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Lesezauber_Zeilenreise
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Eggenstein-Leopoldshafen
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Buchnerd durch und durch

Bewertungen

Insgesamt 765 Bewertungen
Bewertung vom 28.10.2020
Der Morgen einer neuen Zeit / Kingsbridge Bd.4
Follett, Ken

Der Morgen einer neuen Zeit / Kingsbridge Bd.4


ausgezeichnet

Hier geht es um Macht, um politische Verbindungen/Ehen, um Liebe und um Verrat, um Krieg und Versklavung, um abgrundtiefen Hass, um Klüngelei und um die Gier nach Ruhm, Geld und – vor allem – Macht. Das alles vor dem Hintergrund der damaligen Lebenssituation, die natürlich alles andere als einfach war. Mit den armen Bauern, Fischern und sonstigen Bürgern, die ihre Pacht an den jeweiligen Herren abgeben müssen. Mit einem König, der es nicht schafft, durchzugreifen und die höheren Kirchenmänner und Adligen in ihre Schranken zu weisen. Mit Sklaven, die weniger wert sind als Müll. Mit Hungersnöten auf der einen Seite und Völlerei und Dekadenz auf der anderen. Es macht unheimlich Spaß mitzuerleben, wie aus dem winzigen, runtergekommenen Weiler Drengs Ferry – nicht zuletzt durch den Bau der Brücke – über die Jahre ein aufsteigendes Dörfchen wird, sich immer mehr Leute dort ansiedeln und die Kirche dort wieder das tut, was sie soll (nämlich für die Menschen da sein und nicht, diese zu betrügen und auszunutzen, um die eigenen Taschen voll zu machen). Es passiert so viel in diesem Buch und alles fügt sich am Ende zusammen zu einem perfekten Ganzen.

Es ist – wie immer bei Ken Follett – ein absolutes Erlebnis, dieses Buch zu lesen, in diese extrem fesselnde Geschichte einzutauchen und die Zeit um das 9. Und 10. Jahrhundert mitzuerleben. Ich weiß nicht, wie er das macht, aber er schafft es immer, mich nicht nur einfach abzuholen und mitzunehmen, sondern mich mitten rein zu werfen in die Story. Und da „stehe“ ich dann und würde am liebsten ins Geschehen eingreifen: Edgar und Ragna warnen und helfen, Wynston und Dreng wegsperren, bevor sie noch mehr Schaden anrichten können und mithelfen beim Bau der Brücke, die dem kleinen Weiler Drengs Ferry letztlich seinen titelgebenden Namen verleiht: Kingsbridge. Die Charaktere – egal ob gut, böse oder neutral – sind wunderbar lebendig beschrieben, sie und ihre Erlebnisse und Schicksale gehen mir direkt unter die Haut und berühren mich sehr. Im positiven wie im negativen Sinne. Ich habe – das kenne ich aber auch schon von „Die Säulen der Erde“ – beim Lesen viel vor mich hingemurmelt und geflucht, war entsetzt, erfreut oder wirklich wütend und es fühlte sich an, als wäre ich mit dabei gewesen. Mein Mann hat immer nur noch gelacht, wenn aus meiner Ecke wieder ein: „oh dieser mistige Widerling (Wynston)“ kam oder etwas ähnliches. Und: er wusste auch, dass er mich gar nicht ansprechen braucht, während ich lese, da er dann ohnehin keine Antwort bekommt – so vertieft war ich in das Buch.

Kingsbridge ist mal wieder ein follett´sches Meisterwerk. Und auch, wenn er hier sehr viel in Schwarz-Weiß schreibt und die grauen Zwischentöne irgendwie sehr zu kurz kommen (es gibt entweder die Guten oder die Bösen und irgendwie nichts dazwischen) und mir das Ende dann doch ein wenig zu happy ist, finde ich das Buch richtig klasse.

