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Frankfurt

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Insgesamt 726 Bewertungen
Bewertung vom 09.09.2020
Schnapp den Dieb! Spannende Rätselkrimis zum Mitraten
Gumpert, Steffen

Schnapp den Dieb! Spannende Rätselkrimis zum Mitraten


ausgezeichnet

Ein Buch für alle Knobel-Fans - (fast) alterslos!
Ich weiß gar nicht wo ich mit der Lobeshymne anfangen soll! Das Buch „Schnapp den Dieb““ mit spannenden Rätselkrimis zum Mitraten ist ein voller Erfolg bei uns gewesen. Das Buch ist so aufgebaut, dass es 5 verschiedene zusammenhängende Fälle gibt, aber nach jeder linken Textseite ein Rätsel mit Hilfe des Bildes auf der rechten Seite zu lösen ist. Kommt man nicht auf die Lösung, blättert man um und die Lösung steht im ersten Satz der nächsten Seite. Da kommt keine Langeweile auf, weil man ständig mit Knobeln beschäftigt ist. Ihr wisst worauf ich hinaus möchte? Genau -ein Buch wie geschaffen für Lesemuffel, die lieber die ??? hören! Was auch an dieser Ausgabe besonders toll ist, dass es so federleicht ist. Es passt in jeden Ranzen, da kann man locker mal eine Seite auf dem Schulweg raten oder wenn wieder mal eine längere Autofahrt ansteht (vorausgesetzt beim Lesen wird einem nicht schlecht…).
Besonders hervorzuheben sind natürlich die Illustrationen. Bis ins letzte Detail ausgefeilt, merkt man, dass Steffen Gumpert große Freude hatte sich hier auszutoben. Es ist wahrlich gelungen! Uns haben die Zeichnungen sehr gut gefallen.
Die Altersangabe ist mit 10 Jahren angegeben, aber ich finde ein/e gut geübte/r Leser/in kann das Buch auch schon mit 8 Jahren in die Hand nehmen. An keiner Stelle ist der Inhalt fragwürdig oder nicht kindgerecht. Die Altersangabe bezieht sich aus meinem Verständnis rein auf die Schriftgröße und Fülle. Wir haben es als Familienvergnügen zusammen gelesen und geknobelt, das hat auch großen Spaß gemacht!
Und nun? Wir haben alle 5 Fälle gelöst als Familien-Rätselbande und sind traurig, dass kein Nachschub da ist! Lieber Steffen Gumpert, wir warten sehnsüchtig auf den 2. Band!!!

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Bewertung vom 07.09.2020
Die Wahnsinnige (eBook, ePUB)
Hennig Von Lange, Alexa

Die Wahnsinnige (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ihrer Zeit weit voraus

Es ist immer wieder erstaunlich wie Männer in den letzten Jahrhunderten, ach was, Jahrtausenden versucht haben die Frauen von Macht und Einfluss fern zu halten. Und wenn es nicht die Männer waren, kam das strenge Regiment der Frauen hinzu die sich ihre Vormachtstellung hart erkämpft haben. Und was passiert, wenn da eine Frau ganz modern selbstbestimmt leben will und nicht ihrem vorherbestimmten Schicksal klein beigibt? Was ist, wenn genau diese Frau aus dem ausbrechen will was ihre Familie für sie im Sinn hat? Ja, solche Beispiele gibt es traurigerweise auch heute noch auf diesem Globus, auch wenn wir es uns hier in Europa nur schwer vorstellen können.
Aber Alexa Hennig von Lange hat sich einer historischen Figur angenommen und das unsägliche Zusammenspiel aus Mittelalterlichem Machtintrigantem Hofleben mit einer depressiv modernen Frau gepaart: Johanna, die Wahnsinnige! Der Roman startet 1503 in Spanien, wo Johanna die Macht ihrer erzkatholischen Königsmutter festigen soll und die Machtstellung der Familie halten. Sie will das nicht, auch beten ist nicht ihres und so beginnt der Kampf in der Festung. Johanna wütet und bricht die Regeln somit wird sie zur Wahnsinnigen. Ihr Wunsch so zu leben wie es gerne möchte, klingt absurd und unerhört in den Ohren der Adligen. Auch die Ehe mit Philipp dem Schönen erscheint erst eine Milderung der Qual, ein Jackpot, aber dann beginnt auch er sich gegen sie zu wenden.
Fein nuanciert beschreibt Alexa Hennig von Lange wie es sich zugetragen haben könnte, spitzt zu und lässt das Drama krachen damit wir Leser nicht nur den Wahnsinn zu spüren bekommen sondern auch gut unterhalten werden. An Auf und Ab wird nicht gegeizt und es geht mit spritzigen Dialogen turbulent durch den Beginn des 16. Jahrhunderts.
Historischer Stoff: ja – historischer Roman: nein. Der Roman hat nicht den Anspruch auf historische Korrektheit und will auch gar nicht das echte, im Detail historisch korrekte abbilden. Es geht um das Aufzeigen der absurden Situationen in den sich die historische Figur Johanna, die Wahnsinnige befunden hat und zu zeigen was schon vor Jahrhunderten Frauen in die Enge getrieben hat und sie zu depressiven Personen machte. Eher ein Mahnmal und ein Denkmal in einem ist dieser Roman einer Frau aus vergangenen Zeiten gewidmet, die leider nie erleben dürfte was es heißt sein Leben selbstbestimmt in Freiheit zu leben und das als Frau.
Fazit: Bei der Autorin brauch ich es kaum dazu schreiben: Lesen – es ist wie immer überzeugend gut!
PS: Nicht nur für Feministen und Emanzipationsverfechter eine augenöffnende Lektüre!

