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xyz
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Willich

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Insgesamt 106 Bewertungen
Bewertung vom 05.01.2023
Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?
Weber, Sara

Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?


ausgezeichnet

Dieses Buch geht unter die Haut

Zunächst erschien es mir so, dass Sara Weber in ihrem Buch "Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?" lediglich das Lebensgefühl ihrer und ihrer Nachfolge-Generation ( geboren zwischen 1981 und 2012 ) beschreiben wird. Denn sie erzählt zunächst sehr persönlich von ihrem Arbeitsfrust und ihrer Burnout-Erfahrung. Insofern ist der Titel auch eher irreführend.

Denn beim weiteren Lesen mußte ich feststellen, es ist in der Tat k e i n Jammern auf hohem Niveau, sondern eine fundierte Auseinandersetzung mit der Arbeitswelt von heute und vielleicht der von morgen. Sie beleuchtet nicht nur ihre eigene Welt der „Wissensarbeit“, sondern legt auch die Finger in die Wunden der Arbeitswelt anderer Gesellschaftsschichten, insbesondere da, wo prekäre Arbeitssituationen anzutreffen sind. Sie deckt nicht nur Missstände auf, sondern beschreibt erste Veränderungen in die richtige Richtung, sei es durch Kündigungen oder gewerkschaftliches Zusammenschließen.
Weber stellt Profitstreben und weiteres Wachstum in Frage und zeigt auf, wie Überarbeitung, niedrige Löhne und Ungerechtigkeit verhindert werden könnten. Sie stellt Werte wie Nachhaltigkeit, Diversität, Inklusion und gesellschaftliches Engagement in den Fokus ihrer Überlegungen, und belegt ihre Aussagen anhand konkreter Beispiele ( z. B. Amazon, Starbucks, Lieferando etc. ) sowie mittels Quellenangaben am Ende des Buches.

Es ist ein Buch, welches unter die Haut geht ! Die Autorin ruft uns auf, politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen einzufordern, um zukünftig besseres Arbeiten für uns alle möglich zu machen.

Bewertung vom 03.11.2022
Tohrus Japan
Nakamura, Tohru

Tohrus Japan


ausgezeichnet

Vertiefen in Kultur und Küche

Tohru Nakamuras Kochbuch "Thorus Japan" ist sicherlich nicht geeignet für Kochanfänger und "Schnellkocherinnen", sondern eher für Menschen, die sich mit einer unbekannten Küche experimentell und spielerisch vertraut machen wollen und zudem kulturgeschichtlich interessiert sind.

Tohru nimmt uns in seinem liebevoll gestalteten Buch mit in sein schwäbisch-japanisches Kochuniversum.
Bereits im autobiografischen Teil zu Beginn des Buches tauchen wir tief ein in die Philosophie und Kultur Japans. Wir erfahren, wie dies zu erleben sogar an ausgewählten Orten in Deutschland möglich ist.

Auch die weitere Struktur des Buches überzeugt mich sehr. Jedes der 10 Kapitel ist einem Themenschwerpunkt, z. B. „Miso“ oder „Tofu“ gewidmet und beginnt mit einer zweiseitigen „Warenkunde“, wodurch ein tieferes Verständnis zum jeweils behandelten Produkt und den zugrundeliegenden Herstellungsverfahren wie beispielsweise das Fermentieren entsteht. Das Kennenlernen der japanischen Küche mittels eines Werkes wie dem Vorliegenden, sollte schließlich mehr sein als der schnelle Versuch, Rezepte nachzukochen.

Genauso wie die Gerichte präzise komponiert sind, so sind es auch die Fotos, welche die geistige Zunge bereits im Vorhinein explodieren lassen. Hier stimmt jedes Detail und man möchte am liebsten sofort zugreifen.

Jedes Kapitel endet stimmungsvoll mit einer ganzseitigen japantypischen Kalligrafie in schwarz-weiß.
Nicht zu vergessen, das hilfreiche Glossar am Ende des Buches.

Alles in allem, ein inspirierendes Werk, welches nicht nur Lust macht, sich mit dem Kochen zu befassen, sondern auch auf vielfältige Weise mit der japanischen Kultur und Tradition.

