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Insgesamt 1632 Bewertungen
Bewertung vom 27.06.2020
Die kleine Hummel Bommel schützt die Umwelt
Sabbag, Britta;Kelly, Maite;Tourlonias, Joëlle

Die kleine Hummel Bommel schützt die Umwelt


ausgezeichnet

Natur und Umwelt kindgerecht und informativ erklärt

Die Zeichnungen sind einfach umwerfend schön! Klar, Familie Hummel ist nicht „naturgetreu“. Sie ist quasi eine Mischung aus Mensch und Hummel. Dennoch finde ich das für Kinder nicht verwirrend oder falsch, sondern genau richtig. So sehen Hummeln zwar nicht aus, aber die Kids werden in den Hummeln dann doch eher Freunde sehen, denn Insekten, die sie ängstigen. Ganz verliebt bin ich ja in den kleinen Schmetterlings-Jungen!

Bei manchen Punkten bin ich ein bisschen im Zweifel, ob sie nicht Diskussionen zwischen Kindern und Eltern auslösen. So wird beispielsweise in einer Schautafel aufgelistet, welches Obst und Gemüse in welchem Monat Saison hat. Das stimmt so zwar, aber auch nicht ganz. Im Juli gibt es Kirschen! Wunderbar – aber in meinem Garten sind sie schon im Juni erntereif und im Juli gibt es keine mehr.

Die „Hummeltipps“ sind super einfallsreich. Nicht alle werden immer funktionieren, aber die Ideen sind großartig. Erde von den Schuhen kratzen und in einen mit Pflanzerde gefüllten Topf geben und warten, ob und was wächst – ich finde das genial. Da muss man nur hoffen, dass irgendein Samenkorn (beispielsweise Löwenzahn) dabei ist. Einen Versuch ist es allemal wert! Da können auch die Eltern noch staunen. Auch zu Themen wie Abfall und Recycling finden sich prima Ideen – und diese fördern noch dazu die Kreativität der Kinder. Zudem werden sie dafür sensibilisiert, nichts als selbstverständlich anzusehen und alles im großen Zusammenhang einzuordnen. Ich bin begeistert!

Es wird so vieles Wichtige angesprochen und erklärt, dass man es kaum glauben kann. Kindgerecht und stimmig, dabei nicht zu ausführlich, denn wenn dann Fragen kommen, braucht es sowieso auch für Kids weiterführende Literatur. Das hier vermittelte Grundwissen ist auf alle Fälle Gold wert! Kaufverhalten, Konsumverhalten allgemein (Wasser, Strom), Luftverschmutzung, Verkehrsnutzung, Wald, Wiese, Wasser, Klimawandel, Lebensmittel – die Themen sind absolut allumfassend und das finde ich besonders gut und wichtig.

Man kann nicht früh genug damit anfangen, den Kindern wertvolles Wissen mit auf den Lebensweg zu geben. Kinder sind kleine Menschen, die Wissen wie ein Schwamm aufsaugen. Je bewusster das geschieht, desto verantwortungsvoller wird der kleine Mensch auch als großer Mensch sein. Ich bin davon überzeugt, dass dieses Buch bestens dazu geeignet ist, dabei zu helfen.

Britta Sabbag und Maite Kelly haben zu den herrlichen Zeichnungen von Joelle Tourlonias die Texte geschrieben. Das Dreiergespann ist eindeutig perfekt aufeinander eingespielt. Das Buch ist ein Traum geworden und bleibt den Kindern ganz sicher ein Leben lang im Gedächtnis – und Herzen! Ich gebe die vollen fünf Sterne.

