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Benutzername: 
SusanK
Wohnort: 
Osnabrück

Bewertungen

Insgesamt 215 Bewertungen
Bewertung vom 25.10.2023
Der späte Ruhm der Mrs. Quinn
Ford, Olivia

Der späte Ruhm der Mrs. Quinn


ausgezeichnet

Jennifer Quinn ist 77 Jahre alt und seit fast 60 Jahren mit dem 82jährigen, jetzt kränkelnden Bernhard verheiratet. Da die Ehe leider kinderlos geblieben ist, sorgt sich das Ehepaar hingebungsvoll umeinander und um Bernhards Nichte, ihren Ehemann und vor allem die kleine Poppy. Jennys große Leidenschaft ist das Backen und um etwas völlig Neues zun wagen, bewirbt sie sich heimlich bei der beliebten Fernsehshow "Das Backduell", wo sie wider Erwarten als Kandidatin angenommen wird. Jennys Heimlichkeiten offenbaren ein noch viel größeres Geheimnis, vor dessen Enthüllung sie nun steht und das ihr ganzes Leben verändert.....

"Der späte Ruhm der Mrs. Quinn" ist das Erstlingswerk der Britin Olivia Ford, die von der berührenden Liebesgeschichte ihrer eigenen Großeltern inspiriert wurde.

Bildgewaltig und mit viel Liebe erzählt die Olivia Ford von einer unglaublich sympathischen älteren Figur, die sich in ihrem Leben eingerichtet hatte und plötzlich die gewohnten Pfade verlässt um Neues zu wagen. Die Botschaft der Autorin ist dabei deutlich: Es ist niemals zu spät, seine Träume zu verwirklichen. Doch Ford beschränkt sich nicht aufs Klischeehafte; auch der erfahrenen Bäckerin Jenny Quinn geht einiges schief, sie macht nicht alles richtig in ihren Beziehungen, sie wird von Zweifeln geplagt und trotz aller Unterstützung droht ihr ein frühes Ausscheiden aus der Show und vielleicht Schlimmeres?

Der flüssige Schreibstil und der warmherzige Blick der Autorin auf ihre Figuren bieten echten Lesegenuss.
Die fantastischen Kreationen der Mrs. Quinn spiegeln sich wider in den Kapitelüberschriften und so lesen wir über Englischen Teekuchen, Zitronen-Meringue-Kuchenm Tiffin, Reiswaffeln, Grandma Audreys Schoko-Cornflakes-Küchlein und vielen mehr, die auch immer mit den Erinnerungen der Hauptfigur verknüpft sind. Und während das Leben dieser von der ruhigen Behaglichkeit zu immer aufregenderen Dingen übergeht, wird sie an ihr eigenes großes Geheimnis erinnert, das alles zum Kippen bringen könnte. Damit erschafft die Autorin einen zweiten Erzählstrang, in dem nach und nach die Vergangenheit entblößt wird. Ich kann kaum sagen, welche der beiden erzählten Zeitebenen spannender ist - gefesselt haben mich beide bis zum Ende, das leider viel zu schnell erreicht war.

Olivia Ford scheint eine wahre Philanthrophin zu sein - ihre Figuren sind zwar authentisch und mehrdimensional angelegt, aber werden mit großem Mitgefühl geschildert und so schafft der Roman eine Wohlfühlathmosphäre, die einfach herzerwärmend ist. Selbst die Schrecken der Vergangenheit und die eigentlich Schuldigen lassen sich so ertragen und stellen die Resilienz der Hauptfigur in den Vordergrund.

In unserer oft oberflächlichen Zeit, in der Beziehungen oft nur auf Zeit angelegt sind, genoss ich im Roman auch den Wert einer langen liebevollen Ehe der Quinns, verlässlichen Beziehungen und ernsthaften neuen Freundschaften

Im Laufe der Handlung habe ich geschmunzelt und gelacht, mitgefiebert und geweint - und hatte dabei immer den Duft des Gebäcks in der Nase. Wie schade, dass es keine der Rezepte der unübertrefflichen Mrs. Quinn im Buch gibt. Aber vielleicht folgt ja noch ein entsprechendes Backbuch? Jedenfalls muss ich an unsere eigenen Familienrezepte denken, die ebenfalls mit Erinnerungen verbunden sind.

An diesem großartigen Debüt wird sich die Autorin fürderhin messen lassen müssen - ich freue mich schon auf weitere Romane von ihr! Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 29.09.2023
Elizabeth II. und die Lieben ihres Lebens
Diechler, Gabriele

Elizabeth II. und die Lieben ihres Lebens


ausgezeichnet

Am 17. April 2021 wird Philipp, Duke of Edinburgh, Prinzgemahl von Elizabeth II., beigesetzt. Die Königin, die damit die Liebe ihres Lebens verloren hat, blättert am folgenden Tag in ihren Tagebucheinträgen und lässt dabei viele Stationen ihres Lebens vor ihrem geistigen Auge auferstehen.

