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sleepwalker

Bewertungen

Insgesamt 501 Bewertungen
Bewertung vom 08.10.2023
Die dunkle Spur
Blackhurst, Jenny

Die dunkle Spur


ausgezeichnet

Jenny Blackhurst ist für mich inzwischen zu einer Garantin für spannende Thriller mit unerwarteten Wendungen geworden. Da macht „Die dunkle Spur“ keine Ausnahme. Ich bin praktisch durch die Seiten geflogen und es fiel mir schwer, das Buch ab und zu zur Seite zu legen. Ein absoluter Pageturner für mich.
Aber von vorn.
„Es ist, als wollte er einfach nicht glauben, dass hier auf der Insel irgendetwas Schlimmes passieren könnte. Weil wir ja im Paradies leben. Weil es hier vollkommen sicher ist. Weil wir der einzige Ort in den USA sind, wo die Leute immer noch ihre Türen offen lassen.“ Und ausgerechnet dort, auf Martha’s Vineyard, verschwindet die 22jährige Engländerin Holly. Sie und ihre Schwester Claire haben sich seit dem Tod ihrer Mutter ein bisschen auseinandergelebt, sind aber immer in Kontakt. Als Holly England verlässt, um als Backpackerin etwas von der Welt zu sehen, bekommt ihr Verhältnis Risse. Ein Telefonat zwischen den beiden endet im Streit, die beiden sind nicht nur räumlich dreitausend Meilen auseinander, sondern auch menschlich. Nach dem Telefonat herrscht Funkstille, Claire kann ihre Schwester nicht mehr erreichen und macht sich erst große Sorgen und sich dann auf den Weg auf die Insel nahe Massachusetts. Dort trifft sie auf mehr und weniger hilfreiche Menschen, vor allem die Polizei scheint kein Interesse daran zu haben, Holly zu suchen, die nach einer Party bei der Familie Slayton verschwunden ist. Haben die beiden Söhne der schwerreichen Familie etwas mit ihrem Verschwinden zu tun? Immerhin sind die Slaytons mit den Kennedys verwandt. Und hängt es irgendwie mit dem Tod der 15jährigen Natalie von vor fünf Jahren zusammen?
Was kann man zu dem Thriller sagen? Spannung. Massig! Gut ausgearbeitete Charaktere mit allen möglichen Schattierungen? Absolut. Wilde Wendungen in der Geschichte mit einem völlig überraschenden Schluss? Ja, wie man es von Jenny Blackhurst gewohnt ist. Ein unfassbar spannender Pageturner mit klaustrophobischem Insel-Setting und komplizierten zwischenmenschlichen Verhältnissen, Liebe, Hass, Schuld und mittendrin eine schwer reiche Familie, deren Sprösslinge zu glauben scheinen, sie stünden über dem Gesetz. Erzählt ist die Geschichte aus zwei Perspektiven, Claires Suche nach Holly im Hier und Jetzt und die Geschehnisse rund um Hollys Verschwinden am 4. Juli, was allem einen gewissen Pfiff gibt und die Handlung noch spannender macht.
Mir hat das Buch auf jeden Fall wieder einmal sehr gut gefallen und es macht Lust auf mehr. Daher vergebe ich fünf Sterne.

