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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1369 Bewertungen
Bewertung vom 23.10.2020
Spiegelinsel
Baumann, Margot S.

Spiegelinsel


sehr gut

Geheimnisvoller Bilderfund
Als ihre Großmutter in eine Seniorenresidenz umzieht, findet Tessa bei der Wohnungsentrümpelung ein altes abgegriffenes Fotoalbum, dass aus dem 19. Jahrhundert und von einer entfernten Verwandten namens Margaret Sophie Clark stammt, die sich gern als Fotografin betätigte. Die alten Bilder sind zwar nicht mehr von bester Qualität, zeugen jedoch von einem Auge für Stil und Komposition, so dass sie Tessas Neugier anstacheln, mehr darüber herauszufinden, vielleicht ja auch noch andere Bilder der Fotografin zu finden, die auf deren Heimatinsel Isle of Wight gemacht wurden. So findet sich Tessa bald auf der Insel wieder, um den alten Spuren zu folgen, wobei ihr bald der Kurator des örtlichen Museums dazwischen grätscht…
Margot S. Baumann hat mit „Spiegelinsel“ einen kurzweiligen spannungsgeladenen Roman vorgelegt, der sie recht gelungen neben einer Prise Romantik und Krimielementen auch einen Schwenk in die Vergangenheit untermischt. Mit flüssig-leichtem, bildhaftem und gefühlvollem Erzählstil platziert die Autorin den Leser mal an die Seite von Tessa, mal an die von Raiden sowie an die von Margaret, so dass ein wunderbarer Rundumblick in die Gedanken- und Gefühlswelt der Hauptprotagonisten ein Gesamtbild ergibt, während sich die Geschichte gleich einem Puzzle Stück für Stück vor dem Leser entblättert. Baumann gelingt es, mit einem Brückenschlag zwischen Gegenwart und Vergangenheit sowie wohl dosierten überraschenden Wendungen die Spannung von Abschnitt zu Abschnitt zu steigern, was den Leser an den Seiten kleben lässt, um nur keine Entwicklung zu verpassen. Die farbenfrohen Beschreibungen der Insel lassen während der Lektüre schöne Bilder vor dem inneren Auge des Lesers entstehen, aber auch die historischen Details über die Anfänge der Fotografie geben der Geschichte einen schönen Rahmen, wobei sich die Autorin für die Darstellung ihrer Margaret einer belegten Person als Vorbild bedient und dem Ganzen mehr Authentizität verleiht.
Die Charaktere sind mit menschlichen Zügen versehen, die sie dem Leser gegenüber glaubhaft auftreten lassen und dieser sie gerne während der Geschichte begleitet. Tessa überzeugt mit ihrem freundlichen Wesen sofort, sie besitzt eine gesunde Neugier, wobei sie manchmal sogar fast übers Ziel hinausschießt, doch ist es ihrem Interesse für die Vergangenheit geschuldet. Raiden ist wie ein etwas verschrobener Professor, besitzt aber neben Charme auch noch Einfühlungsvermögen sowie Hilfsbereitschaft. Ein Schuss Geheimniskrämerei seinerseits lässt ihn unwiderstehlich wirken. Auch Segler Oliver ist ein netter Kerl, der manchmal aber undurchsichtig erscheint. Margaret ist eine Pionierin, besitzt ihren eigenen Kopf und vor allem den Mut, ihren Träumen zu folgen.
„Spiegelinsel“ ist ein unterhaltsamer Mix von Gegenwart und Vergangenheit, Geheimnissen, Liebe und Gefahr, dessen lebhafte und bildreiche Sprache dem Leser eine aufregende Zeit beschert. Verdiente Leseempfehlung!

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.10.2020
Die Tote mit dem Diamantcollier / Ein Fall für Jackie Dupont Bd.1
Lambert, Eve

