Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
clematis

Bewertungen

Insgesamt 245 Bewertungen
Bewertung vom 05.03.2025
Die Kammer (eBook, ePUB)
Dean, Will

Die Kammer (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Tod in der Tiefe

Vom Taucherbasisschiff DSV Deep Topaz aus geht es für sechs Sättigungstaucher in die Tiefe der Nordsee, um eine Ölpipeline zu kontrollieren. Dafür begeben sich eine Frau und fünf Männer für 28 Tage in eine Kammer zum Druckausgleich. Was üblicherweise zwar anstrengend, aber Routine ist, wird dieses Mal zum Horrortrip, da es schon bald nach Betreten der engen Unterkunft einen rätselhaften Todesfall gibt.

Will Dean beschreibt meisterhaft, wie die Taucher auf engstem Raum zusammenleben müssen, lässt den Leser ab der ersten Seite die Beklemmung spüren, wenn sich die letzte Luke schließt. Bestens recherchiert und überaus detailliert werden Schlafkojen, Aufenthaltsraum und Nasszelle veranschaulicht, aufrecht stehen kann man in keiner Nische, Privatsphäre existiert praktisch nicht. Die Portraits der sechs Menschen, welche diesen gefährlichen, aber einträglichen Beruf ausüben, sind recht unterschiedlich, dennoch arbeitet man auf professionelle Weise zusammen. Auch die aufs wesentliche reduzierte Kommunikation und die eigene Art von Humor beleuchtet der Autor treffend.

Ruhe bewahren, das ist das wichtigste Grundprinzip auf See, Ruhe strahlen auch die Zeilen in diesem Thriller aus, obwohl gleichzeitig Enge, Beklemmung und der Tod eines Kameraden für alptraumhafte Szenen sorgen. Die Atmosphäre in der Kammer ist so gut eingefangen, dass man Gänsehaut verspürt und bisweilen den Atem anhalten muss. Jede Minute bis zum Ausstieg aus dem Druckbehälter fühlt sich an wie Stunden, die Ungewissheit, was zum Tod des jüngsten Tauchers geführt hat, zehrt an den Nerven der verbliebenen Mannschaft. Nicht nur deren übliche Aufgaben werden präzise dargestellt, auch ihre Gemütsverfassung in der aktuellen Ausnahmesituation wird lebhaft widergespiegelt. Besonders gut gelingt dies, da Ellen Brooke, die einzige Frau im Team, selbst die Stimme der Erzählerin übernimmt und daher direkt aus dem bedrückenden Behältnis berichtet. Die Spannung steigt mit jedem Tag fernab der „normalen Welt“, das Ende verblüfft durch das Verknüpfen loser Fäden, wobei noch Raum bleibt für Spekulationen. Mir hats jedenfalls gefallen, auch wenn nicht jede Frage beantwortet ist.

Ein Thriller mit besonderer Atmosphäre, der durch Überraschungen punkten kann. Leseempfehlung!

Bewertung vom 05.03.2025
Stumme Zypressen / Commissario Luca Bd.4 (eBook, ePUB)
Riva, Paolo

Stumme Zypressen / Commissario Luca Bd.4 (eBook, ePUB)


sehr gut

Der Fremde

Im malerischen Montegiardino in der Toskana geht alles seinen ruhigen Lauf, bis ein Fremder nachts anreist und tags darauf stundenlang um die Marktstände spaziert. Was will der unheimliche Mann in Schwarz im Dorf und warum sind plötzlich zwei Gänse tot? Als dann auch noch ein Wanderer angeschossen wird, hält man den Unnahbaren für einen hinterhältigen Jäger, der sein eigentliches Ziel verfehlt hat.

Auch im vierten Band dieser unterhaltsamen Krimiserie spart Paolo Riva nicht mit bildreichen Eindrücken aus der hügeligen Landschaft in der flirrenden Sommerhitze und eindrücklichen Schilderungen vom Dorf selbst. Sei es Fabio an der alten Cimballi-Kaffeemaschine in seiner Bar auf dem Kirchplatz, sei es der belebte Markt mit seinen Farben und Gerüchen und alteingesessenen Händlern, jede Einzelheit ist dazu da, dass der Leser sich sofort wohlfühlt inmitten bereits bekannter Gesichter, allen voran Commissario Luca, alleinerziehender Vater und Chef dreier Esel. Wer die Reihe bereits kennt, weiß, was ich meine, wer sich fragt, wer mit drei Eseln lebt, dem empfehle ich sogleich Band 1: Flüssiges Gold.

