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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 967 Bewertungen
Bewertung vom 17.12.2024
Kohle, Stahl und Mord: Das 13. Opfer (eBook, ePUB)
Conrath, Martin

Kohle, Stahl und Mord: Das 13. Opfer (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Worum geht’s?

Bei einem Kontrollgang in der aufgelassenen Zeche Ludwig durch Werner Flemming und einen Kollegen kommt es zu einem einem Wassereinbruch, in Folge dessen die sterblichen Überreste jener zwölf Kumpel, die vor 34 Jahren bei einem Grubenunglück verschüttet worden sind, freigelegt werden. Die Überraschung ist groß, als neben diesen Skeletten ein 13. gefunden wird, in dessen Schädel ein Einschussloch inklusive Kugel gefunden wird. Der Fund löst in Flemming Erinnerungen aus, die er kaum bewältigen kann, gehört er doch zu jenen Bergmännern, die damals gerettet werden konnten.

Recht bald ist nicht nur die Identität des bislang Unbekannten enthüllt, sondern auch seine fiesen Finanzgeschäfte, die einen großen Teil der Kumpel um ihre Ersparnisse gebracht hat.

Und was hat der aktuelle Oberbürgermeister, der damals ebenfalls im Schacht war, und, weil er einen Teil der Schicht retten konnte, als Held gefeiert worden, zu verbergen?

Nicht nur die polizeilichen Ermittlungen laufen auf Hochtouren, sondern auch Journalist Tim Harms recherchiert. Wird Kriminalhauptkommissarin Elin Akay mit ihrem Team, zu dem auch Jana Fäller, eine forensische Psychologin gehört, den Täter finden?

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist der Auftakt zu einer interessanten Krimi-Reihe aus dem Kohleabbaugebiet in Essen und zugleich mein erster von Martin Conrath.

Als Wienerin habe ich mit dem Bergbau nur wenig am Hut. Allerdings war einer meiner Großonkel Bergmann im Braunkohlebergwerk in St. Stefan im Lavanttal (Kärnten), das nach einem Grubenunglück 1967, ein Jahr später geschlossen worden ist. Zusätzlich habe ich im Frühjahr 2024 die Zeche Zollern in Dortmund besichtigt, weshalb ich mich dieser Krimi gleich angefixt hat.

Martin Conrath hat einen höchst spannenden Krimi geschrieben, den ich kaum aus der Hand legen konnte. Was ist vor 34 Jahren wirklich geschehen? Welche Rolle spielt das finanzielle Desaster, das der 13. Tote angerichtet hat?

Der Autor schafft es, die Spannung vor allem durch die abwechselnde Erzählung auf zwei Zeitebenen, hochzuhalten. Auch die persönlichen Beziehungen zwischen den Akteuren und ihren Angehörigen tragen dazu bei, dass es keine Erholungspausen gibt, bis der komplexe Fall gelöst ist.

Für alle jene, die keinen Bezug zum Bergbau haben, sind die Arbeiten unter Tage eindrücklich geschildert. Trotzdem kann man sich die schwere Arbeit und die Gefahren, die im Berg lauern, kaum vorstellen. Eine kleine Anmerkung habe ich, wenn die Reihe fortsetzt wird: Ein Glossar, das die zahlreichen bergmännischen Ausdrücke noch einmal zusammenfasst und erklärt, wäre eine willkommene Ergänzung.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem fesselnden Krimi aus dem Ruhrpott 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 17.12.2024
Im Rausch der Zeit. Das temperamentvolle Leben der Witwe Clicquot
Mazzeo, Tilar

Im Rausch der Zeit. Das temperamentvolle Leben der Witwe Clicquot


ausgezeichnet

Kulturhistorikerin und Autorin Tilar J. Mazzeo stellt uns in dieser Biografie eine Frau vor, über die nur wenig bekannt ist, aber deren Produkte sprichwörtlich in (fast) aller Munde ist: Barbe-Nicole Clicquot, geborene Ponsardin (1777-1866), besser bekannt als Veuve Clicquot und ihr Champagner.

Die Autorin begibt sich auf zahlreiche aufregende Recherchereisen bei denen zwar Auftragsbücher, Rechnungen und Lieferscheine in den Archiven aufzufinden sind, aber Persönliches wie Tagebücher oder Briefe der Veuve Clicquot sind so gut nicht vorhanden. Dennoch gelingt es Tilar J. Mazzeo ein rundes Bild der Pionierin in Sachen Champagnerherstellung und Vermarktung erstehen zu lassen.