Bewertung vom 22.06.2020
Das Antiquariat der Träume
Simon, Lars

Das Antiquariat der Träume


sehr gut

Singoalla

Johan Andersson trifft auf einer Fähre die Liebe seines Lebens. Ironie des Schicksals: Nach nur wenigen gemeinsamen, aber überaus glücklichen Tagen werden die beiden durch ein Schiffsunglück getrennt. Fortan ist nichts mehr, wie es war. Johan kündigt seinen Job in einem Verlag und eröffnet ein Antiquariat. Doch nicht nur das – ihm erscheinen auch Figuren aus Büchern, die er gelesen hat. Ganz klar, dass sein Umfeld seltsam darauf reagiert. Doch Johan kann Lina nicht vergessen und will sie mit Hilfe eben jener Figuren unbedingt wieder finden …

Das Buch besteht aus vier Abschnitten, die unterschiedlicher kaum sein könnten, aber wunderbar zusammenpassen. Selbst der Stil ändert sich jeweils, passend quasi zur Stimmung von Johan. Der Leser findet trotz aller märchenhafter Elemente unzählige Anspielungen auf das aktuelle Weltgeschehen und damit jede Menge Sozialkritik. Selbst wenn man sie nicht bewusst wahrnimmt, verändert sie den Leser, würde ich einfach mal behaupten. Denn diese Geschichte ist so völlig anders, so phantastisch und dennoch logisch, dass man sie im Herzen trägt und das allein schon verändert!

Es macht unheimlich viel Spaß, bei den Auftritten der Romanfiguren mitzuraten, wer bzw. aus welchem Buch die Figur nun ist. Besonders das Aufeinandertreffen zweier extrem unterschiedlicher Figuren liest sich enorm unterhaltsam und vermittelt fast schon das Gefühl, die beiden Autoren dieser „Originale“ hätten das so geplant, dass Lars Simon sie in einem Buch zusammenbringt. Das ist so witzig, wie auch philosophisch und bringt unseren Protagonisten ein ganzes Stück weiter.

Sehr schön finde ich auch, dass Johan, der Bücher liebt und belesen ist, immer mal wieder durchblicken lässt, dass hochgelobte Weltliteratur nicht unbedingt gut lesbar ist und es keine Schande ist, ein Buch abzubrechen oder gar nicht erst zu lesen. Ich finde, das musste wirklich unbedingt mal gesagt werden und dafür danke ich dem Autor auch aus tiefstem Herzen!

Ebenso kann sich jeder selbst überlegen, ob eine wenige Tage junge Beziehung es wert ist, über Jahre hinweg zu trauern und zu suchen. Für Johan ist es das. Und wer hat das Recht, über seine Entscheidung zu urteilen (aufgemerkt – noch eine Sozialkritik!)?

Wie die Geschichte sich dann entwickelt, was utopische Phantasie und was real aus denkbar ist, das lasse ich jeden selbst beurteilen. Mir hat das Buch sehr gut gefallen, besonders eben die stilistischen Elemente, die der Autor angewendet hat. Das Ende plus Epilog lassen die Story stimmig abschließen. Dennoch fehlt mir ein Fünkchen für die vollen fünf Sterne. Aber vier blitzblanke Sterne sind ja auch nicht zu verachten!

Bewertung vom 22.06.2020
Haus des Geldes - Das Escape-Buch zur Netflix Erfolgsserie
Tapia, Ivan;Linde, Montse

Haus des Geldes - Das Escape-Buch zur Netflix Erfolgsserie


ausgezeichnet

Macht auch als Paar oder Gruppe riesig Spaß!

Das große Format, das vermutlich vielen nicht gefallen wird, ist für mich geradezu perfekt. Da man bei einem Escape-Buch anders agiert, als bei einem herkömmlichen Buch, mag ich diese Größe sehr. Hier finde ich sie handlich!

Wer – wie ich – sein Buch nicht zerschneiden mag, kann die Hilfsmittel am Ende des Buches auch kopieren (oder scannen/ausdrucken). So geht auch nichts verloren und man kann das Buch mehrmals spielen. Das Ausschneiden und richtig auflegen gibt den mir bekannten Arten von Escape-Buch noch eine neue, unterhaltsame Variante. Ein wahrhaft interaktives Buch!