Bewertung vom 25.09.2023
Nach der Zeit
Johannsen, Anna

Nach der Zeit


sehr gut

Als großer Fan von Enna Andersen durfte ich mir die neue Serie von Anna Johannsen natürlich nicht entgehen lassen. „Nach der Zeit“ heißt das neue Buch der Autorin, im Mittelpunkt stehen Kommissarin Hanna Will und der Psychologe Jan de Bruyn – und natürlich ihr Fall. Wobei der an manchen Stellen für mich fast zu sehr zur Nebensache verkommt, bei so viel Privatem, das auch die beiden Ermittler einprasselt. Trotzdem ist es, wie ich es von der Autorin gewohnt bin, ein weitestgehend unblutiger, psychologisch hochspannender und unterhaltsamer Krimi.
Aber von vorn.
Zwei völlig unterschiedliche Männer um die 40 werden in der Lüneburger Heide tot aufgefunden. Erste Ermittlungen ergeben, dass es sich bei beiden nicht um den zuerst vermuteten Suizid handelt, sondern dass sie ermordet wurden. Weitere Nachforschungen zeigen, dass sich die beiden gekannt hatten, sie waren in ihrer Jugend befreundet gewesen. Und ihr Freundeskreis war noch größer, wie Hauptkommissarin Hanna Will und der Kriminalpsychologe Jan de Bruyn schnell feststellen. Sollten die beiden Morde zusammenhängen, sind dann noch mehr Menschen in Gefahr? Und wenn, was ist das Motiv dafür? Als Hanna und Jan der Lösung des Rätsels näherkommen, ist es auch schon fast zu spät.
Wer Anna Johannsen kennt, weiß, was ihn bei ihren Büchern erwartet. Üblicherweise präsentiert die Autorin gut durchdachte, erfreulich gewaltarme (die Gewalt passiert zwar, wird aber selten in brutalen Szenen geschildert) und äußerst angenehm zu lesende Krimis. Da macht auch „Nach der Zeit“ keine Ausnahme. Die Spannung des Buchs liegt nicht in offener Brutalität, sondern mehr im Unterschwelligen. Allein die Zusammenhänge herauszufinden, war für mich als Leser eine Herausforderung, da man immer nur so viel weiß, wie die Ermittler im Buch und sich seine eigenen Gedanken machen kann. Sprachlich ist das Buch ansprechend geschrieben und bis auf ein paar falsch gewählte Wörter habe ich auch keine Fehler gefunden.
Die Charaktere sind im zweiten Teil der Serie noch im Werden begriffen. Die Ermittler Hanna und Jan sind zwar schon ein bisschen plastischer als in Band 1, ihnen fehlt aber noch, wie man so schön sagt, „das Fleisch auf den Rippen“. Allerdings kam für mich in diesem Buch das Private zwischen den beiden Hauptcharakteren ein bisschen zu sehr zum Tragen, stellenweise verkamen die Ermittlungen neben allen persönlichen Problemen ein bisschen zur Nebensache. Daher ist der Spannungsbogen für mich auch nicht konstant vorhanden, geschweige denn, dass er konstant hoch wäre. Mit Hanna wurde ich auch bis zum Schluss nicht wirklich warm. Sie ist mir zu forsch und zu kantig, die ruhigere Art von Jan lag mir wesentlich mehr. Aber die beiden so gegensätzlichen Charaktere geben dem Krimi einen gewissen Pfiff.
Aber alles in allem war es ein solider Krimi mit zwei interessanten Hauptcharakteren, die handfeste Ermittlungsarbeit erledigen und ihren Fall zu einem stimmigen Schluss führen. Auch wenn sie bei mir zu Kopfschütteln führten, sind die Reibereien der beiden Ermittler mit den Kollegen gut und realistisch beschrieben. Was für ein Kompetenz-Gerangel! Unterhaltsam, stellenweise spannend und psychologisch interessant – so stelle ich mir gute Krimi-Unterhaltung vor. Punktabzug von mir für die vielen Exkurse ins Privatleben der Ermittler. Die sind zwar unterhaltsam, beeinträchtigen aber die Spannung für meinen Geschmack ein bisschen zu sehr. Eine unbedingte Leseempfehlung für alle Freunde unblutiger und ruhiger Krimis, die neben dem Fall noch eine ansprechende Landschaft mit vielen Heidschnucken zu schätzen wissen. Von mir gibt es vier Sterne und ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Teil.

Bewertung vom 08.09.2023
Foellig nerdiges Wissen
Foell, Jens

Foellig nerdiges Wissen


ausgezeichnet

Ich liebe unnützes Wissen. Ich liebe Bücher über unnützes Wissen. Und natürlich liebe ich es, bei mehr oder weniger geselligen Zusammenkünften mit meinem unnützen Wissen hausieren zu gehen. Hach, was bin ich Jens Foell für sein Buch „Foellig nerdiges Wissen“ dankbar. Er hat meinen Vorrat an unnützen Fakten zu Wissen, das die Welt nicht braucht, um 42 (und ein paar mehr) aufgestockt und ich werde auch künftig der beliebteste Gesprächspartner auf Partys sein. Nicht.
Aber von vorn.
Hand aufs Herz. Wer weiß aus dem Stegreif Bescheid über die Kotbakterien, die in Jett bags auf dem Mond rumliegen, Naktmulle und die Substanz P, Bracewell-Sonden, Anterograde Amnesie oder Conways Spiel des Lebens? Das Naturwissenschaftliche Wissen vieler endet doch vermutlich spätestens bei Schleimpilzen, mein persönliches bei Chicxulub. Aber wollten wir nicht alle schon immer wissen, warum man sich am besten am Times Square trifft? Auch die Tatsache, dass John Wayne bei den Dreharbeiten zu „Der Eroberer“ einen Geigerzähler zu den Dreharbeiten mitbrachte war mir neu, und wieso hat das Buch überhaupt 42 Kapitel?
Jens Foell kannte ich schon vor der Lektüre seines Buchs als Kollege von Mai Thi Nguyen-Kim bei MaiThinX. Außerdem ist er promovierter Neuropsychologe und bekennender Nerd. Wobei Nerd für ihn nicht negativ behaftet ist, er besitzt einfach eine Leidenschaft für ein Thema (oder ganz viele Themen), bei dem andere den Kopf schütteln. So geht er auch in dem Buch vor. Locker flockig und in ansprechend angenehmer Sprache hüpft er bei seiner Art der Wissensvermittlung von Thema zu Thema und von Sachgebiet zu Sachgebiet. Trotzdem schafft er es, den roten Faden nie zu verlieren und seine Überleitungen zwischen den einzelnen Kapiteln sind an sich schon lesenswert. Man kann aus jedem seiner Sätze die Freude am Erklären herauslesen und Foell wirkt nie oberlehrerhaft oder überheblich.
So wird das Buch für alle, die Spaß an Wissen (nützlichem und wirklich unnützem, aber durchaus amüsantem) haben zur reinen Freude. Für mich war es auf jeden Fall so und die zahlreichen Anregungen für weiterführende Lektüre werde ich mir noch genauer anschauen. Auf dass ich auch künftig bei gesellschaftlichen Zusammenkünften ein Quell der Freude und des Wissens sein werde. Hach, das wird schön. Von mir fünf Sterne.