Gabriele Diechler hat großartig recherchiert und viele - wahre - Details aus dem Leben von Elizabeth II. zusammengetragen Diese verbindet sie harmonisch zu einer unterhaltsamen Romanbiografie und verzichtet dabei ausdrücklich auf die Wiedergabe von Gerüchten und Fake-News.

Ich muss zugeben, dass ich eigentlich gar kei "Royal-Fan" bin, sondern dass ich mich für dieses Buch interessiert habe wegen Elizabeth II. als Person des Öffentlichen Lebens, die mich mehr oder weniger mein ganzes bisheriges Leben begleitet hat. Während Politiker, Medienstars, Schauspieler und wer auch immer ständig wechseln, war Elizabeth für einen unglaublichen langen Zeitraum einfach "da". Und ich muss sagen, dass mich das Buch auch tatsächlich abgeholt hat. Es wurden bekannte Fakten mit viel Neuem und vor allem Blicken hinter die Kulissen, die mir bislang verborgen blieben, kombiniert zu einem lehrreichen und dabei doch so unterhaltsamen Buch.

Gabriele Diechler konzentriert sich dabei auf die Biografie der Königin selbst und ihre Ehe mit Philipp; doch auch das besonders innige Verhältnis zu ihrer Schwester Margaret und Begegnungen mit weiteren Familienmitgliedern sowie Politikern, insbesondere Churchill, werden geschildert. Margarets Leben, ihre besondere Stellung in Elizabeths Leben sowie ihre (unglücklichen) LIebschaften waren mir bisher doch recht unbekannt; dafür war von den vielen anderen Familienmitgliedern eher weniger zu lesen. Aber davon hättewohl jedes ein eigenes Buch verdient und ich finde es sehr gut, dass der Schwerpunkt tatsächlich immer auf Elizabeth lag und nicht unnötig abschweifte.

Die Biografie endet mit dem Tod der Königin am 8. September 2021 auf Schloss Balmoral und wird ergänzt durch einige Anmerkungen der Autorin, einem Literaturverzeichnis und dem Stammbaum der Familie Elizabeths.

Nach wie vor (oder vielleicht noch mehr als vorher) sehe ich die Königin als einen ganz besonderen Menschen, der scheinbar Übermenschliches während seiner Amts- und Lebenszeit geleistet hat. "Lilibeth", wie sie zärtlich genannt wurde, verdient dafür den allerhöchstem Respekt und ich wage die Behauptung, dass kein anderer Royal mehr an ihre Persönlichkeit und ihre Verdienste heranreichen wird.

Natürlich auch für Bewunderer der Monarchie, vor allem aber für alle Geschichtsinteressierten und Freunde starker Frauen ist diese Romanbiografie ein absolutes Muss!

Bewertung vom 28.09.2023
Der Geschmack von Freiheit / Die Glücksfrauen Bd.1
Claire, Anna

Der Geschmack von Freiheit / Die Glücksfrauen Bd.1


ausgezeichnet

1936. Die Herrschaft der Nazis beeinflusst das Leben der drei Freundinnen Luise, Maria und Anni. Als Luise aufgrund ihrer Widerstandsaktivitäten im Berliner Untergrund in die USA fliehen muss, legen die drei ihr Geld zusammen für das Startkapital eines gemeinsamen Restaurants, das Luise dort eröffnen soll. Doch während Luise sich in New York eingewöhnen muss, zerbricht die Freundschaft. - Ihre Enkeltochter June erfährt nach dem Tod ihrer Großmutter, dass sie gemeinsam mit den beiden alten Freundinnen Luises deren Erbe antreten soll, doch dazu muss sie diese erst ausfindig machen. Durch die scheinbar aussichtslose Suche erfährt June zunächst jedoch viel Neues über ihre starke Großmutter und ihre Familiengeschichte ....

"Die Glücksfrauen. Der Geschmack von Freiheit" ist der erste Band einer Trilogie um drei Exilantinnen während des Nazi-Regimes von einer deutschen Erfolgsautorin, die hier unter dem Pseudonym "Anna Claire" schreibt.