Die Tote mit dem Diamantcollier / Ein Fall für Jackie Dupont Bd.1


sehr gut

Mörderjagt im Fürstentum
1920 Monaco. Auf der luxuriösen Privatyacht „Celluloid“ der millionenschweren Carla Tush nebst Ehemann Ronald gibt es eine riesige Party anlässlich des Kriegsendes. Eine illustre Gesellschaft von Künstlern, Adligen und reichen Geschäftsleuten feiert ausgelassen, bis die Gastgeberin tot aufgefunden und der Verlust ihres wertvollen Diamantcolliers offenbar wird. Die angesehene Privatdetektivin Jackie Dupont, die sich am Hof des Fürsten aufhält, macht sich gemeinsam mit der örtlichen Polizei an die Ermittlungen der offensichtlich ermordeten Carla. Die Erkenntnis, dass sich der Täter unter den Partygästen befindet, trägt nicht gerade dazu bei, den Anwesenden die Zunge zu lösen, zu sehr haben sie selbst einige Geheimnisse, die es zu hüten gilt. Wird Jackie dennoch den Mörder entlarven?
Eve Lambert hat mit „Die Tote mit dem Diamantcollier“ den ersten Band ihrer historischen Krimireihe um die mondäne Ermittlerin Jackie Dupont vorgelegt, der mit einem interessanten Mordfall gut zu unterhalten weiß. Der flüssige und bildhafte Schreibstil lässt den Leser nicht nur eine Zeitreise in die 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts antreten, sondern bietet ihm mit dem kleinen monegassischen Fürstentum auch noch einen elitären Hotspot als Austragungsort an. Nachdem man sich erst einmal mit sämtlichen Protagonisten vertraut gemacht hat, die auf intelligente Weise dem Leser vorgestellt werden, erlebt man über zwei Ebenen die Handlung hautnah mit. Zum einen heftet sich der Leser an Jackies Fersen, um den Mörder unter den Gästen und Angestellten der Yacht zu finden, zum anderen lernt man Christopher St. Yves, den Duke of Surrey, kennen, der nicht nur ein Partygast ist, sondern auch so einige Leichen im Keller hat, die besser nicht ans Tageslicht kommen sollten. Geschickt führt die Autorin den Leser mit einigen Wendungen und Geheimnissen der Protagonisten an der Nase herum, so dass dieser die Situation immer wieder neu überdenken muss und am Ende doch beim Entlarven des Täters überrascht wird, während er bei einigen anderen Dingen leider erst bis zur Fortsetzung warten muss, um diese vielleicht zu erfahren. Der Spannungslevel wird gleich zu Beginn etwas höher angelegt, flacht während der Geschichte nicht ab und hält den Leser durchgängig gebannt bei der Stange.
Die Charaktere sind liebevoll ausgesucht und in Szene gesetzt. Leicht überspitzte menschliche Eigenschaften machen sie interessant und den Leser neugierig, mehr von ihnen mitzuerleben. Jackie ist eine Wucht, manchmal eine Klugscheißerin, aber mit Niveau. Intelligent, unkonventionell, exzentrisch, und in höchstem Grade unangepasst, geht sie ihrer Ermittlungstätigkeit nach, lässt dabei den Snob raushängen, während sie sich unter die bunte Gästeschar mischt und diese mit ihrer Anwesenheit und ihren bohrenden Fragen nervös macht. Christopher St. Yves ist eigentlich ein Mann von Welt, doch irgendwie auch ein nervöses Hemd, denn seine eigenen Geheimnisse rauben ihm die Selbstsicherheit. Jackies Hund Sargent füllt seine Rolle perfekt aus, ist er doch die Anlaufstelle, wenn Jackie was loswerden muss. Aber auch Zelda, Sègoléne, Lady Wrexley, Anne, Rose Munroe und weitere Partygäste tragen ihren Teil dazu bei, die Spannung innerhalb der Geschichte und die Deckung des Mörders bis zum Schluss zu erhalten.
„Die Tote mit dem Diamantcollier“ ist ein gelungener Krimi nach alt-englischer Manier, der zwar etwas überspitzt wirkt, jedoch mit einer bunten Mischung zu unterhalten weiß. Eine Punktabzug gibt es für die offenen Fragen, die erst in den Fortsetzungsbänden beantwortet werden, das ist kein guter Stil. Ansonsten sehr lesenswert und mit verdienter Leseempfehlung ausgestattet!

6 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.10.2020
Hope Street
Campino

Hope Street


schlecht

"Es geht auch ohne" (Die Toten Hosen)
Andreas Frege alias Campino, der als Frontmann der “Toten Hosen“ berühmt-berüchtigt ist, legt in „Hope Street“ Teile seines Familienlebens und seine Leidenschaft für den FC Liverpool offen. Locker-flockig gleich einem Tagebuchabriss springt er von Hölzchen aufs Stöckchen, nimmt den Leser mit an seinen Heimatort für eine melancholische Rückschau, um dann in die Gegenwart zu hüpfen und von Spieleübertragungen in New Yorker Kneipen kurz vor der Hochzeit zu schwafeln. Seine Passion für den englischen Fussballclub FC Liverpool mag momentan so mancher teilen aufgrund des deutschen Trainers Jürgen Klopp, doch für Ihn selbst geht die Liebe noch einen Schritt weiter, als Sohn einer englischen Mutter hat ihn England ebenso geprägt wie Deutschland.
Obwohl recht unterhaltsam und teilweise sogar witzig zu Papier gebracht, um eine Nähe zum Leser herzustellen, weiß Campino nicht wirklich zu fesseln. Hat man als Musikinteressierter die Karriere der „Toten Hosen“ verfolgt, erwartet man sich eigentlich eine etwas aufmüpfige und rebellische Ader, die zu Kontroversen führt und für Diskussionen sorgt. Diese Geschichte dagegen ist handzahm, fast schon bieder anzusehen und entspricht so gar nicht den gehegten Erwartungen, die man mit dieser Autobiografie verknüpft hat. Während er sprachlich den Finger hebt und sich z.B. für den Umweltschutz stark macht, kann man sich als Leser eigentlich nur fremdschämen, wenn man dann über die Reiserouten der Band liest oder über seine eigenen, um diverse Fußballspiele live mitzuerleben und welche Transportmittel dafür genutzt werden. Da fragt man sich nur noch: kann ich so jemanden ernst nehmen? Vor allem in Hinblick auf die Position als Vorbild für so viele sollte er sich immer die Frage stellen, wie glaubhaft er ihnen gegenüber wirkt. Je mehr man liest, umso langweiliger wird die Gesamtstory, am Ende ist man froh, die letzte Seite erreicht zu haben.
Lange Jahre haben wir Campino und die „Toten Hosen“ gern gesehen und gehört, gerade weil sie so unangepasst und streitlustig dahergekommen sind. All dies hat sich nach dem Blick hinter die Fassade doch schnell relativiert und die nächsten Songs nehmen wir einfach so, wie sie sind – Lieder eben, die unterhalten sollen und keine ernstzunehmenden Botschaften. Mehr Schein als Sein und wohl doch mehr Kommerz als Überzeugung! Schade, dieses Vorbild hat seinen Heiligenschein verloren. Daumen runter!

