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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Xirxe
Wohnort: 
Hannover
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 874 Bewertungen
Bewertung vom 04.03.2021
Noch alle Zeit
Häusser, Alexander

Noch alle Zeit


sehr gut

Als Edvard schon über 60 Jahre alt ist, stirbt seine Mutter. Sein ganzes Leben hat er bei und mit ihr gelebt, weil die Anderen verschwunden sind: sein Vater und seine große Liebe Elsie. Seine Mutter konnte nicht ohne ihn leben, also ist er geblieben. Nach ihrem Tod entdeckt er ein Sparbuch mit einem kleinen Vermögen, das sein Leben völlig hätte verändern können. Warum verschwieg es ihm die Mutter? Ob es etwas mit dem Verschwinden seines Vaters zu tun? Edvard macht sich auf nach Norwegen, um dort Antworten zu bekommen.

Alva, nicht einmal halb so alt wie Edvard, bricht ebenfalls zu einer Reise nach Norwegen auf, um eine Reportage über magische Orte zu produzieren. Doch vor allem will sie mit sich selbst ins Reine kommen; will sich darüber klar werden, was mit ihr „nicht stimmt“, wie ihre Mutter immer meint. Denn sie möchte ihrer kleinen Tochter Lina eine gute Mutter sein. Auf der Fähre treffen diese beiden völlig verschiedenen Menschen aufeinander und setzen die Reise gemeinsam fort. Denn Jeder wäre ohne den Anderen verloren.

Es ist ein sehr ruhiges, in einem beinahe schon lyrischen Stil geschriebenes Buch, das neben der Norwegenreise die Lebensgeschichten der beiden ungleichen Menschen erzählt sowie ihre Suche nach der Wahrheit. Eine Wahrheit, die es in dieser absoluten Form nicht gibt wie Beide erkennen werden. Obwohl ich mich mit dieser fast durchweg poetischen Schreibweise nicht so richtig anfreunden konnte (manchmal hatte ich das Gefühl, dem Autoren wäre sie wichtiger als der Inhalt), sind die beschriebenen Landschaften faszinierend. Man meint, die Magie Norwegens fühlen zu können ebenso wie das Fließen der Elbe. Auch die Figuren entwickeln so viel Persönlichkeit, dass ich unbedingt wissen wollte, wohin sie ihr Weg führt.

Ein ruhiges, sehr gefühlvolles Buch – ideal für kalte Wintertage ;-)

Bewertung vom 04.03.2021
Serpentinen
Bjerg, Bov

Serpentinen


gut

Der Ich-Erzähler des Buches scheint Alles erreicht zu haben: glückliche Ehe und ein gesundes Kind, erfolgreich und anerkannt im Beruf. Doch das Erlebte seiner Kindheit ist nicht vergessen: die Selbstmorde seines Vater, Großvaters und Urgroßvaters, die ihn fürchten lassen, selbst der Nächste zu sein. Die Misshandlungen durch Vater, Mutter und Stiefvater, die sich derart tief eingegraben haben, dass er immer wieder feststellen muss, dass er zu ähnlichen Verhaltensmustern neigt. Seine ärmliche Herkunft aus dem Schwäbischen die ihn glauben lässt, dass er selbst als anerkannter Teil der Hochschule, Professor und Koryphäe seines Fachs, seinen Kolleginnen und Kollegen bürgerlicher Herkunft nicht ebenbürtig sei. Als er mit seinem kleinen Sohn eine Reise in seine schwäbische Heimat unternimmt, brechen all die Erinnerungen, Verletzungen und Demütigungen mit enormer Kraft hervor und es ist klar: Um seinem Sohn ein guter Vater zu sein, muss er seine Vergangenheit hinter sich lassen.

Ein einfaches Lesevergnügen ist dieses Buch wahrlich nicht, denn der Erzählstil ist nicht gerade einladend. Den chronologischen Rahmen bildet die Reise des Ich-Erzählers mit seinem Sohn, währenddessen er immer wieder in kurzen Episoden aus der Vergangenheit schildert, sowohl von seiner Kindheit und Jugend wie auch seiner Zeit als Ehemann und Vater. Die Sätze sind meist kurz und knapp und klingen stakkatohaft, wie getrieben, wohl um den Gefühlszustand des Erzählers wiederzugeben. Namensnennungen gibt es nur für Personen, die ihm nicht (mehr) nahe stehen, während beispielsweise seine Frau M. heißt und der Sohn nur ‚der Junge‘ genannt wird. Hinzu kommt eine recht überschaubare Handlung, sodass alles zusammen genommen kein richtiger Erzählfluss entsteht.

