Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Lunamonique
Wohnort: 
Bremen

Bewertungen

Insgesamt 416 Bewertungen
Bewertung vom 15.02.2021
Der andere Sohn / Karlstad-Krimi Bd.1
Mohlin, Peter;Nyström, Peter

Der andere Sohn / Karlstad-Krimi Bd.1


ausgezeichnet

„Der andere Sohn“ bildet den Auftakt zur Karlstad-Krimireihe vom Autorenduo Peter Mohlin und Peter Nyström. Das Debüt der besten Freunde spielt in ihrem Heimatort Karlstad in Schweden.

„Vor zehn Jahren ist in der schwedischen Kleinstadt Karlstad eine junge Frau spurlos verschwunden. Ihre Leiche blieb verschollen, den einzigen Verdächtigen Billy musste man laufen lassen. Doch die Tat ist nie vergessen worden, die Schuldzuweisungen sind nie verstummt. Nun wird der Cold Case neu aufgerollt.“

Der direkte Einstieg mit rätselhaften Geschehnissen und einer ansteigenden Gefahr ist sehr gelungen. Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt. Die Eltern der vermissten Emelie Heimer und Sissela gehen mit der bedrückenden Ungewissheit und Trauer unterschiedlich um. Längst hat sich ein Keil zwischen sie geschoben. Der verdeckte Ermittler und FBI-Agent John Adderley trifft eine selbstmörderische Entscheidung, um ins Cold-Case-Team aufgenommen zu werden. Seine persönliche Verwicklung im Vermisstenfall sorgt für zusätzliche Spannung. Was ist damals geschehen? Wer ist der Täter? Die Fragen bilden den roten Faden der Geschichte. Emelie hatte ihre Geheimnisse und wenig von sich preisgegeben. Die Ermittlungen erweisen sich damals wie heute als schwierig. Johns Recherche ist unvoreingenommener. Er hat damit und auch aufgrund seiner Erfahrungen entscheidende Vorteile. John Adderley ist eine interessante Hauptfigur mit Stärken aber auch Schwächen. Ein Traumata macht ihm zu schaffen. Er eckt gerne mit seinen eigenwilligen Ermittlungen und Alleingängen an. Zwei Frauen bilden in dieser Geschichte einen ebenbürtigen Gegenpol mit ihrer scharfsinnigen und direkten Art. Wer hat etwas zu verbergen? Das Undurchsichtige, Rätselhafte und mögliche Gegenspieler und Verfolger sorgen für Spannung. Eine Freundschaft berührt. Dramatische Wendungen sind gut inszeniert. Es lässt sich nur wenig vorausahnen. Der Plot hat Raffinesse. Im letzten Buchdrittel zieht das Tempo an. Wer ist einen Schritt voraus? Schicksale erschüttern. John muss sich seinen eigenen Dämonen stellen. Ein fesselnder Krimi bis zum Schluss.

Cover und Titel wecken die Neugierde und stimmen auf eine packende Geschichte ein. Das Autorenduo fällt mit großer Schrift ins Auge. „Der andere Sohn“ überrascht mit einem geheimnisvollen Fall und Verstrickungen und entwickelt sich schnell zum Pageturner. Ein sehr gelungenes Debüt, das die Vorfreude auf Band 2 schürt.

Bewertung vom 09.02.2021
Das Leben braucht mehr Schokoguss
Lindberg, Ella

Das Leben braucht mehr Schokoguss


sehr gut

In „Das Leben braucht mehr Schokoguss“ von Ella Lindberg verändert ein Praktikum Mias Leben. Ella Lindberg ist das Pseudonym von Mara Winter. Von ihr stammen u.a. „Das Glück fällt wohin es will“, „Glitzerkram“ und „Das geheime Kapitel“.