12 von 17 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.10.2020
Das Geheimnis von Belle Island
Klassen, Julie

Das Geheimnis von Belle Island


ausgezeichnet

Belle Island - Fluch oder Segen?
1819 England. Seit 10 Jahren schon hat 30-jährige Isabelle Wilder die Insel Belle Island aufgrund eines alten Familienfluchs nicht mehr verlassen. Als in London der Vermögensverwalter sowie Isabelles Vormund Mr. Percival Norris ermordet wird, wird sein Anwaltskollege Benjamin Booker von seinem Chef Mr. Hardy mit der Aufklärung des Falles betraut. Benjamin reist nach Belle Island, da Isabelle als Hauptverdächtige gilt. Schon bald wird ein zweiter Mord verübt und die Stricke um Isabelle ziehen sich immer enger zusammen. Doch Benjamin will nicht daran glauben, dass Isabelle die Täterin ist, zu sehr schon fühlt er sich zu ihr hingezogen. Darüber hinaus gibt es noch einige andere Personen in Isabelles näherem Umfeld, die ebenso verdächtig sind und durchaus ihre ganz eigenen Motive haben…
Julie Klassen hat mit „Das Geheimnis von Belle Island“ einen sehr unterhaltsamen und spannenden Roman vorgelegt, der in der Regency-Zeit angesiedelt ist. Mit flüssigem, bildhaftem und gefühlvollem Erzählstil lädt die Autorin den Leser auf eine Zeitreise in die Vergangenheit ein, um sich auf Belle Island einzunisten, die dortigen Geschehnisse hautnah mitzuerleben und selbst als Ermittler tätig zu werden, um den Mörder zu entlarven. Vor farbenprächtiger Kulisse erlebt der Leser nicht nur eine alleinstehende Frau, die sich neben einer Korbflechterei auch um ihre geliebte Nichte kümmert, während sie sich um ihre Unabhängigkeit bemüht, sondern erfährt nach und nach auch um ihre Ängste um ihre merkwürdigen Träume und den alten Familienfluch. Ebenso darf man Benjamin über die Schulter schauen, der schon durch seinen im Prolog mitzuerlebenden verlorenen Prozess etwas eingeschüchtert ist und unbedingt diesen Makel von seiner Weste wischen möchte, indem er den wahrhaft Schuldigen in diesem Fall erwischt. Die Autorin beweist mit ständig neuen Wendungen, den zwischenmenschlichen Beziehungen untereinander, einer wachsenden Zahl an verdächtigen Protagonisten und einer immer weiter ansteigenden Spannung ihr ganzes schriftstellerisches Können. Die Geschichte ist zu keinem Zeitpunkt für den Leser vorhersehbar und birgt in ihrem Schluss eine doch sehr große Überraschung. Auch der christliche Aspekt ist unaufdringlich und sensibel mit der Handlung verwebt. Die Hauptthemen hier sind Mitgefühl, Hilfsbereitschaft, Fürsorge, Vertrauen und Vergebung, die wunderbar innerhalb der Handlung umgesetzt werden.
Die Protagonisten sind liebevoll gestaltet und besitzen mit ihren menschlichen Eigenschaften glaubhafte Charakterprofile. Der Leser hat bei der Lektüre die Aufgabe, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, was oftmals nicht so einfach ist. Isabelle ist eine warmherzige und liebevolle Frau, die aufgrund von Angst in Abgeschiedenheit lebt und sich dabei fürsorglich um ihre Nichte Rose kümmert. Benjamin ist ein junger, aufstrebender Anwalt, der noch grün hinter den Ohren ist. Manchmal wirkt er etwas einfältig und unbedarft, jedoch macht er im Verlauf der Geschichte eine Wandlung durch, die ihm mehr Selbstbewusstsein verleiht. Rose ist eine junge Frau, die noch sehr naiv wirkt und auch nur so ist zu erklären, wie sie sich auf ihren Verlobten Adair einlassen konnte. Dieser ist mit allen Wassern gewaschen. Dr. Grant ist ein geheimnisvoller Mann, während Mr. Hardy sich undurchdringlich und sehr unterkühlt gibt.
„Das Geheimnis von Belle Island“ überzeugt nicht nur mit einer zarten Liebesgeschichte, sondern vor allem mit einer spannenden Handlung, die einem alten Kriminalroman gleicht. Wer während der Lektüre gerne selbst als Ermittler tätig ist, dem wird dieser historische und gut durchdachte Roman ausgezeichnet gefallen. Absolute Leseempfehlung!

