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EOS
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Siegen

Bewertungen

Insgesamt 223 Bewertungen
Bewertung vom 15.07.2022
Tod im Trödelladen
Grue, Anna

Tod im Trödelladen


gut

Ganz besonders hyggelig
Dieser Krimi ist der Sparte 'Cosy Crime' zuzuordnen, softe Krimis, die ich zwischendurch gern lese, da sie oft skurrile Typen beschreiben, der Humor nicht zu kurz kommt und die Brutalität sich in Grenzen hält.
Da ich also von diesem Hygge-Krimi ähnliches erwartete, wollte ich ihn unbedingt lesen. Der dänische Begriff Hygge beinhaltet für mich umfassende Gemütlichkeit, und so geht es auch in diesem Krimi zu. Was ich am meisten vermisst habe, war ein wenig Spannung. Natürlich kann man im Cosy Crime keine nervenaufreibenden Szenen erwarten, aber etwas mehr Nervenkitzel hatte ich schon erwartet. So empfand ich das Buch als recht langatmig und denke mir, dass man aus der guten Idee mehr hätte machen können.
Inhaltlich geht es um Anne-Maj, die als Ruheständlerin im örtlichen Sozialladen ehrenamtlich arbeitet und ihre Aufgabe dort sehr ernst nimmt. Ihr Lieblingshobby ist das Kochen bzw. das Backen, was dann auch in diesem Buch ausführlich beschrieben wird. Kurz hintereinander werden drei ehrenamtliche Ladenmitarbeiter tot aufgefunden, was Anne-Maj merkwürdig vorkommt. Da sie von der örtlichen Polizei eher belächelt wird, überlegt sie sich eigene Strategien, um mehr Licht in die Vorkommnisse zu bringen. Dabei geht sie sehr clever und trickreich vor. Sie gibt sich uninteressiert und gebraucht so manchen harmlosen Vorwand, um etwas in Erfahrung zu bringen. Das hat mir gut gefallen. Begleitet wird sie meist von ihrem Dackel Mortensen, eine bedeutende Hauptfigur in diesem Buch
Humor ist in Ansätzen vorhanden, dürfte aber ruhig etwas mehr sein für meinen Geschmack. Dafür werden das zwischenmenschliche Verhalten und die Eigenheiten der Protagonisten sehr detailliert und treffend beschrieben, was mir wiederum sehr gefallen hat.
Alles in allem eine interessante Lektüre für zwischendurch, aber ich hatte nie das Gefühl, unbedingt weiterlesen zu müssen.

Bewertung vom 12.07.2022
Der Bewunderer: Thriller
Shepherd, Catherine

Der Bewunderer: Thriller


ausgezeichnet

Kunstvoll inszeniert
Dies ist der 7.Fall der Laura-Kern-Reihe und wieder mal ein Pageturner, denn man muss einfach weiterlesen, bedingt durch Cliffhanger oder durch gelegte Spuren, die man unbedingt sofort weiter verfolgen möchte. Das Lesen macht Spaß, und ab der Mitte versucht man sich zu bremsen, um mehr davon zu haben :-)
Inhaltlich geht es um den Fund einer Frauenleiche, die auf ungewöhnliche Weise in einer verlassenen Industriehalle drapiert wurde. Der tote Körper wurde integriert in eine große bemalte Leinwand und mit verschiedenen Utensilien ausgestattet. Die Ermittler stehen vor einem großen Rätsel und kommen nicht so recht weiter, als bereits die zweite Tote auf ebensolche Weise gefunden wird. Ein Serienmörder?
Wir folgen dem Thriller auf verschiedenen Erzählebenen, die nach und nach ein Gesamtbild ergeben und offene Fragen klären. Aber bis zur Verknüpfung der Ebenen legt die Autorin viele falsche Fährten, die einen felsenfest denken lassen, dass man die Lösung hat, was aber dann kurz darauf widerlegt wird. Also rätselt der Leser weiter....Der Schreibstil ist wie immer flüssig und abwechslungsreich, angenehm zu lesen.
Mir gefällt sehr, dass man zwar einiges über das Privatleben der Ermittler erfährt, dass aber dieses nicht im Mittelpunkt steht, wie in so manchem anderen Krimi. Denn es geht ja in erster Linie um die Spannung und nicht um Liebesgedöns. Die Ermittler Laura, Max, Simon und Ben sind mir allesamt sympathisch, sie stehen mitten im Leben. Nebenbei wird auch immer mal wieder auf Vergangenes zurückgeschaut, um das Bild der Hauptprotagonisten zu vervollständigen bzw. wieder in Erinnerung zu bringen. Das ist für den Leser informativ und hilft zum Verständnis mancher Gefühlsregung.
Alles in allem hatte ich jede Menge Lesespaß und kann das Buch sehr empfehlen.