Bewertung vom 25.10.2020
Finsternis im Wunderland / Die Dunklen Chroniken Bd.1 (eBook, ePUB)
Henry, Christina

Finsternis im Wunderland / Die Dunklen Chroniken Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Düster, blutig und fesselnd – und ein wenig schräg

Mit „Pulver“ ruhiggestellt kann Alice, inzwischen 26 Jahre alt, sich an nichts mehr erinnern. Sie denkt nur immer wieder an einen Mann mit langen Ohren und an ein ausgestochenes Auge. Nachdem sie und Hatcher gemeinsam fliehen, gerät Alice natürlich in „Pulver-Entzug“. Das bringt so nach und nach ihre Erinnerungen wieder zum Vorschein. Und die sind nicht nett. Auch Hatcher hat eine üble Vergangenheit, die stückchenweise zu Tage tritt. Die beiden müssen ein besonderes Schwert finden, mit dem sie den Jabberwock, das dunkle Wesen, besiegen können. Dazu müssen sie zu allen Bossen der dunklen Stadt, um Informationen zu erhalten. Doch die Bosse sind alles andere als freundlich und trachten ihnen nach dem Leben.

Die Geschichte ist düster, stellenweise sehr brutal, es fließt viel Blut und es geschehen wirklich üble Grausamkeiten und dennoch würde ich es nicht als Horror bezeichnen, sondern als dunklen Fantasyroman. Es macht Spaß, Alice und Hatcher auf ihrer Mission zu begleiten, durch die ihre Vergangenheit wieder lebendig wird und die immer neue, weitere Informationen enthüllt. Super die Parallelen zur Ursprungsgeschichte „Alice im Wunderland“ und das Setting ist auch wirklich genial. Ich hätte mir bei den Spannungsspitzen, also z.B. bei den jeweiligen Treffen mit den Bossen, nur etwas mehr Tiefgang gewünscht. Das wurde für meinen Geschmack zu hopplahopp abgehandelt. Vor allem auch das Aufeinandertreffen mit dem nahezu unbesiegbaren Jabberwock. Das war eher recht unspektakulär.

Der leichte, detailreiche Schreibstil hat mir gut gefallen und auch wenn ich die Geschichte irgendwie seltsam fand (ich kann da gar nicht den Finger drauflegen, warum das so war), hat sie mich doch völlig gepackt und gefesselt. Ich fühlte mich beim Lesen an Tim Burton-Filme erinnert, die mir ausgesprochen gut gefallen. Ganz klar: ich werde weiterlesen. „Finsternis im Wunderland“ ist nämlich nur der erste Teil der Alice-Chroniken. Und ich muss jetzt einfach wissen, wie es mit Alice und Hatcher (eine Liebesgeschichte ist da nämlich auch noch dabei) weitergeht.

Bewertung vom 19.10.2020
NEBEL / HULDA Bd.3
Jonasson, Ragnar

NEBEL / HULDA Bd.3


ausgezeichnet

Erla und Einar leben schon ewig in dem alten Bauernhaus weit weg von jeglicher Zivilisation. Umso verwunderter sind sie, als kurz vor Weihnachten Léo vor ihrer Tür steht, der sich angeblich mit Freunden auf einem Jagdausflug befand und sich verlaufen hat. Erla misstraut ihm von Anfang an. Warum ist er wirklich hier? Und was hat er mir ihrer Tochter Anna gemacht, die im etwas weiter entfernten Haus nebenan wohnt? Warum kommt sie nicht – wie sonst immer – an Weihnachten zu Besuch?

Diese Trilogie ist ja, wie bekannt sein dürfte, von hinten nach vorne aufgebaut. Teil 1 („Dunkel“) ist quasi das Ende, Teil 2 („Insel“) spielt davor und dieser 3. Teil nun ist quasi der Anfang von allem. Es ist unfassbar genial, wie Jónasson diesen Thriller aufgebaut hat. Man liest ein bisschen was über Erla und Einar, dann über Hulda und ihre familiären Probleme mit dem grausamen Schicksalsschlag und auch über einen anderen Fall von Hulda, nämlich den der vermissten jungen Frau Unnur. Und man fragt sich oft, wie das alles bitteschön zusammenhängt. Alle Handlungsstränge werden nach und nach und gewohnt „leise“ miteinander verwoben, bis sie am Ende dann das ganze Bild ergeben. Leise, aber dadurch umso packender! Man weiß ja durch Teil 1 und 2, was Hulda mit Tochter und Mann für Schicksalsschläge erlebt hat. Dennoch ist es sowas von interessant, jetzt mitzuerleben, wie sie genau darauf zusteuert. Ihre Empfindungen, die Selbstvorwürfe etc. gehen unter die Haut. Der Handlungsstrang im Bauernhaus ist einfach nur furchtbar spannend. Was führt Léo im Schild? Wer ist er wirklich? Warum ist Einar so ruhig, und Erla so völlig panisch, was Léo betrifft? Und was ist mit Anna, ihrer Tochter? Ohne zu viel zu verraten kann ich sagen, das ich wirklich überrascht wurde und dieses Ende bis fast ganz zum Schluss nicht vorausgesehen habe.