Eine Pionierin ist Barbe-Nicole Clicquot jedenfalls: Als 1805 ihr Ehemann Francois stirbt, übernimmt die 27-jährig Witwe gegen alle Widerstände die Firma. Und Widerstände gibt es genug: Die Napoleonischen Kriege, Plünderungen durch Truppen, Unwetter, Missernten und missgünstige Mitbewerber. Doch die Witwe lässt sich auch von Rückschlägen nicht entmutigen.

Wer gerne Biografien von historischen Persönlichkeiten, und da vor allem von Frauen, liest, ist hier genau richtig. Gerne gebe ich diesem fesselnden Buch einer faszinierenden Frau 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 15.12.2024
Freiheit (eBook, ePUB)
Merkel, Angela; Baumann, Beate

Freiheit (eBook, ePUB)


sehr gut

Als Österreicherin habe ich Angela Merkel wohl nicht jene Aufmerksamkeit geschenkt, wie ihre deutschen Landsleute. Vor allem ihr Leben bevor sie zur ersten Bundeskanzlerin Deutschlands gewählt worden ist, war mir bislang nur in sehr groben Zügen bekannt. Aufgewachsen als Tochter eines Pfarrers in der DDR, Physikerin und nach der Wende Politikerin der CDU/CSU, oftmals als „Kohls Mädchen“ und wenig später als „Mutti“ tituliert, was für mich nicht sehr wertschätzend klingt. Deshalb war ich gespannt auf ihre Erinnerungen und wurde nicht enttäuscht.

Das Buch ist in fünf Teile mit zahlreichen Kapiteln gegliedert:

„Ich wurde nicht als Kanzlerin geboren“
Ein demokratischer Aufbruch
Freiheit und Verantwortung
Deutschland dienen (I)
Deutschland dienen (II)

Zusätzlich gibt es zahlreiche Fotos.

Das Buch liest sich gut. Natürlich ist es eine sehr persönliche Geschichte. Trotzdem berichtet Angela Merkel sehr sachlich und ohne große Ressentiments über ihr Leben. Selbst über den Mauerfall erzählt sie ohne große Emotionen oder Pathos. Dass sie, im Nachhinein betrachtet, einiges anders machen hätte sollen, wird auch angedeutet. Aber, es ist wie es ist. Zum Zeitpunkt der Entscheidung, war (vermutlich oft) wenig Spielraum.

Gut gefallen hat mir der leichte Plauderton, den Angela Merkel in ihrer Autobiografie einschlägt. Nicht immer geht sie chronologisch vor. Über ihr Privatleben erzählt sie wenig. Man erfährt nur, was man ohnehin weiß. Privates bleibt privat - das ist ihr gutes Recht, diesen Teil ihres Lebens nicht in der Öffentlichkeit auszubreiten.

Fazit:

Eine gelungene Autobiografie der ersten Bundeskanzlerin Deutschlands, der ich gerne 4 Sterne gebe.

Bewertung vom 12.12.2024
Bad Vöslau in Flammen
Ruhrhofer, Norbert

Bad Vöslau in Flammen


gut

In diesem, ihrem 4. Fall müssen Toni und Willi Polorny den Radius ihrer Ermittlungen beträchtlich erweitern. Das passt dem ziemlich lethargischen, um nicht zu sagen, faulen Willi (@ Biene Maja) zunächst einmal gar nicht. Erst die Aussicht auf steirische Spezialitäten und ein Liebeswochenende in Graz lässt ihn gemeinsam mit Ehefrau Toni und der Katzinger samt Anhang über den Semmering fahren, nur um anschließend einen Abstecher nach München zu machen.

Was ist passiert, dass Willi & Antonia ihr geliebtes Revier verlassen?

Als ein seit längerer Zeit leer stehendes Hotel mitten in den Weinbergen Vöslaus in Flammen aufgeht und ein Toter gefunden wird, liegt es nahe, an „heiß abtragen“ zu denken. Die Freizeitpolizisten, wie Chefinspektorin Olivia Wehli ihre verhasste (und illegale) Konkurrenz nennt, ziehen recht bald die richtigen Schlüsse. Daran sind nicht nur Willis Spezl Sprengnagel (ein echter Polizist), der Ermittlungsergebnisse völlig ungeniert mit den Pokornys teilt, sondern auch Heidrun „Stasi“ Zwatzl schuld. Mit ihrer Spionageausrüstung made in der Ex-DDR spioniert sie ihren Nachbarn hinterher und deckt so manches Komplott auf.