Doch der Autor besitzt die Kunst, Situationen überaus anschaulich zu beschreiben. Beispielsweise über seine Mutter, die als Flüchtling auf die Schwäbische Alb kam, Schwäbisch lernte um anerkannt zu werden und nun dement im Altenheim lebt.

"Jetzt, am Ende, verlor sie die so gründlich erarbeitete Zweitsprache wieder. Sie sprach nur noch die Sprache ihrer ersten Jahre.
Ihr Gedächtnis war fast abgetragen, Schicht für Schicht, bis hinunter zum Plusquamperfekt.
Darunter gab es keine Lage mehr, in der noch etwas gespeichert war.
Ihre Sprache war fast abgetragen. Unter dem Kindheitsdialekt lagen keine Sätze mehr, da lag nur noch Lallen, Keckern, Wimmern."

Auch seine Darstellungen der Vergangenheit sind vielleicht gerade wegen ihrer Knappheit prägnant und treffsicher und ich (aus dieser Zeit und Gegend stammend) habe Vieles wiedererkannt – leider. So bleibt am Ende ein zwiespältiges Leseerlebnis: keine herausragende Geschichte, aber eindringliche Bilder eines Lebens, das die Vergangenheit fast zerstört hätte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.12.2020
Sungs Laden
Kalisa, Karin

Sungs Laden


ausgezeichnet

Es gibt Bücher, da möchte man am liebsten ewig weiterlesen und noch viel lieber selbst Teil dessen sein, von dem da erzählt wird. ‚Was man von hier aus sehen kann‘ von Mariana Leky gehört für mich beispielsweise in diese Kategorie und ‚Sungs Laden‘ reihe ich direkt daneben ein

Bewertung vom 30.12.2020
1000 Serpentinen Angst
Wenzel, Olivia

1000 Serpentinen Angst


weniger gut

Die Jury des diesjährigen Deutschen Buchpreises scheint eine Vorliebe für Häppchenliteratur zu haben – zumindest ist es nach ‚Aus der Zuckerfabrik‘ bereits das zweite Buch, das keine fortlaufende Geschichte erzählt, sondern aus eher kurzen Sequenzen zusammengesetzt ist. Tja, und ich muss feststellen: Meins ist das nicht.

Eine junge schwarze Frau, geboren und aufgewachsen in der DDR, erzählt – obwohl, nein, das stimmt nicht, sie erzählt nicht, sie antwortet. Es sind Dialoge, in denen die junge Frau von einer meist unbestimmten Person zu bestimmten Ereignissen usw. befragt wird, die sie dann mehr oder weniger ausführlich beantwortet. Es geht um Alltagserfahrungen aus der Kindheit wie aus ihrem Erwachsenenleben; der Enge und die fehlende Freiheit in der DDR; der alltägliche Rassismus in Ost und West; in den USA plötzlich das Gefühl zu haben, Teil einer Gemeinschaft zu sein; um Liebe, Einsamkeit und Familie.
Doch es kommt kein richtiger Lesefluss auf, obwohl es richtige gute Stellen in diesem Buch gibt, die beispielsweise deutlich machen, was es bedeutet, als BürgerIn eines Landes in der Minderheit zu sein:
"Was soll mir meine weiße Großmutter antworten auf die Frage, …, was es bedeutet, keinen Ort zu kennen, an dem man selbst die Norm ist?" (S. 82)
Aber dieses dauernde Frage-Antwort-Spiel, das von Ort zu Ort und Zeit zu Zeit springt, empfand ich irgendwann einfach nervig und ertappte mich dabei, dass ich anfing diagonal zu lesen. Kein gutes Zeichen.
Dazu surrealistisch anmutende Szenen, in denen ein Snackautomat eine wichtige Rolle spielt – ach ne, das ist mir doch zu viel des Guten. Aber vielleicht bin ich auch einfach nur altmodisch.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.12.2020
Der Heimweg
Fitzek, Sebastian