Bewertung vom 04.09.2023
Johnny Cash: Meine Arme sind zu kurz, um mit Gott zu boxen (eBook, ePUB)
Huff, Matthias

Johnny Cash: Meine Arme sind zu kurz, um mit Gott zu boxen (eBook, ePUB)


gut

Johnny Cashs Musik und ich haben bislang nicht so richtig zueinander gefunden. Das hat sich durch „Walk the line“ (den Film mit Joaquin Phoenix) und auch durch die Lektüre von Cashs Autobiografie „Man in Black“ nicht geändert. So hatte ich für Matthias Huffs neues Buch „Johnny Cash: Meine Arme sind zu kurz, um mit Gott zu boxen“ große Hoffnungen. Die Glaubensreise des „Man in Black“, seine Texte und sein Leben eingeordnet in Bibelstellen – das klingt doch interessant. Aber so wirklich abholen konnte mich das Buch nicht. Und auch den Sänger selbst brachte es mir trotz seiner interessanten Facetten leider nicht näher.
Aber von vorn.
Johnny Cash ist eine Legende, an die sich die Welt auch nach seinem Tod als „Mann in Schwarz“ und „Vater des Landes“ erinnert. Er war tiefgründig, rätselhaft, unberechenbar, ein „Bada**, Kirchgänger und Pionier in Sachen drogengetriebenen Rock’n’Roll Tourvandalismus“. Oder, wie sein Kollege Kris Kristofferson es auf den Punkt bringt: „ein wandelnder Widerspruch, halb Wahrheit, halb Dichtung.“ Aus seiner Lebensgeschichte kennen die meisten vermutlich seine Drogensucht, seine Auftritte in Gefängnissen und seine Ehe mit June Carter. Aber natürlich war da noch mehr. 1932 geboren, ab dem Alter von zehn Jahren Baumwollpflücker, sein um zwei Jahre älterer Bruder Jack stirbt mit 14 Jahren, als er beim Bau von Zäunen für die Schule in eine Kreissäge gerät. Für Cashs Vater starb dabei der falsche Sohn, der vorbildliche Junge, der nachts die Bibel las und Prediger werden wollte. Aus Cash wurde erst ein Soldat, dann, nach der ehrenhaften Entlassung aus der Armee 1954 ein „erfolgloser Vertreter für Kühlschränke und andere Haushaltsgeräte“ (das wusste ich vor der Lektüre dieses Buchs nicht). Aus seiner Ehe mit Vivian gehen vier Töchter hervor, mit June bekommt er einen Sohn. Seine Musikkarriere startete 1955. Der Rest ist Geschichte.
Eine Geschichte voller Widersprüche, zumindest für mich. Das Leben des tiefgläubigen Christen, der in einer Kultur aufgewachsen ist, „die ein sehr ausgeprägtes Gefühl für den Unterschied zwischen Musik für den Samstagabend und den Sonntagvormittag hat“, war auch geprägt von Drogen und Alkohol. „Als ich wirklich schlecht war, war ich nicht nur schlecht. Als ich wirklich versucht habe, gut zu sein, konnte ich nie ganz gut sein. Durch mich ging immer diese schwarze Ader“, sagte Cash in einem Interview. Seine Abstürze sah er als „Gottferne“, nicht als Glaubenskrisen. Seine Texte sind gespickt mit Bezügen zur Bibel und seinen Glaubensgrundsätzen. Diese hat Matthias Huff unter die Lupe genommen und eingeordnet und das Ganze dann zu einer Art Biografie verarbeitet. Ich sage deswegen „eine Art Biografie“, weil das Buch für mich nichts Halbes und nichts Ganzes ist.
Es ist für mich eher eine riesige Fleißaufgabe mit vielen Zitaten und Bibelstellen und noch mehr Fußnoten im Anhang, eine Mischung aus Masterarbeit und Wikipedia-Eintrag, aber leider keine flüssig lesbare Biografie. Manchmal hatte ich das Gefühl, der Autor hat sich mit seiner Detailverliebtheit ein bisschen verrannt, sein Schreibstil war an manchen Stellen etwas holprig, ab und zu fehlte mir der rote Faden, dafür fand ich ein paar Fehler.
Allerdings gibt es auch etwas Positives, das allerdings nur indirekt mit dem Buch zu tun hat. Meine weiterführende Lektüre zur Person Johnny Cash hat mir den Musiker doch ein wenig nähergebracht. Auch wenn mir Johnny Cashs Musik nach wie vor nicht liegt, ziehe ich doch meinen Hut vor ihm als Person und vor allem auch vor seiner Frau June. Und die Tatsache, dass er im Drogenrausch Hotelzimmer schwarz angestrichen hat, lässt mich trotz aller Tragik immer noch schmunzeln (für die Hotelbesitzer war er allerdings eher ein Alptraum). Für dieses Buch hat es allerdings für mich nur zu drei Sternen gereicht.