Viel Toskanaflair ist also auch diesmal dabei, dazu ein Hahn namens Gaius Julius Caesar, der den Nachbarn Schlaf und Nerven raubt. Ein wenig Geduld muss man allerdings aufbringen, bis der klug und pragmatisch handelnde Kommissar endlich einen wirklichen Fall zum Ermitteln bekommt. Und dieser wird dann zwar auch logisch, aber recht rasch abgehandelt. Nichtsdestotrotz bietet die Kulisse Platz zum Träumen, erlebt man mit Signora Agnellis Viechern eine tierische Tragikomödie [kindle, Pos. 369] und als Draufgabe verschiedenste Ermittlungsansätze, die mit aufregenden Szenen gegen Ende hin dann doch noch rechtzeitig den wahren Täter und sein Motiv entlarven.

Ein schöner Teil dieser eher ruhigen Krimireihe, die mich immer wieder in Urlaubsstimmung versetzt und einen Schuss an Aufregung liefert, welche der umsichtige Kommissar aber stets kalmieren kann. Sympathische Charaktere in stimmungsvoller Umgebung, davon darf es gerne noch mehr geben.

Bewertung vom 04.03.2025
Der Jäger (eBook, ePUB)
Diel, Svenja

Der Jäger (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Reißzähne

Welche Reißzähne haben diese tiefe, grausige Wunde in den Hals des Toten gerissen? War es einer der Wölfe, die man im Spreewald neuerdings wieder öfter sichtet? Oder kann es sich um absonderliches Menschenwerk handeln? Bald gibt es ein zweites Opfer mit einem klaffenden Loch an der Kehle, Polizei und Fallanalytiker stehen unter Zeitdruck.

Der Prolog führt viele Jahre zurück und ist ebenso scheußlich wie jene Geschehnisse, die sich in der aktuellen Handlung abspielen. Als Leser muss man sich auf allerlei Blutrünstiges einstellen, das einen hier erwartet, wie auch schon beim früheren Fall für Nova Winter in „Der Mentor“. Fallen, Wölfe und Jäger beherrschen das Feld ebenso wie Seitenspringer und Rächer, mehrere Personen haben ein Motiv und kommen als potentielle Täter in Frage.

Svenja Diel versteht es, Fährten auszulegen und Spuren zu analysieren, die Ermittler bewegen sich durchaus auf richtigen Pfaden, versperren sich aber selbst den letzten, wesentlichen Blick auf die Figur des Täters. Somit bleiben die nervenaufreibenden kriminalistischen Untersuchungen auf der Jagd nach dem Jäger spannend bis zum letzten Kapitel, in welchem dann schließlich alle Zusammenhänge logisch erklärt werden. Ziemlich viele kurze Kapitel führen abwechslungsreich und höchst lebendig durch eine aufregende Geschichte, welche das Abschießen oder in Ruhe Lassen von Wölfen ebenso thematisiert wie traumatische Erlebnisse und Verluste.

Die Tage im Spreewald vergehen wie im Flug, wer hart im Nehmen ist und auch den Blick ins Gedärm der Trophäen nicht scheut, der wird hier seine blutige Leselust stillen können. Ich empfehle dieses Buch gerne weiter an eingefleischte Thrillerfans.

Bewertung vom 03.03.2025
Im Auftrag der Fugger - Der Burgunderschatz (eBook, ePUB)
Dempf, Peter

Im Auftrag der Fugger - Der Burgunderschatz (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Das Kästchen

Seit dem Tod ihrer Mutter lebt Afra als Bettlerin in Augsburg. Ein abgeschnittener Geldbeutel soll sie durch die nächste Zeit bringen, allerdings enthält er nichts als wertlose Papiere mit den Zeichnungen von erlesenem Schmuck. Wertlos? Nein, die echten Stücke gehören zum Burgunderschatz in Bern und Jakob Fugger möchte sie erwerben. Als Boten für den Tausch von Gold gegen das Geschmeide sollen der Kurier Herwart und Afra fungieren, die ihr Leben aufs Spiel setzen, um das unscheinbare Kästchen wohlbehalten zu ihrem Auftraggeber zu bringen.