Bewertung vom 10.07.2022
Dunkle Tiefen
Kay, Elizabeth

Dunkle Tiefen


sehr gut

Lügengeflechte
Hauptprotagonistinnen in diesem Psychothriller sind drei Schwestern, die sich seit 20 Jahren aus dem Weg gegangen sind, denn damals kam ihre jüngste Schwester ums Leben, und das Leben war nicht mehr wie sonst.
Jeden Sommer verbrachte die Familie früher in einem Cottage an der englischen Steilküste, wo die Schwestern so einiges erlebten, was oftmals in Streitereien endete. Nun haben alle drei eine Weihnachtseinladung erhalten, in das Cottage ihrer Kindheit. Dort hat sich nicht viel verändert, und die Schwestern schwelgen zunächst in Erinnerungen. Das Unheil nimmt seinen Lauf, als sich herausstellt, dass man nicht weiß, wer nun eigentlich die Einladungen verschickt hat.
Schnell kommen Streit, Misstrauen und Schuldzuweisungen zurück. Als Leser weiß man nicht, welcher Schwester man vertrauen kann und wer sich nur in Intrigen verstrickt. Eine unangenehme Gruppendynamik lässt eine fesselnde Spannung entstehen, da man unbedingt wissen möchte, was damals wirklich passiert ist und wozu das aktuelle Treffen arrangiert wurde. Es fiel schwer, einen Lesestopp einzulegen.
Regelmäßig werden Perspektivwechsel durchgeführt, so dass wir auch in die Zeit vor 20 Jahren Einblick erhalten. Nach und nach setzt sich so ein Puzzle aus Informationen zusammen, die den Leser miträtseln lassen, was damals nun wirklich passierte.
Das alles hat mir sehr gut gefallen. Ohne Action-Szenen wird nur durch Kommunikation und Information ein spannendes Netz aus Schuld und Geheimnissen aufgebaut, das man unbedingt näher beleuchten möchte. Leider wurde nicht alles vollkommen beleuchtet und einiges erschien realitätsfern.
Trotzdem hat das Buch mich fesselnd unterhalten und sich als tiefgründige Lektüre herausgestellt. Ich spreche somit eine klare Leseempfehlung aus.

Bewertung vom 15.06.2022
Der Weg ins Ungewisse / Die Landärztin Bd.2
Otten, Felicia

Der Weg ins Ungewisse / Die Landärztin Bd.2


sehr gut

Aufgeben oder kämpfen?
Dr Thea Graven ist ihrem vollkommenen Glück sehr nah, als ein schwerer Schicksalsschlag sie trifft. Sie steht kurz vor der Heirat mit Georg, als sie sich plötzlich immer schwächer fühlt, was in der Diagnose 'Kinderlähmung' mündet. Thea muss um ihr Leben kämpfen und hat Erfolg, aber es bleiben Lähmungen zurück, die sie psychisch so treffen, dass sie sich aufgibt. Nur dank des selbstlosen Einsatzes ihrer Schwester Katja empfindet sie nach und nach wieder Freude am Leben....
Am Schreibstil der Autorin gibt es nichts auszusetzen, der Roman liest sich flüssig und erfasst alle Details, besonders auf der Gefühlsebene. Spannung ist auch vorhanden, denn man möchte immer weiter lesen, um zu sehen, ob alles wieder besser wird. Manchmal hatte ich sogar ein Tränchen der Rührung im Auge. Was mir nicht so gut gefällt, ist die Voraussehbarkeit vieler Handlungen, wirklich überraschend ist wenig. Es könnte ja auch mal etwas nicht so gut laufen....Besonders am Ende passt alles optimal zusammen, nichts geht schief, sogar Geld ist kein Problem in dieser wirtschaftlich schweren Zeit. Das war mir eindeutig zu viel Gelingen.
Dem Roman liegen intensive Recherchen zu Grunde, so habe ich sehr viel über die Gefährlichkeit der Kinderlähmung erfahren, was mir bisher nicht in seinem ganzen Ausmaß bekannt war. Und auch die Überschreitung der Regeln in Kinderheimen hat meinen Wissensstand erweitert.
Alles in allem muss ich sagen, dass mir die Reihe um Friederike Matthée derselben Autorin besser gefallen hat, da sie irgendwie realistischer war. Trotzdem war dieses Buch lesenswert und ist etwas fürs Herz.