Bewertung vom 24.08.2020
Ein möhrenstarkes Schuljahr / Hops & Holly Bd.2
Reider, Katja

Ein möhrenstarkes Schuljahr / Hops & Holly Bd.2


sehr gut

Tolle Lektüre in den Anfängen der Grundschulzeit - hilft den kids beim Ankommen im neuen Lebensabschnitt!

Wunderbare Einschulungslektüre & für die Grundschule

Bereits der erste Band der Hops & Holly Reihe ist eine tolle Einstimmung auf eine bevorstehende Einschulung mit dem Band “Die Schule geht los“ – eine wunderbare Lektüre in der endenden Vorschulzeit.
Nun folgt der 2. Band von Katja Reider mit „Ein möhrenstarkes Schuljahr“, dieser eignet sich besonders als Vorlese-Lektüre im ersten Halbjahr der ersten Klasse. Die Kinder haben sich eingelebt in ihren neuen Alltag, aber doch ist vieles noch neu und eben nicht alles ist schon klar. Da kann es helfen, wenn Hops & Holly in einer ähnlichen Situation sind und es werden verschiedenste Themen auf leichte Weise angesprochen.
Es gibt eine Episode über einen Schulpreis, eine Übernachtungsparty, es geht um das Klassenfoto und andere Themen wie sportliche Ambitionen und die Liebe – bei Groß und Klein. Hier werden auf eine hasige Art die Sorgen der Kinder sehr Ernst genommen und sie merken, dass ihre Aufregung und ihre Sorgen auch wichtig sind auch wenn es aus erwachsenen Sicht „unwichtige“ Themen sind.
Der Text ist sehr behutsam und vor allem für äußerst sensible Kinder geeignet. Auch die Zeichnungen von Sabine Straub sind unaufgeregt und sehr schön anzuschauen.

Fazit: Für Kinder denen es hilft einen fiktionalen Vergleich zu durchleben als Unterstützung für ihren neuen Alltag.

Bewertung vom 24.08.2020
Die Jagd beginnt! / Die Jagd nach dem magischen Detektivkoffer Bd.1
Stronk, Cally