Die Kombination aus Buch-Text und Rätseln, um herauszufinden, auf welcher Seite es weitergeht, mit der NETFLIX-Serie ist sehr gelungen. Ein wenig Geduld und Ruhe sollte man aber schon mitbringen. Dies ist nichts, das in einer halben Stunde erledigt wäre (und genau das ist das Gute daran). Die Rätsel sind unterschiedlich schwer, aber alle lösbar. Und wenn man dann doch mal auf der Leitung steht, gibt es ab Seite 137 Hinweise. Helfen auch diese nicht, gibt es auf der jeweils auf die Tipps folgende Seite auch noch die Lösung. Aber mein Rat ist, einfach länger zu rätseln und zu probieren, denn sonst nimmt man sich einen Großteil des Spaßes selbst.

Spannung, Spiel und Spaß – dieses Escape-Buch ist quasi das Äquivalent zum Überraschungsei. Sogar mit Partner oder in geselliger Runde macht es Spaß. Ich bin super begeistert und gebe die vollen fünf Sterne.

Bewertung vom 20.06.2020
Der Boden ist Lava
Brett, Ivan

Der Boden ist Lava


ausgezeichnet

Eine geniale Spielesammlung für die ganze Familie

Ein solches Buch gehört einfach in jeden Bücherschrank einer jeden Familie! Spielen macht Spaß, nicht nur Kindern. Aber gerade Kinder möchten in vielen Situationen einfach beschäftigt werden. Das ist nicht nur bei langen Autofahrten so. Auch beim Schlange-Stehen oder im Wartezimmer helfen diese Spiele super, genau wie an langweiligen Regentagen. Alles ist besser, als vor dem Fernseher oder dem Computer zu sitzen oder am Handy zu spielen. Und in dieser Sammlung alter und neuer Spiele findet sich erstaunlich vieles, das Groß und Klein Spaß macht. Nicht wenig davon ist noch dazu lehrreich und schult die unterschiedlichsten Fähigkeiten.

Die Spiele sind in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Zu jede gibt es die Angaben, für wie viele Spieler, welcher Schwierigkeitsgrad und wie lange eine Runde geht. In zehn unterschiedlichen Kategorien von „Im Stau“ über „Party!“ bis zu „Entspannt Euch!“ gibt es jeweils zehn Spielideen mit Anleitung und Beispiel (wo nötig). Bis diese einhundert Spiele durchgespielt sind, vergeht einige Zeit und so schnell wird da keines langweilig! Als Bonus gibt es im Anhang noch „Schnellstarter“, die helfen, das Spiel in Gang zu bekommen (oder zu halten), wenn einem die Ideen ausgehen. In einem unübersehbaren Kreissymbol sind Schlagwörter vermerkt, die anzeigen, was die Hauptmerkmale des jeweiligen Spieles sind.

Die Erklärungen sind gut verständlich. Man muss sich nicht stundenlang einlesen, um die Spiele zu verstehen. Hin und wieder gibt es kleine Illustrationen. Ein paar Fotos wären auch ganz nett gewesen, aber das wäre nun echt meckern auf hohem Niveau. Gibt es etwas, das mich am Buch stört? Nicht wirklich! Dass mir persönlich nicht alle Spiele gleich gut gefallen, ist keinen Sterneabzug wert. Niemand wird alle diese Spiele toll finden. Aber bei einhundert Spielen fällt das wirklich nicht ins Gewicht. Kleiner Tipp: mit unterschiedlich farbigen Pagemarkern kann man prima markieren, welche Spiele man schon gespielt hat, welche toll sind, welche bald mal gespielt werden sollten und welche man nicht noch mal spielen möchte.

Für mich ein Buch, das Eltern und Kindern nicht nur Spiele zeigt, sondern auch hilft, selbst Spiele zu erfinden. Ich find’s klasse: Fünf Sterne.

Bewertung vom 20.06.2020
Kilometer 123
Camilleri, Andrea

Kilometer 123


ausgezeichnet

Wer andern eine Grube gräbt …

Ester verzweifelt fast, weil sie keine Antwort von Giulio auf ihre SMS bekommt. Sie ist seine Geliebte und muss sich etwas einfallen lassen, wenn sie mit seiner Frau spricht. Sie findet heraus, dass der reiche Bauunternehmer einen schweren Unfall hatte und in einem Krankenhaus liegt. Über einen hilfreichen Pfleger kann sie mit Giulio Nachrichten austauschen. Als dann herauskommt, dass der Unfall wohl absichtlich herbeigeführt wurde, wird das Kommissariat eingeschaltet. Ein schwindelerregendes Katz-und-Maus-Spiel beginnt …!