Bewertung vom 06.06.2022
Amelia
Burns, Anna

Amelia


gut

Die nordirischen 'Troubles' im Angesicht der Kinder
Nachdem ich den Klappentext gesehen hatte, wollte ich dieses Buch unbedingt lesen. Da mich der Nordirlandkonflikt immer wieder mal beschäftigt hat, erwartete ich viel historischen Hintergrund und gleichzeitig mehr über die Wirkung auf die Heranwachsenden zu erfahren. Das auf den ersten Seiten vorgestellte Mädchen Amelia war mir sympathisch, wenn auch etwas außergewöhnlich mit ihrer Sammelleidenschaft und ihrem Spielverhalten.
Meine Erwartungen haben sich nicht erfüllt. Die Autorin zeichnet ein grauenvolles Bild der Troubles, die sich von 1969 bis in die 90er Jahre hinzogen, wobei sie hauptsächlich die Verrohung der Kinder bzw. Jugendlichen beschreibt. Es ist die Zeit des sinnlosen Abschlachtens und der puren Verzweiflung, die sich natürlich auf die Kinder überträgt.
Im Laufe der Seiten meint man nur noch auf Psychopathen zu treffen, die ihr soziales Umfeld bedrohen und auch vor lebensbedrohenden Aktionen nicht zurückschrecken. Dabei hatte ich zunehmend das Gefühl, dass es sich überwiegend um Gewaltphantasien handelte, aus denen der Leser mühsam die Realität rausfiltern sollte. Aber wo ist die Grenze? Das wurde mir nicht klar. Ebenso wenig wurde mir klar, warum diese Gewaltexzesse ihren Platz in diesem Buch finden, denn man hätte sich ja auch mit den Traumata der Heranwachsenden, deren Ursachen und Auswirkungen beschäftigen können. Das hätte mir besser gefallen.
Ganz im Gegenteil werden hier jedoch perverse Spielchen beschrieben, die von kleinen Kindern mit ihren Puppen nachgespielt werden, oder brutale Attacken mit diversen Gegenständen, die großen Schaden anrichten, und verbreitet widerlichen Missbrauch. Sehr makaber fand ich den Auftritt von Mary, die ihr Baby im 'Plastikbeutel' spazieren fährt, wobei wahrscheinlich die Plazenta gemeint ist.
Amelia kann einem Leid tun, denn sie hat keinen, der wirklich zu ihr steht. Sie driftet jedoch nicht in Gewalttätigkeiten ab, sondern flieht in Anorexie und Alkoholabhängigkeit. Sie möchte nach London, um dem Grauen zu entkommen. Zunächst wird sie nur belächelt und nicht ernst genommen. Als sie schließlich den Ausbruch schafft, ist nicht sicher, ob es ihr gelingt, die traumatisierenden Erfahrungen zu vergessen oder zumindest zu bekämpfen.
Die Atmosphäre in diesem Buch ist durchgehend niederdrückend, keine unbeschwerte oder sachliche Lektüre. Das Buch zeigt auf erschreckende Weise, was ein kriegerisches Umfeld aus einem Menschenleben machen kann, was gerade in dieser Zeit hochaktuell ist. Mir waren jedoch die Brutalität und die Gewaltbereitschaft, wie sie in diesem Buch beschrieben werden, eindeutig 'too much'.

