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Benutzername: 
Martinchen
Wohnort: 
Magdeburg

Bewertungen

Insgesamt 87 Bewertungen
Bewertung vom 18.06.2024
Die Perserinnen
Mahloudji, Sanam

Die Perserinnen


ausgezeichnet

Sanam Mahloudji erzählt in ihrem Debüt-Roman die Geschichte von fünf Frauen aus der Familie Valiat. Diese Familie ist in Persien aufgrund eines berühmten Vorfahrens sehr angesehen. 1979 fliehen die beiden Töchter Shirin und Sima ins amerikanische Exil. Ein Ereignis beim alljährlichen Familientreffen in Aspen führt dazu, dass sich die Frauen ihrer Vergangenheit stellen müssen.

Abwechselnd erzählen die fünf Frauen ihre Geschichte bzw. ihre Sicht auf die Dinge.
Elisabeth, die Mutter und Großmutter, deren angenehmes Luxusleben durch den Sturz des Schahs völlig verändert wurde, muss sich ihren Lebenslügen stellen. Sima, ihre Tochter, ist in den USA nie heimisch geworden. Sie lebt ein anderes Leben als die amerikanischen Frauen ihrer Generation. Sie stirbt früh an Krebs und hinterlässt ihre Tochter Bita. Bita hat ihr Jurastudium abgebrochen. Sie ist in diesem Roman eher die Beobachterin, sieht die Dinge realistisch, legt die Finger in Wunden und ändert ihr Leben schließlich radikal. Shirin, ebenfalls Elisabeths Tochter, ist nach außen die erfolgreiche Unternehmerin, tritt selbstsicher und selbstbewusst auf und ist unglücklich, denn sie hat ihre Tochter Niaz bei ihrer Mutter zurückgelassen. Niaz selbst ist als sechsjähriges Mädchen einer spontanen Idee gefolgt, die unabsehbare Folgen für ihr Leben hat.
Als die attraktive, auffällig geschminkte und gekleidete Shirin in Aspen eine schlagkräftige, aber völlig unbedachte Antwort gibt, hat diese zur Folge, dass die sorgsam errichtet Fassade Risse bekommt.
Männer spielen in diesem Roman eine eher untergeordnete Rolle.

Den Schreibstil, der Roman wurde von Katharina Martl übersetzt, habe ich als anspruchsvoll empfunden. Die Autorin beschreibt das Leben im Exil, in dem sich Shirin und Sima irgendwie einzurichten versuchen. Obwohl sie offensichtlich ihren Wohlstand fortsetzen können, wirken sie in dem fremden Land sehr verloren und heimatlos. Das Leben im Exil ist ein völlig anderes als das, was sie zuvor geführt haben. Deutlich wird der Kontrast zwischen den Generationen, die in Persien aufgewachsene Shirin hat besondere Vorstellungen von den Dingen, die teilweise auch traditionell überliefert sind. Bita hingegen, in den USA aufgewachsen, ist eine junge Frau ihrer Zeit.

Sanam Mahloudji lässt ihre Protagonistinnen abwechselnd zu Wort kommen, wobei auch Sima berücksichtigt wird. Das zeigt die unterschiedliche Sichtweise der Frauen auf eine gute Weise.

Fazit: ein anspruchsvoller Roman über das Leben, die Liebe, Verluste, verlassen sein und verlassen werden und Heimatlosigkeit

Bewertung vom 17.06.2024
Die nackte Kuh
Ehlers, Jürgen

Die nackte Kuh


ausgezeichnet

Das Cover des nur 75 Seiten starken Büchleins von Jürgen Ehlers ist ein Hingucker, zeigt es doch Kühe wie Menschen bekleidet und macht auf diese Weise neugierig auf den Inhalt.