In zwei gut miteinander verwobenen Erzählsträngen erzählt die personale Erzählerin von Luise in den Jahren 1936 bis 1946 und June im Sommer 2023. Der Schreibstil ist fließend und sehr emotional; die Angst der Widerstandskämpfer und der Juden unter dem Naziregime ist greifbar und das schwere Leben der Exilanten im Amerika des 20. Jahrhunderts, das große Vorbehalte gegen die Deutschen und insbesondere die Juden hegt, wird anschaulich geschildert. Die Autorin hat gut recherchiert und flicht zahlreiche Informationen aus dem Zeitgeschehen in die Geschichte ein. Dabei empfand ich bemerkenswert, wie die Frauen sich untereinander vernetzten und so immer mehr Fuß in ihrem neuen Leben fassen konnten, während die Männer oftmals an dem neuen, ungewollten Dasein verzweifelten. Auch Parallelen zur Gegenwart mit den rechtsradikalen Urteilen sind unschwer zu identifizieren.

Der Roman wird getragen von der Frage nach dem Fehler, der zum Bruch zwischen den drei Freundinnen führte und so fiebert die Leserin mit June mit, während sie Nachforschungen anstellt. Aber auch Junes eigenes (Liebes-)Leben entwickelt sich.... Nachdem sich gegen Ende ein neues Rätsel im Zusammenhang mit begangener Schuld auftut, endet dieser erste Teil mit einem fiesen Cliffhanger, der den zweiten Teil sehnsüchtig erwarten lässt.

Die Figuren sind dabei anschaulich und mehrdimensional gezeichnet und es macht viel Spaß, mit ihnen auf die Reise zu gehen, auf der Glück und Leid immer nachvollziehbar wiedergegeben sind. Schön ist, dass starke Frauen im Zentrum der Handlung stehen.

Abgerundet wird der Roman durch das Rezept für "Luises Berliner Steuselkuchen", der eine wiederkehrende Konstante in der Geschichte ist.

Ich bin sicher, dass auch diese Trilogie zum Erfolg der Autorin beitragen wird, da auch die schwierigen Themen höchst unterhaltsam und mit viel LIebe verbunden erzählt werden. Absolut empfehlenswert für angenehmes Lesevergnügen.

Bewertung vom 25.09.2023
Der Totengräber und der Mord in der Krypta / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.3
Pötzsch, Oliver

Der Totengräber und der Mord in der Krypta / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.3


ausgezeichnet

Wien, 1895. In einer Gruft unter dem Stephansdom wird die unversehrte Leiche eines jüdischen Wissenschaftlers gefunden. Auf einem Foto der Tatortfotografin Julia Wolf finden sich unerklärbare, geisterhafte Schatten. Inspektor Leopold von Herzfeldt ermittelt mit einem erhöhten Augenmerk auf die Teilnehmer der beliebten Séancen - stießen hier Wissenschaft und Übersinnliches aufeinander? Der Totengräber Augustin Rothmayer, der gerade sein drittes BUch über "Spuk und Geistergeschichten" schreibt, soll Leopold helfen, doch er gerät durch seine Ziehtochter Anna in einen anderen Fall: Aus einem Waisenhaus verschwinden Kinder spurlos.....

"Der Totengräber und der Mord in der Krypta" ist bereits der dritte Fall um das ungewöhnlcihe Ermittlertrio Leopold, Julia und Augustin, der wieder in sich abgeschlossen ist und auch Quereinsteigern höchsten Lesegenuss bietet. Kenner der Serie dürfen sich auf eine interessante Weiterentwicklung der Figuren und ihrer Beziehungen untereinander freuen. Und wieder verbindet Pötzsch den scheinbaren Widerspruch von Mystik und Rationalität: Nach "Vampirismus" im ersten Bank und "Mumien" im zweiten, dreht sich diesmal alles um das Thema "Geister".

Oliver Pötzsch besticht durch einen locker leichten Schreibstil, atmosphärische Schilderungen und sympathische Figuren, die den Leser tief in das Leben im Wien des endenden 19. Jahrhunderts hineinziehen. Die gute Recherche des Autors führt dazu, dass viel Wissen in das Werk eingearbeitet ist und beim Lesen wie nebenbei einiges an geschichtlichen Details zu lernen ist. Pötzsch gelingt es meisterhaft, die scheinbar unabhängigen Fälle zu einem harmonischen Ganzen zu verschmelzen. Verbunden mit dem daraus folgenden schönen Spannungsbogen wird der Roman zu einem echten Page-Turner, der nach einem fulminanten Showdown ein rundes Ende findet, in dem alle Fragen der Fälle auf überraschende Weise geklärt werden. Lediglich die persönlichen Herausforderungen der Figuren lassen auf eine baldige Fortsetzung hoffen.