Bewertung vom 28.08.2023
Die Suche nach dem Wunschzauber / Land of Stories Bd.1
Colfer, Chris

Die Suche nach dem Wunschzauber / Land of Stories Bd.1


weniger gut

Da ich mit den Märchen der Gebrüder Grimm aufgewachsen bin, habe ich mich auf „Land of Stories: Das magische Land 1 - Die Suche nach dem Wunschzauber“ von Chris Colfer sehr gefreut. Normalerweise sind mir als E-Book-Leser Buchcover völlig egal, aber bei diesem Buch hat mich das tolle Bild sehr angesprochen. Schon nach etwa der Hälfte habe ich allerdings überlegt, das Buch abzubrechen und es kommt für mich (obwohl ich mich dann letztendlich doch durchgekämpft habe) über ein „ganz nett“ nicht hinaus. Ich fühlte mich von dem Buch schlicht völlig erschlagen, aber vielleicht bin ich einfach auch nicht Teil der Zielgruppe. Auch der komplett vorhersehbare Schluss konnte mich nicht wirklich begeistern.
Aber von vorn.
Zu ihrem zwölften Geburtstag bekommen die Zwillinge Alex und Conner von ihrer Oma ein altes Buch geschenkt. Alex merkt schnell, dass das es kein normales Buch ist. Es summt und leuchtet und Dinge, die man drauflegt, sinken in die Seiten und verschwinden. „Ich denke, das Buch ist vielleicht eine Art Portal.“ – und damit hat sie Recht. Es ist ein Portal in ein magisches Reich. Eine Welt mit guten Feen, verwunschenen Prinzen, bösen Stiefmüttern, sprechenden Tieren und noch vielem mehr. Schlicht: eine Märchenwelt. Allerdings sieht sie anders aus als erwartet. Natürlich gibt es dort die bekannten Märchengestalten wie Rapunzel und Rotkäppchen, aber auch Cinderella (nicht Aschenputtel!), aber auch Jack (aus Benjamin Tabarts/Joseph Jacobs „Jack und die Bohnenranke") oder „Goldlöckchen und die drei Bären“. „Wenn sie nicht gestorben sind“, haben die Figuren ein eigenes Leben abseits der Geschichten entwickelt und in eben dieses platzen die Zwillinge auf der Suche nach den Objekten für den Wunschzauber, der sie wieder nach Hause bringen soll. Eine wilde Jagd beginnt, bei der die beiden Jäger und Gejagte gleichermaßen werden.
Wow. Das Buch hätte ein unglaubliches Potential besessen. Die Idee dahinter ist hervorragend, leider schafft der Autor es für mich nicht, mich mit dem Buch auch nur ansatzweise zu begeistern. Noch nicht einmal seine Charaktere konnten mich für sich gewinnen. Alex ist in der „echten“ Welt ehrgeizig und eine taffe und sehr gute Schülerin. Ihr Zwillingsbruder Connor ist eher ein prä-pubertärer (leidlich liebenswerter) Chaot. Dennoch wird er in der Märchenwelt zu einer Art Anführer der Expedition und Alex verwandelt sich in ein quiekendes, quietschendes Etwas. Sprachlich ist das Buch überwiegend leicht zu lesen, manchmal fand ich die Wortwahl allerdings nicht kindgerecht (ob es an der Übersetzung liegt, kann ich nicht sagen). Als Kinderbuch finde ich es trotzdem nur bedingt geeignet. Was allerdings dann die Zielgruppe ist, kann ich gar nicht sagen. Für ein Vorlesebuch finde ich die Kapitel mit jeweils rund 20 Seiten zu lang, überhaupt finde ich das Buch mit rund 500 Seiten ein bisschen überfrachtet und es hatte für mich einige Längen, die ich zugegebenermaßen quergelesen habe. Da war es mir dann auch vollends egal, dass manche Stellen unlogisch waren und dass den Kindern der Zufall immer so dermaßen demonstrativ in die Hände gespielt hat, dass es von vornherein klar war, wie die Geschichten ausgehen würde. Der Schluss hat mich dann tatsächlich überhaupt nicht überrascht, ich habe genickt, „ach ja“ gesagt, das Buch zugeklappt und weggelegt. Erinnerungswert wird es für mich auf jeden Fall keinen haben.
Einzig die Moral mancher Geschichten fand ich gut vermittelt. Vor allem, dass nicht alles so ist, wie es scheint, kommt immer wieder zum Tragen, denn die Protagonisten erfahren immer wieder, dass vieles mehr Schein als Sein ist. Und so ist es für mich leider auch bei dem Buch gewesen – tolles Cover, mäßiger Inhalt. Schade. Der Schluss macht klar, dass es der Auftakt zu einer Serie ist, zwar ist er ein richtiger Abschluss, aber es bleiben reichlich offene Fragen. Von mir zwei Sterne.