Herrlich! Wunderbar! Spannend! Aber auch super witzig! Ich habe noch nie eine Story in dieser Art gehört oder gelesen und ja, anfangs hat man so seine Schwierigkeiten damit, weil es keine Beschreibungen gibt, die dem Leser helfen, das Kopfkino anzuwerfen. Alles ist in der direkten Rede gehalten und das hatte ich so vorher noch nie erlebt! Grandios schafft es Andrea Camilleri, ein Szenario aufzuzeichnen, quasi komplett ohne Kulisse, rein von den Tatsachen her, die sich aus Gesprächen ergeben. Umwerfend!

Anfangs dachte ich ja noch, dass einige der Figuren einfach nur zu naiv sind und es fast schon verdient haben, einen Streich gespielt zu bekommen. Rache wird eben am besten kalt serviert. Doch dann stellte sich nach und nach heraus, dass alles noch viel besser und verzwickter läuft. Der Punkt, an dem man sehr gut ahnt, was gespielt wird, kommt relativ schnell, dennoch wird man nicht gelangweilt, denn Camilleri hat die eine oder andere Extra-Überraschung in der Tasche! Er nimmt wunderbar Beziehungen und „Fremdgänger“ aufs Korn, rechnet kaltblütig, aber humorvoll mit allen ab, die meinen, schlauer als der Rest der Welt zu sein, und setzt dem Ganzen dann noch eine Kirsche auf die Sahnehaube, indem er auch das Polizeiwesen abwatscht.

Was ist „Kilometer 123“ nun also? Eine Liebeskomödie? Ein Krimi? Eine Satire? Keine Ahnung! Alles und nichts! Auf alle Fälle ist es gelungen, unterhaltsam und unsagbar erfrischend! Von mir bekommt die Story die vollen fünf Sterne! Wenn man bedenkt, dass dies das letzte Werk des Autors ist und weiß, er starb am 17. Juli 2019 im Alter von 93 Jahren, zollt man der Story noch mehr Respekt. Ich habe den Autor leider erst jetzt entdeckt, werde aber mit Sicherheit noch mehr von ihm lesen. Er hat immerhin mehr als 100 Bücher verfasst.

Es brauchte ganze 28 Sprecher für die Umsetzung als Hörbuch. Ich gestehe, ich habe nicht alle 28 heraushören können und auch nicht alle unterscheiden können. Eine Sprecherin hat ihren Job auch leider absolut stümperhaft gemacht. Es klingt sehr nach Schul-Lesen. Hölzern und künstlich. Doch alle anderen Sprecher und Sprecherinnen fand ich mindestens gut, die meisten sogar sehr gut! Keine der 150 Hörminuten war langweilig oder uninteressant. Ich bin begeistert!

Bewertung vom 17.06.2020
Helga räumt auf / Frau Huber ermittelt Bd.2
Raab, Thomas

Helga räumt auf / Frau Huber ermittelt Bd.2


sehr gut

Raabs Ideen hauen um

Jetzt, da Walter weg ist, versucht Hanni Huber, einfach nur ihre Ruhe zu genießen. Und was ist? Der Grubmüller versaut ihr die schöne Aussicht mit einem Maisfeld. So nicht mit Hanni! Doch bevor sie richtig loslegen kann, überschlagen sich die Ereignisse. Der alte Grubmüller ertrinkt in seiner eigenen Jauchegrube. Das scheint für manche gar ein Glücksfall zu sein, doch als dann immer mehr seltsame Todesfälle eintreten, muss Hanni doch in ihrer unnachahmlichen Art nachforschen …

Den Stil des Buches muss man mögen – und da ich „Walter muss weg“ schon gelesen habe, bin ich wohl leichter in das Geschehen gekommen. Stellenweise ist es sehr amüsant, aber diese Art zu schreiben strengt den Leser auch sehr an. So ein klein bisschen „königlich bayerisches Amtsgericht“ kommt da durch, und dafür bin ja selbst ich schon ein wenig zu jung.