Bewertung vom 01.11.2022
Die verborgenen Zeichen der Natur
Caudill, Craig

Die verborgenen Zeichen der Natur


ausgezeichnet

Die Natur lesen lernen

Endlich mal ein Kinderbuch zur Natur, welches in die Tiefe geht. Wissenschaftlich fundiert und dennoch nachvollziehbar.
In seinem Werk "Die verborgenen Zeichen der Natur" vermittelt Craig Caudill "altes" Wissen, welches zudem nicht mal mehr die meisten Erwachsenen beherrschen, auf kindgerechte Art und Weise. Einfach wunderbar !

Das Buch ist eine Aufforderung, sich ohne technische Hilfsmittel und Werkzeuge wie Kompaß, Teleskop oder Meßgeräte, voll und ganz auf seine ureigenen Sinne zu verlassen.
Dabei wird die Kunst geschult, durch aufmerksames und genaues Beobachten und Vergleichen Zusammenhänge herzustellen.
Das, was früher Eltern ihren Kindern ganz selbstverständlich während gemeinsamer Aufenthalte in der Natur beigebracht haben, vermittelt nun dieses Buch. Mehr noch, einmal verinnerlicht, kann es befähigen, selbstständig Zusammenhänge herauszufinden und Erkenntnisse zu gewinnen.

Nicht unbedeutend dabei sind die ausdrucksstarken, doppelseitigen Illustrationen, ohne die die Vermittlung dieses Wissens nicht möglich wäre. Über das anatomisch mißglückte Rehbein sehe ich einmal großzügig hinweg.
Darüber hinaus macht der Bucheinband mit seinem Kontrast zwischen strukturierter und glatter Oberfläche aus dem Herumtragen des Buches ein haptisches Erlebnis.

Bewertung vom 28.10.2022
Erste Hilfe für die Erde
Maslin, Mark

Erste Hilfe für die Erde


ausgezeichnet

Fakten klar und präzise auf den Punkt gebracht

Prof. Mark Maslin befaßt sich in seinem Werk mit dem Thema Klimawandel. Es gelingt ihm, die Fakten klar, einfach verständlich und präzise auf den Punkt zu bringen.
Darüber hinaus liefert er konkrete Handlungsvorschläge, mit deren Hilfe wir alle den Folgen unseres Tuns entgegensteuern könnten. Ohne Wenn und aber, hervorragend !

Nach einer Zusammenfassung der Geschichte der Menschheit und den Ursachen des Klimawandels befasst sich der Autor intensiv mit unterschiedlichen Lösungsansätzen des Problems. Er beschreibt in konkreten Vorschlägen, was w i r tun können, was die U n t e r n e h m e n tun können und was der S t a a t tun kann.

Bemerkenswert ist der ungewöhnliche Aufbau des sachlichen Textes, eher vergleichbar mit dem eines Gedichtes, inspiriert von Sun Tzus 2500 Jahre altem Werk "Die Kunst des Krieges".

Jede These, jede Tatsache, jeder noch so kurze Satz wird mit der Quellenangabe am Ende des Buches wissenschaftlich untermauert. Dies kann sicherlich zu spannenden Diskussionen anregen und Gespräche befeuern.

Die schlimmsten Folgen für die Zukunft unserer Erde und damit für unser eigenes Fortbestehen entstünden durch ignorieren, nicht hinsehen wollen tabuisieren oder gar leugnen des Klimawandels.
Endlich mal ein Buch zum Thema, dass keine Angst erzeugt, nicht überfordert, sondern aufzeigt wie w i r k m ä c h t i g wir sind, jeder und jede Einzelne von uns.

Beim ersten Lesen empfehle ich, chronologisch vorzugehen, danach eignet es sich prima zum Kreuz- und Querlesen sowie als Nachschlagewerk. Eine Lektüre, die stetig in Reichweite liegen sollte.

Bewertung vom 18.09.2022
Wie wir Menschen die Welt eroberten / Unstoppable Us Bd.1
Harari, Yuval Noah

Wie wir Menschen die Welt eroberten / Unstoppable Us Bd.1


ausgezeichnet

Die Bedeutung der Nähnadel

Yuval Noah Harari erklärt in seinem neuen Sachbuch Kindern das Anthropozän auf spannende und anschauliche Weise. Großartig !
Die Lesenden erfahren, wie unsere Fähigkeit, miteinander zu kommunizieren, uns in großen Gruppen zusammenzuschließen sowie unser Vorstellungsvermögen die Welt tiefgreifend verändert haben. Wir lernen beispielsweise ausgestorbene riesengroße Säugetiere aus allen Erdteilen kennen und begreifen die große Bedeutung der Nähnadel.