Jeder von uns hat mit künstlicher Intelligenz zu tun, ohne dass es ihm immer bewusst ist. Was genau also steckt dahinter? Auf eine humorvolle, aber auch tiefgründige Art zeigt Jürgen Ehlers, was möglich ist und was (noch) nicht. Mit Hilfe von ChatGPT 4 und Bing Image Creator hat er Bilder generiert, die er seinen Lesern vorstellt. Teilweise tritt er dabei sogar in einen Austausch mit der KI, z.B. beim Titelbild, bei dem die nur mit Fell bekleidete Kuh nicht die Anforderungen der KI erfüllt.

Das Buch ist an vielen Stellen sehr humorvoll, zeigt vor allem aber, das KI noch Defizite hat. Die KI nimmt die Aufträge wörtlich, so dass einige Bilder sehr humorvoll sind (z.B. die Popcorn-Farm).

Sehr deutlich werden hier die Unstimmigkeiten, die bei flüchtiger Betrachtung möglicherweise übersehen werden, die Mängel und die Unzulänglichkeiten der KI thematisiert. Jürgen Ehlers hat entsprechende Beispiele dazu erstellen lassen. Was jedoch nicht vergessen werden darf, ist, dass es eine Vielzahl von Möglichkeiten der Manipulation gibt. Es wird schwieriger werden, zu unterscheiden, ob etwas mit KI generiert wurde oder nicht.

Fazit: ein Buch zum Schmunzeln, aber vor allem zum Nachdenken über das, was mit KI möglich ist und werden kann.

Bewertung vom 17.06.2024
Mordsmäßig durchgebrannt (eBook, ePUB)
Louis, Saskia

Mordsmäßig durchgebrannt (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In wenigen Tagen wollen Louisa Manu und Josh Rispo heiraten. Natürlich gibt es noch einiges zu erledigen und ebenso natürlich findet Lou eine Leiche. Nicht irgendeine, es ist der Auftragsmörder, der vor Jahren die Mutter von Josh und seinen Brüdern ermordet hat. Josh setzt alles daran, diesen Fall aufzuklären und nimmt dabei sogar Lous Hilfe an.

Der vorliegende Band ist der zehnte und letzte in der Reihe um die Blumenladeninhaberin Louisa Manu. Jeder Band kann unabhängig von den anderen gelesen werden. Wer sich jedoch nicht um den Spaß und vor allem die Entwicklung von Louisa bringen möchte, hält die Reihenfolge ein.

Saskia Louis hat ihre beiden Protagonisten eine authentische Entwicklung nehmen lassen. Die ein wenig naive Louisa hat sich zu einer selbstbewussten jungen Frau entwickelt, die sich dabei ihre wunderbare Schlagfertigkeit erhalten hat. Und auch Josh, dem die Verantwortung für seine Brüder fast zu viel wurde, ist gereift.

Der Fall ist sehr persönlich, hat einige unerwartete Wendungen und wird schließlich nachvollziehbar gelöst. Josh kennt nun den Grund für den gewaltsamen Tod seiner Mutter.

Es fällt mir ein wenig schwer, von Louisa, ihrer Familie, von Josh und seiner Familie und natürlich von Trudi Abschied zu nehmen, habe ich mich doch immer auf den nächsten Band gefreut. Auf der anderen Seite setzt die Hochzeit einen wunderbaren Schlusspunkt. Saskia Louis hält sich daran, aufzuhören, wenn es am schönsten ist, zumindest mit dieser Reihe. Ich hoffe doch, dass es weitere Romane geben wird.

Das Cover mit der brennenden Rose komplettiert die Reihe ausgezeichnet.

Fazit: ein absolut gelungener Abschluss

Bewertung vom 05.06.2024
Das schweigende Dorf / Akte Nordsee Bd.3 (eBook, ePUB)
Almstädt, Eva

Das schweigende Dorf / Akte Nordsee Bd.3 (eBook, ePUB)


gut

Mitten in der Nacht erhält die Anwältin Fentje Jacobsen einen Anruf mit der Bitte, ein Mandat zu übernehmen. Am nächsten Tag ist der Anrufer tot. Fentje will wissen, warum ihr Mandant sterben musste und ermittelt auf eigene Faust.