Bewertung vom 28.08.2023
Der finstere Pfad
Blackhurst, Jenny

Der finstere Pfad


sehr gut

Da mir Jenny Blackhursts Buch „Dein dunkelstes Geheimnis“ ziemlich gut gefallen hat, war ich auf „Der finstere Pfad“ sehr gespannt. Und tatsächlich folgt die Autorin ihrem bewährten Muster: sie lässt die Leserschaft fast das ganze Buch über im völlig Unklaren über das, was wirklich hinter dem Fall steckt, und legt unzählige Finten. Dennoch konnte mich das Buch spannungstechnisch nicht hundertprozentig überzeugen, dafür zog es sich für mich teilweise zu sehr in die Länge. Dennoch fand ich es unterhaltsam und alles in allem nett zu lesen.
Aber von vorn.
„Menschliche Überreste gefunden“. Diese drei Worte bringen das perfekte Leben von Laura Johnson komplett durcheinander. Dabei hatte es sich die Designerin personalisierter Geschenke so schön eingerichtet: Mann, zwei Kinder, Haus und Hund. Und dann holt sie plötzlich ihre Vergangenheit ein. Als 20-Jährige war sie vor über 15 Jahren auf dem West Coast Trail, einem berühmten Fernwanderweg im Südwesten Kanadas unterwegs. Sie hatte, wie vermutlich die meisten, die sich auf eine Wanderung dieser Art begeben, einige neue Bekanntschaften geschlossen. „Ich werde nie hinter mir lassen können, was in Kanada geschah.“ – was aber geschah, erfährt die Leserschaft des Krimis nur häppchenweise. Fakt ist: Anders als die meisten Wanderer hatte sie sich am Ende der Wanderung als Teil einer Mordermittlung wiedergefunden, denn kurz vor dem Ziel kam es zu einem Verbrechen. Ihre Mitwanderin Seraphine wurde vermisst, mutmaßlich ermordet von einem Bekannten. Überreste wurden nie gefunden – bis jetzt. Denn nach all der Zeit wird in der Nähe des Wanderwegs ein Skelett gefunden. Und als Laura plötzlich anonyme Geschenke mit Bezug zur damaligen Wanderung bekommt und ihre Familie bedroht wird, bekommt ihre schöne Fassade Risse und um sich und ihre Familie zu schützen, ist sie bereit wirklich alles zu tun.
Psychologisch gesehen ist das Buch spannend, allerdings hat die Autorin das Potential meiner Meinung nach bei weitem nicht voll ausgeschöpft, da wäre noch viel mehr drin gewesen. Dann hätte das Buch auch weniger Längen und mehr Spannung gehabt. Der stete Wechsel der sehr kurzen Kapitel zwischen den beiden Handlungssträngen (einer spielt heute, der andere bei der Wanderung 1999) schaffte bei mir leider nicht den von der Autorin gewünschten Effekt der Spannungssteigerung, sondern oft eher Verwirrung und verleitete mich häufig dazu, die „Heute“-Abschnitte quer zu lesen. Diese fand ich alles in allem ein wenig langatmig und handlungsarm. Die Vergangenheits-Kapitel hingegen finde ich zunehmend packend, die Atmosphäre zwischen den an der Wandung Beteiligten mit den wechselnden Beziehungsgefügen zwischen Ric, Seraphine ist gut und spannend beschrieben und das langsame, aber stetige Umschlagen der Laune ist psychologisch gekonnt aufgebaut. Die Charaktere finde ich teilweise sehr gut beschrieben, teilweise aber ein bisschen sehr stereotyp und eindimensional. Sympathisch fand ich auf jeden Fall keinen davon.
Sprachlich fand ich das Buch gut und leicht zu lesen. Die Autorin baut in ihre Erzählung zudem Zeitungsartikel und Podcasts ein, was ich stilistisch wirklich clever fand. Der Schluss kam für mich als alter Krimi-Hase nur teilweise überraschend. Ein lesenswerter Psycho-Thriller mit einigen Längen, der aber trotzdem gut unterhält. Das Buch ist weitestgehend unblutig, die Spannung wird eher unterschwellig und mehr als ständiges ungutes Gefühl im Magen erzeugt, da baut die Autorin mehr auf eine stete bedrückende Atmosphäre statt auf tatsächliche Gewaltszenen. Der Schluss kam für mich ein bisschen abrupt, die Ereignisse überschlagen sich sehr plötzlich, was nach so viel langer „Vorarbeit“ fast wie eine kalte Dusche wirkt. Aber alles in allem eine gelungene Lektüre, von mir vier Sterne.