Die im Mittelpunkt der Handlung stehenden Figuren, der fortschrittliche Inspektor, der kauzige Totengräber und die emanzipierte Julia bestechen durch ihre Unterschiedlichkeit, in der sie perfekt zusammenarbeiten. Alle sind mehrdimensional gezeichnet, durchaus sympathisch und zeigen ein Sittengemälde der Zeit auf. Ansprechend, wie so auch Details über die Geschichte der Kriminalistik, Antisemitismus, Frauenrechte, Spritismus, der Umgang mit Waisenkindern usw. unterhaltsam in die Handlung eingebettet sind.
Als neue Figur lernt der Leser hier auch erstmal Leopolds Mutter, Wilhelmine von Herzfeldt, kennen, die ein Techtelmechtel mit dem Schriftsteller Arthur Conan Doyle hat, der wunderbar in die Themengebiete hineinpasst.

Ein Stadtplan von Wien, ein Personenverzeichnis, ein Glossar und ein Nachwort des Autors mit ergänzenden Informationen runden das Buch ab.

Mich hat auch dieser dritte Teil der historischen Krimi-Reihe um den titelgebenden Totengräber Augustin Rothmayer wieder rundum begeistert und ich empfehle ihn unbedingt weiter.

Bewertung vom 24.09.2023
Always love you / Ikonen ihrer Zeit Bd.11
Faber, Hanna

Always love you / Ikonen ihrer Zeit Bd.11


gut

Bereits bei ihren Auftritten im Kirchenchor fällt die großartige Stimme von "Nippy" auf, wie die Tochter von Cissy Houston von hren Freunden genannt wird. Ihren Wunsch, Profi-Sängerin zu werden, unterstützt die Mutter durch hartes Training, und ihre beste Freundin Robyn Crawford widmet ihr ihr komplettes Leben, um für sie da zu sein. Dagegen belasten unglückliche Liebesbeziehungen und vor allem Drogen die sensible Sängerin und Schauspielerin, deren HIts "I will always love you", "I wanna dance with somebody" und viele mehr sie zu der erfolgreichsten und bekanntesten Soul-Sängerin aller Zeiten gemacht haben.

Die Romanbiografie "Always love you" von Hanna Faber ist der 10. Band aus der Serie "Ikonen ihrer Zeit" aus dem Ullstein Verlag, die sich bedeutenden Frauen und ihren Schicksalen widmet. In diesem Band huldigt die Autorin der stimmgewaltigen schwarzen Sängerin Whitney Houston, deren Hits wohl allen Leser*Innen bekannt sind.

Hanna Faber hat gut gut recherchiert und ergänzt die zahlreichen Fakten um das Leben von "Nippy" mit fiktiven Dialogen, inneren Monologen der Sängerin und ergänzenden Handlungen. So konnte ich sehr viel über die private Whitney Houston, ihre Karriere und die Hintergründe dazu erfahren, was mir bis dato nicht bekannt war. Der flüssige, angenehme Schreibstil der Autorin garantiert ein unterhaltsames Lesevergnügen.

In diesem Zusammenhang gefiel es mir, dass die Beziehung von Whitney zu ihrer Freundin Robyn einen großen Raum einnimmt, die als Jugendfreundin, Geliebte und persönliche Assistentin einen wichtigen und dauerhaften Platz im Leben der großen Sängerin besetzte. Leider galt das auch für die Drogen, die sie fast ihr ganzes Leben begleiteten und schließlich zum frühen Tod der charismatischen Frau führten, sowie ihr starker Glaube, der oft zum Ausdruck kommt.
Die Figuren sind authentisch und in vielen Dimensionen ausgearbeitet und gut greifbar durch die schonungslose Darstellung.

Ein Manko für mich war, dass die Grammy-Verleihung Anfang 1994, in der Houston drei Grammys verliehen wurden, die Romanbiografie einrahmt und dazwischen nicht chronologisch erzählt wird, sondern in jedem Kapitel zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her gesprungen wird, was den Lesefluss immer wieder bremste.

Nicht ganz nachvollziehbar scheint mir auch, dass das Buch 1994 auf dem Höhepunkt von Whitney Houstons KArriere endet und die folgenden Jahre und vor allem ihren tragischen Tod komplett ausblendet, was für mich zu einem runden Bild des Weltstars einfach dazugehört hätte.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass durch "Always love you" bei mir sowohl viele Erinnerungen geweckt wurden, als auch viel Neues zu erfahren war über diese Ikone der Musik, so dass ich diese unterhaltsame Lektüre durchaus weiterempfehlen kann.

Bewertung vom 15.09.2023
Zarentod
Trauboth, Jörg H.

Zarentod


ausgezeichnet

Der russische Präsident Iwan Pavlenko wird aufgrund seines Auftretens von Freunden und Feinden mit den Zaren vergleichen. Im Ukraine-Krieg zeigt er seine wahren Absichten: er will den Krieg gegen die NATO auf Gedeih und Verderben. Während die westliche Welt abwartend agiert, wird der Oli­garch Alexei Sokolow tätig, will Iwans größenwahnsinnigen Pläne verhindern und plant den Tod des Präsidenten. Doch seine Pläne drohen zu scheitern ....