Der Heimweg


weniger gut

Eines vorweg: Ich mag abstruse Bücher (Dario Fo und Carolo Manzoni) und gewalttätige Szenen schrecken mich nicht ab (wie beispielsweise in ‚Der Minusmann‘) – also sollte ich von Sebastian Fitzeks neuestem Werk eigentlich recht angetan sein. Tja, dem ist leider nicht so, denn auf Etwas kann ich nicht verzichten: guten Schreibstil und (zumindest im Kontext der Geschichte) logische Geschehnisse. Insbesondere an Letzerem mangelt es enorm.
Bei einem Heimweg-Telefon, das Menschen, die sich insbesondere Nachts unsicher fühlen, telefonisch begleitet, meldet sich eine Frau, die so verzweifelt klingt, dass trotz ihrer verworrenen Geschichte der erfahrene Jules sofort weiß, dass hier tatsächlich extreme Gefahr droht. Denn neben einem gewalttätigen Ehemann wird sie von einem Serienkiller bedroht.
Eigentlich ist das mehr als ausreichend, um einen richtig spannenden Psychothriller zu schreiben, doch Sebastian Fitzek will mehr

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.12.2020
Das Gartenzimmer
Schäfer, Andreas

Das Gartenzimmer


sehr gut

Adam Rosen und seine Frau Elsa lassen sich 1909 von dem jungen, später sehr erfolgreichen und berühmten Architekten Max Taubert ein Haus entwerfen und bauen. Die schöne Dahlemer Villa wird schnell zu einen bekannten Treffpunkt der kulturell gebildeten Oberschicht. Jahrzehnte später, Mitte der 90er, erwirbt das Ehepaar Lekebusch das mittlerweile seit langem leerstehende Gebäude und lässt es aufwändig restaurieren. Besonders Hannah Lekebusch ist derart fasziniert von der Vergangenheit des Hauses, dass sie einen Pilgerort für Taubert-Fans erschafft – sehr zum Leidwesen ihres Mannes und Sohnes.

Andreas Schäfer erzählt abwechselnd vom Leben der BewohnerInnen und den Gästen des Hauses, mit dem jede und jeder Einzelne auf ganz eigene Art und Weise verbunden ist. Während das Ehepaar Rosen die Villa vorbehaltlos liebt, trifft es bei Lekebuschs nur bei Hannah auf bedingungslose Hingabe. Alles ordnet sie dem Ziel der originalgetreuen Wiederherstellung unter, während ihrem Sohn Luis die Villa Rosen eher Unbehagen vermittelt und Ehemann Frieder die Beinahe-Obsession seiner Gattin gehörig auf die Nerven geht. Die Kapitel wechseln zwischen den Zeiten zu Beginn und Ende des 20. Jahrhunderts, was jedoch nicht zu Verwirrung führt, da die vergangenen Ereignisse immer wieder in Verbindung mit dem gegenwärtigen Geschehen stehen und damit Erklärungen liefern. So begleitet man nicht nur die Figuren durch die Geschichte, sondern auch das Haus, das durch die detaillierte Beschreibung des Autors fast schon eine eigenständige Persönlichkeit entwickelt.

Doch diese Liebe zum Detail könnte für manch architektonisch und an Design nicht so Interessierte ein Manko darstellen, vielleicht weil manche Ausführungen schon fast an ein Sachbuch erinnern.

"Die quadratischen Fassaden mit den Fensterflächen wiesen weder Sockel noch Dachgesimse auf, nicht mal Fensterkreuze. Der einzige Schmuck, …, bestand aus vier Backsteinstufen hinauf zur Eingangstür, breit und weit vorkragend." (S. 125/126)

Dennoch lohnt sich die Lektüre, denn Andreas Schäfers Sprache ist so ausdrucksvoll und bilderreich, dass man die Personen tatsächlich zu kennen glaubt und sich nichts lieber wünschen würde, als selbst dieses Haus zu besuchen – mir ging es zumindest so