Besonders gut gefällt mir, was unser Verhalten als Mensch anbetrifft, die selbstkritische Haltung des Autors. Er stellt deutlich den Zusammenhang her zwischen unserem Wirken in der Welt und seiner zerstörerischen Kraft von Anbeginn der Menschheit an und unterstreicht so unsere große Verantwortung der pflanzlichen Natur, den Tieren und uns selbst gegenüber. Insbesondere, da wir heute um diese Zusammenhänge wissen.

Die Illustrationen dürften für meinen Geschmack etwas künstlerischer sein entsprechend des anspruchsvollen Textes.
Dennoch empfehle ich das Buch uneingeschränkt für Kinder ab 10 Jahre und Erwachsene.

Bewertung vom 04.09.2022
Das Zuhause
Coccia, Emanuele

Das Zuhause


ausgezeichnet

Erweiterter Zuhausebegriff

Emanuele Coccias philosophische Abhandlung über Das Zuhause kommt im ersten Moment ein wenig spröde daher. Obwohl der Text in seiner Gänze nicht wirklich einfach nachzuvollziehen ist, gelingt es dem Autor, mich in den Bann zu ziehen, da er ganz neue, teilweise auch verstörende Gedanken äußert zu einem Thema, das mir zuvor so vertraut erschien.

Ähnlich wie seinerzeit Joseph Beuys den erweiterten Kunstbegriff geschaffen hat, erweitert er den Begriff Zuhause auf unterschiedlichste philosophische Ebenen. Am Ende ist es eine Art Utopie über die Zukunft eines Zuhauses ohne Klassenunterschiede weit über die Grenzen der vier Wände hinaus.

Coccia hat ein ganz persönliches Buch verfaßt, denn er gibt viel Preis von seinen biografischen Kindheitserinnerungen und Gewohnheiten, die unmittelbar zu seinen spannenden Denkansätzen geführt haben.
So geht er der Bedeutung sämtlicher Räumlichkeiten eines klassischen Zuhauses nach und es ist jedes Mal überraschend, wohin ihn seine Gedanken tragen. Zum Beispiel : Das Zuhause ist der Raum, in dem alle Objekte als Subjekte existieren.
Es ist nicht immer leicht, dem Weg zu seinen neu entwickelten Thesen zu folgen, vor allem, wenn philosophiegeschichtliches Hintergrundwissen verlangt wird. Dennoch ist es auch für philosophische Laien ein bereicherndes Werk, zumal sich das schmale Bändchen durchaus zwei mal lesen läßt.

Bewertung vom 13.08.2022
Pferdeliebe und Reiterglück - Alles, was du über Pferde und Ponys wissen musst
Waidmann, Angela

Pferdeliebe und Reiterglück - Alles, was du über Pferde und Ponys wissen musst


sehr gut

Mehr als Basiswissen über Pferde anschaulich vermittelt

„Pferdeliebe und Reiterglück“ ist das ideale Buch für kleine Mädchen, die Pferde lieben.
Mit sehr viel Informationen, auch weiterführende, rund um das Thema Pferde und Reiten in kurzen, gut verständlichen, erklärenden Texten kombiniert mit vielen anschaulichen Fotos und Zeichnungen.

Angela Waidmann betrachtet in ihrem Werk das Pferd nicht als Sportgerät, sondern wertschätzend als Wesen und geht auf die seelischen Bedürfnisse und die ganz eigene Sprache des Pferdes einfühlsam ein.

Bei manchen Themen allerdings vermisse ich wichtige Fotos, Beispiel Wutausbruch ( Pferd mit angelegten Ohren ) Hier ist meines Erachtens die erfolgte Beschreibung für 6-Jährige schwierig zu verstehen.
Auf manchen Seiten will das Buch zu viel, z. B. „Superleistungen von Pferden auf der ganzen Welt“ Zum einen geht es um sportliche Leistungen, zum anderen wird das ( Über-)Leben in bestimmten Regionen unter schwierigen Lebensbedingungen als Leistung definiert.

Die einzelnen Pferderassen sind sehr schön und anschaulich beschrieben. Auch die Kategorisierung der Pferde - Rennpferde, Sportpferde, Barockpferde, Gangpferde, Hütepferde, Arbeitspferde - gefällt mir sehr gut, da so der historische und geografische Bezug noch deutlicher wird, der sich auf das jeweilige Aussehen und den Charakter des Pferdes ausgewirkt hat.