Die Jagd beginnt! / Die Jagd nach dem magischen Detektivkoffer Bd.1


sehr gut

Meine Zwillinge machen jeweils beide ihre Daumen hoch, das ergibt schon mal 4 starke Zusagen!
Der Auftakt dieser neuen Erstleser-Buchreihe „Die Jagd nach dem magischen Koffer“ aus dem Ravensburger Verlag ist gelungen. Die Zwillinge Marie & Lukas werden 7. Jahre alt und bekommen zunächst einen ominösen Brief ihrer Tante Gundula aus dem fernen Indonesien und dann soll da noch ein Geschenk folgen….Spannend!
Das Buch ist in großer Schrift mit viel Zeilenabstand geschrieben und ist somit wunderbar für 2.Klässler und Leser mit besseren Lesekenntnissen geeignet. Etwas Lesen sollte man können, sonst erscheint einfach der Text zu viel. Aber sonst ein dynamisches Leseabenteuer, das fast genderfree daher kommt! Ganoven wie Kinder, alles ausbalanciert, hier findet jeder eine Figur mit der er sich identifizieren kann. Cally Stronk hat einen leicht lesbaren Text geschrieben, der mit wenig Anlizismen und ohne Fremdwörter auskommt, was bei den Lesestartern natürlich dem Lesefluss positiv zugute kommt.
Spannung kommt auch durch die Mitrateseiten die an fast allen Kapitelenden stehen auf. Abwechslungsreich und nett, dass man zwischen dem Lesen auch mal Raten kann.
Ein Highlight sind auch die tollen Illustrationen von Patrick Fix und diese in Hülle und Fülle. Man merkt, dass er Spaß hatte die Gangster sowie die Familie adäquat in Szene zu setzen und auch die Rätsel, da die alle Bilderlastig sind.
Dieser erste Band „Die Jagd beginnt“ liest sich allerdings doch eher wie ein Auftakt, da ja nun erst einmal der magische Koffer ins Spiel kommen musste. Wir erhoffen uns mit dem zweiten Band „Vorsicht, Ganoven!“ ein noch spannenderes Abenteuer!

Bewertung vom 23.08.2020
Der letzte Satz
Seethaler, Robert

Der letzte Satz


sehr gut

Kein Fakten-Check – ein ergründen seiner Seele

Wer erwartet einen umfangreichen Roman über das Leben des Gustav Mahlers zu lesen, wird enttäuscht. Robert Seethaler hat in der Tat einen Roman über Gustav Mahler geschrieben, aber die knapp 125 Seiten sind eher eine Ergründung seiner Seele in seinen letzten Tagen. Wir nisten uns als Leser in den Kopf von Mahler ein und begleiten ihn auf seine letzte Überfahrt und taumeln mit ihm durch seine fiebrigen Gedanken. Wie er sich episodenhaft erinnert, wie er hadert und was er bereut. Aus meiner Sicht ist ‚Der letzte Satz‘ ein gelungener Roman einer Innenansicht eines Mannes der schon oft auf andere biografische weise portraitiert wurde.
Aber selbst wenn man wenig bis gar nichts über den Komponisten und Dirigenten Mahler weiß, ist der Roman wieder eine Ode an die Literatur, denn der Text liest sich wie so oft bei Seethaler, sehr angenehm und durchkomponiert. Starke Sätze, die Seethaler dem berühmten Mann ins Denkgefüge gibt wie: ‚Nicht alle Traditionen, die doch in Wahrheit nichts anderes waren als der Ausdruck des unbedingten Willens, dumpf und reglos im ewig gleichen zu verharren, ließen sich einfach so über den Haufen werfen.‘ (S. 77) oder auch ‚ Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis. Es war zum Heulen.‘ (S. 94) Nicht hochtrabend, aber pointiert gut. Kein Wort zu viel – der Text passt perfekt.

Keine Biografie, kein lückenloses Portrait – nein, eine Innenansicht des großen Komponisten. Ein emotionaler Text über den Mann hinter der Berühmtheit am Ende seines Lebens.

Bewertung vom 20.08.2020
Schwarzpulver
Lichtblau, Laura

Schwarzpulver


weniger gut

Ein Roman über dem ein Nebel hängt - wie ein Schleier hängen düstere unausgesprochene Elemente über dem Text. Durch den Klappentext und vorher erworbene Informationen, ahnt man, dass hier kein positives Szenario gezeichnet wird. Wir nisten uns als Leser abwechselnd in die Köpfe dreier Personen ein: Charlotte – Mutter und Scharfschützin, Charlie – Charlottes Kind und Burschi – ein weiterer junger Mensch.

Poetisch, fast lyrisch – fetzenartig bekommt der Leser mit wie es den einzelnen Personen geht und mit was sie sich beschäftigen. Ausschnittartig mit fehlender ausschmückender Erklärung eines Allwissenden Erzählers. Mir persönlich haben diese Elemente gefehlt. Es war mir zu fragmenthaft. Ich hatte mir mehr von dem dystopischen Gedankenmodell erhofft – auch außerhalb der einzelnen Personen.