Jónasson´s Schreibstil passt perfekt zur eiskalten Winterlandschaft Islands und zum abgelegenen Tatort fernab von allem. Ich konnte förmlich den Schneesturm tosen hören und die klirrende Kälte fühlen. Ein düsterer Thriller, der ungemein fesselt und schlicht genial ist! Und der unter die Haut geht. Mein Mitgefühl für Hulda war grenzenlos und ich konnte sehr gut nachvollziehen, dass sie so ist, wie sie eben ist: ruhig, einzelgängerisch, misstrauisch, verletzt… und trotzdem – oder gerade deswegen – eine brillante Ermittlerin.

Erwähnen möchte ich auch noch das wirklich schöne Nachwort des Autors mit der niedergeschriebenen, kurzen Erinnerung seiner Mutter. Und ich habe etwas gelernt: in Island ist es eine alte Tradition, sich an Weihnachten Bücher zu schenken und dann am Heiligen Abend bis spät in die Nacht zu lesen. Eine schöne Tradition, finde ich.

Bewertung vom 15.10.2020
Milo - der Naschkater
Brühl, Ilka

Milo - der Naschkater


sehr gut

Anders sein ist gar nicht schlimm

Dieses süße Kinderbuch nimmt die Themen Ausgrenzung und Anderssein auf spielerische Art und Weise auf und zeigt so schon den ganz kleinen Lesern, dass es okay ist, anders zu sein, dass wir aber auch andere, die nicht so sind wie wir, akzeptieren sollen. Und es vermittelt auch die Botschaft: glaube an Deine Träume! Und natürlich ist auch Freundschaft ein großes Thema und gegenseitiges Unterstützen. Viele Themen, für so ein kleines Büchlein. Die Autorin schafft es dennoch, dies alles in die 32 Seiten zu packen, ohne dass es überladen wirkt und ohne erhobenen Zeigefinger. Die Geschichte ist in Reimform geschrieben, auf jeder Doppelseite mit einem oder zwei Vierzeilern. Die Reime sind süß und passend, teilweise aber ein bisschen holprig zu lesen. Hier hätte ich mir pfiffigere, modernere Verse gewünscht. Die Zeichnungen nehmen immer die komplette Seite ein, was für die ganz Kleinen natürlich super ist, da es viel zu sehen gibt.

Alles in allem ein hübsches Bilder- und Vorlesebuch mit wichtiger Botschaft. Die ganz Kleinen haben sicher ihren Spaß an Kater Milo´s Geschichte und werden ihre Freude haben an den liebevoll gezeichneten Bildern rund um den orangenen Kater. Die etwas älteren Kinder können daraus lernen, wenn sie mit ihren Eltern über das Buch und dessen Botschaft sprechen.

Bewertung vom 12.10.2020
Mitternacht in Charlbury House
Peters, Helen

Mitternacht in Charlbury House


ausgezeichnet

Ein bisschen Zeitreise, ein bisschen Grusel und ganz viel Spannung und Historie – ein großartiges und fesselndes Kinderbuch!

Es beginnt alles damit, dass Evi ein paar Tage bei ihrer Patentante verbringen muss. Lust hat sie dazu überhaupt keine, fügt sich aber gezwungenermaßen. In ihrem Zimmer entdeckt sie – eingekratzt ins Fensterglas – einen Satz, der sofort ihr Interesse weckt: „Sophia Fane – hier eingesperrt am 27. April 1814“. In derselben Nacht flieht sie vor einem Geist vor dem Fenster und landet zwar im selben Haus, aber mehr als 200 Jahre früher. Evie muss als Dienstmädchen hart arbeiten und nebenbei einen Weg finden, wie sie Sophia Fane, der Tochter des Hauses, helfen kann, ihrem Schicksal zu entgehen. Zudem muss sie auch alles daran setzen, dieses Problem in einer sehr kurzen Zeitspanne zu lösen, da sie nur dann wieder zurück in ihre eigene Zeit kann.