6 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.10.2020
White Christmas - Das Lied der weißen Weihnacht
Marly, Michelle

White Christmas - Das Lied der weißen Weihnacht


ausgezeichnet

"Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll." (J.W. v. Goethe)
Weihnachten 1937. Als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer hat es Irving „Berlin“ Baline weit gebracht, denn er ist inzwischen ein erfolgreicher Jazz-Komponist. Das Weihnachtsfest hat einen besonderen Platz in seinem Herzen, denn neben besonders glücklichen Momenten birgt es auch einen herben Verlust. Ausgerechnet in diesem Jahr muss er aufgrund von Dreharbeiten die Feiertage fernab von seiner Familie in Kalifornien verbringen und vermisst nicht nur diese, sondern auch den für die Jahreszeit typischen Frost und Schnee. Gerade diese Gefühle bringen ihn dazu, einige Songs zu komponieren, wobei auch „White Christmas“ entstand…
Michelle Marly hat mit „White Christmas – Das Lied der weißen Weihnacht” eine interessante und vor allem unterhaltsame Geschichte mit biografischen Zügen über das Leben eines Mannes vorgelegt, der mit seiner damaligen Komposition ein Lied erschaffen hat, das bis heute als erfolgreichstes Weihnachtslied aller Zeiten gilt. Der flüssig-leichte, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil der Autorin macht es dem Leser leicht, in der Zeit zurückzuwandern und Irvings Werdegang kennenzulernen. Marly erzählt die Geschichte aus der Sicht von Ellin MacKay, der Ehefrau von Irving. So erlebt man als Leser nicht nur Irvings Anfangszeiten, als er noch als Kellner und Zeitungsjunge tätig war, sondern auch seine Anfänge als Komponist, der nie Notenlesen gelernt oder Klavierunterricht gehabt hat. Er ist ein Selfmade-Künstler, der sich alles selbst erarbeitet hat, Klavierspielen nach Gehör lernte und die Tonfolgen aus seinem Herzen aufs Papier gebracht hat. Auch die Liebe zwischen Ellin und Irving war von großen Schwierigkeiten geprägt, denn sie gehörten nicht nur verschiedenen Glaubensrichtungen an, auch ihre Familie hatte große Vorbehalte gegen den ärmlichen jüdischen Musiker. Doch Ellin kämpfte wie eine Löwin für ihre große Liebe, begibt sich sogar nach Israel, um den Glauben ihres zukünftigen Mannes besser kennenzulernen. Marlys Erzählweise ist famos, denn als Leser hat man nicht nur das Gefühl, während der Lebensgeschichte der beiden Ellins Stimme zu lauschen, auch die bildhaften Beschreibungen der unterschiedlichsten Handlungsorte lassen sofort Bilder vor dem inneren Auge entstehen.
Die Charaktere sind liebevoll ausgearbeitet und mit glaubhaften menschlichen Ecken und Kanten versehen. Sie wachsen dem Leser schnell ans Herz, so dass das Miterleben, -fühlen und –fiebern richtig Freude macht. Irving ist ein ruhiger, eher introvertierter Zeitgenosse, der sich alles mit viel Fleiß und vor allem Talent erarbeitet hat. Er lebt für die Musik, bringt viele wunderschöne, heute noch geliebte Melodien aufs Papier. Seiner Frau Ellin ist er tief verbunden, man könnte sagen, die beiden sind seelenverwandt, haben sich gesucht und gefunden. Ellin ist eine resolute und mutige Frau, die sich gegen Widerstände stellt. Sie kämpft für ihr Glück und hat in der Beziehung die Hosen an. Dabei strahlt sie Liebe und Fürsorge aus.
„White Christmas – Das Lied der weißen Weihnacht” versprüht nicht nur schon vorweihnachtliche Stimmung, sondern erzählt neben der Entstehung des berühmten Weihnachtsliedes auch von der tiefen Liebe zwischen dem Komponisten und seiner Frau. Wunderschön zu lesen und mit einer verdienten Leseempfehlung ausgestattet!

11 von 13 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.10.2020
Audrey Hepburn und der Glanz der Sterne / Ikonen ihrer Zeit Bd.2
Weinberg, Juliana