"Zarentod" ist der vierte Band der Marc-Anderson-Reihe des Erfolgsautors Jörg H. Trauboth. Da alle Bücher eigenständige, in sich abgeschlossene Werke sind, lässt sich auch dieses Buch problemlos ohne Vorkenntnis der ersten drei Bände lesen; da die agierenden Figuren um Marc Anderson sich weiterentwickeln, bietet jedoch die Lektüre aller Bände den größeren Genuss.

Der Autor war Generalstabs­offizier in der Luftwaffe und Waffensystem­offizier-Lehrer und hat Erfahrungen im internationalen Krisenmanagement. DIeses liest und spürt der Leser deutlich in diesem Lesestoff, denn Trauboths Begeisterung für die Themen springt einen geradezu an. MIch haben die Erwähnung der vielen Details und Namen (nicht nur der Waffen) jedoch nicht gestört; machten sie doch die Erzählung sehr viel realistischer.

Überhaupt sind die Parallelen zur aktuellen weltpolitischen Lage überdeutlich, was nicht nur bei den Darstellungen der Figuren, ihren Handlungen und dem Ukraine-Krieg ersichtlich ist; auch die gewählten Namen der Handelnden lassen direkt auf reale Personen schließen (genannt werden sollen hier beispielhaft der Bundeskanzler Kai Schuster, der Altbundeskanzler Gert Schreiber oder der Kanzleramtsleiter Wolfram Fuchs). Dennoch verweist der Autor unbedingt darauf, dass es sich um einen rein fiktiven Roman handelt, was man sich gerade bei den Absichten des Zaren und der folgenden Aktionen unbedingt ins Gedächtnis rufen muss. Diese Szenarien haben mich sehr beeindruckt und zum Nachdenken und Diskutieren angeregt.

Während in den ersten Bänden die Figur des Marc Anderson im Fokus steht, wechselt in diesem Band die Perspektive häufig zwischen den wichtigen handelnden Akteuren; die Wechsel sind jedoch sehr gut gekennzeichnet und nach vollziehbar; für mich ergab sich so ein umfassendes, actionreiches Bild.

Dieser Thriller war für mich in seiner Komplexität hochspannend; die Spannungskurve stieg in der Mitte des Buches nochmals deutlich durch die dramatischen Geschehnisse an und endete in einer befriedigenden Auflösung, in der alle losen Enden ihre Aufklärung fanden.

Die Ausarbeitung der Figuren gefällt mir sehr; bis zu den Nebenfiguren sind alle multidimensional und zeigen durchaus überraschende Züge, wodurch eine zusätzliche Spannung entsteht.

Jede*r Leser*in, der einen komplexen und spannenden Politthriller zu schätzen weiß und sich von dem großen Detailswissen und der Begeisterung des Autors für seine Themen, die für viel Authenzität sorgen, nicht abschrecken lässt, findet mit "Zarentod" eine beeindruckende Lektüre, die ich gerne weiterempfehle.

Triggerwarnung: Wer ohnehin Flugangst hat und mit entsprechenden Szenarien seine Probleme, sollte dieses Buch nur lesen, wenn er mit der Fiktion zurechtkommen kann.

Bewertung vom 10.09.2023
Die Akte Madrid / Lennard Lomberg Bd.2
Storm, Andreas

Die Akte Madrid / Lennard Lomberg Bd.2


sehr gut

In Granada wird ein wertvolles Gemälde, das eigentlich als verschollen galt, gestohlen und sein Besitzer, der deutsche Verteidigungsminister Franziskus Ritter beauftragt den Kunstexperten Lennard Lomberg mit der Suche. Brisant ist, dass das Gemälde im Zusammenhang mit der hochexplosiven Geschichte des Vaters der MInisters zusammenhängt und seiner Karriere ein jähes Ende bescheren könnte...
Im MIttelpunkt der Handlung steht diesmal das sagenumwobene Gemälde der (fiktiven) Künstlerin Alma Arras, ein Porträtgemälde mit dem Titel ""Tormenta en ciernes, übersetzt: Ein Sturm zieht auf. Es zeigt Salvador Dalí, Luis Buñuel und Federico García Lorca im Café Gijón von Madrid.

Mit "Die Akte Madrid" findet die Lomberg-Reihe des deutschen Autoren Andreas Storm, der im letzten Jahr sein viel beachtetes Erstlingswerk ""Das neunte Gemälde" veröffentlichte, ihre erste Fortsetzung. Und auch, wenn es wieder vertraute Figuren und kleinere Anspielungen auf den ersten Fall gibt, lässt sich das Buch problemlos ohne Vorkenntnisse lesen und bildet einen abgeschlossenen Fall.