Höchst lebendig beginnt dieser Historische Roman und behält die dadurch entstehende Sogwirkung auch tatsächlich bis zum Ende bei. Die Zeit um 1500 in Augsburg und rund um den Rheinfall wird bildhaft und durch eingehende Recherche auch überaus authentisch wiedergegeben. Aber nicht nur die Umstände, auch die Figuren und ihre Gedanken- und Gefühlswelt fängt Peter Dempf sehr gut ein, erzählt er doch direkt aus den Blickwinkeln Afras und Herwarts (im auktorialen Stil, was ich persönlich angenehmer finde als die Ich-Form). Obwohl einander fremd, müssen Afra und Herwart miteinander auskommen und sich auf dieses gefährliche Abenteuer einlassen, das auch den Leser auf eine verwegene Reise mitnimmt und nicht nur einmal glauben lässt, es sei alles aus. Kampferprobt und mit richtig eingesetzter List schaffen es die beiden bis ins Kloster St. Margarethental, aber wie wollen sie, den Feind auf den Fersen, das Kästchen nach Augsburg bringen? Peter Dempf schickt die beiden Hauptfiguren auf einen scheinbar aussichtslosen Weg, den Leser durch nervenaufreibende Seiten, fast sind es der Fallen und Gefahren zu viel, die auf Afra und Herwart lauern, dann aber ist doch wieder alles so kurzweilig, dass man das Buch nicht aus der Hand legen will.

Ein bestens recherchierter Roman, der auch einige historisch verbürgte Details enthält und durch seine lebhaften Schilderungen und seine Detailtreue punktet. Leseempfehlung!

Bewertung vom 02.03.2025
Freunderlwirtschaft (eBook, ePUB)
Hartlieb, Petra

Freunderlwirtschaft (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Am Abstellgleis

Alma Oberkofler ist nicht mehr die Jüngste, als sie Hauptkommissarin in Wien wird, auch nicht „ganz einfach“, wie es in Kollegenkreisen nach ihrer Versetzung in die Hauptstadt heißt. Und gleich ihr erster Fall führt sie in die Wirren der Politik, denn in einer eleganten Wohnung im 8. Bezirk liegt ein Minister mit blutigen Kopf, aufgeschlagen auf der dicken Glastischplatte, allein verunfallt, im Streit geschubst oder gar vorsätzlich ermordet, ist unklar. Als Oberkofler nähere Ermittlungen aufnimmt und gar einen Zusammenhang mit einem weiteren Unfall herstellt, wird sie für zwei Wochen einer anderen Abteilung zugewiesen, auf Deutsch aufs Abstellgleis verschoben.

Mit Geschehnissen weit vor dieser Zeit beginnt der Kriminalroman, der rein fiktiv ist, dem Leser aber doch viele Parallelen zur Realität vor Augen führt, speziell dann, wenn dieser selbst Österreicher ist. Wortgewandt schildert Hartlieb die Geschehnisse der Kriminalhandlung, ebenso detailreich kommen private Einzelheiten von Alma und Jessica -Verlobte des Opfers und gleichzeitig Mordverdächtige - aufs Tapet, denn aus dem Blickwinkel dieser beiden weiblichen Figuren erfahren wir, was in den unterschiedlichsten Jahren passiert ist. Damit kein Durcheinander herauskommt, sind Episoden in zeitlicher Abweichung zur Chronologie stets gut gekennzeichnet. Überwiegend befinden wir uns aber ohnehin im Jetzt, wo ein brisanter Todesfall mit der gebotenen Ruhe und Diskretion behandelt wird. Ruhe ist ebenfalls ein Charakteristikum des hartliebschen Schreibstils, die ironischen Seitenhiebe in Richtung nicht existierender Dörfer und bestens ausgedachter Polit-Figuren überwiegen jedenfalls kriminalistische Spannung, was dem Ganzen aber keinerlei Abbruch tut, denn dieser Roman mit nebenher laufender Ermittlungstätigkeit bietet großartige Unterhaltung.