„Das schweigende Dorf“ ist der dritte Teil der Reihe um Fentje Jacobsen und dem Journalisten Niklas John. Die beiden Hauptprotagonisten sind bekannt, einige weitere Figuren ebenso. Neu hinzu kommen die Bewohner des „schweigenden Dorfes“, die überwiegend wenig sympathisch erscheinen. Den Titel passt, obwohl ja im Grunde genommen die Bewohner des Dorfes schweigen.

Der Prolog macht neugierig, denn was sucht Volker Suhr im Schutz der Nacht genau? Auch die folgenden Kapitel bauen Spannung auf, die dann jedoch nachlässt. Die Suche nach dem Täter gestaltet sich dann aufgrund der schweigenden Dorfbewohner schwierig – und natürlich gerät Fentje in Gefahr. Die Ideen für diesen Krimi gefallen mir, dazu komme ich später noch. Die Umsetzung finde ich nicht besonders gelungen, denn über weite Strecken liest der Krimi sich ziemlich langweilig. Viel Platz, zu viel in meinen Augen, nimmt das Privatleben von Fentje ein, darunter auch die Gefühle, die sie für Niklas hegt und umgekehrt. Leider kann ich das Verhalten der beiden nicht nachvollziehen, ein Gespräch würde hier helfen. Das Hin und Her passt vielleicht zu einem Liebesroman, hier finde ich es nicht angebracht.

Sehr gut gelungen ist der Autorin die Beschreibung der Dorfbewohner. Sie sind eine Gemeinschaft, die fest zusammensteht, Außenstehende können sich nur sehr schwer integrieren.
Zwei wichtige Themen, Gewalt an Frauen und Mobbing unter Jugendlichen werden angesprochen, meiner Meinung nach nicht konsequent verfolgt. Eine junge Frau nimmt sich das Leben, eine weitere verschwindet – und die Bewohner gehen zur Tagesordnung über. Beim Mobbing wird ein Lösungsvorschlag ausgearbeitet, es bleibt unklar, ob er erfolgreich umgesetzt werden kann. Hier hoffe ich auf den nächsten Band.

Fazit: insgesamt überzeugt mich diese Reihe nicht, zu viel Privatleben, zu wenig Spannung

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.06.2024
Mia Midway Mysteries
Schmidt, Gisela B.

Mia Midway Mysteries


sehr gut

Erst kurze Zeit lebt Mia Midway in Pennygrave, wo sie ihre Tante in der örtlichen Bibliothek vertritt. Doch seitdem sie dort ist, ist es mit der Ruhe im beschaulichen Ort vorbei. Sie stolpert in diesem 4. Band erneut über eine Leiche, im wahrsten Sinne des Wortes. Und natürlich ermittelt sie mit ihrer Freundin Lady Gellam.

Mir gefällt diese Cosy-Crime-Reihe ausgesprochen gut, so dass ich nun auch den vierten Band lesen wollte. Jeder Fall bzw. jeder Band ist in sich abgeschlossen, so dass die Kenntnis der Vorgängerbände nicht nötig ist. Hier spielt jedoch auch das Privatleben eine Rolle, wer hier die Entwicklung verfolgen mag, sollte die Reihenfolge einhalten.

Gisela B. Schmidt schreibt einen gut lesbaren und häufig auch humorvollen Stil. Die Kapitel sind relativ kurz und wechseln die Schauplätze. Beides trägt dazu bei, dass das Lesen kurzweilig ist.
Die Charaktere sind zum großen Teil bereits aus den Vorgängerbänden bekannt und verhalten sich wie gewohnt. Sergeant Angel ist und bleibt eifersüchtig, weil sie sich Hoffnungen hinsichtlich Inspector Mellony macht, der aber in Mia verliebt ist. In dieser Reihe mag ich diese privaten Einschübe sehr, weil sie harmonisch zu der Entwicklung passen und einigermaßen glaubwürdig sind.
Der Fall ist etwas außergewöhnlich und hat ein, wie ich finde amüsantes Ende, denn Mia und Lady Gellam entdecken ein im Dorf gut gehütetes Geheimnis. Außerdem wird ein weiteres Geheimnis gelüftet und ein drittes macht neugierig auf den nächsten Band.

