusammen gelesen und fanden es großartig. Dies ist mal wieder ein sehr gelungener Fall für die drei Detektive. Der gewohnte Gruselfaktor ist ebenso dabei wie ausreichend Spannung und Rätselfieber. Der arme Peter musste wieder so einiges durchmachen und Justus behielt wie immer als einziger die Nerven. Die Friedhofsszenen waren halloweenwürdig und die Frotzeleien der drei schmunzelreif. Für uns zum Start in die Halloweensaison perfekt!

Bewertung vom 28.10.2023
Marthas Geheimnis / Die Zuckerbaronin Bd.1
Sahler, Martina;Wolz, Heiko

Marthas Geheimnis / Die Zuckerbaronin Bd.1


ausgezeichnet

Die Schwestern Martha und Gwendolin Schinder sind die Töchter des Schmugglerkönigs vom Bayrischen Wald. Saccharin war das Schmuggelgut um 1908. Der Zucker des armen Mannes. Während der teure Zucker die Industriellen zu Geld und Wohlstand brachte, waren die Ärmeren auch auf die Süße erpicht. Als 1878 die Chemiker Fahlenberg und Remsen den künstlichen und günstigen Süßstoff Saccharin entwickelte, entspann sich ein Machtkampf zwischen den Interessensgruppen. Das Saccharin wurde in Deutschland verboten und so entspann sich ein reger Schwarzmarkthandel. Während Martha wild und märtyrerisch ihren Vater auf den Schmuggelfahrten begleitet, ist die stille Gwendolin gegen das Treiben. Als die Schwestern beim Erntedankfest den Industriellensohn Alexander kennenlernen, müssen sie ihr Geheimnis unbedingt wahren und dennoch ihr Glück finden.
Wieder einmal wurde ich in ein Stückchen Geschichte entführt, dass mir völlig unbekannt war. Durch die Figuren des Romans wurde der historische Hintergrund so lebhaft, dass ich ihn sicher nicht vergessen werde. Unglaublich wie doch schon damals die Interessen der reichen Bevölkerung im Mittelpunkt auch der Gesetzgebung standen. Die Schwestern fand ich obwohl sehr unterschiedlich, gleichermaßen liebenswert. Eine wirklich zauberhafte Geschichte mit historischem Hintergrund, der uns die Menschen dieser Zeit sehr nahebringt. Ich werde meinen Tee künftig mit mehr Würde süßen.