Meine Meinung:

Diesmal haben mich die Pokornys und da vor allem Willi ein wenig genervt. Als Leserin der ersten Stunde kenne ich die diversen Vorlieben des verfressenen Willi nun zur Genüge. Neben gutem Essen und Trinken spielen das Whirlpool und Sextoys eine wichtige Rolle. Angesichts der täglichen Gasthausbesuche frage ich mich, wovon leben die Beiden eigentlich? Denn Willi ist arbeitslos und Toni arbeitet nur wenige Stunden in der Bibliothek. Mag sein, dass sie geerbtes Vermögen unter die Leute bringen. Auch die mehrfache Erwähnung des alten Nokia ist lästig, denn inzwischen ist es hinlänglich bekannt, dass Willi den Telefonierknochen nicht gegen ein modernes Smartphne tauschen will. Aber, vielleicht kann der Ausblick auf die Zukunft, mit der dieser Regional-Krimi schließt, ihn eines Besseren belehren.

Neu ist Sophie Katzinger, die Zwillingsschwester der schrulligen Alten, die nach langen Jahren der schwesterlichen Funkstille todkrank nach Vöslau geholt wird und dank Berties „Kräutertee“ einige gute Tage verbringen kann.

Grundsätzlich mag ich die schrägen Typen, die sich hier tummeln, doch diesmal hat Autor Norbert Ruhrhofer, so finde ich persönlich, ein wenig zu dick aufgetragen.

Fazit:

Für mich persönlich ist der Krimi ein wenig zu gewollt schrill und voll mit Wiederholungen, daher gibt es diesmal nur 3 Sterne.

Bewertung vom 08.12.2024
Frauen gegen Hitler
Kruse, Christiane

Frauen gegen Hitler


ausgezeichnet

„Meine Welt ging kaputt, die wollte ich verteidigen. Ich hatte am 30. Januar 1933, als Hitler Reichskanzler wurde, mein Vaterland verloren. Besonders die antijüdischen Nürnberger Gesetze (1935), die einen Teil der Bevölkerung willkürlich aus der Gemeinschaft ausschlossen, gingen mir unter die Haut. Diesen verfolgten Menschen wollte ich helfen.“ (Helene Jacobs, 1906-1993)

In ihrem Buch „Frauen gegen Hitler“ stellt uns Christiane Kruse neben den „großen Namen“ wie Sophie Scholl und Emmy Bonhoeffer auch zahlreiche andere, für viele Leser zum Teil bislang unbekannte Frauen vor, die im Wissen um die Gefahren, die auf jene lauern, die sich gegen das NS-Unrechtsregime engagieren. Viele dieser Frauen haben, wenn sie Haft und Folter überlebt haben, nie über ihre Tätigkeiten gesprochen oder sich als Heldinnen gefühlt und sich entsprechend feiern lassen. Sie haben im Stillen Juden und Jüdinnen versteckt, ihnen zur Flucht verholfen indem sie ihnen ihre Papier geschenkt haben, Funkgeräte und Flugzettel in Kinderwägen von einem Versteck ins andere gebracht und geheime Treffpunkte organisiert haben. Letztlich sind viele jener Frauen, die ihr Leben für den Widerstand riskiert haben, durch Denunziation von Nachbarn oder Spitzeln aufgeflogen, verhaften und hingerichtet worden.

Hier ein Auszug aus der Namensliste der fünfzig Frauen:

Ruth Andreas-Friedrich (1901-1977) • Hilde Benjamin (1902-1989) • Emmi Bonhoeffer (1905-1991)• Hilde Coppi (1901-1943)• Marlene Dietrich (1901-1992)• Christine von Dohnanyi, geb. Bonhoeffer (1903-1965)• Bella Fromm (1890-1972)• Mildred Harnack (1902-1943)• Liselotte Herrmann (1909-1938) • Hannah Höch (1889-1978)• Annedore Leber (1904-1968)• Freya von Moltke (1911-2010) • Käthe Niederkirchner (1909-1944)• Margarethe von Oven (1904-1991)• Elfriede Paul (1900-1981)• Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg (1913-2006)• Sophie Scholl (1921-1943)• Libertas Schulze-Boysen (1913-1942)• Johanna Solf (1887-1954)• Gabriele Tergit (1894-1982)• Elisabeth von Thadden (1890-1944)• Margarete von Trotha (1907-1995)• Marion Gräfin Yorck von Wartenburg (1904-2007)• Clara Zetkin (1857-1933)• u. v. m.