Ein bestens ausgewogener Mix aus Polizeiarbeit, Politischem und Persönlichem lässt dieses Buch zu einem wahren Lesevergnügen werden, das nicht nur vom Burgenland über Wien bis nach Tirol führt, sondern auch in die bunte und schillernde Welt Costa Ricas – alle Orte eine (Lese)Reise wert! Falls Alma Oberkofler eine Weiche zurückfindet vom aktuellen Abstellgleis, dann steige ich gerne wieder mit ein in ihre Ermittlungen.

Bewertung vom 26.02.2025
Das Muster des Bösen / Max Bischoff - Mörderfinder Bd.5 (eBook, ePUB)
Strobel, Arno

Das Muster des Bösen / Max Bischoff - Mörderfinder Bd.5 (eBook, ePUB)


sehr gut

Auge um Auge

Bereits vor der offiziellen Eröffnung der gemeinsamen Detektei WaBi von Fallanalytiker Max Bischoff und Rechtspsychologen Marvin Wagner ergibt sich ein erster Fall: der neunjährige Sohn eines Richters wird entführt, wahrscheinlich deshalb, weil der Richter zu milde Urteile gefällt hat und jetzt Rache geübt werden soll: Auge um Auge.

Spannende Szenen mit dem Knastfriseur Kai Weinand, der wichtige Informationen an Max Bischof liefert, eröffnen diesen fünften Fall der Mörderfinder-Reihe. Zwischen Eröffnungsfeier der Detektei, Internetrecherche und Ermittlungen schieben sich kursiv gedruckte Abschnitte aus Tätersicht mit durchaus brutalen Einzelheiten, denen man nicht zartbesaitet gegenübertreten sollte - grausame Details, auch an Kindern, werden hier geschildert. Spätestens, als es weitere Opfer gibt, ist klar, dass schnell gehandelt werden muss, da kommt es Max und Marvin gerade recht, dass sich freiwillige Helfer nahezu aufdrängen. Zudem gibt es eine enge Zusammenarbeit mit Bischofs Ex-Kollegen und nunmehrigem Leiter im KK11, Horst Böhmer. Recht bald habe ich einen Täter im Visier, aber weit gefehlt, Arno Strobel hält am Ende eine ganz andere Auflösung für mich bereit. Es geht im Laufe der Handlung immer turbulenter und gefährlicher zu, sodass die Abhandlung des Motivs dann doch fast ein wenig zu flott daherkommt. Insgesamt ist der Fall aber sehr fesselnd und die Figuren können einen wie gewohnt in ihren Bann ziehen.

Ein in sich abgeschlossener Fall, den man auch für sich allein stehend lesen kann, in der Gesamtheit der ganzen Reihe ist „Das Muster des Bösen“ aber gewiss noch besser. Interessante Themen werden aufgegriffen und auf geschickte Weise in die Handlung eingebettet. Mir hat‘s wieder gut gefallen!

Bewertung vom 26.02.2025
Für Polina (eBook, ePUB)
Würger, Takis

Für Polina (eBook, ePUB)


sehr gut

Nach Hause

Hannes und Polina werden am selben Tag geboren, die Mütter freunden sich noch im Krankenhaus an, sodass die Kinder viel Zeit miteinander verbringen. Hannes ist von Anfang an besonders, er ist auf fast beängstigende Weise ruhig und hinkt in seiner Entwicklung anderen Kindern hinterher. Aber – er brennt für die Musik, ist überaus talentiert am Klavier und komponiert bald eigene Melodien, die er auf seine Mitmenschen abstimmt. Viele Jahre, nachdem sich seine und Polinas Wege getrennt haben, will er das Mädchen, in das er sich einst verliebt hat, wiederfinden, selbstverständlich mit der Melodie, welche er mit vierzehn für sie erschaffen hat.

Mit seiner gelassenen, angenehm dahinfließenden Schreibweise setzt Takis Würger die wenigen Personen in diesem Buch perfekt in Szene, beschreibt überaus anschaulich, wie Hannes das Licht der Welt erblickt und eine ganz außergewöhnliche Kindheit durchlebt. Der Bub bemerkt natürlich sein „Anderssein“, kommt damit allerdings allem Anschein nach gut zurecht, bis ihm ein Unfall die Mutter raubt. Er merkt, dass ihn mit Polina mehr verbindet als „beste Freunde sein“ und erspürt aus seinem Innersten ein Lied, das er auf dem Klavier zum Leben erweckt, kann aber seine Gefühle ihr selbst gegenüber nicht in Worte fassen und zum Ausdruck bringen. So vergehen wichtige Momente, ohne dass Hannes und Polina sich einander wirklich öffnen, ihre Leben driften auseinander, kreuzen sich nur noch für wenige Augenblicke. In der Zwischenzeit begleiten wir Johannes durch einen steinigen Weg, der ihm viel abverlangt – und auch für den Leser bisweilen lang ist – bis er wieder zur Musik und zum Klavier – und nach Hause – zurückfindet.