Audrey Hepburn und der Glanz der Sterne / Ikonen ihrer Zeit Bd.2


sehr gut

"Nothing is impossible, the word itself says I'm possible!" (Audrey Hepburn)
Audrey ist die Tochter eines Briten und einer Holländerin, geboren wurde sie 1929 in Brüssel. Schon als 6-jährige muss Audrey 1935 einen herben Verlust erfahren, denn ihr Vater bricht mit der Familie und verschwindet erst einmal aus ihrem Leben. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges siedelt sie mit ihrer Familie von England ins holländische Arnheim und bekommt aus verschleierungstaktischen Gründen den Namen Edda. Zurück in England besuchte sie mit viel Engagement eine Ballettschule und hat den Wunsch, einmal eine berühmte Primaballerina zu werden. Doch dieser Wunsch erfüllt sich nicht, dafür bekam sie die Möglichkeit, als Model zu arbeiten und erhielt auch kleine Rollen in englischen Filmen. Entdeckt wird Audrey durch die Schriftstellerin Colette, die diese als Hauptdarstellerin für ihr Broadway-Stück Gigi als Hauptdarstellerin engagiert. Von da an ging die Karriere von Audrey Hepburn steil nach oben, machte sie zur Oscarpreisträgerin und weltweiten Stilikone, aber auch ihr soziales Engagement ist berühmt…
Juliana Weinberg hat mit „Audrey Hepburn und der Glanz der Sterne“ eine unterhaltsame Romanbiografie vorgelegt, die über 5 Abschnitte dem Leben der wunderbaren Schauspielerin nachspürt und sie für den Leser sehr greifbar macht. Der flüssige, bildhafte und fesselnde Erzählstil lässt den Leser in Audreys Fussstapfen treten, um ihren Lebensweg nachzuzeichnen und sich dieser oftmals verträumt und mysteriös wirkenden Frau anzunähern. Schon der Prolog über ihre Kindheit hinterlässt ein trauriges Gefühl, denn sie musste nicht nur den Krieg und die damit verbundenen Entbehrungen durchmachen, sondern auch noch mit dem Abschied ihres Vaters zurechtkommen, der die Familie verließ und ihr damit die Zweifel an ihrer Person und ihren Fähigkeiten eingepflanzt hat. Die Autorin zeigt dem Leser nicht nur eine sensible und begabte Frau, sondern neben der verletzlichen Seite auch eine starke und hartnäckige Persönlichkeit, die sich immer wieder mobilisieren kann. Ihren Einstieg in die Karriere als Schauspielerin begleitet man ebenso, wie ihre erste Ehe mit Mel Ferrer und die Hoffnung auf Mutterglück. Ihrer Mutterrolle wurde sie nicht immer gerecht, weil ihr Beruf als Schauspielerin sie oftmals sehr vereinnahmte, was in Audrey durchaus Gewissensbisse hervorrief. Nach zwei gescheiterten Ehen findet sie am Ende mit Robert Wolders einen Gefährten, ebenso wird die Freundschaft zum Modeschöpfer Givenchy für Audrey zum Anker.
Audrey wirkt oftmals wie eine Getriebene, die es jedem recht machen will und doch daran scheitert, weil etwas dabei immer auf der Strecke bleibt. Ihre Unsicherheit, die in ihrer Kindheit begründet liegt, kaschiert sie durch Verbissenheit, oftmals ist sie zu hart zu sich selbst und voller Verzweiflung, dann wieder liebevoll und fürsorglich. Doch über allem wohnt ihr eine Stärke inne, die sie vorantreibt und ihre Stimme auch für andere erheben lässt – mit ihrem Engagement für Unicef, durch das sie sehr viel bewirken konnte.
„Audrey Hepburn und der Glanz der Sterne“ ist ein gelungener Einblick in das Leben dieser außergewöhnlichen Frau, die nicht nur in „Frühstück bei Tiffany“, sondern auch in „Krieg und Frieden“ oder „Sabrina“ brillierte. Ein schöner Roman über eine Ikone. Verdiente Leseempfehlung!

10 von 12 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.10.2020
Scheunenkinder / Fräulein Gold Bd.2
Stern, Anne