Bewertung vom 14.08.2023
Dunkle Tiefen
Kay, Elizabeth

Dunkle Tiefen


gut

„Es ist nun neun Jahre her, seit Jess ihre Schwestern zum letzten Mal gesehen hat, und es wäre gelogen, wenn sie behaupten würde, dass sie sich auf das Wiedersehen freut.“ – so beginnt Elizabeth Kays Thriller „Dunkle Tiefen“. Zwar kann man sich meiner Meinung nach darüber streiten, ob es nun ein Thriller ist oder nicht, aber alles in allem fand ich das Buch düster und auf psychologischer Ebene herrschte für mich konstant eine düstere Atmosphäre, die mir ein sehr ungutes Gefühl im Magen verursachte. Zu einem tollen Buch wurde es für mich trotzdem nicht.
Aber von vorn.
20 Jahre nach dem Tod ihrer jüngsten Schwester Rosa treffen sich die drei Schwestern Jess, Ella und Lydia kurz vor Weihnachten in dem Cottage an der See wieder, in dem sie in ihrer Kindheit ihre Ferien verbracht haben. Alle drei haben Einladungsschreiben bekommen, unterschrieben jeweils von einer der anderen Schwestern. Und keine der drei hat tatsächlich eine der anderen eingeladen. Einmal im Cottage angekommen, wollen alle drei eigentlich nur eines: weg. Nach einer Weile versuchen sie, das Beste aus der Situation zu machen. Das gestaltet sich allerdings schwierig und es geschehen seltsame Dinge, noch dazu begegnet ihnen ihre direkte Nachbarin Marianne mit unverhohlener Ablehnung, hatten die Schwestern ihr vor Jahren doch viele seltsame Streiche gespielt. Die Stimmung im Cottage kippt schnell, denn jede der Schwestern hütet ein Geheimnis. Und dann taucht auch noch ihre Mutter Bernadette auf, zu der die drei den Kontakt schon lange abgebrochen haben. Die Geheimnisse wiegen immer schwerer, die Atmosphäre wird immer klaustrophobischer und es gibt nur einen Ausweg: die Wahrheit über die Geschehnisse rund um Rosas Tod muss endlich ans Licht kommen.
Klassifiziert ist das Buch als Thriller. Das kann ich so nicht unterschreiben. Viel Psycho, wenig Thriller – das macht es nicht zu einem Psychothriller. Es ist ein gut geschriebenes, ansprechend übersetztes, leidlich spannendes Psychogramm einer Familie, die durch Schweigen und dunkle Geheimnisse letztendlich zerbrochen ist. Beim Lesen muss man sich wirklich konzentrieren, denn die Geschichte wird von einem allwissenden Erzähler in zwei Zeitebenen erzählt, die eine im Jetzt und Hier und die andere vor 20 Jahren. Die Autorin springt für meinen Geschmack ein bisschen zu wild zwischen den beiden Ebenen und innerhalb derselben hin und her, was mir einiges an Konzentration abverlangte. Dazu wird ein und dieselbe Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählt, jede der Schwestern präsentiert ihre eigene Wahrheit und als Leser:in ist man in dem Dilemma, dass lange unklar ist, wer in der Geschichte lügt (Spoiler: im Endeffekt lügen einfach alle).
Insgesamt fehlte mir an dem Buch die Spannung und das konnte die gut ausgearbeitete psychologische Komponente nicht hundertprozentig auffangen. Schade, denn das Thema hätte sehr viel Potential gehabt. Die düstere und klaustrophobische Atmosphäre des abgelegenen Cottages am Meer baut die Autorin sehr gekonnt auf, ein kaputtes Auto, eine kaputte Heizung und das Misstrauen zwischen den Frauen, die so viel trennt und doch so viel vereint, schuf bei mir Gänsehaut. Die Charaktere sind gut beschrieben, wobei ich am Anfang gewisse Schwierigkeiten hatte, die drei Schwestern auseinanderzuhalten. Eine wirkliche Beziehung konnte ich allerdings zu keiner der Beteiligten aufbauen, am ehesten konnte ich mich mit der schrulligen Nachbarin Marianne anfreunden.
Nach mäßiger Spannung bei vielen teils verwirrenden Wiederholungen, bei denen ich lange nicht wusste, wohin das alles führen wurde, fand ich den Schluss leider auch eher unbefriedigend und für mich nicht wirklich nachvollziehbar. Das Buch ist für mich auch durch die Vielzahl der kurzen Kapitel ein Puzzle, dessen Bild man erst sehen kann, wenn man es komplett zusammengesetzt hat. Daher bleibt für mich für „Dunkle Tiefen“ nur ein „kann man lesen, muss man aber nicht“ und ich vergebe für das Familiendrama drei Sterne.

Bewertung vom 05.08.2023
Böser Abschied / Sylt Bd.9
Ehley, Eva

Böser Abschied / Sylt Bd.9


ausgezeichnet

„Wie konnte das Ganze nur so aus dem Ruder laufen?“ – das fragen sich alle Beteiligten in Eva Ehleys Sylt Krimi „Böser Abschied“. Und auch die Leserschaft steht vor der Frage, wieso der Junggesellenabschied am Hörnumer Strand mit einem Toten endet und wieso Oberkommissar Sven Winterberg, der bei der Feier seine Waffe dabeihatte, spurlos verschwindet. Die meisten Beteiligten leiden an alkoholbedingtem Gedächtnisverlust und Kommissarin Silja Blanck und ihr Team haben in ihrem neun Fall mit den Ermittlungen alle Hände voll zu tun.
Aber von vorn.
„Oberkommissar Sven Winterberg hat die ganze Zeit gewusst, dass es ein Fehler war.“ – aber wie groß der Fehler war, stellt er erst spät fest. Zu spät. Er sitzt mit acht ehemaligen Klassenkameraden am Hörnumer Strand, trinkt zu viel, raucht und stellt fest, dass er die anderen Teilnehmer des Junggesellenabschieds schon zu Schulzeiten nicht leiden konnte und dass sich daran auch die ganzen Jahre nach dem Abitur nichts geändert hat. Beim Aufeinandertreffen von Malte (dem zukünftigen Bräutigam), Jan-Hendrik, Holger, Paul, Guido, Flo, Fabi und Mahmut ist es wie bei den üblichen Klassentreffen: Und du? Verheiratet? Kinder? Mein Haus, mein Boot, mein Auto. Bei diesem Treffen kurz vor Maltes Hochzeit sind aber auch noch große Mengen Alkohol im Spiel. Als Sven um Mitternacht „einen ordentlichen Salut auf unseren Bräutigam“ schießt, sind die Anwohner in Strandnähe nicht besonders erbaut. Sie hatten sich auch schon wegen des Lärms bei der Polizei beschwert. Am nächsten Morgen wird ein Toter in den Dünen gefunden, der mit der Feier überhaupt nichts zu tun hatte, sondern sich zu einem Schäferstündchen mit einer Frau getroffen hat. Hat Sven wirklich einen Menschen auf dem Gewissen?
Das Buch ist für mich fast überladen mit den vielen Charakteren, Zeugenaussagen, Gedächtnislücken, den Fragen nach „wer mit wem?“ und den vielen (auch überraschenden) Querverbindungen aus Vergangenheit und Gegenwart. Alles in allem habe ich ziemlich lang gebraucht, um in die Geschichte zu finden, was vielleicht auch daran liegt, dass es mein erstes Buch der Autorin war. Hat man sich aber einmal in den Krimi heineingefuchst und es geschafft, die jeweiligen Personen auseinanderzuhalten, dazu aber im Hinterkopf behalten, wer zu wem gehört – dann ist das Buch wirklich spannend.
Die Charaktere sind gut beschrieben, die Landschaft noch besser und der Plot ist kompliziert, aber clever konzipiert. Die neun Teilnehmer am Junggesellenabschied, die Rivalitäten, der viele Alkohol, die umfassenden Gedächtnislücken – alles beinhaltet auch eine gewissen psychologische Komponente, die dem Buch ein gewisses Etwas gibt. Sprachlich ist das Buch gut geschrieben und leicht zu lesen. Der kurze Zeitrahmen von etwa 48 Stunden, in dem sich die Handlung abspielt, gibt dem Ganzen noch etwas mehr Tempo (die Geschichte beginnt am Samstag, 21. Juni um 23.34 Uhr und endet mit der Lösung des Falls am Montag, 23. Juni um 23.51 Uhr). Damit ist der Spannungsbogen verhältnismäßig hoch, dazu gibt es eingeschobene kurze Kapitel mit innerem Monolog eines unbekannten Menschen, der um sein Leben kämpft.
Nachdem ich mich am Anfang mit dem Buch sehr schwergetan habe, bin ich froh, dass ich es nicht beiseitegelegt habe. Es war unterhaltsam und spannend und die Charaktere haben mir so gut gefallen, dass ich gerne noch weitere Teile der Serie lesen möchte. Von mir daher fünf Sterne.