Wie bereits im ersten Buch handelt es sich nicht um einen klassischen Whodunnit,; der KUnstexperte Lomberg, unterstützt von seiner Freundin Sina und seiner Tochter, ermittelt nicht wirklich, sondern Storm erzählt in unterschiedlichen Handlungssträngen und Zeitebenen die Geschichten von der Künstlerin Alma Arras und dem einstigen Honorargeneralkonsul der Bundesrepublik Deutschland in der Provinz Málaga, Julius. Ritter. Dabei legt er Stück für Stück die Vergangenheit dar und nimmt seine Leser mit in die Zeit des spanischen Bürgerkrieges und der grausamen Franco-Diktatur und findet ZUsammenhänge mit den deutschen Nazis und der jungen Bonner Republik.. Die (kurzen) Kapitel sind überschrieben mit Ort und Zeit der Handlung, und es ist nötig, sich wirklich darauf zu konzentrieren, wenn man nicht den Faden verlieren will. Doch die individuelle Erzählweise des Autors und die gepflegte Sprache von Lomberg und seinesgleichen vermochten es wieder, mich in den Bann zu ziehen.

Storm erzählt von komplexen Figuren, spannender deutscher und spanischer Geschichte und wieder einmal von der Beutekunst und bringt wichtige historischen Fragen und Themen dem interessierten Leser näher. Neben spannender Unterhaltung gibt es auch viel INformatives über Politik und Geschichte zu lernen.

Nach etwas zähem Beginn konnte mich die Handlung voll in ihren Bann ziehen und ich fieberte mit bis zu einem rundum befriedigenden Ende.

Ein Personenverzeichnis, das historische Personen von fiktiven Figuren abgrenzt, HIntergrundinformationen gibt und Anlehnungen an real existierende Personen erklärt, rundet das Buch ab.

Für mich ein großes Lesevergnügen, das ich jedem empfehlen kann, der sich von seiner Lektüre nicht einfach nur berieseln lassen möchte, sondern einen echten Mehrwert mag.

Bewertung vom 05.09.2023
Ostfriesengier / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.17 (2 MP3-CDs)
Wolf, Klaus-Peter

Ostfriesengier / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.17 (2 MP3-CDs)


gut

Die neue Amtsleiterin Elisabeth Schwarz ist die neue Chefin von Ann-Kathrin Klaasen und Kollegen. Sie will neue Töne einführen und nutzt das Schachspiel in ihren Einzelgesprächen. Schon bei ihrer Einführung explodiert das Fahrzeug von Dirk Klatt; wenig später wird der ITler KEvon ermordert. Ist ein Polizistenmörder unterwegs? Ann-Kathrin und das Team der Kripo Aurich ermitteln. Und dann kommt auch noch ein zweiter Fall dazu: Die Servierkraft Anneliese aus dem Café ten Kate verschwindet und schnell kommt heraus, das dies nicht ihr richtiger NAme ist. Was hat sie zu verbergen?

"Ostfriesengier" ist bereits der 17. Fall um die Kriminalkommissarin Ann-Kathrin Klaasen und es gibt wieder einmal einen, nein, sogar zwei interessante Fälle, skurrile Situationen, Komik, Ostfriesland-Flair und viel allzu Menschliches.

Ich bin sicher, dass eingefleischte Fans von Klaus-Peter Wolf auch diesen Band lieben werden, hält sich der Autor doch ans Gewohnte. Locker und leicht, mit einem Augenzwinkern erzählt Wolf von der neuen Chefin und bösen Buben. DIe markante Stimme des Autors, der sein Buch selbst eingelesen hat, macht einen besonderen Reiz.

Nur irgendwie konnte Wolf bei mir nicht mehr punkten. In Schneller Folge kommen die doch sich sehr ähnelnden Krimis auf dem MArkt; und sie verkaufen sich gut, denn die Begeisterung für Ostfriesland und die bekannten Figuren ist groß. Doch irgendwie fehlt das Neue. Darüber hinaus wäre es vielleicht besser gewesen, der Autor hätte sich auf einen Fall konzentriert und diesen sauber geschildert. SO ging doch ein wenig durcheinander.

Das größte Ärgernis war für mich jedoch, dass Klaus-Peter Wolf viel Werbung macht. Zum einen gibt es einige Querverweise auf seine anderen Reihen (um Dr. Sommerfeldt und Rupert), genervt hat mich aber, dass ständig Wolfs Lebensgefährtin Bettina Göschl und ihre Mitmach-Kinderlieder, vor allem die "Piraten", auftauchten. Abgesehen davon, dass diese Werbung doch zweifelhaft ist, war es einfach zu viel, dass Göschl immer wieder Szenen hatte und sich in jede Ermittlung schob.