Wie tief die Risse zwischen der Ablehnung und dem Anbiederung an das Regimes durch die Familien geht, zeigt das Beispiel von Marlene Dietrich und ihrer Schwester Elisabeth Will. Während Marlene Dietrich Nazi-Deutschland schon am Abend der Premiere des „Blauen Engels“ (1930) den Rücken kehrt und wenig später, stets in Uniform, mit ihren Liedern die amerikanischen Truppen im Zweiten Weltkrieg im Kampf gegen Hitler-Deutschland unterstützt, führt ihre ältere Schwester Elisabeth mit ihrem Mann Georg Will, der seit 1933 Parteimitglied ist, ein Kino für Wehrmachtssoldaten und das ausgerechnet auf dem Gelände des KZ Bergen-Belsen.

Gleichzeitig zeigt das Buch, dass sich Frauen unterschiedlichster Herkunft, sei es eine Verkäuferin, Büroangestellte, Lehrkraft, Künstlerin oder Mitglied einer Offizier- oder Adelsfamilie sowie quer durch alle anderen politischen oder religiösen Ansichten, getraut haben, gegen das NS-Regime aufzutreten. Ein Großteil bezahlte diesen Widerstand mit ihren Leben.

Meine Meinung:

Obwohl ich schon zahlreiche Bücher über Frauen, die dem NS-Regime sowohl in Deutschland als auch in den besetzten Gebieten wie in Holland oder Frankreich mitunter auch bewaffneten Widerstand geleistet haben, durfte ich die eine oder andere bislang mir unbekannte der beherzten Frauen kennenlernen.

Die Rolle der Frauen im Widerstand ist noch nicht restlos erforscht, weil vieles, oft nur vermeintliche Kleinigkeiten waren, die Sand in das Getriebe der NS-Maschinerie gestreut haben, und den Frauen nicht immer bewusst war, dass auch das Widerstand gegen das Regime war. Und, die meisten Frauen haben sich mit ihren Taten nicht gebrüstet, sondern im Geheimen gewirkt, um nicht aufzufliegen. Sie mussten ja auch an ihre Kinder denken.
Nebenbei haben die Nazis in ihren grenzenlosen Selbstüberschätzung den Frauen nicht zugetraut, sich gegen das Regime zu stellen. Nachzulesen u.a. in "Wir waren nur Mädchen" (Buzzy Jackson).

Ich habe schon einige Bücher über den weiblichen Widerstand gegen die Nazis gelesen, unter anderen auch das gleichnamige Buch von Martha Schad oder "Sie waren Sand im Getriebe" (Elisabeth Stiefel). Einige davon sind im Quellen- und Literaturverzeichnis angegeben und für alle jene, die sich tiefer mit der Materie beschäftigen wollen, finden hier zahlreiche Anregungen.

Fazit:

Das Buch zeigt, dass man auch mit vermeintlich kleinen Dingen, sich gegen ein Unrechtsregime zu stellen. Es holt aber auch die beinahe vergessenen Frauen im Widerstand vor den Vorhang. Gerne gebe ich diesem Buch wider das Vergessen 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 08.12.2024
Biberbrugg (eBook, ePUB)
Götschi, Silvia

Biberbrugg (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Als ein Brüderpaar am Güdelmontag, der dem Rosenmontag in Deutschland entspricht, auf seinem geschmückten Umzugswagen die Leiche einer jungen Frau findet, weiß Valérie Lehmann von der Kantonspolizei noch nicht, dass dies der Auftakt zu einer Reihe von Ereignissen führen wird, die ihr alles abverlangen wird. Zunächst versucht man die Identität der Toten ausfindig zu machen, doch niemand scheint sie zu vermissen.