Fazit: Wer es gerne lyrisch hat und gerne weniger als mehr im Text findet, mag hier eine gute Lektüre finden.

Bewertung vom 14.08.2020
flüchtig
Achleitner, Hubert

flüchtig


ausgezeichnet

Melodisch ist der Text. Es gibt reichlich Hinweise auf einen Schreiber der die Liebe zur Musik und die Liebe selbst zelebriert. Pointiert und wortwitzig wie gewannt wird hier eine Geschichte im besten österreichischen Dialekt erzählt. Hubert Achleitner, der mehr als österreichischer Alpenrocker bekannt ist, legt mit dem Roman ‚flüchtig’ sein Debütroman vor. Der hat es in sich und ist überzeugend gut.

Ein bisschen Liebesgeschichte, ein eingestreuter Roadtrip (vor allem in Griechenland), das Leben an sich und natürlich die Macht des Moments und das Glück eines jeden. All das und viel mehr bringt uns dieser Roman auf guten knapp 300 Seiten nahe.

Um was geht es hier? Vor allem um einen Mann dessen Frau verschwindet und er zunächst nicht weiß warum. Als Leser lichtet sich der Wald recht schnell und der Aufbruch wird nachvollziehbar.

Gern habe ich diesen Roman gelesen, denn er vermochte es mich zum Schmunzeln zu bringen, mich ab und an zu ärgern über die eine und andere Figur, mich traurig machte und zugleich beflügelte beim Lesen. Welcher Roman kann solche Emotionalität schon hervorbringen?

Fazit: Wie auch Musik die eigenen Saiten zum Klingen bringt - tut es auch dieser famose Roman.

Bewertung vom 03.08.2020
Die Tanzenden
Mas, Victoria

Die Tanzenden


sehr gut

Aufbegehrende Damen

1885 in Paris. Eine Stadt hat sich vom Adel losgesagt und strebt eine moderne Demokratie an fast 100 Jahre nach dem Sturm auf die Bastille. Aber wie ergeht es Frauen in diesen Zeiten? Mündige Bürgerinnen? Mit Nichten! Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. „Die Tanzenden“ von Victoria Mas nimmt uns mit in eine Zeit in der Frauen in totaler Abhängigkeit von ihren Männern waren, erst die Väter, dann die Ehemänner. Ausgeliefert, Schutz- und Rechtlos. Waren die Damen mit einer konträren Meinung ausgestattet oder hatten zu viel Selbständigkeit im Sinn wurde es schnellstens unterbunden.
In Paris gab es dann noch die Salpêtrière, dort landeten Hysterikerinnen, geisteskranke Frauen und dergleichen - alle weiblich und unerwünscht in der Gesellschaft. Dort wurde der Nervenarzt Charcot für seine Verdienste gefeiert - natürlich vor allem von Männern.
Diesen aufmüpfigen Damen, die man in der Salpêtrière wegsperrte, verschafft Viktoria Mas eine späte fiktive Stimme und verbindet ein klares frauenverachtendes Bild aus einem vergangenen Jahrtausend mit einer gut erzählten Geschichte.
Der Leser begleitet die junge Eugénie aus gutem Elternhaus, die von sich sagt, dass die Toten zu ihr sprechen. So landet sie natürlich in der Salpêtrière, aber die Geschichte nimmt eine dramatische Wendung.

Viktoria Mas nutzt eine klare Sprache mit der sie mich als Leser sofort in das Paris des Jahres 1885 katapultiert hat. Julia Schoch hat das ganze, wie so oft, gekonnt und äußerst gut übersetzt aus dem Französischen.
Immer wieder tauchen zwischen der Handlung Sätze auf die eine Tragweite weit über die dort beschriebene Handlung hinaus hat, wie „doch zu lügen ist manchmal nicht bloß eine Notwendigkeit, es ist mehr: Trost.“ (S. 184)

Fazit: Das Patriarchat ist tot - es lebe die Weiterentwicklung und manchmal hilft auch ein fiktiver Blick in die Vergangenheit um den Fortschritt zu erkennen!