Dieses Buch ist RICHTIG spannend und fesselnd! Die Zeit in dem Herrenhaus anno 1814 ist so detailreich beschrieben, dass man alles wie in einem Film miterlebt. Ich fühlte mich tatsächlich oft an Downton Abbey erinnert. Viel historisches Wissen, wie es in Herrenhäusern damals zuging bekommt der Leser hier serviert und das ist einfach großartig. Schön auch die Vergleiche, die Evi immer mit den Annehmlichkeiten ihrer Zeit anstellt – so wird einem alles noch viel bewusster.

Der Schreibstil ist rundum super: lebendig, bunt, detailreich, schnörkellos. Ich war völlig drin in der Geschichte und habe mit Evi und Sophie mitgefiebert. Es gab einige Überraschungen und Wendungen, so dass es nie langatmig wurde. Das Ende war perfekt, ohne dass ich jetzt mehr darüber verraten kann.

Warum das Buch vom Verlag als Abenteuergeschichte für Mädchen ausgeschrieben ist, weiß ich nicht. Auch Jungs werden diese Geschichte mögen, da bin ich mir sicher. Sie ist spannend, fesselnd und hat mich völlig in ihren Bann gezogen. Also nicht nur für Kinder ab 10 Jahren, sondern durchaus auch etwas für die reifere Leserschaft. Mir hat´s auf jeden Fall super gefallen! Eine ganz tolle Geschichte mit viel Einblick in das frühe 19. Jahrhundert und dennoch keineswegs verstaubt, sondern mächtig spannend.

Bewertung vom 02.10.2020
Die letzten Zeilen / Das Buch der gelöschten Wörter Bd.3
Garner, Mary E.

Die letzten Zeilen / Das Buch der gelöschten Wörter Bd.3


ausgezeichnet

In diesem 3. Teil geht es richtig rasant zu. Man lernt noch viele weitere Buchfiguren kennen, wie z.B. Heathcliff aus Brontës Sturmhöhe (ich mag es SO sehr, wie er hier auftritt, einfach zu köstlich) und ach… so viele andere. Diese Mischung aus allen Protagonisten und wie diese zusammen agieren ist einfach umwerfend und ich war wieder völlig gefangen in der Geschichte. Die Reisen in die verschiedenen Buchwelten sind großartig und jedes Mal ein Erlebnis. Das Ende war daher für mich zwar wirklich perfekt gelöst und total nachvollziebar, aber dennoch herzzerreißend (diese Abschiedsszenen… was reimt sich auf Szenen? Tränen! Genau… und die liefen). Ich liebe die Charaktere alle heiß und innig (Hope, Rufus, Gwen, Lance, Oliver, und einfach ALLE) und bin wirklich wirklich wirklich traurig, dass mit diesem Buch die Seiten des „Buchs der ungelöschten Wörter“ nun endgültig zugeklappt werden. Wobei mir der Epilog mit Ezra ein winzigesklitzekleinesminibisschen Hoffnung macht… man wird ja nochmal träumen dürfen.

Für mich war diese Reihe hier wirklich eines, wenn nicht sogar DAS Bücher-Jahreshighlight! Für mich stimmte hier einfach alles: die Geschichte, die Charaktere, der Schreibstil und – ganz wichtig – das Gefühl, das alle drei Bücher während des Lesens in mir auslösten. Mittendrin in der Handlung, völlig gefesselt, immer am Lachen aber auch am Mitfiebern, manchmal traurig und zornig oder glücklich, aber immer voll dabei und Teil des Geschehens. Was will man als Leser mehr?!

Bewertung vom 01.10.2020
Tante Poldi und die Früchte des Herrn / Tante Poldi Bd.2 (6 Audio-CDs)
Giordano, Mario

Tante Poldi und die Früchte des Herrn / Tante Poldi Bd.2 (6 Audio-CDs)


ausgezeichnet

NAMASTÉ LEBEN – UND JETZT LECKT´S MI ALLE AM ARSCH!