Bewertung vom 01.06.2022
Talberg 2022 / Talberg Bd.3
Korn, Max

Talberg 2022 / Talberg Bd.3


ausgezeichnet

Abgründige Geheimnisse im Bergdorf
Das Buch fängt bereits sehr spannend und aktuell an, als im albtraumhaften Horrorszenario eines Unwetters Knochen angespült werden, die von Dorfpolizist Adam Wegebauer unter schwierigen Bedingungen geborgen werden. Diese Knochen spielen bis zum Ende eine tragende Rolle und führen tief in die finsteren Machenschaften einiger Dorfbewohner.
Das Buch hat mich sehr gefesselt, aber auch betroffen gemacht, es zieht den Leser in seinen Bann und entpuppt sich als regelrechter Pageturner. Es handelt sich hier um den letzten Teil der Talberg-Trilogie, und ich habe mich gefragt, wieso mir die beiden ersten Bände nicht aufgefallen sind. Ich muss diese Lektüre unbedingt nachholen.
Die Kapitel sind überschaubar lang, bieten Perspektiven- und Zeitenwechsel und sind so spannend geschrieben, dass ich vor einer Lesepause immer noch in das nächste hineinlesen musste. Der Schreibstil ist gut verständlich, auch wenn hin und wieder der Ortsdialekt durchkommt, was man aber durch den Zusammenhang trotzdem versteht. Der Autor experimentiert mit der Sprache, benutzt sie, um die düstere Atmosphäre zu schaffen. Aber auch bedeutungsvolle Wortspiele finden Platz ('Adam und Eva', Talberg usw.)
Die Spannung, die sich zusehends stärker aufbaut, hält bis zum Ende an. Dieses ist in sich schlüssig, für mich wurden alle Fragen geklärt. Aber selbst zum Ende hin gibt es noch überraschende Wendungen.
Die Charaktere sind für mich alle überzeugend, auch wenn sie teilweise etwas skurril daherkommen, aber so ist das eben in einem abgeschiedenen Bergdorf. Ich konnte mir den Ort in seiner Weltfremdheit gut vorstellen. Allein schon die Reaktionen auf das Unwetter waren authentisch. Erfreulich ist das Namensregister in der vorderen Umschlagseite, so bewahrt man den Überblick.
Alles in allem bin ich begeistert von diesem Buch und werde es sehr gern weiter empfehlen.

Bewertung vom 28.05.2022
Kalte Blüten / Périgord-Krimi Bd.2 (eBook, ePUB)
Dubois, Julie

Kalte Blüten / Périgord-Krimi Bd.2 (eBook, ePUB)


sehr gut

Cosy Crime au Périgord
Dies ist der zweite Kriminalroman um die sympathische Kommissarin Marie Mercier, die nach ihrem Sabbatjahr nun endgültig Paris verlassen hat, um im Périgord zu arbeiten, wo sie den Hof ihrer Großmutter renoviert hat und wo auch ihr Herz wohnt. Sie leitet nun das Kommissariat der Region.
Bei Bauarbeiten für eine Ölmühle wird ein Skelett freigelegt, sodass die Polizei ermitteln muss. Marie sieht sich jedoch bei den Besitzern des Grundstücks schroffer Abwehr ausgesetzt, als ob irgendetwas verborgen bleiben sollte. Das Grundstück gehört vier Schwestern, den Barthes Schwestern.
Julie Dubois Schreibstil ist flüssig und mitreißend. Man liest immer weiter, als würde man sonst etwas verpassen. Dabei läuft aber alles sehr gemächlich ab, keine Action-Szenen oder wilde Schießereien. Sehr intensiv ist auch das Lokalkolorit, das die spezielle Atmosphäre dieser französischen Region im Südwesten Frankreichs treffend einfängt.
Die Spannung entwickelt sich langsam, am Anfang für mich sogar zu schleppend, aber sie nimmt stetig zu und hält bis zum Ende an, zwischendurch gibt es noch so einige überraschende Wendungen. Als Leser kann man auch gut miträtseln, wer als Täter in Frage kommt. Das ist für mich immer sehr verlockend und hat mir gut gefallen. Dieses Mal lag ich allerdings lange falsch und wurde in Erstaunen versetzt, denn mit diesem Täter hatte ich nicht gerechnet.
Fast alle Figuren sind sympathisch gezeichnet, so dass man sich dadurch in diesem Dorf heimisch fühlt. Es gibt auch bizarre Charaktere, wie z.B. Rose, eine alte Dame, die immer bestens informiert ist und sich gemäß ihres Namens stets in rosa kleidet. Auch Georges ist ein Ausnahmecharakter, denn man trifft ihn selten ohne seinen besten Freund, das Trüffelschwein Augustine, an. Ihn möchte ich hier besonders hervorheben, denn die Szenen mit ihm bringen den Leser immer wieder zum Schmunzeln.
Es geht auch um kulinarische Genüsse, was mich im Allgemeinen nicht stört. Wenn aber Rezepte mit Gänsestopfleber verherrlicht werden, ist mir das ein Störfaktor, denn man weiß, dass dies mit Tierquälerei einhergeht.
Alles in allem ein gemütliches Krimigeschehen, das den Leser gut unterhält.