Fazit: Alles in allem ein gelungener Cosy-Crime für einen schönen Lesenachmittag.

Bewertung vom 30.05.2024
Windstärke 17 (eBook, ePUB)
Wahl, Caroline

Windstärke 17 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ida verlässt mit wenigen Habseligkeiten ihr Zuhause. Ihre Schwester Tilda wünscht sich, dass Ida zu ihr und ihrer Familie nach Hamburg kommt. Das jedoch möchte Ida auf keinen Fall und fährt nach Rügen. Sie trifft Knut und Marianne, die sie bei sich aufnehmen. Sie lernt Leif kennen. Ihr Leben wird etwas leichter, bis etwas passiert, mit dem sie nicht gerechnet hat.

Ich gestehe, ich habe Caroline Wahls Debütromann „22 Bahnen“ (noch) nicht gelesen und war sehr gespannt auf diesen Roman.

Caroline Wahl schreibt einen eher ungewöhnlichen Stil, der mir ausgezeichnet gefällt. Insbesondere die Idee, zunächst einen Gedanken zu denken, bevor er ausgesprochen wird, ist sehr reizvoll. Der Autorin gelingt es hervorragend, Idas Gefühlsleben zu vermitteln. Ihre Verlorenheit, ihre Einsamkeit, ihre Schuldgefühle werden nicht wörtlich beschrieben, aber sehr gut greifbar durch ihr Handeln. In Marianne findet sie eine mütterliche Freundin, die ihr zuhört und sie versteht und ihr mit liebevollen kleinen Gesten das Gefühl vermittelt, angenommen zu sein.

Das Cover ist sehr aussagekräftig und der Titel ausgezeichnet gewählt.

Fazit: für mich ein Highlight, eine absolute Leseempfehlung

Bewertung vom 26.05.2024
Das Novellen-Quartett
Marmulla, Rüdiger

Das Novellen-Quartett


ausgezeichnet

Rüdiger Marmulla vereint in dieser Sammlung vier Novellen mit unterschiedlichen Themen.

In „Westwärts leuchten die Sterne“ erzählt der Autor die Geschichte eines jungen Mannes, der sich im Zweiten Weltkrieg von drei Sternen leiten ließ, die ihn zu seiner großen Liebe führten. Sie führt die Schrecken des Krieges vor Auge, gibt aber auch Hoffnung, denn die Liebe zu Maria gab Willi die Kraft, zu überleben.

„harmonia mundi“ berichtet von der fiktiven Begegnung zwischen Johannes Kepler und dem Steinmetz Caspar, die in diesem, aber auch im Leser den Sternenhimmel, die Mathematik und Physik nahebringen möchte. Das Besondere hier sind die schlicht gehaltenen Illustrationen, die das Geschriebene verständlich machen.

„Mit den Augen der Odile“ hat Rüdiger Marmulla für seine Tochter geschrieben, eine Geschichte, die von einem tiefem Glauben zeugt.

Und schließlich trifft in „Rückkehr nach Regensburg“ ein Mann bei einem Besuch seiner Heimatstadt seine Jugendliebe wieder. Diese Geschichte ist Auftakt zu weiteren Erzählungen um Richard und Dana.