Bewertung vom 05.08.2023
Düstergrab / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.6
Fölck, Romy

Düstergrab / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.6


ausgezeichnet

Romy Fölcks Serie um die Ermittler Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn verfolge ich schon seit dem ersten Teil. Jetzt hat die Autorin mit „Düstergrab“ den sechsten Band der Reihe vorgelegt und, was soll ich sagen? Wieder ein Lesegenuss für mich. Die beiden parallel verlaufenden Fälle, in denen die Polizei ermittelt, haben es in sich, das Buch ist gut geschrieben, flott zu lesen und einfach nur gut. Was will man mehr?
Aber von vorn.
Frida Paulsen muss einen zwei Jahre älteren ehemaligen Schulkameraden zu Grabe tragen. Tags darauf wendet sich einer der Totengräber an sie, denn das frische Grab scheint geschändet worden zu sein. Eine erneute Graböffnung zeigt, dass er recht hat. Nicht nur wurde das Grab noch einmal aufgebuddelt und die Kränze und Blumen hinterher anders angeordnet, im Sarg liegt eine zweite Leiche. Die Untersuchungen ergeben schnell, dass es sich bei der toten jungen Frau um die seit vier Jahren vermisste Lilly handelt. Die damals Zwölfjährige war zusammen mit ihrer Zwillingsschwester Sophie aus dem Haus ihrer Pflegeeltern verschwunden und danach hatte von den beiden jede Spur gefehlt. Während Frida noch über das weitere Vorgehen nachdenkt, wird vor ihren Augen auf ihren Partner Leonard Bootz geschossen. Zusammen mit ihrem Kollegen Bjarne Haverkorn, der ihrer Dienststelle von der Kieler „Cold Case Unit“ ausgeliehen wird, nimmt sie also die Ermittlungen in zwei Fällen auf. Aber die gestalten sich schwierig, denn Leo scheint etwas vor ihr zu verheimlichen. Und als er dann auch noch spurlos aus dem Krankenhaus verschwindet, beginnt ein Wettlauf mit der Zeit. Wo ist Leo? Und ist Sophie noch am Leben?
Das Buch ist, wie man es von der Autorin gewohnt ist, gut geschrieben und die Geschichte gekonnt konstruiert. Die Charaktere sind wie üblich detailliert gezeichnet und werden von Band zu Band weiterentwickelt. Neben Frida und Bjarne trifft man auch wieder ihre jeweiligen Partner Torben und Sonja, außerdem Bjarnes Tochter Henrikje und die beiden Boxtrainer Milan und Jo wieder, die alle mehr oder weniger zur Geschichte beitragen. Torben lebt vorübergehend in Bayern, wo er eine Bodyfarm aufbaut, Henrikje macht eine Ausbildung zur Rettungssanitäterin und Jo bekommt neben ihrer Arbeit im Boxclub ausgerechnet von Leonard Bootz einen Auftrag, als Privatdetektivin tätig zu werden. Es ist also eine Menge los, aber auch das kennt man aus den anderen Büchern der Reihe. Natürlich kann man das Buch aber auch einzeln lesen, auch ohne „Vorkenntnisse“ hat man keine Verständnisprobleme, da Romy Fölck alles Wichtige noch einmal aufgreift.
Die beiden parallel zueinander verlaufenden Ermittlungen sind spannend beschrieben, der Spannungsbogen mit Ausnahme der Exkurse ins Privatleben konstant hoch und das Buch alles in allem sehr gut zu lesen. Möglicherweise konzentriert sich die Autorin bei den Protagonisten in diesem Teil ein bisschen zu sehr auf das Privatleben, aber da der „Ermittlungs-Teil“ nicht zu kurz kommt, fand ich die Geschichte dennoch ausgewogen erzählt. Der Schluss ist stimmig, kam für mich allerdings nicht wirklich überraschend, dafür aber überraschend schnell. Ich habe mich aber auf jeden Fall über das „Wiedersehen“ mit Frida, Bjarne und allen anderen aus den Vorgängerbänden liebgewonnenen Charakteren gefreut und kann das Buch jedem empfehlen, der atmosphärische Krimis mit sympathischen Ermittlern mag. Ich mag sie auf jeden Fall und vergebe fünf Sterne.