Nur einen Tag später wird, nahe dem Sicherheitszentrum der Schwyzer Polizei eine weitere unbekannte Leiche aus dem Fluss Alp geborgen. Noch in der Gerichtsmedizin erhält Lehmann die Nachricht, dass ihr Sohn Colin, der jüngst Vater geworden ist und aktuell die Ausbildung zum Polizisten absolviert, auf einem Parkplatz mit einem Kopfschuss aufgefunden worden ist. Niemand weiß, ob Colin überleben wird und warum er sich ausgerechnet an seinem freien Tag dort befunden hat.

Lehmanns Team ermittelt akribisch und versucht die Chefin zu entlasten. Bald stellt sich heraus, dass es neben den beiden Toten, die sterbenskrank waren, noch eine Frau, ebenfalls todkrank, vermisst wird. Endlich findet sich eine vielversprechende Spur, denn alle waren in ein und derselben Klinik eingecheckt.

Obwohl sie mit den beiden Toten genug zu tun hat und im Fall ihres Sohnes wegen Befangenheit nicht ermitteln darf, kann Valérie es nicht lassen, den einen oder anderen Faden zu ziehen bzw. unangenehme Fragen zu stellen. Dann taucht ein Name aus ihrer Vergangenheit auf. Will sich da jemand an Valérie rächen?

Meine Meinung:

Silvia Götschi gilt als Grande Dame des Schweizer Kriminalromanes.

Wie schon in der Vorgängern gönnt Silvia Götschi weder den Lesern noch den Ermittlern eine Verschnaufpause. Ich habe das Buch innerhalb weniger Stunden gerade zu „inhaliert“. Als passionierte Krimileserin kenne ich schon zahlreiche Abgründe der menschlichen Natur, doch in diesem hier stößt der Voyeurismus und Zynismus doch ein wenig ab. Der Autorin gelingt es, die verstörenden Szenen, die auch bei den Ermittlern für Kopfschütteln sorgen, sehr gut aufzubereiten.

Die Charaktere sind sehr gut gezeichnet. Die Ermittler haben alle ihre Ecken und Kanten und sind nicht immer vom bisherigen Leben verwöhnt worden, was besonders auf Valérie zutrifft. Nach langem Zögern hat sie nun das Tagebuch ihrer Mutter gelesen, das es ebenfalls in sich hat. Es scheint, als laufe ihr Leben komplett aus dem Ruder. Dass sie daran denkt, ihren Beruf an den Nagel zu hängen, weil sie die Grausamkeiten der Täter kaum mehr ertragen kann, ist nachvollziehbar. Nur, wird sie es auch tun oder nimmt sie „nur“ ein Sabbatical?
Fazit:
Diesem komplexen Krimi, der nichts für schwache Nerven ist, gebe ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 07.12.2024
Monas Augen - Eine Reise zu den schönsten Kunstwerken unserer Zeit
Schlesser, Thomas

Monas Augen - Eine Reise zu den schönsten Kunstwerken unserer Zeit


gut

Als die zehnjährige Mona plötzlich und ohne medizinischen Grund für eine Stunde ihr Augenlicht verliert, verändert sich ihre Welt dramatisch. Die Ärzte sind fast ebenso hilflos wie die Eltern und raten, Mona einem Kinderpsychiater vorzustellen, denn es scheint, dass diese Blindheit eher ein psychische Leiden denn ein körperliches ist. Kann es sein, dass das kleine Mädchen die Alkoholsucht des Vaters und die lieblos erscheinende Mutter nicht mehr „sehen“ will?

Jedenfalls übernimmt Monas Großvater die Aufgabe, seine Enkelin zum Kinderpsychiater zu bringen, unter der Bedingung, dass sich die Eltern nicht einmischen. Doch statt zum Arzt, gehen die beiden jeden Mittwoch in die drei wichtigsten Museen der Stadt Paris: in den Louvre, in das Musée d’Orsay und schließlich ins Centre Pompidou.
Allerdings wird bei jedem der Besuche nur ein einzige Werk, das dafür ausgiebig betrachtet und analysiert. Und hier setzt meine Verwunderung und Kritik ein: Die Gespräche, die Großvater und Enkelin miteinander führen, passen so gar nicht zu einer Zehnjährigen, auch wenn sie durch das schockierende Erlebnis der rund einer Stunde dauernden Blindheit, gereift sein mag.