Scheunenkinder / Fräulein Gold Bd.2


ausgezeichnet

Mit Hulda auf Spurensuche im alten Berlin
1923 Berlin. Hulda Gold hat über die Vermittlung ihres Vaters im Scheunenviertel wieder einen Einsatz als Hebamme und hilft der strenggläubigen jüdischen Mutter Tamar bei der Geburt eines kleinen Jungen. Seitdem sind zwei Tage vergangen und Hulda möchte sich nur vergewissern, dass es Mutter und Kind gut geht. Doch das Baby ist verschwunden und Hulda bringt aus der Kindsmutter keinen Ton über den Verbleib des Kindes heraus. Die Sache gefällt Hulda gar nicht und stachelt ihren Spürsinn an. Was ist mit dem Kind geschehen? Sie muss es unbedingt herausfinden, horcht die Nachbarn aus, die ihr allerdings eher ausweichen als weiterzuhelfen. Während Hulda sich auf Spurensuche nach dem Baby begibt, hat ihr Freund Kommissar Karl North ganz andere Sorgen, denn er muss sich mit Kinderhändlern rumschlagen. Ob das verschwundene Baby in deren Hände gelangt ist? Hulda und Karl nehmen jeder für sich die Verfolgung auf, um Schlimmeres zu verhindern….
Anne Stern hat mit „Scheunenkinder“ den zweiten Teil ihrer Gold-Trilogie um Hebamme Hulda vorgelegt, der den Leser auch diesmal mit tollem historischem Hintergrundgeschehen sowie einer spannenden Geschichte von Anfang bis Ende überzeugen kann. Mit flüssigem, bildhaftem, fesselndem und gefühlvollem Schreibstil nimmt die Autorin mit ins alte Berlin der 20er Jahre, wo er sich an Huldas Fersen heftet und ihr nicht nur bei der Betreuung ihrer Wöchnerinnen über die Schulter schaut, sondern mit ihr gemeinsam auch ein verschwundenes Baby sucht und dabei in ein Wespennest stochert. Wieder einmal punktet Anne Stern nicht nur mit wunderbar recherchiertem Hintergrund, den sie mit ihrer Handlung geschickt zu verweben weiß, sondern lässt die alten Zeiten mit farbenfrohen Beschreibungen wieder aufleben, die beim Leser während der Lektüre regelrecht einen Film vor dem inneren Auge in Gang bringen. Die Nationalsozialisten bekommen immer mehr Zulauf und die Anfeindungen gegen die Juden nehmen zu, was Stern den Leser innerhalb der Geschichte auf beängstigende Weise eindrucksvoll miterleben lässt. Auch die Inflation hält Einzug und die Menschen können sich kaum noch etwas leisten. Hulda selbst hat nicht nur als Hebamme einiges um die Ohren, sondern sieht sich auch privat mit so einigen Hindernissen und Realitäten konfrontiert, mit denen sie zurechtkommen muss. Spannend vermischt Anne Stern Historie, zwischenmenschliche Beziehungen und Krimielemente zu einem wahren Pageturner mit Suchtpotential, der den Leser von der ersten bis zur letzten Seite in Atem hält.
Lebendige Charaktere überzeugen mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften und stehlen sich ins Leserherz. Hulda ist eine fleißige, selbstbewusste, starke und recht unkonventionelle Frau, die nicht auf den Mund gefallen ist und ihre Aufgabe als Hebamme sehr ernst nimmt. Ihre Neugier und ihre Sturheit bringen sie oftmals in Teufels Küche, aber gerade das lässt den Leser regelrecht an ihr kleben. Kommissar Karl North ist eigentlich ein lieber Kerl, der manchmal unnahbar wirkt und die schlimmen Finger jagt, jedoch leidet er nicht nur unter einem Minderwertigkeitskomplex, sondern auch unter seiner Vergangenheit, so dass die Beziehung zu Hulda unter keinem guten Stern steht. Bert gehört nicht nur der Kiosk, er ist auch Anlaufstelle für Hulda sowie ihr Ratgeber, denn er nimmt kein Blatt vor den Mund. Wirtin Wunderlich ist eine Seele von Mensch, die immer ein offenes Ohr hat und manchmal wie eine Glucke wirkt. Ebenso bereichern Tamar, Felix, Jette und weitere Protagonisten mit ihren Auftritten die Handlung.
„Scheunenkinder“ ist mit der Mischung aus Historie, Kriminalfall und zwischenmenschlichen Episoden wieder ein absoluter Volltreffer. Authentisch, spannend und einfühlsam erzählt, entwickelt sich die Geschichte während der Lektüre zu einem tollen Kopfkino. Absolute Leseempfehlung und bitte mehr davon!

9 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.10.2020
Das Vermächtnis der Winzerin
Harnisch, Kristen

Das Vermächtnis der Winzerin


gut

Die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges
1918. Während Philippe und Sara Lemieux sich im kalifornischen Napa Valley um ihr Weingut kümmern und sich immer mehr der in Amerika verhängten Prohibition gegenüber sehen, wütet der Erste Weltkrieg in Europa. Dort kämpft Neffe Luc in Südfrankreich inmitten des Kriegsgeschehens um das familieneigene Weingut und betätigt sich nebenher als Spion für die französische Infanterie. Währenddessen macht sich seine Halbschwester Adeline im Lazarett nützlich und kümmert sich um die Verletzten. Dort begegnet sie dem deutschen Sanitäter Heinrich, schon bald sind die beiden ein Paar und müssen ihre Liebe geheim halten…
Kristen Harnisch hat mit „Das Vermächtnis der Winzerin“ den dritten Band ihrer historischen Winzer-Reihe vorgelegt, der an Dramatik und Spannung allerdings mit den beiden Vorgängern nicht ganz mithalten kann. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zu einer Zeitreise in die Vergangenheit ein, wobei dieser sich im Wechsel mal auf amerikanischem Boden, mal in Europa aufhält, um die Geschicke der Lemieux-Familie und ihrer Angehörigen hautnah mitzuverfolgen, während der Erste Weltkrieg tobt. So erlebt der Leser in Amerika die Zeit der Prohibition mit und welche Schwierigkeiten sie den Winzern bereitet. Ebenso taucht er in das Kriegsgeschehen auf dem europäischen Kontinent ein, wo die Lemieuxs nicht nur um ihr Weingut kämpfen, sondern sich auch im Verborgenen politisch engagieren oder sich im Lazarett um die Verwundeten kümmern. Dramaturgisch inszeniert die Autorin den Spannungsbogen auf beiden Schauplätzen, wo die Akteure gebeutelt werden, sich teils bewusst in Gefahr begeben oder durch ihr Handeln diese heraufbeschwören. Doch die sehr detailreichen Kriegsberichte lassen die eigentliche Familiengeschichte in den Hintergrund treten und so Langeweile aufkommen. Bestimmten Liebe, Familienprobleme und Intrigen noch die ersten beiden Teile, so können die ständigen Perspektiv- und Schauplatzwechsel den Leser diesmal leider nicht mehr so fesseln, denn der Spannungsbogen geht dabei leider verloren.
Die Charaktere sind gut in Szene gesetzt und besitzen glaubhafte menschliche Eigenschaften, die den Leser überzeugen. Trotzdem steht er in diesem Roman am Rand als Beobachter des Geschehens. Sara ist eine willensstarke und fleißige Frau, die immer für ihre Familie und das Weingut da ist. Philippe liebt seine Frau und stellt seine eigenen Bedürfnisse immer wieder hinter denen seiner Frau zurück. Luc ist eine Kämpfernatur, der sich nicht nur um das Weingut kümmert, sondern auch für sein Vaterland alles tun würde. Adeline ist eine liebevolle und hilfsbereite junge Frau, die zwischen Freund und Feind keinen Unterschied macht und sich fürsorglich um andere kümmert. Aber auch Pippa, Ondine, Michel, Harriet und andere sorgen in der Geschichte mit ihren Episoden für einigen Input.
„Das Vermächtnis der Winzerin“ ist der letzte Teil der Winzer-Trilogie, die sich über ein ganzes Jahrhundert zieht und das Schicksal der Familie Lemieux erzählt. Geheimnisse, Liebe, Verrat, Hoffnung und Verlust durchziehen diese Familiengeschichte. Man sollte die Bücher in der richtigen Reihenfolge lesen, um den Überblick zu behalten. Dieser Abschlussband ist leider mangels Spannung weniger gelungen als die beiden Vorgänger, trotzdem gibt es eine Empfehlung für unterhaltsame sowie kurzweilige Lesestunden.