Bewertung vom 05.05.2022
Tiefes, dunkles Blau
Kobler, Seraina

Tiefes, dunkles Blau


gut

Ein sehr gemächlicher Krimi
Der Arzt einer Kinderwunschklinik, Dr Jansen, wird tot im Zürichsee gefunden, und bald stellt sich heraus, dass er viele Drogen im Körper hatte. Zufällig hat Seepolizistin Rosa kurz zuvor bei diesem Arzt Eizellen einfrieren lassen. Wer wollte ihn aus dem Weg räumen und warum? Zunächst führt eine Spur zu seiner Noch-Ehefrau, aber es gibt außerdem weitere Spuren, vor allem auch ins Rotlichtmilieu. Skurrilerweise führen alle Verdächtigungen nur zu Frauen, die dem Gynäkologen nach dem Leben getrachtet haben könnten.
Nach dem noch spannenden Prolog, in dem ein Toter in einer Fischreuse gefunden wird, sinkt die Spannungskurve, was verständlicherweise der Einführung des Settings geschuldet ist. Man muss ja erst einmal die Protagonistin, ihr Umfeld und den Handlungsort kennenlernen. Dies erfolgt sehr ausführlich und gut vorstellbar. Spätestens jetzt müsste der Spannungsbogen wieder ansteigen, aber da ist nichts! Die Ermittlungen laufen nebenher, im Mittelpunkt stehen in meinen Augen dagegen ein umfassendes Bild von Zürich und von der Ermittlerin Rosa. Die Geschehnisse plätschern dahin, und besonders die Ausführungen zur Gentechnik und ihrer Gefahren fand ich recht langatmig. Vergebens wartet man auf überraschende Wendungen oder andere krimitypische Stilmittel.
Meine Erwartungen wurden enttäuscht, das Buch konnte mich nicht in seinen Bann ziehen. Trotz des mörderischen Geschehens ordne ich dieses Buch eher dem Genre Roman zu.
Die Protagonistin und Ermittlerin Rosa Zambrano ist sympathisch, lebt naturverbunden und hat viele Hobbys, die in diesem Buch auch intensiv beschrieben werden. Vor allem scheint sie das Kochen und Schlemmen zu lieben, allerlei Rezepthinweise machen Lust aufs Ausprobieren. Die Beschreibung Zürichs ist ebenfalls verlockend, man möchte sich das mal vor Ort ansehen und in den gemütlichen Lokalen einkehren. Aber ich hatte ja einen Krimi lesen wollen.
So hat das Buch mich partiell gut unterhalten, aber es konnte absolut kein Krimi-Feeling aufkommen. Schade!