Zunächst erscheint mir das Buch noch interessant, doch mit jedem Kapitel und Kunstwerk wird es für mich persönlich unglaubwürdiger. Es mag Leser geben, die solche fantasievollen Romane mögen, für mich grenzt der eigenartige Umgang der Eltern mit ihrer Tochter beinahe an Kindesmisshandlung. Vater und Mutter scheinen mit ihrer eigenen Agenda beschäftigt zu sein.

Sprachlich ist das Buch gut gelungen, was den 3. Stern rettet. Vom Inhalt her hat es mich nicht so begeistert. Die Idee ist grundsätzlich gut, die Umsetzung hat mir dann nicht so gefallen. Die Beschreibung der einzelnen Kunstwerke hat mir anfangs gefallen, driftet aber dann für mich in eine Art Übersättigung ab.

Fazit:

Die Idee, einer Zehnjährigen, insgesamt 52 Kunstwerke der drei wichtigsten Museen von Paris vorzustellen und das Mädchen anzuregen, eigene Beobachtungen und Gedanken dazu anzustellen, hat mir gut gefallen, die Umsetzung weniger. Daher gibt es von mir nur 3 Sterne, die den kunstgeschichtlichen Kenntnissen des Großvaters zuzuschreiben sind.

Bewertung vom 06.12.2024
Die Kraft der Ebbe
Johannsen, Anna;Bergsma, Elke

Die Kraft der Ebbe


ausgezeichnet

Im spannenden dritten und letzten Teil wird es um das Team von Lina Lübbers und Kea Siefken nochmals richtig gefährlich. Es scheint, als wäre der niederländische De-Jong-Clan nicht zu überführen. Der äußerst gewagte Undercover-Einsatz von Hauke Behrends ist die letzte Hoffnung auf Erfolg. Wie gefährdet Hauke ist, zeigt der Tod des Kollegen Lothar Hempen (siehe Band 2/Sie Gewalt des Sturms) vor wenigen Wochen, von dem sich die Kolleginnen und Kollegen nach wie vor nicht erholt haben, wobei niemand weiß, dass er der Maulwurf war, der Linas Anwesenheit in Aurich notwendig gemacht hat. Damit wäre ihr Auftrag eigentlich beendet. Aber nur eigentlich, denn eine neue Spur macht es vielleicht möglich, den De-Jong-Clan doch noch zu überführen. Dafür geben Lina, Kea und auch Hauke alles ....

Meine Meinung:

Der Abschluss, der als Trilogie angelegten Mini-Serie hat mir gut gefallen.

Die interessante Schreibweise hat das Autorinnen-Duo beibehalten: Die Handlung wird abwechselnd aus Keas und Linas Perspektive, jeweils in der Ich-Form, geschildert. Eine geschickte, wenn auch zu Beginn irritierende Idee! Nicht immer ist ganz eindeutig, in wessen Haut wir Leser nun stecken. Da ist aufmerksames Lesen notwendig.

Die Charaktere sind ausgefeilt und wirken recht authentisch. Die beiden Kommissarinnen sind „g’standene Frauen“, d.h. sie arbeiten doppelt soviel wie ihre männlichen Kollegen und sind sich in manchen Dingen ähnlicher als ihnen lieb ist, bzw. sie ahnen. Als im Endspurt das Privatleben der beiden Ermittlerinnen in Gefahr gerät, mobilisieren sie, auch unterstützt vom Polizeidirektor, der den einen oder anderen Alleingang deckt, nochmals all ihre Kräfte.

Manchen Lesern ist diese Reihe vielleicht nicht spannend genug. Für mich ist die Polizeiarbeit recht wichtig und die besteht in der Realität eben aus Teambesprechungen, Durchsuchen von Datenbanken sowie Abgleich von Listen und weniger aus Verfolgungsjagden mit quietschenden Reifen.

Fazit:

Ein gelungener Abschluss dieser Krimi-Reihe, der ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 03.12.2024
Der echte Krampus / Offizier Gryszinski Bd.4
Seeburg, Uta

Der echte Krampus / Offizier Gryszinski Bd.4


ausgezeichnet

"Der echte Krampus" von Uta Seeburg ist der vierte Band um Major Gryszinski, den königlich-bayerischer Sonderermittler der Münchner Kriminalpolizei. Chronologisch gesehen ist dieser Band der dritte dieser Reihe, da er im Jahr 1897 spielt.