Kann man sicher lesen oder hören zur leichten Unterhaltung, für mich wird es keinen 18. Band mehr geben.

Bewertung vom 05.09.2023
Die schwarze Lilie
Schümer, Dirk

Die schwarze Lilie


gut

1348, Zeit der großen Pest. Florenz ist eine der größten Handelsmetropolen der Welt, die Kaufleute bestimmen die Geschicke der Stadt, die Bankiere agieren weit über die Stadtgrenzen hinaus. Der Deutsche Wittekind Tentronk, der bisher ziellos durch die Welt streifte, findet Arbeit als Agent bei dem superreichen Bankier Pacino Peruzzi, ein Zuhause, Freunde und sogar die Liebe zu der Witwe Cioccia. Als die Söhne des Padrino einer nach dem anderen ermordet werden und der Vater seltsam emotionslos bleibt, sucht Wittekind nach Motiv und Mörder und gerät selbst in größte Gefahr....

"Die schwarze LIlie" ist die Fortsetzung von dem historischen Roman "Die schwarze Rose" des deutschen Autors Dirk Schümer, die jedoch völlig problemlos ohne Vorkenntnisse gelesen werden kann.

Die Geschichte wird erzählt aus der Ich-Perspektive der Figur Wittekind in flüssiger und angenehm zu lesender Schreibweise. Gewöhnungsbedürftig ist jedoch, dass wörtliche Rede nicht in Anführungszeichen gesetzt ist! Und auch die zahlreichen fremdsprachigen und historischen Bezeichnungen sowie die alten Bezeichnungen von Orten und Gebieten hatten ein häufiges Googeln meinerseits zur Folge - hier wäre eine Glossar hilfreich gewesen. Sicher habe ich einige der teilweise auch ironischen Anspielungen überlesen; als Beispiel sei der Name von Wittekinds Lieblingsschänke genannt, die mit dem Namen "Purgatorium" (dem "Fegefeuer") auch auf Dates Kreise der Hölle anspielt.

Dirk Schümer ist Fachmann für mittelalterliche Geschichte; sein Wissen und seine umfassenden historischen Recherchen finden sich in Hülle und Fülle in dem Buch. Nicht nur in den ausufernden Beschreibungen von Figuren, Florenz und weiterem verliert sich der Autor in teils überflüssigen Details. So droht dem Leser der Verlust des roten Fadens; viele Beschreibungen und Informationen bringen nicht die Geschichte voran und gehen deutlich zu Lasten der Spannung. Wenngleich die zahlreichen Morde und ihre Aufklärung einen historischen Krimi vermuten lassen, geht dieser fast unter; die Handlung nimmt eigentlich erst im letzten Drittel Fahrt auf. Doch hier gab es dann für mich ein anderes Manko: Wie durch ein Wunder wurden die in Lebensgefahr Schwebenden immer im letzten Moment zufällig gerettet; Ungereimtheiten und Übertreibungen führten zu einer gewissen Unglaubwürdigkeit. Dass zu guter Letzt das Ende mich frustriert zurückgelassen hat, passte da fast schon ins Bild.

Großartig sind dagegen die zahlreichen mehr oder weniger versteckten Anspielungen:
Zum einen finden sich etliche Größen aus der Literatur wieder; Dante Alighieri bzw. sein Sohn deklamieren die Göttliche Komödie, der Schankwirt Meo ist der Sohn des italienischen Dichters Cecco Angiolieri, Giovanni Boccaccio, noch erfolglos, erlebt zusammen mit der Hauptfigur sein echtes Decamerone, William von Baskerville (bekannt aus "Der Name der Rose") ist ein Freund von Wittekind...
Und auch die Handlung zeigt einige Parallelen zur Welt der Gegenwart: in Florenz tobt mit der Pest eine verheerende Pandemie,- der Bankier Peruzzi ist - wenig moralisch - aus dem Bankencrash wieder emporgestiegen und auch der Krieg auf der Krim spielt eine nicht unerhebliche Rolle.

Die Figuren sind gut beschrieben und vor allem Wittekind und Cioccia, die das Element der "LIebe" in den Roman einbringen, waren mir durchaus sympathisch. Schön, dass sie auch nicht die üblichen jungen Helden sind, sondern sich bereits im fortgeschrittenen Alter befinden! Cioccia weist darüber hinaus noch eine Besonderheit auf: An ihr zeigt der Autor das Frauenbild der Zeit auf und zeichnet mit ihr eine starke Frau, die sich der Haltung der Frau als besondere "Sklavin" nicht unterwerfen will; sie widersetzt sich Wittekinds Heiratsplänen und bleibt lieber eine selbstbestimmte Witwe.
Eine kleine Nebengeschichte in der Handlung zeigt den special interest des Autors, der auch berufenes Mitglied der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur ist: er zeigt den jüngsten Sohn der Familie Peruzzi als begeisterten "Calcio"-Spieler, einem Ballspiel, das als Vorläufer des Fußballs gilt.