Bewertung vom 02.05.2022
Der große Fehler
Lee, Jonathan

Der große Fehler


sehr gut

Plötzliches Ende eines ambitionierten Lebens
Andrew Haswell Green, der Schöpfer des großartigen Central Parks in New York, wuchs im ländlichen Milieu unter ärmlichen Umständen auf. Seine Mutter starb, als er 12 war, und sein Vater kann ihm die Mutter nicht ersetzen. Im Gegenteil, er wird vom Vater regelmäßig geschlagen und bekommt viel Arbeit und Verantwortung aufgebürdet. Er nimmt dies alles hin, indem er versucht, seine Aufgaben zu optimieren. Prägend für ihn sind sein Ordnungssinn und seine Verträumtheit. Als er sich seinem Freund Sam zu sehr nähert, verbannt ihn sein Vater nach New York, unter dem Vorwand, dass er dort mehr Geld verdienen könne. Auch dort erwartet ihn ein hartes und entbehrungsreiches Leben, aber sein unentwegter Ehrgeiz lässt ihn aufsteigen, so dass er schließlich großen Anteil an der Gestaltung New Yorks hat.
Der vordergründige Fehler liegt darin begründet, dass Green im Alter von 83 Jahren durch einen Irrtum vor seiner Haustür erschossen wird. In Andrews Leben haben sich jedoch noch mehr Fehler ereignet, so dass der Titel eine Mehrfachbedeutung hat. So ist das Buch im Prinzip eine Biographie, die Andrews vielseitiges und ambitioniertes Leben beleuchtet. Nach und nach erschließen sich dem Leser immer mehr Details aus der Vergangenheit Die Ermittlungen zum Mordmotiv sind eher Nebensache, werden aber durch den zeitweise schwächelnden Inspektor McClusky aufgeklärt.
An den Schreibstil musste ich mich zunächst gewöhnen, denn die Sätze sind teilweise sehr lang und verschachtelt, so dass ich anfangs einiges mehrfach gelesen habe. Aber es lohnt sich, denn man findet sich in einer anderen Welt wieder, die Inhalte der mitunter anspruchsvollen Sätze sind sehr prägnant und spiegeln die Charaktere hervorragend wieder.
Der permanente Perspektivwechsel zwischen Andrews Kindheit und Jugend auf der einen Seite und sein Leben rückblickend in New York auf der anderen Seite haben mich teilweise etwas verwirrt. Enttäuschend fand ich, dass einige Nebenhandlungsstränge einfach im Sande verliefen, während man gern noch mehr erfahren hätte.
Sehr informativ hingegen fand ich die historische Betrachtung des Lebens zu jener Zeit, die Schilderung des damaligen New York und auch die missliche Lage der Homosexuellen in dieser Zeit.
Alles in allem fand ich das Buch sehr packend und informativ, die Lektüre hat mich mit ausdrucksstarken Charakteren bekannt gemacht. Eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 28.04.2022
Zurück nach Übertreibling / Vikki Victoria Bd.1
Gray, Gloria;Felder, Robin

Zurück nach Übertreibling / Vikki Victoria Bd.1


gut

Krass und voller Überraschungen
Vikki Victoria, stadtbekannt und glamouröse Transfrau, muss sich verstecken. Der Grund: Toni ist aus dem Gefängnis ausgebrochen, und nun will er sich sicher an ihr rächen, denn Vikki war nicht unschuldig an seiner Festnahme. Toni soll seine Frau bestialisch umgebracht haben, aber ist das wirklich so gewesen? Die ausbrechende Panik setzt eine regelrechte Kettenreaktion in Gang, in deren Verlauf sich so einige kriminelle Energie entlädt und Wahrheiten ans Licht kommen. Hierbei spielen eine Motorradrockergang und ein türkischer Drogenboss mit seinen Leuten eine wesentliche Rolle.
Die Spannung ist schwankend, mal sehr stark, dass man unbedingt weiterlesen muss, aber es gibt auch Passagen, die recht langatmig sind, die wie Lückenstopfer erscheinen und nur nichtssagendes Gerede wiedergeben. Gerade zum Ende hin ist eigentlich schon alles klar, aber der Showdown zieht sich sehr in die Länge.
Zugegeben, das Buch hat mich oft zum Schmunzeln gebracht, denn Vikki legt ihre Gedanken ausführlich dar, worin ich Wortwitz, Ironie und skurrile Beschreibungen entdeckt habe, was mir sehr gut gefallen hat. Der Schreibstil ist sprachgewaltig, sie benutzt Wortneuschöpfungen und lustige Verbindungen (z.B. "damals....vor 30 kg" oder "er okayt"). Die Beschreibungen sind gut vorstellbar und natürlich übertrieben. Aber in meinen Augen ließ mit der Zeit die Kreativität nach oder ich wurde mit der Zeit überdrüssig.
Ach ja, nebenbei wird noch gegen E-Autos gewettert und SUVs hochgepriesen. Das finde ich nicht zeitgerecht. Schon mal etwas von Klimawandel gehört? Oder gehörte das in die Kategorie 'Humor ist, wenn man trotzdem lacht'?
Die Bewertung fällt mir nicht leicht, da das Buch zwar lesenswerte Züge hat, aber sich andererseits immer mehr in Übertreibungen verliert, die irgendwie erzwungen wirken. Leider war es so, dass das Krimigeschehen immer mehr in den Hintergrund rückte und Platz machen musste für unsinniges Palaver.