Bewertung vom 28.12.2020
Der erste Tote
MacGabhann, Tim

Der erste Tote


sehr gut

Andrew, Journalist, und Carlos, Fotograf, berichten seit Jahren gemeinsam über den mexikanischen Drogenkrieg und glauben, es könne sie nichts mehr erschüttern. Doch als sie bei einer Recherche für einen Beitrag über die Ölindustrie in Poza Rica, Veracruz, einen entsetzlich verstümmelten Toten finden und Carlos auf eigene Faust Nachforschungen anstellt, wird er grausam ermordet. Andrew macht alleine weiter ... Ob der Verlag diesem Buch einen Gefallen getan hat, es als Thriller zu vermarkten, ist fraglich. Denn den Großteil der Geschichte nimmt die Darstellung der Lebensverhältnisse in Mexiko ein: das Verschwinden unzähliger Menschen; die Ermordung unschuldiger Mexikanerinnen und Mexikaner; die Korruption, die weit in die Reihen der Politik und der Polizei reicht; das Zugrunderichten der Lebensbedingungen der Einheimischen zugunsten eines schnellen Profits im Ölgeschäft. Man merkt, dass Tim MacGabhann, der seit längerem in Mexico City als Journalist lebt, weiß wovon er schreibt. Seine Schilderungen von Mexikos Alltag wirken so realistisch und überzeugend, dass die Suche nach Carlos' Mörder etwas in den Hintergrund gerät. Spannend und packend ist dieses Buch allemal, doch wer einen typischen Thriller erwartet, wird wohl eher enttäuscht sein. Im Mittelpunkt steht nicht die Aufklärung des Mordes an Carlos, sondern die Hauptfigur Andrew, der verzweifelt versucht in diesem Sumpf aus Kriminalität und Korruption zu überleben und bei seiner Suche nach den Schuldigen das Alltägliche wie auch seine Erinnerungen erzählt. Mir hat es gefallen und ich bin gespannt auf die zwei angekündigten Fortsetzungsbände.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.12.2020
No Sound - Die Stille des Todes / Caleb Zelic Bd.1
Viskic, Emma

No Sound - Die Stille des Todes / Caleb Zelic Bd.1


sehr gut

Caleb findet seinen besten Freund Gary brutal ermordet in dessen Haus vor. Da Gary, hauptberuflich Polizist, ihm auch bei seiner Arbeit als Privatermittler unterstützt hat, macht er sich gemeinsam mit seiner Kollegin Frankie auf die Suche nach dessen Mörder. Und stellt bald fest, dass ihm der Mörder immer schon eine Spur voraus ist.

Calebs Behinderung ist nicht nur eine Einschränkung um ihn interessanter zu machen, sondern ist tatsächlich prägend für seine Persönlichkeit und damit auch für die Geschichte. Da er beispielsweise ungern auf seine Taubheit hinweist, wird immer wieder deutlich, wie schwierig es für ihn ist, einem Gespräch mit Hörenden zu folgen, wenn diese aus Unkenntnis oder einfach rücksichtslos undeutlich sprechen oder ihr Gesicht abwenden. Geschickt wechselt die Autorin auch zwischen Gesprochenem und Gesten, wenn sich Caleb mit Frankie oder seiner Ex-Frau unterhält – für mich war diese Art der Unterhaltung nachvollziehbar wie auch amüsant.

Bei der Geschichte selbst habe ich so lange wie selten im Dunkeln getappt. Irgendwie hatte ich überhaupt keinen Schimmer, in welche Richtung sich das Ganze wenden würde und entsprechend überraschend war dann das Ende. Dass so ganz nebenbei noch eine Liebesgeschichte abläuft und Alles in einem riesen Showdown endet hätte nicht sein müssen – das Buch wäre trotzdem gut geworden. Vielleicht sogar noch ein bisschen besser