Major Gryszinski reist mit Ehefrau Sophie und dem vierjährigen Sohn Fritzi samt Kindermädchen und Kochlöffel schwingender Köchin Aloisia Brunner nach Bayern, genauer gesagt ins kleine Bergdorf Berghall, um bei der etwas exzentrischen Wiener Gräfin Franziska von Wurmbrand die Adventzeit in deren neu erworbenen Bauernhaus zu verbringen.

Gryszinski, der protestantische Preuße staunt über die zahlreichen Bräuche, die hier im katholischen Bayern im Advent stattfinden und Fritzi erlebt Abenteuer im Schnee.

Doch die Beschaulichkeit der vorweihnachtlichen Idylle wird durch einen Mord gestört. Und weil er eh schon vor Ort ist, wird Major Gryszinski gleich einmal mit den Ermittlungen betraut. Doch wie soll er den Täter unter den als Krampus verkleideten Dorfbewohnern ausfindig machen?

Meine Meinung:

Passend zur aktuellen Vorweihnachtszeit ist dieser Krimi erschienen, der auch gut in der Gegenwart spielen könnte. Eine eingeschworene Dorfgemeinschaft mit all ihren großen und kleinen Geheimnissen, in der zuerst einmal Neuankömmlinge scheel angesehen werden. Nicht zu vergessen sind die mehr oder weniger heimlichen, weil oft unerwünschten Liebesbeziehungen, sowie handfeste Motive um Erbschaften und Vermögen.

Das alles präsentiert uns Uta Seeburg in ihrer unnachahmlichen Art zu schreiben. Das Ambiente rund um das Bergdorf und seine Bewohner ist penibel recherchiert. Daneben dürfen wir uns auf ein Wiedersehen mit alten Bekannten wie Gryszinskis Mitarbeiter die Wachtmeister Voglmaier und Eberle sowie mit Freiherrn von Grabow freuen.
Schmunzeln musste ich über Aloisia Brunner, die zunächst so gar nicht aus München ins unbekannte Berghall reisen und ihre Gewohnheiten aufgeben wollte. Erst die moderne Küche in Wurmbrands Refugium versöhnt sie mit dem „Kuhdorf“ und lässt sie wieder groß aufkochen. An manchen Stellen ist sie mir ein wenig unbotmäßig, nimmt sich einiges ihren Arbeitgebern heraus, was Gryszinski in der Dienststelle vermutlich nicht tolerieren würde. Ihr lautloses Anschleichen, das einem Meuchelmörder würdig ist, erschreckt Gryszinski auch hier.

Ausgezeichnet sind die vielen Bräuche der Vorweihnachtszeit inklusive Aberglauben sowie die Lebensumstände der Menschen beschrieben. Man kann sich ein gutes Bild der Örtlichkeit machen, auch wenn Berghall ein fiktives Dorf ist.

Auf Grund der Jahreszeit gerät der sonst so herrlich trockene Humor Gryszinskis ein wenig ins Hintertreffen. Dafür darf das Ehepaar Gryszinski einer trauten Gemeinsamkeit frönen, ohne die gesellschaftlichen Gepflogenheit der Großstadt beachten zu müssen.

Fazit:

Ein stimmungsvoller winterlicher Krimi, der spannend und unterhaltsam sowie ideal für gemütliche Lesestunden im Advent ist und dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 01.12.2024
Maria Theresia Ledóchowska

Maria Theresia Ledóchowska


sehr gut

Die Missionarin, die nie in Afrika war

Verlagstext:

„Maria Theresia Ledóchowska (1863-1922), eine junge Frau polnisch-adeliger Herkunft, kam 1885 als Hofdame von Großherzogin Alice von Toskana in die Stadt Salzburg. Hier fand sie ihre Lebensthemen: den Kampf gegen die Sklaverei und die Mission in Afrika. Beide waren zentrale Motive für die Gründung des nach wie vor aktiven Missionsordens vom heiligen Petrus Claver in Maria Sorg. Ihre Ideen verbreitete Ledóchowska mit eigenen Druckwerken, der Herausgabe von Zeitschriften und den modernen Medien des beginnenden 20. Jahrhunderts. In der Stadt Salzburg gründete sie ein Afrika-Museum, das „Claverianum“, und prägte damit das Afrika-Bild ihrer Zeit im Spannungsfeld von Mission und Kolonialismus.“

Da ich gerne Biografien über ungewöhnliche Frauen lese, hat mich dieses Buch interessiert. Über die Ordensgründerin Maria Theresia Ledóchowska ist außerhalb der einschlägigen Community wenig bis nichts bekannt. Nun soll mit diesem Buch, das eine wissenschaftliche und kritische Auseinandersetzung mit dieser Frau sein soll, Abhilfe geschaffen werden. Dazu tragen die Erkenntnisse von 12 Autorinnen und Autoren bei, die nun in dieser Biografie zusammengefasst sind.