Bewertung vom 20.07.2020
Die Karte der zerbrochenen Träume
Joukhadar, Zeyn

Die Karte der zerbrochenen Träume


ausgezeichnet

Im Auge des Betrachters.

Die Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart, von unterschiedlichen Lebensumständen und Sichtweisen auf die Welt macht dieses Buch einzigartig. „Die Karte der zerbrochenen Träume“ nimmt uns mit auf mehrere Reisen gleichzeitig. Zum einen auf eine Zeitreise in das 12. Jahrhundert rund um das Mittelmeer mit dem berühmten Kartenzeichner al-Idrisi und der furchtlosen Rawiya. Zum anderen auf die sehr aktuelle Flucht vor dem Krieg aus Syrien der amerikanischstämmigen Familie von Nour beginnend im Jahr 2011. Beide Geschichten laufen parallel beim Lesen und doch greifen sie ineinander.
Ein Roman, den Zeyn Joukhadar sehr poetisch erzählt in klassischer arabischer Tradition. Mal ist die Sprache blumig verwoben und ausufernd schön wenn die mittelalterliche Fabel kund getan wird und mal auch kontrastreich, hart und einschneiden, wenn es um die Kriegserlebnisse geht.
Ich muss bei allem Lob auch eingestehen, dass ich den Roman im mehreren Etappen gelesen habe und nun nach fast einem Jahr zu Ende gelesen habe. Die verschiedenen Ebenen und die Andersartigkeit machten es mir zum Teil recht schwer mal eine oder zwei Seiten zu lesen. Richtig Freude macht dieser Roman, wenn richtig viel Zeit zum Lesen ist und man auch mal für 2-3 Stunden abtauchen kann.
Besonders die sehr schön gestaltete Hardcover-Ausgabe sollte erwähnt werde. Ein Mosaik nicht nur auf dem Schutzumschlag, nein, auch auf dem eigentlich Buch mit Prägung! Solch ein farbenfrohes Buch habe ich lange nicht in den Händen gehalten. Auch die Karte auf der Innenseite vorne wie hinten lädt immer wieder ein zum Betrachten und lehrt uns, dass vieles Vertraute eine Frage der Perspektive ist.
Fazit: Ein Roman der einem auf fiktionaler Weise eine neue Welt erschließt.

Bewertung vom 31.03.2020
Violet
Chevalier, Tracy

Violet


sehr gut

Feines leises Portrait der Vergangenheit

‚Violet‘ ist eine Dame, nicht mehr ganz so jung, die durch den ersten Weltkrieg in eine Alterskategorie gehört in der nur noch wenige Männer im heiratsfähigen Alter zur Verfügung steht. Sie findet ihr Glück in den 30er Jahren langsam im englischen Städtchen Winchester, wo sie eine Schreibkraft ist. Nach und nach lernt sie eine kirchliche Stickgruppe kennen, der sie sich anschließt und sich geborgen fühlt. Auch ein gewisser Arthur wird Teil ihres Lebens.
Tracy Chevalier hat sich einem historisches Setting gewidmet und zugleich dem Thema Genügsamkeit. Sie erzählt uns das Leben der Violet und wie sie mit den Schwierigkeiten des Lebens umgeht und trotz aller Widrigkeiten ihr Glück im Allerkleinsten sucht und findet. Das steht im Gegensatz zu den meisten Zielen heutzutage, es muss ja meist höher, schneller, weiter oder „seht her wie toll ich bin“-Instagram sein. Der Roman passt in den Zeitgeist des Umdenkens, zum Innehalten und überlegen was wir alles Gutes haben und über was wir uns heute aufregen.
Zugleich ist der Roman ein englisches Portrait einer untergegangenen Zeit – einem England das mal war. Die Prüderie, die hochgelobte Ehe, viele aus heutiger Sicht anachronistische Dinge finden hier ihre Erwähnung.
Die Kombination macht diesen sehr leise und sachte erzählten Roman doch unterhaltsam. Auf gut 350 Seiten lernen wir eine tolle Frau kennen, die damals ihren Weg gefunden hat! Allerdings darf man keinen spannungsgeladenen Roman erwarten. Eher eine beruhigende Entspannungslektüre.