Nach dem letzten gelösten Mordfall fällt Poldi wieder in Schwermut zurück und möchte an ihrem ursprünglichen Plan anknüpfen, sich in Sizilien mit Meerblick gepflegt totzusaufen. Doch es kommt natürlich anders, da sie nun ja wieder einen Mord aufzuklären hat. Nicht nur den am Hund ihrer Freundin, sondern auch den an der Wahrsagerin Giuliana. Sie entdeckt die Leiche, als sie nach einer sehr weinumnebelten Nacht neben dem Winzer Avola erwacht, sich eigentlich an nichts erinnern kann (gepflegt totsaufen eben) und raus an die frische Luft zu einem Morgenspaziergang im Weinberg aufbricht. Gegen Montana´s Willen, mit dem sie ja eigentlich eine Beziehung hat (oder nicht? Oder doch – die zwei sind sich wohl selbst unschlüssig), ermittelt sie auf eigene Faust, spannt ihr Umfeld mit ein und gerät selbst in größte Gefahr.

Wie schon in Teil 1 flucht und charmeurt Poldi sich durch die Geschichte und ist wunderbar präsent. Auch jetzt erzählt sie ihre Erlebnisse ihrem Neffen, dem angehenden Schriftsteller, der sie oft besucht. Herrlich, die Gespräche zwischen den beiden. Man trifft alte Bekannte, aber auch neue Charaktere nehmen wichtige Rollen ein. Der Tod darf auch jetzt nicht fehlen und ich liebe die Zwistigkeiten, die Poldi mit ihm austrägt – so völlig unbeeindruckt, wie die bayerische Wuchtbrumme nun mal von nahezu allem ist.

Neben dem ganzen Amüsement kommt aber auch die Spannung nicht zu kurz – es ist schließlich ein Krimi. Zwar immer mit einem humorvollen Augenzwinkern, nichtsdestotrotz eben spannend mit diversen Wendungen und Überraschungen.

Der Sprecher Philipp Moog macht einen grandiosen Job. Jeder Figur verleiht er eine unverwechselbare Stimme und vor allem Poldis bayerisches Säuseln oder Gepolter (je nachdem, in welcher Stimmung sie gerade ist) ist phänomenal. Eine wahre Freude, ihm zuzuhören und durch seine tolle Interpretation noch tiefer in die ohnehin schon geniale Geschichte des Autors einzutauchen.

Bewertung vom 29.09.2020
Die Tinktur des Todes / Die Morde von Edinburgh Bd.1
Parry, Ambrose

Die Tinktur des Todes / Die Morde von Edinburgh Bd.1


ausgezeichnet

SEHR SPANNEND MIT INTERESSANTEN EINBLICKEN IN DIE DAMALIGE MEDIZIN

Dieser Kriminalroman spielt im 19. Jahrhundert in Edinburgh und hat die medizinischen Gepflogenheiten von damals als Hintergrund. Genau das macht das Buch auch so packend, weil hier nichts an den Haaren herbeigezogen ist. Man begleitet als Leser die Protagonisten bei diversen schwierigen Hausgeburten und bei der Sprechstunde in der Arztpraxis. Und natürlich gibt es da noch die Todesfälle! Sowohl Will Raven, der junge verschuldete Famulus (das entspricht in etwa dem heutigen Arzt im Praktikum), der eines der Mordopfer sehr gut kannte, als auch Sarah, das zu höherem berufene Hausmädchen von Dr. Simpson, wollen die Morde aufgeklärt wissen. Die beiden, die ja nun nicht dem selben Stand angehören, nähern sich im Laufe der Geschichte aneinander an, was sehr schön beschrieben ist und Spaß macht, mitzuerleben. Es gibt ein paar schöne Wendungen und wie gesagt: sehr interessantes medizinisches Hintergrundwissen, vor allem auch zu Äther und Chloroform. Die Spannung nahm immer mehr zu und ich war von der Geschichte sehr gefesselt.

Der Schreibstil ist lebendig und dem 19. Jahrhundert angepasst. So findet man sich in dieser Epoche sehr schnell heimisch, auch wenn man sich an die Schreibweise erst ein kleines bisschen gewöhnen muss. Die Charaktere hatte ich direkt vor Augen und die jeweiligen Schauplätze ebenfalls. Ich habe mir beim Lesen oft gedacht: „gut, dass diese Zeiten vorbei sind“… gerade bei den medizinischen Beschreibungen.

Da dieses Buch unter der Überschrift „Die Morde von Edinburgh I“ läuft, gehe ich davon aus, dass es also weitergeht. Und eins ist sicher: die Fortsetzung werde ich auf jeden Fall auch lesen.