Rüdiger Marmulla schreibt seine Novellen schnörkellos in meist kurzen und klaren Sätzen, die gut zu lesen sind. Die Protagonisten sind lebendig beschrieben. Allen vier Erzählungen ist gemeinsam, dass sie einladen, sich mit dem christlichen Glauben auseinander zu setzen. Bei den beiden Geschichten, die von Odile und Kepler handeln, scheint dies selbstverständlich, aber auch bei den beiden aktuellen Novellen wird der Glaube der Protagonisten sehr deutlich.

Fazit: vier wunderbare Novellen – eine Leseempfehlung

Bewertung vom 25.05.2024
Lavendel-Sturm / Lavendel-Morde Bd.6
Bernard, Carine

Lavendel-Sturm / Lavendel-Morde Bd.6


ausgezeichnet

In einer geheimnisumwitterten Sandsteinhöhle wird Angeline Cravsse tot aufgefunden, offenbar an einer Überdosis gestorben. Zunächst wird ein Unfall vermutet, die Auffindsituation deutet auf einen Täter hin. Ins Visier gerät Angelines Freund Pascal Bech, der nicht nur Musiker ist. Doch dann stirbt auch er.

„Lavendel-Sturm“ ist der sechste Band der Reihe um die junge Kommissarin Lilou Braque. Ihre Geschichte wird weiter erzählt, der Fall an sich ist abgeschlossen und kann unabhängig von den Vorgängerbänden gelesen werden.

Die meisten Figuren sind bereits aus den Vorgängerbänden bekannt, dennoch sind sie auch für Neueinsteiger lebendig beschrieben. Auch diejenigen, die im Zuge der Ermittlungen eine Rolle spielen, sind gut vorstellbar. Interessanterweise erobert vor allem Digne die Herzen – auch meines.

Es gibt keinen vielversprechenden Ansatz für die Ermittlungen, was die Autorin nutzt, um die mühsame Kleinarbeit der Polizei und das gute Zusammenspiel innerhalb des Teams zu beschreiben.
Flasche Fährten und unerwartete Wendungen führen zu einer Lösung, die keine Fragen offen lässt, aber einige Veränderungen für das Team um Lilou mit sich bringen.

Natürlich spielen auch die Landschaft und das französische Savoir-vivre eine Rolle, wenn auch vielleicht etwas weniger als in den anderen Bänden.

Fazit: eine absolut gelungene Fortsetzung, die Lust auf weitere Bände macht

Bewertung vom 07.05.2024
Treibgut
Brodeur, Adrienne

Treibgut


ausgezeichnet

Der 70. Geburtstag des Meeresbiologen Adam Gardner steht bevor. Er selbst sieht sich kurz vor einem Durchbruch in der Erforschung der Walgesänge und ist manisch-depressiv. Sein Sohn Ken, verheiratet mit Jenny, Vater von Zwillingen und erfolgreicher Immobilienmakler steckt in einer tiefen Krise. Abby, Adams Tochter, ist Künstlerin und lehnt trotz ihrer Liebe zu David eine Ehe ab. Sie steht kurz vor ihrem Durchbruch, als sie entdeckt, dass sie schwanger ist. Jenny ist die perfekte Ehefrau für Ken, vergisst dabei jedoch sich selbst. Außerdem gibt es noch Steph Murphy, die nach der Geburt ihres Sohnes ihre Familiengeschichte klären will.

Adrienne Brodeur lässt ihre Protagonisten abwechseln erzählen. Diese Perspektivwechsel, verbunden mit einem lebendigen Sprachstil, der mitunter poetisch ist, macht das Lesen kurzweilig. Der Zauber der Landschaft auf der Halbinsel Cape Cod wird beim Lesen quasi erlebbar, der wunderbare Sommer, in dem die Geschichte spielt, tut ein übriges. Im Gegensatz dazu stehen die
Konflikte und Probleme der Protagonisten. Dabei ist vieles zwischen den Zeilen zu lesen, doch damit ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild der Familie.