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.10.2020
Die Magie von Schokolade
Castel, Lucie

Die Magie von Schokolade


ausgezeichnet

Süße Verführungen
Obwohl sie den ersten Platz als Patissière Frankreichs gewonnen hat für ihre exzellenten Tortenkreationen, war das glück nicht auf Catalina Palazzos Seite. Als sie ihr Geschäft in der Bretagne verliert, kehrt sie in ihre Heimat Korsika zurück, wo sie von ihrem Großvater nach dessen Tod einen kleinen Laden geerbt hat, mit dem ihr der Neuanfang gelingen soll. Catalina war seit ihrer Kindheit nicht mehr auf Korsika, insofern kennt sie weder ihre Großmutter Elena gut genug, noch weiß sie um die alte Fehde zwischen den Palazzos und den Castellis. Ausgerechnet Luca Castelli hat seine berühmte Schokoladenmanufaktur genau gegenüber ihrer Patisserie, was schon bald zu einem Konkurrenzkampf führt, die der alten Familienfehde geschuldet ist und weder an Catalina noch an Luca spurlos vorbeigeht…
Lucie Castel hat mit „Die Magie von Schokolade“ einen wunderschönen Roman vorgelegt, der nicht nur mit einer unterhaltsamen und tiefgründigen Geschichte punkten kann, sondern mit der Fülle von erwähnten Köstlichkeiten dem Leser regelrecht den Blutzucker nach oben treibt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser abwechselnd an Catalinas oder an Lucas Seite gleiten, um die Gedanken- und Gefühlswelt der beiden genau mitverfolgen zu können. Die Autorin lässt nicht nur ernste Themen wie Betrug, Kinderlosigkeit und Vertrauensbruch in ihre Geschichte mit einfließen, sondern setzt den Leser auch bildreich über die Aktivitäten in den Küchen der beiden Läden ins Bild. Zudem spielt eine alte Fehde eine doch erhebliche Rolle, wobei der Kleinkrieg zwischen den Familien recht kuriose, teils sogar absurde Ausmaße annimmt, indem es den Ort in zwei Lager spaltet, weil beide Familien recht einflussreich sind. Da wird es Zeit, dass die junge Generation weniger Vorbehalte hat und sich lieber in wirklicher Konkurrenz misst, wer in seinem Fach der Beste ist. Die Namen der vereinzelten Köstlichkeiten sind ebenfalls skurril zu nennen, doch hat man als Leser durch die Beschreibungen diese genau vor Augen und möchte sie am liebsten sofort kosten.
Die Charaktere sind lebendig in Szene gesetzt, mit menschlichen Eigenschaften ausgestattet, die sie glaubwürdig und authentisch wirken lassen, so dass es dem Leser nicht schwer fällt, sie ins Herz zu schließen und Anteil an ihrem Schicksal zu nehmen. Catalina hat schon einiges durchgemacht und hofft, die Vergangenheit mit dem Neuanfang in Korsika hinter sich zu lassen. Aber als gebranntes Kind kann sie nur schwer wieder Vertrauen fassen. Als Patissière ist sie unschlagbar, beweist sie doch viel Einfallsreichtum und Empathie für ihre Mitmenschen. Luca ist von Natur aus ein ehrgeiziger Kerl, der manchmal recht arrogant wirkt. Er lebt für seine Kreationen und sorgt für den Lebensunterhalt seiner Familie. Elena Palazzo ist die Grand Dame und Catalinas Großmutter, die noch in der Vergangenheit verortet ist ebenso wie Luca Castellis Mutter. Die beiden schenken sich nichts und halten mit ihren Rachegedanken das Dorf in Atem. Dom Castelli ist ein sympathischer Teddybär, der nicht nur gutmütig, sondern auch weise wirkt. Aber auch Nebenprotagonisten wie Marc-Antoine geben der Handlung zusätzlich Farbe.
„Die Magie von Schokolade“ ist ein wahrer Pageturner mit tollem Kopfkino, denn ständig ist man in der Erwartung, dass die Lage eskaliert oder die Nebenprotagonisten für einen Knall sorgen. Wunderschön und gefühlvoll erzählt ist hier eine absolute Leseempfehlung mehr als verdient!!!