Distanziert und dennoch voller Gefühl – das ist mein Eindruck von „Für Polina“, eine bittersüße Liebesgeschichte, fernab von Alltäglichkeit oder romantischem Kitsch. Wer Außergewöhnliches sucht, findet es hier!

Bewertung vom 25.02.2025
The boy you always wanted
Quach, Michelle

The boy you always wanted


sehr gut

Der Plan

Francines Großvater hat Krebs und wird bald sterben. Da er keinen männlichen Nachkommen hat, welcher die Familientradition und Ehrerbietung den Ahnen gegenüber fortführen kann, ersinnt Francine einen raffinierten Plan: der Sohn einer befreundeten Familie, Ollie, soll die Rolle des männlichen Erben ehrenhalber einnehmen.

Locker fließt dieser schöne Jugendroman dahin, die schweren Themen Tod, Tradition, starres Familiengefüge passen sich mit Leichtigkeit in die Handlung ein, in der eine aufkeimende Liebe natürlich nicht fehlen darf. Was kompliziert beginnt, geht auch kompliziert weiter, denn die chinesisch-vietnamesischen Hauptpersonen legen Wert auf Familie und Althergebrachtes, dem sich insbesondere die pflichtbewusste Francine nicht entziehen möchte. Dabei stößt sie allerdings auf Überraschungen, mit welchen sie nie gerechnet hätte.

Witzig, humorvoll und mit einem aufschlussreichen Blick hinter die Kulissen asiatischer Kultur präsentiert Michelle Quach diese liebenswerte Geschichte, in die – laut dem Vorwort – durchaus auch Persönliches miteinfließt. Angenehm zu lesen und trotz der Angst um den Großvater sehr unterhaltsam und informativ.

Bewertung vom 24.02.2025
Die Wächterin von Köln (eBook, ePUB)
Schier, Petra

Die Wächterin von Köln (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Schattenwelt

Spätmittelalter in Köln: Elsbeths Weg führt sie schon als Sechzehnjährige ins Bordell, Jahre später findet man ihren Halbbruder aufgeknüpft an einem Baum. Glücklicherweise hat sie sich in der Zwischenzeit ein Netz in der Schattenwelt aufgebaut und kann dem Todesfall nachgehen, der eindeutig Mord und kein Freitod ist.

Spannend geht es zu in den Jahren 1396 bis 1423, zwischen denen die Handlung munter hin- und herspringt. Elsbeth wandelt sich vom vermeintlich tumben Mädchen zur gewieften Bordellmutter, wobei sie größten Wert darauf legt, dass es bei ihr anständig und sauber zugeht. Als ihr die Nachricht vom Tod des Bruders zugeht, nützt sie all ihre Seilschaften, um Licht ins Dunkel zu bringen. Dabei steht allerdings weniger die Aufklärung eines Kriminalfalles im Mittelpunkt, sondern eher Elsbeths Leben selbst und die Umstände des Freudenhauses zur damaligen Zeit. Höchst lebendig und akribisch recherchiert tun sich hier alte Zeiten auf, in welchen man wohl eher nicht gelebt haben möchte. Armut, Hunger, Prügel stehen an der Tagesordnung, selbst die Machthabenden nützen ihre Position oft genug nur zu ihrem eigenen Vorteil aus und lassen es an Fürsorge für ihre Untergebenen mangeln. Geschickt versteht es Elsbeth dennoch, mit einem Geben und Nehmen vertrauenswürdige Freundschaften aufzubauen und sich und ihre Frauen um Hurenhaus bestmöglich zu beschützen.