Bewertung vom 05.08.2023
Todesküste / Emma Klar Bd.8
Peters, Katharina

Todesküste / Emma Klar Bd.8


sehr gut

Mit „Todesküste“ geht Katharina Peters in die achte Runde ihrer Reihe um die ehemalige Polizistin und jetzige Privatermittlerin Emma Klar. Die meisten der Bücher der Serie habe ich gelesen, das aktuelle lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Für mich wäre es sicher unmöglich, es einzeln und ohne die Vorkenntnisse aus dem vorherigen Teil zu lesen, denn es bezieht sich fast ständig darauf. Spannung kam bei mir auch nur sehr zögerlich auf. Andererseits war das Buch aus psychologischer Sicht packend und ging unter die Haut.
Aber von vorn.
Michaela Ritter bittet die Privatermittlerin Emma Klar, ihren verschwundenen Mann Paul zu suchen. Dieser ist für Emma keine Unbekannter, er hatte vor einiger Zeit (die Handlung findet im vorherigen Teil der Serie statt) den Kopf eines Verbrechernetzes getötet. Er selbst kam straffrei davon. Als Ritters Leiche gefunden wird, ist zunächst unklar, ob es sich um einen Suizid handelt, da er vorher aber an einer Tankstelle noch etwas zu Essen gekauft und getankt hat, hat Emma Zweifel. Erst nach dem Fund der Leiche eines weiteren ebenfalls in einem Verfahren wegen grausamer Verbrechen straffrei gebliebenen Mannes steht der Mordverdacht fest und die Ermittlungen kommen in Gang. Und die gestalten sich als schwieriger als erwartet und breiten sich fast sternförmig in alle möglichen Richtungen aus und in den Fokus rückt plötzlich ein Polizist.
Wer die Bücher von Katharina Peters kennt, weiß, worauf er sich einlässt, ob die Ermittlerin nun Emma Klar, Romy Beccare, Hanna Jakob oder Sarah Pirol heißt. Ihre Bücher sind eigentlich immer Garanten spannende und verzwickte Fälle. „Todesküste“ war für mich allerdings nicht ganz so spannend wie gewohnt. Das lag vermutlich hauptsächlich daran, dass das Buch sehr stark auf dem Vorgänger „Todesbrandung“ aufbaut und die Autorin einen Teil des Buchs drauf verwenden muss, Wissenslücken für diejenigen zu schließen, die den vorangegangenen Teil nicht kennen. Für die, die das Buch gelesen haben ist es natürlich eine Auffrischung des Wissens, aber es gibt dem Buch auch eine gewisse Länge in der keinerlei Spannung aufkommt. Dadurch war der Spannungsbogen nicht konstant, sondern ein bisschen wie eine Achterbahnfahrt.
Die Charaktere sind wie immer gut beschrieben, mein Liebling ist nach wie vor der Journalist und IT-Experte Jörg Padorn, der Emma wie üblich bei den Ermittlungen unter die Arme greift, statt endlich mal auf den Pulitzerpreis hinzuarbeiten. Mit von der Partie ist auch wieder Emmas Lebensgefährte Christoph Klausen, der in ihrer Beziehung der Vernünftige und der ruhende Pol ist. Emma ist mir nach wie vor zu unruhig, zu verbissen und alles in allem ein kantiger Charakter. Ihre Herangehensweise an diesen Fall fand ich schwierig. Sie geht mit Scheuklappen an die Ermittlungen heran, verbeißt sich in eine bestimmte Spur, die in ihr Schema passt und braucht daher sehr lange, um wirklich die richtige Richtung zu finden.
Schwierig ist auch das Thema des Buchs. Die Tatsache, dass Verbrecher trotz erdrückender Beweise und eindeutiger Schuld straffrei ausgehen können (sei es wegen eines Formfehlers oder weil sie die hervorragende Anwälte hatten) ist den meisten nicht-Juristen nicht einleuchtend und vor allem für das persönliche Umfeld der Opfer der blanke Horror. Nur zu gerne würde der eine oder andere da vermutlich zur Selbstjustiz greifen. Dieses Thema behandelt Katharina Peters gekonnt und mit Fingerspitzengefühl.
Ich lege das Buch jedem ans Herz, der psychologisch interessante Krimis mit kantigen Ermittlerinnen mag, empfehle aber, zumindest „Todesbrandung“ vorher zu lesen, denn das Buch baut wirklich sehr stark darauf auf. Von mir wegen der vielen spannungsarmen Längen und wegen der über lange Zeit einseitigen Ermittlungsarbeit von Emma einen Punkt Abzug, vier Sterne.