Auch wenn ich einräume, das Leben der Maria Theresia Ledóchowska im Kontext der Zeit zu betrachten ist, bin ich von Kapitel zu Kapitel zorniger geworden. Von den europäischen Herrschern sowie der katholischen Kirche, ist man ja die Allmachtsfantasien vom „Gottesgnadentum“ etc. mit dem sie sich auf Kosten anderer bereichert haben, gewöhnt.

Leider bekennt sich Ledóchowska ebenfalls zu dieser eifernden Zwangsmission. Nicht immer ist alles gut, was gut gemeint ist. So kauft sie bzw. ihr Orden von Sklavenhändlern verschleppte Kinder frei. Allerdings nicht um sie ihren Familien zurückzugeben, sondern um „gute (katholische) Christen aus ihnen zu machen. Ein einträgliches Geschäft für die Sklavenhändler, die nun nur mehr die Hand aufzuhalten brauchen.

Besonders verstörend sind die Ansichten der Ordensgründerin wie auf Seite 146 ausgeführt:

„Ledóchowska plädiert zunächst für den friedlichen Weg, also die Ausbreitung des Christentums durch die katholischen Missionen. Die Missionare sind Kolonisten, welche die der Arbeit entwöhnten Neger beten und arbeiten lehren und so nach und nach durch freiwillige Arbeiter die Sklaverei ersetzlich machen. Zweitens fordert sie den Ausbau von Eisenbahnen und Telegraphen, damit der Transport nicht durch Sklav:innen sondern auf der Schiene erfolgen könne. Und drittens müsse das Schwert eingesetzt werden, denn in Afrika sei der Kampf zwischen Christentum und Islam entbrannt, zwischen Kreuz und Halbmond. Dieser dürfe nur begonnen werden, wenn eine Niederlage ausgeschlossen werden könne und das bedeute, dass zuerst an den Küsten die Herrschaft der Europäer etabliert werden müsse.“

Und so eine Person wird seitens der Kirche 1975 selig gesprochen?! Dabei kennt sie die Zu- und Umstände vor Ort gar nicht. Maria Theresia Ledóchowska hat mehr oder weniger gemütlich in Salzburg gelebt und hat Afrika Zeit ihres Lebens nicht besucht. sie kennt alles nur vom Hörensagen und von Fotos, die sie für ihre Vortragsreihen benützt. Diese rund 2.000 oft handkolorierten sind im Ordenshaus Maria Sorg in Salzburg gefunden worden.

Der Orden besteht nach wie vor, weshalb das Stadtarchiv Salzburg nun dieses durchaus kritische Buch zu Maria Theresia Ledóchowska herausgebracht hat. Dass die Ordensgründerin der Freiwilligen Feuerwehr Lengfelden (Bergheim) die damals modernste Feuerwehrspritze gespendet hat, kann meiner Ansicht nach nicht über das Leid hinwegtäuschen, das den Familien in Afrika durch die Christianisierung angetan worden ist.

Ja, es ist notwendig den Menschen in Afrika zu helfen, aber mit Rücksichtnahme auf örtliche Gepflogenheiten und ohne sie zu Bittstellern zu degradieren und als Gegenleistung für die Unterstützung, den christlichen Glauben annehmen zu müssen. Auf der Website des Ordens wird um Spenden für Bücher gebeten. Keines der taxativ aufgezählten Werke hilft den Lesern bei der Bewältigung des kargen Alltags, sondern „soll den Glauben stärken“.

Da zwölf Personen Beiträge verfasst haben, wird in jedem Bezug auf ihre adelige Herkunft genommen. Das ist ein bisschen ermüdend zu lesen. Da hätte das Lektorat eventuell steuernd eingreifen können.

Fazit:

Die kritische Auseinandersetzung mit dieser Ordensgründerin ist längst überflüssig, zumal der Orden, wie in dem Buch zu lesen ist, weiter besteht und seine Arbeit im Sinne seiner Gründerin fortführt. 4 Sterne