Ein Personenverzeichnis und eine Stadtkarte von Florenz 1348 runden das Werk ab, dessen gut 600 Seiten durchaus gestrafft werden könnten.

Trotz guter Ideen und raffinierten Anspielungen konnte Dirk Schümer nicht vollends überzeugen; die Opulenz zeigte sich einfach zu weitschweifig.

Bewertung vom 16.08.2023
Die Erfindung des Lächelns
Hillenbrand, Tom

Die Erfindung des Lächelns


gut

1911 wird eines der wohl berühmtesten Gemälde der Welt, die Mona Lisa von Leonardo da Vinci - genannt "La Jaconde" -aus dem Pariser Louvre gestohlen. Ganz Paris ist in Aufruhr und stellt die Frage, wie so etwas passieren konnte. Die Polizei ermverbindet ittelt fieberhaft und befragt Hunderte von Beschäftigten des Museums und sogar der Maler Pablo Picasso gerät unter Verdacht. Hauptkommissar Lenoir Juhel von Sûreté Générale erhält einen besonderen Ermittlungsauftrag....

Der deutsche Schriftsteller Tom Hillenbrand hat viel recherchiert und verbindet im vorliegenden Roman zahlreiche historische Fakten nicht nur um den Diebstahl der "Joconde", sondern allgemein aus der Zeit der Belle Èpoque, und überlässt es auch seinen Lesern laut Nachwort zu unterscheiden, was hierbei frei erfunden, interpretiert oder wahr ist.

Gemäß der amerikanischen Schriftstellerin, Verlegerin und Kunstsammlerin war Paris "der Ort, wo sich das zwanzigste Jahrhundert befand" und so schreibt Hillenbrand ausführlich vom Louvre und seinen Kunstwerken, aber vor allem von zahlreichen historischen Personen, die das Leben vor Ort so bunt machten. Wir lesen von dem Maler Pablo Picasso, seinem Freund, dem Kunstkritiker Guillaume Apollinaire, der Ausdruckstänzerin Isadora Duncan und ihrem Guru, dem Satanisten Aleister Crowley, den Musikern Igor Strawinsky und Claude Debussy, dem Couturier Paul Poiret, den brutalen Anarchisten der Bonnot-Bande und Frankreichs größtem Detektiv, Alphonse Bertillon, dem Italiener Vincenzo Peruggia und vielen mehr, wir reisen mit zu Künstlercafés, Spelunken, in den Bois de Boulogne, die Oper und zu privaten Festen. Dabei springt der Autor von Figur zu Figur, von Ort zu Ort und Zeit zu Zeit und es erfordert höchste Konzentration, alles richtig einzuordnen.

Der Raub von da Vincis Meisterwerk und seine Entdeckung erst zwei Jahre später bilden dabei den Rahmen für eine Vielzahl von Episoden und Einschüben, die eine mögliche (!) Aufklärung bieten; eine Verfolgung und Aufklärung durch die Polizei bzw. Juhel findet eigentlich nicht statt. Wer (wie im Klappentext angegeben) einen historischen Kriminalroman erwartet, sieht diesen unter einer Pracht an Intrigen, Kunst und Kultur verschwinden.

Der zumeist in kurzen Sätzen geschriebene Roman enthält eine Vielzahl an Fremd- und Fachwörtern, von denen ich zugeben muss, dass mir nicht alle bekannt waren und ich zwischenzeitlich googeln musste, und zitiert einige Originalquellen.

Wenn ich auch bisher ein großer Fan von Tom Hillenbrand bin und alle seine Bücher gelesen habe, konnte mich dieses Buch nicht wie gewohnt abholen und fesseln und ich brauchte ungewöhnlich lange für die Lektüre, was ich auf die unglaubliche Vielzahl an Puzzleteilchen zurückführe und dass sehr lange im Unklaren blieb, wie diese zusammenhingen und kein echter Spannungsbogen zustande kam. Auch gelang es mir nicht, eine Beziehung zu einer der Figuren aufzubauen, die zwar interessant mehrdimensional beschrieben wurden, doch nicht besonders sympathisch waren.

Sicher ist "DIe Erfindung des Lächelns" kein Buch, das sich zur Entspannung einfach nebenbei lesen lässt, das aber für Kunst- und Geschichtsinteressierte eine Fülle an Informationen ausbreitet und seine Leser anregt, sich eigene Gedanken über einen der größten Kunstraube aller Zeiten zu machen.