Der Roman spielt von April bis Oktober 2016, die US-Präsidentschaftswahl steht bevor, wobei die Kandidatin als haushohe Favoritin galt. Die Autorin nimmt darauf an mehreren Stellen Bezug, wobei auch die Aufbruchstimmung und die Zukunftsängste eine Rolle spielen.

Viele Themen werden angesprochen: die manisch-depressive Erkrankung des Vaters, die enge Beziehung zwischen den beiden Geschwistern, die sich nahezu ins Gegenteil verkehrt, als die beiden erwachsen werden, Jenny, die zwischen Ehemann und bester Freundin steht, Steph lebt in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung, Abbys Freund ist verheiratet, Kens massive Probleme mit seinem Selbstwertgefühl und noch andere mehr.

Das Cover bringt einen Aspekt des Romans wunderbar zum Ausdruck. Mir persönlich gefällt der Originaltitel (Little Monsters) besser, auch in der deutschen Übersetzung, weil er den Punkt trifft. Allerdings kann der deutsche Titel auf zweierlei Weise mit dem Inhalt in Verbindung gebracht werden, so dass er so abwegig nicht ist.

Adrienne Brodeur ist Geschäftsführerin einer Non-Profit-Organisation und Mitbegründerin der Literaturzeitschrift „Zoetrope“, zusammen mit Francis Ford Coppola. Sie pendelt zwischen Cambridge und Cape Cod. Letzteres ist ihrem Roman in wundervoller Weise anzumerken.

Karen Witthuhn hat diesen Roman wunderbar übersetzt. Sie übersetzt seit 2000 Theatertexte und Romane, darunter Simon Beckett, D.B. John, Ken Bruen. Sie hat 2015 und 2018 Arbeitsstipendien des Deutschen Übersetzerfonds erhalten.


Fazit: ein poetischer und vielschichtiger Sommerroman, der nachhallt

Bewertung vom 04.05.2024
Im Angesicht der Angst
Mick, Saunter

Im Angesicht der Angst


ausgezeichnet

„Im Angesicht der Angst“ ist der zweite Fall für Kommissar Bartholomé und seinen Kollegen Simon Glauber. Der erste Band ist zum Verständnis nicht nötig, weil jeder Band in sich abgeschlossen ist. Wenn er so spannend ist wie der vorliegende, ist es zu empfehlen.

Auf dem Drachenfels verbrennt sich vor den Augen einer Familie eine junge Frau, deren Identität lange unklar ist. Bartholomé und Glauber haben auch aus diesem Grund zunächst keine Idee, wo sie ansetzen sollen. Insbesondere Glauber ist von den Geschehnissen sehr mitgenommen, zumal ein kleines Mädchen den Suizid ansehen musste, arbeitet jedoch professionell weiter. Mit Wiebke Heuer, die die beiden Ermittler unterstützen soll, nimmt die Sache Fahrt auf. Zunächst sind Bartholomé und Glauber nicht sehr begeistert, handelt es sich doch um die Tochter des Polizeipräsidenten, entsprechende Kommentare inbegriffen. Doch sie täuschen sich: Wiebke kann ausgezeichnet recherchieren und wird eine wertvolle Hilfe bei den weiteren Ermittlungen. Diese führen tief in die Vergangenheit und sind doch hochaktuell.

Kurze Kapitel und Szenenwechsel machen den Thriller sehr spannend. Trotz des furchtbaren Geschehens gibt es immer wieder auch Szenen, die zumindest zum Schmunzeln anregen. So gibt es kleine, völlig unbedeutend scheinende Hinweise auf Comics, Treffen mit Helene und einer wunderschönen Déesse und das überraschende Auftauchen eines attraktiven jungen Mannes bei Lucien Bartholomé. Dieser wird in den hoffentlich folgenden Bänden sicher eine Rolle spielen.

Mick Saunter hat sehr gut recherchiert und zeigt die Auswirkungen langer zurückliegender Geschehnisse auf Kinder und Enkel.

Fazit: Leseempfehlung für einen spannenden Thriller mit Überraschungen