Man hat das Gefühl, alles läuft in Spiralen ab. Jeder und jede aus dem Dorf hat ein Geheimnis, hat eine Art von Wut, Zorn, Hass oder ähnlich negativen Gefühlen und Gedanken. Die kleine Amelie ist das einzig Sonnige im ganzen Buch! Und so war das auch im ersten Band. Sie ist schlau, gewitzt, wickelt alles und jeden um den Finger – und ich denke, sie ist die heimliche Hauptfigur, sowohl im Buch, als auch in Glaubenthal!

Das Buch steckt bis obenhin voller Anspielungen. Auf alles und jedes. Auch auf die Eigenheiten und Eigenarten eines jeden Nachbarn um uns im realen Leben herum. Auch auf Politik und Macht jeder Art. Auf die Liebe und das Leben. Es steckt den Finger in so ziemlich jede erreichbare Wunde. Weil das aber so extrem viel ist, kann man es nicht greifen und Raab sich die Hände in Unschuld waschen. Genial, oder? Sozialkritik ohne jede Konsequenz!

Skurril, schwarzhumorig, ironisch, sarkastisch, gallig, böse, gemein, hinterhältig – das Buch lässt sich eindeutig in die weniger netten Ecken stecken. Sämtliche Dorfhonoratioren, ob selbsternannt oder dazu gemacht, bekommen ihr Fett weg. Auf was oder wen man das nun als Leser überträgt, ist natürlich nicht die Schuld des Autors! Ich bitt‘ Sie!

Raab führt seinen Stil konsequent weiter. Das ist in sich stimmig und richtig. Vielleicht habe ich das Buch deshalb auch schneller und leichter lesen können – ich wusste ja, was auf mich wartet. Dass sich die Leute aus dem Dorf nicht urplötzlich in lauter Sonnenscheinchens verwandelt haben, ist ja auch logisch.
Ich hätte mir hier mehr von Amelie gewünscht. Die ging in der zweiten Hälfte recht unter. Der Titel ist vielleicht auch ein bisschen unglücklich gewählt. Aber die „Pirouette“ am Ende ist genial gelungen! Das ist schon keine Wendung mehr, sondern ein Großereignis!

So ganz gewonnen hat mich Raab noch immer nicht, aber vier Sterne gebe ich ihm gerne. Man muss, wie gesagt, eben diesen Stil mögen und bereit sein, den Autor die Richtung und das Tempo bestimmen zu lassen.

Bewertung vom 10.06.2020
Der unsichtbare Garten
Lambert, Karine

Der unsichtbare Garten


sehr gut

Sechs ereignisreiche Monate

Vincent Morel erhält die niederschmetternde Diagnose, dass er in Kürze sein Augenlicht irreversibel verlieren wird. Seine Welt bricht komplett in sich zusammen, nichts ist mehr, wie es war. Beruf, Privatleben, Sozialleben – alles zerfällt. Vincents Eltern engen ihn ein und vergessen, dass er 35 und nicht fünf ist, er flüchtet ins Haus seines Großvaters. Hier baut er sich alles neu auf – und versucht, sich mit seinem neuen Leben zu arrangieren.

Die Bücher von Karine Lambert sind immer etwas ganz Besonderes. Sie bedienen nicht den Mainstream, erfüllen nicht die Vorstellungen von leichter Unterhaltung, aber sie bereichern ungemein. Sie geht ihren Weg konsequent und ist bereit, nicht jedem Leser zu gefallen. Das macht sie und ihre Bücher besonders stark – und es gefällt mir!

Der Schreibstil schafft Distanz und das ist sicher genau so gewollt. So, wie Vincent niemanden wirklich an sich heranlässt, so bleibt man als Leser ein Stück weit außen vor. Es ist ein schnelles Buch, mit viel Melancholie und auch Wut. Das alles ist ganz passend für Vincent und deshalb finde ich diesen Kniff absolut gelungen.