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.10.2020
Bewegte Jahre / Die Kaffeehaus-Saga Bd.1
Lacrosse, Marie

Bewegte Jahre / Die Kaffeehaus-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Der Kronprinz und das Mädchen
1979-1889 Wien. Die junge Komtess Sophie von Werdenfels stammt aus gutem Hause, verbringt ihre Zeit aber lieber im Caféhaus Prinzess ihres bürgerlichen Onkels Stefan Danzer und das nicht nur, weil sie ihren Stiefvater nicht ausstehen kann, sondern weil sie sich dort wohl und geborgen fühlt. Mary Vetsera ist Sophies engste Freundin, die seit einiger Zeit für den verheirateten Kronprinzen Rudolf, Kaiserin Sissis Sohn, entflammt ist. Als Sophie im Café Prinzess die Bekanntschaft Richard von Löwensteins macht, einem engen Freund des Kronprinzen, werden die beiden bald nicht nur Verbündete gegen die fortschreitende Affäre zwischen Mary und Rudolf, sondern fühlen sich auch immer mehr zueinander hingezogen. Leider ist Richard in der unglücklichen Lage, dass er aufgrund von Geldproblemen einer arrangierten Ehe zustimmen musste, um seiner Familie den Untergang zu ersparen. Aber auch Sophie gerät durch Marys unmögliches Verhalten in große Schwierigkeiten…
Marie Lacrosse hat mit „Bewegte Jahre“ einen fulminanten Start zu ihrer historischen Trilogie rund um ein Wiener Kaffeehaus hingelegt. Die Autorin ist bekannt für ihre akribische Hintergrundrecherche, so bringt sie auch diesmal wieder belegbare geschichtliche Fakten rund um die „Mayerling-Affäre“ mit einer fiktiven Handlung zusammen, die sich nicht nur unterhaltsam lesen lässt, sondern wobei man auch noch Geschichte hautnah miterleben kann. Der flüssig, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil ist der damaligen Zeit wunderbar angepasst und nimmt den Leser schon mit dem Prolog in die Handlung hinein in die österreichische K. u. K. Zeit. Wechselnde Perspektiven geben dem Leser nicht nur einen guten Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt von Sophie, sondern lassen ihn auch über Richards Schulter schauen, wenn sich dieser mit Kronprinz Rudolf trifft, um sich über persönliche und politische Dinge auszutauschen. Das tragische Ende der Liaison zwischen Rudolf und Mary konnte leider trotzdem niemand verhindern. Lacrosse hat ein Talent, alte Zeiten wieder aufleben zu lassen, um dem Leser anschaulich die damaligen politischen und gesellschaftlichen Standpunkte zu verdeutlichen. Die farbenfrohen Beschreibungen lassen den Leser nicht nur pompöse Veranstaltungen miterleben, auch die geheimen Treffen von Mary und Rudolf sowie der Informationsaustausch zwischen Sophie und Richard im Caféhaus ziehen vor dem inneren Auge des Lesers vorbei. Während einem imaginär der Duft frisch aufgebrühter Kaffeespezialitäten um die Nase weht, wird dem Leser nebenbei auch noch so manche süßen Schmankerl vor Augen geführt, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Die oftmals erwähnte Mokkaprinzentorte ist eines davon. Der Spannungsbogen ist zu Beginn im Mittelfeld angesiedelt, schraubt sich aber mit jedem weiteren Kapitel in die Höhe.
Die Charaktere sprühen vor Leben und wirken mit ihren glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften sehr authentisch. Der Leser folgt ihnen gern bei ihren Erlebnissen, so manch einer stiehlt sich sogar ins Leserherz. Sophie ist eine liebenswerte, junge Frau, die nicht nur durch Hilfsbereitschaft, sondern auch mit Fürsorglichkeit glänzt. Richard ist dem Kronprinzen ein wahrer Freund, hat aber seine eigenen Finanzen nicht im Griff, was ihn alsbald in Schwierigkeiten bringt. Mary ist eine verzogene und intrigante Göre. Sie denkt nur an sich und schert sich nicht um andere. Marie Louise von Larisch ist nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht und weiß lange Zeit, ihre Karten auszuspielen. Kronprinz Rudolf leidet sein Lebtag unter einem lieblosen Elternhaus. Auch er legt einen Egoismus an den Tag, der nicht nur ihn das Leben kostet. Aber auch Sissi, Helena und weitere Protagonisten tragen mit ihren Auftritten zum farbenfrohen Sittengemälde der damaligen Zeit bei.
„Bewegte Jahre“ ist von Anfang bis Ende ein historischer Pageturner mit viel Spannung, Liebesreigen und vor allem miterlebbarer Historie, wie man sie nicht besser an den Leser bringen kann. Absolute

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.