Nicht zu vergessen das verlagstypische Quiz, die Worterklärungen und die Aufkleber am Ende des Buches tragen zur Vertiefung bei.

Der Gebrauch der durchweg männlichen Bezeichnung „Reitschüler / Reitlehrer / Reiter “ empfinde ich nicht nur unzeitgemäß, sondern insbesondere in diesem Buch einfach nicht angebracht. Denn 85-90 % aller reitenden Pferdebegeisterten sind Mädchen und Frauen. Also hätte man hier, wenn überhaupt, sogar einseitig nur die weibliche Form anwenden können.

Alles in allem liegt mir ein umfassendes Nachschlagewerk vor, welches weit über das ausgewiesene Alter der Zielgruppe ( ab 6 J. ) hinausweist.

Bewertung vom 15.07.2022
Sei wie ein Baum!
Gianferrari, Maria

Sei wie ein Baum!


ausgezeichnet

Der Baum als Vorbild

Maria Gianferrari und die Illustratorin Felicita Sala haben mit ihrem Werk "Sei wie ein Baum" ein ganz besonderes Kinderbuch geschaffen.
Sobald wir uns als Teil der Natur begreifen, wird uns klar, dass das Große & Ganze besser funktioniert, wenn wir Menschen uns auch so verhalten wie die Natur es vormacht. Die Autorin arbeitet mit wenigen Worten sehr schön heraus, dass nicht nur die Bäume genau wie wir Licht, Luft, Wasser und Nährstoffe zum Leben benötigen, sondern darüber hinaus als Vorbild dienen können für Kommunikation, Zusammenhalt, Schutz und Vielfalt.

Bereits beim ersten Aufschlagen erblickt der Lesende eine Doppelseite des Vorsatzpapiers voller schöner Zeichnungen, die die Blätter der unterschiedlichsten Bäume darstellen und mit den entsprechenden Namen benennen.
Die aufmerksamen kleinen Leserinnen und Leser können auf den nachfolgenden Seiten die einzelnen Blätter den entsprechenden Bäumen in voller Schönheit zuordnen. Die Vielfalt der Bäume unterschiedlichster Kontinente, vom europäischen Mischwald bis zum tropischen Urwald, ob Olivenbäume, Kokospalmen, Fichten oder Eichen, ob afrikanische Affenbrotbäume oder Eukalyptusbäume, gibt bereits einen Hinweis auf die eigentliche Botschaft des Buches.

Die stilisierten Baumdarstellungen sind von hohem künstlerischen Wert. Da ist der Illustratorin Felicita Sala ein ganz großer Wurf gelungen !

Bewertung vom 11.07.2022
Voll verzählt?
Burgess, Melvin

Voll verzählt?


ausgezeichnet

Die Magie der Zahlen

Melvin Burgess neues Kinderbuch „Voll verzählt ?“ gehört zu den Werken, die in einem Rutsch gelesen werden wollen.
Kann ein Buch, in dem ein äußerst unsympathischer Protagonist versucht ( oder schafft er es sogar ? ) bis 10 Millionen zu zählen, spannend sein ? Ja, es ist spannend ! Wie ein Sog zieht Pauls Zählerei die Lesenden immer tiefer in den Erzählstrudel. Ich bin selbst überrascht, gelten doch Zahlen eher als ein trockenes Thema.

Nicht zuletzt beschleunigt das außergewöhnliche Layout mit fett gedruckten Schlüsselwörtern den Lesefluss. Wunderbar aufeinander abgestimmt sind der Text und die Schwarz-Weiß-Illustrationen, die zusammen eine poetische Kraft erzeugen.

Unbeirrt weiß der kleine Protagonist Paul von Anfang bis zum Ende der Geschichte genau, was zu tun ist. Der Schluss berührt.

Den Kern des Buches verstehe ich als Kritik an unserer Mediengesellschaft. Die Geschichte regt an über unser Schulsystem, über Leistung, über den Wert eines Menschen, über Macht und Ohnmacht, über Reichtum und Armut, über Einsamkeit, über Werte an sich, und über … und über … nachzudenken.
Kinder verstehen die Aussage auch ohne darüber zu reflektieren.