Die Figuren haben alle ihre eigene Form, sie lassen sich prima beim Lesen unterscheiden, man verwechselt sie nicht. Die Autorin schafft es, mit wenigen Worten im Kopf des Lesers Bilder entstehen zu lassen. Auch wenn man irgendwie am Rande des Geschehens steht und fast schon heimlich beobachtet, was geschieht, glaubt man, die Charaktere zu kennen. Die Schwierigkeiten, die nicht nur Vincent mit der Situation hat, meistert jeder eben auf seine eigene Art. Manches erledigt sich von selbst, anderes wieder muss aktiv überwunden werden. Absolut realitätsnah!

Ein Cover sollte für ein Buch passend sein, aber nicht das Hauptargument des Kaufes sein, finde ich. Dennoch muss ich diesmal ein paar Worte zum Cover verlieren. Das Buch ist mit einem floralen Muster auf schwarzem Grund bedruckt, doch dies wird unter einem Schutzumschlag versteckt, der milchig-transparent ist. So sieht man das eigentliche Motiv also nur ganz verschwommen. Genau so, wie Vincent seine Umwelt wahrnehmen wird, wenn er blind ist, denn ein paar Schemen, Hell und Dunkel, kann er dann noch erkennen, aber eben nichts klar und deutlich sehen. Diese Idee des Covers finde ich absolut wundervoll umgesetzt!

Einen Kritikpunkt habe ich – das ganze Buch über fehlte mir die Information, wovon genau Vincent denn seinen Lebensunterhalt bestreitet. Alle Sorgen und Ängste wurden behandelt, doch dieser Punkt ging total unter. Ich denke, diese Sorge hat man schon recht früh in einer solchen Situation, deshalb ist dies der Punkt, der das Buch einen Stern kostet. Dennoch bleiben vier Sterne, eine begeisterte Leserin, die das Buch gern empfiehlt und sich auf weitere Bücher dieser wunderbaren Autorin freut!

Bewertung vom 08.06.2020
Hallo Mama
Climo, Liz

Hallo Mama


ausgezeichnet

Unfassbar ergreifend und schön!

Ob für sich selbst oder für die eigene Mama oder die Freundin, die Mama wird oder ist – dieses Büchlein ist einfach wunderbar! Liz Climo hat ihre eigene Mutter mit 22 verloren – viel zu jung. Aber: Ist man nicht immer viel zu jung, um seine Mutter zu verlieren? Ich finde schon. Gerade deshalb ist diese so liebevoll gestaltete „Zusammenfassung“ des Mutterseins so wertvoll und bezaubernd.

Ob als Mutter oder als Kind – ja, so wie es Liz Climo schildert, ist es tatsächlich. Schlafmangel, Stimmungsschwankungen, Geduld für viele Fragen und Bücher haben, Wutanfälle überstehen, die Pubertät durchkämpfen, das Loslassen lernen. Der Mutterjob ist nie zu Ende! Ganz gleich, wie alt Kind und Mutter je werden. Und man selbst ist einfach sein ganzes Leben auch Kind – ganz gleich, wie viele Kinder man selbst hat.

So wunderbar unkompliziert, wie es Liz Climo auf den Punkt bringt, und dabei doch alles sagt, so viel, wie sie zwischen den Zeilen und den Bildern transportiert – das ist einfach genial! Die Grafiken quer durchs Tierreich passen wunderbar. Sie sind zauberhaft, aber nicht kitschig. Super gut gelungen! Ganz wunderbar vor allem aber auch, dass Liz Climo nicht vergessen hat, darauf aufmerksam zu machen, dass „Mama“ sein vieles heißen kann und es eben viele Formen gibt, wie man Mama ist, was Mama macht und ausmacht.

Mir kamen tatsächlich Tränen der Rührung, aber auch der Freude. Ein so kleines Büchlein kann so viel Glück schenken. Ich liebe es! Fünf Sterne.