Mit ihrem fesselnden Schreibstil und überaus bildhaften Beschreibungen versetzt einen Petra Schier in eine brutale Welt des Spätmittelalters, in welche man für einige Stunden tief eintauchen kann. Ihre Charaktere hat der Leser rasch vor seinem geistigen Auge, ja sogar Geräusche und Gerüche vermeint man zwischen den Zeilen zu verspüren. Für die vielen Figuren im Roman gibt es glücklicherweise ein übersichtliches Verzeichnis zu Beginn, am Ende noch ein informatives Nachwort, das außerdem Lust weckt auf weitere Romane der Autorin mit einigen nun bekannten Personen.

Mir haben sowohl die geheimen Intrigen als auch die Welt im Freudenhaus großen Spaß bereitet beim Lesen, die Szenen sind höchst ausgewogen gehalten, auch was die Zeitsprünge innerhalb der etwa dreißig Jahre betrifft. Daher empfehle ich die Wächterin nun sehr gerne weiter.

Bewertung vom 20.02.2025
Wintertöchter Trilogie
Kleinbek, Mignon

Wintertöchter Trilogie


ausgezeichnet

In der Forstau

Anna ist vierundsechzig und erinnert sich an ihr Leben in der Forstau, nahe Radstadt in Salzburg. Wehmütig schreibt sie auf, wie sie mit ihrer Mutter Marie am Julianenhof aufgewachsen ist und von klein auf mitgeholfen hat bei der Almwirtschaft, weit weg vom Dorf und dessen Bewohnern. Ihre besondere Gabe, Dinge zu sehen, welche anderen verborgen bleiben, begleitet sie von Geburt an und bringt nicht nur Positives, sondern auch eine Menge an Schwierigkeiten mit sich, auch wenn Tante Barbara Erklärungen liefert. In drei überaus bewegenden Teilen dürfen wir Annas Geschichte mitverfolgen und teilhaben an aufwühlenden Ereignissen.

In der wunderschönen Forstau spielt sich der Großteil der Handlung ab und führt uns weit zurück ins Jahr 1940, in dem am Dreikönigstag Anna das Licht der Welt erblickt. In einer gelungenen Abwechslung aus tagebuchähnlichen Erinnerungen und einer romanhaften Erzählung sind wir hautnah dabei, wie sich dunkle Wolken über dem Tennengebirge zusammenbrauen und einen Schatten werfen auf Annas Schicksal, das geprägt ist von Niederlagen und Rückschlägen. Mit ihrer bildhaften und detailreichen Schreibweise fesselt Mignon Kleinbek ihre Leser von der ersten Seite an, zuweilen stockt einem der Atem, was Marie und Anna an Bürde zu tragen haben. Die Liebe zur Natur und die Ruhe auf der Alm können nur zum Teil ausgleichen, was das Leben für Mutter und Tochter vorgesehen hat. Mit eindringlichen Worten bringt die Autorin eine sehr berührende Geschichte zu Papier, die sich über viele Jahrzehnte spannt, bis hin ins Jahr 2004. Dabei bleibt die Spannung auf hohem Niveau, die gesamte Trilogie extrem kurzweilig. Wer anfangs im dritten Band meint, der große Zeitensprung kopple die Ereignisse zu stark ab vom bisherigen Geschehen, der wird bald eines Besseren belehrt und begegnet einigen Überraschungen, die das Ende dieser schönen Trilogie bereithält. Allerlei Interessantes über Kräuterkunde, besondere Sinnesempfindungen, Ausgrenzung von Menschen, die auf irgendeine Art „anders“ sind, fließt nach gewissenhafter Recherche in die drei Bücher ein, die Kulisse der abgelegenen Bauernhöfe passt bestens zur Atmosphäre, welche überwiegend vorherrscht. Wer Lust hat, kann auch heute noch zu jeder Jahreszeit auf Annas Spuren wandeln, im Nachwort werden Originalschauplätze genannt.

Wer sich einlassen kann auf ein entbehrungsreiches Leben am Berg, wer Einklang sucht bei Tieren und in der Natur, daraus Zuversicht und Überlebenswillen schöpfen kann, wer malerische Eindrücke von Österreichs Bergwelt schätzt, tief verschneite Winterlandschaften und anstrengende Sommer als Senner auf der Alm, darüber hinaus eine überwältigende Familiensaga mit ungewöhnlichen „Gaben“ sucht, der ist mit der Wintertöchtertrilogie von Mignon Kleinbek bestens beraten. Ich empfehle diese drei Bücher (in einem Band) jedenfalls sehr gerne weiter!