Bewertung vom 05.12.2020
Aus der Zuckerfabrik
Elmiger, Dorothee

Aus der Zuckerfabrik


weniger gut

Viel gelobt wurde und wird dieses Buch von Kritikerinnen und Kritikern; es kam auf die Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2020, des weiteren wurde es für den Bayrischen wie auch den Schweizer Buchpreis nominiert. Dann muss es doch ein gutes Buch sein – oder?
Um ehrlich zu sein: Na ja, es geht so. Es ist weder ein Roman noch ein Sachbuch mit einem festen Thema, sondern mehr ein Sammelsurium von Gedanken, Ideen, Träumen, Zitiertem und Erlebtem der Ich-Erzählerin, die nahe an der Person der Autorin angelegt ist. Ausgehend von einem Dokumentarfilm, in dem Dinge eines früheren Lottomillionärs versteigert werden, hat sie
"… alles, was ich so sah, das in einem Zusammenhang mit diesem ersten Ort zu stehen schien, dorthin zugetragen und vorläufig abgestellt auf diesem weitläufigen Platz." (S. 12)
Und so geht es kunterbunt
"Mit jedem Gang durch das Chaos, über die Ananasfelder von Monte Plata, durch die Pariser Vorstädte oder den längst verlassenen Garten eines Sanatoriums, über die sizilianischen Berge, vorbei an den Russischen Bädern von Philadelphia zu den Ufern des Swan River in Australien, scheinen die Dinge in neue Verhältnisse zueinander zu treten." (S. 12)
Und es sind nicht nur die Orte, die ständig wechseln, sondern auch die Themen und die Art des Erzählens: Es geht um den Kapitalismus und die Industrialisierung in Europa, den transatlantischen Handel, die Revolution der Sklaven auf Haiti, Sucht und Begehren. Auf Träume folgen Gespräche, Gedanken oder Textauszüge aus einem der vielen Werke, die im Anhang aufgeführt sind und zuguterletzt gibt es auch Auszüge aus den Leben von Karl Marx, Max Frisch, der Mystikerin Teresa von Avila und einiger Anderer mehr. Manches scheint völlig zusammenhanglos hintereinander zu stehen, Anderes zeigt wirklich überraschende Verbindungen auf, dazwischen immer wieder auch Banalitäten und Unverständliches.
Auf den ersten 50, 60 Seiten war ich immer wieder kurz davor abzubrechen und das Buch als unlesbar weiterzugeben. Aber Frau Elmiger hat einen sehr angenehmen Schreibstil, es liest sich stellenweise wie das Tagebuch einer Freundin und weil die Abschnitte meist sehr kurz gehalten sind, hatte ich ruckzuck 20, 30 Seiten durch. Da immer wieder nicht nur Überraschendes sondern auch Interessantes zu entdecken ist und ich wusste, dass das Meiste auf tatsächlichen Geschehnissen beruht, fing ich an ein bisschen zu recherchieren, um beispielsweise etwas mehr über die Psychiatriepatientin Ellen West zu erfahren (durchaus lohnend!).
Doch was am Ende bleibt, hat kaum mehr Nährwert als der titelgebende Zucker. Unterhaltend ist dieses Buch definitiv nicht und die Informationshäppchen zu den unterschiedlichsten Gebieten und Personen sind und bleiben Häppchen. Da helfen auch die gelegentlich tiefgründigen Gedanken nicht mehr – es bleibt ein Zettelkasten. Doch wie meint Frau Elmiger selbst:
"Eine geniale Erzählerin oder ein genialer Erzähler könnte aus einem Stoffkonglomerat eine Erzählung machen, die die Dinge nicht schmälert, eindeutig macht, sondern im Gegenteil noch komplexer. Ich kann es nicht." (Dorothee Elmiger, ZEIT-Online, 17. August 2020)
Dem ist nichts hinzuzufügen.

Bewertung vom 05.12.2020
Asterix - Der Goldene Hinkelstein
Goscinny, René;Uderzo, Albert

Asterix - Der Goldene Hinkelstein


sehr gut

Troubadix will singen – aber nicht für sein Dorf, sondern auf der Bühne bei einem Wettbewerb. Damit er das Alles überlebt, begleiten ihn seine beiden Freunde …

Im Gegensatz zu den bisher erschienenen Geschichten ist diese kein richtiger Comic, sondern eher schon wie ein Theaterstück angelegt. Hintergrund ist, dass das Ganze nicht als Buch, sondern 1967 als Hörbuch erschienen war. So gibt es nun teils auf einer Doppelseite links ein Bild und rechts den dazugehörigen Text – oder umgekehrt.

Ich gestehe, ich war erst mal enttäuscht, als ich das Heft aufgeschlagen habe. Viel zu wenig Bilder, so dass der Text bei weitem nicht so gut rüber kommt wie in den ’normalen‘ Asterix-Bänden. Aber als ich damit durch war, war ich doch wieder versöhnt, denn die Dialoge sind wie immer herrlich witzig. Wie schon erwähnt, sind es natürlich viel zu wenig Zeichnungen, aber sie zeigen ganz klar das Abenteuer der beiden Helden – und natürlich das von Troubadix.

Was ich weniger schön finde, ist die Art der Vermarktung. Ich hatte das Glück, eine Leseprobe zu haben aus der ersichtlich wird, wie dieser neue alte Band aufgebaut ist. Bei diversen Online-Buchhandlungen (auch bei der größten) verzichtet man aber darauf – vielleicht um potentielle KäuferInnen nicht abzuschrecken? Eine Enttäuschung ist dann natürlich vorprogrammiert, was bei dem Preis für das Hardcover auch nicht überrascht.

Ich hatte das Glück über ‚vorablesen‘ ein Softcover zum Rezensieren zu bekommen. Und so ist es bei mir doch noch ein schönes Wiedersehen mit Asterix und Obelix geworden!