Mia hat ein Praktikum in einer Schweizer Schokoladen-Manufaktur ergattert. Dummerweise gibt es gleich am ersten Tag Missverständnisse. Den Sprung ins kalte Wasser meistert sie besser als gedacht. Nur der gutaussehende Juniorchef macht sie zunehmend nervös.

„Für alle, die ein paar tröstliche Worte, eine Umarmung oder eine Tasse heiße Schokolade brauchen.“ Mit wenige Worten wird ein breites Lesepublikum angesprochen. Anfangs stiehlt eine resolute Sitznachbarin im Flugzeug der Hauptfigur ein bisschen die Show. Mit Mias Hang zu katastrophalen Improvisationen steigt der Unterhaltungswert. Originell ist die Schokoladen-Manufaktur mit Laden und Café als Kulisse für eine Liebesgeschichte. Eine Verwechslung fordert Mia heraus, die sich gar nicht so schlecht schlägt. Ihr Ideenreichtum kollidiert ab und zu mit den besonderen Umständen. Fettnäpfchen pflastern nicht selten ihren Weg. Der Humor nimmt zu und gibt der Geschichte einen pfiffigen Anstrich. Mia hilft Juniorchef Fabian aus einer Patsche. Die beiden verstricken sich in einem einsturzgefährdeten Lügengebilde. Wie kommen sie da wieder raus? Es geht nicht weniger, als um die Rettung der Schokoladen-Manufaktur und um eine Großmutter, die mehr auf Zack ist als alle denken. Elisabeth ist ein Highlight, genau wie Maja aus dem Café. So ganz nebenbei hat die Geschichte ein paar Lebensratschläge parat. Immer mal wieder die Perspektive ändern kann hilfreich sein. Mia macht es vor. Manchmal steht selbst sie auf dem Schlauch. Anderen kann sie viel leichter helfen als sich selbst. Mit ihr geht eine Veränderung vor sich. Sie wird selbstbewusster und erkennt ihre Stärken. Eine liebenswerte, leicht chaotische Person, die ihren Beliebtheitsgrad im näheren Umfeld steigert. Bridget Jones lässt grüßen. Wer Fan der Filme ist, wird auch Mias Schoko-Abenteuer lieben. Im letzten Buchdrittel kommt der Humor aus Wendungs-Gründen zu kurz. Missverständnisse, Irrungen und Wirrungen werden etwas zu sehr ausgereizt. Die Idee fürs Ende tröstet, auch wenn reichlich Zuckerguss ausgeschüttet wird.

Das Cover setzt zurecht auf den Titel, der nicht nur Frauenherzen höher schlagen lässt. „Das Leben braucht mehr Schokoguss“, das ist eindeutig wahr. Eine warmherzige Liebesgeschichte nicht nur für Bridget-Jones-Fans, sondern für alle, die mal wieder schmunzeln und lachen möchten. Vorurteilen wird der Kampf angesagt. „Vielleicht war es auch einfach nur ein dummes Vorurteil, und vielleicht muss man von Zeit zu Zeit mal seine Glühbirnen austauschen.“ Kein schlechter Rat!

Bewertung vom 01.02.2021
Von riesengroß bis klitzeklein
Klee , Julia

Von riesengroß bis klitzeklein


gut

„Von riesengroß bis klitzeklein“ - Ein Zoom-Bilderbuch“ von Sabine Rothmund lädt kleine und große Betrachter auf eine ungewöhnliche Reise ein.

„Zoom dich vom Wiesenblümchen bis ins Weltall ... und erlebe eine Geschichte voller überraschender Wendungen! Mit diesem Bilderbuch können Klein und Groß die Welt aus einer ganz neuen Perspektive betrachten! Wie durch eine Kamera, die immer weiter weg zoomt, gibt es auf jeder Seite so viel zu entdecken.“

Die Cover-Illustration zieht alle Blicke aufs Bilderbuch. Tierische Akteure stimmen auf eine ungewöhnliche Reise ein. Die Erwartungen schnellen hoch. Kunterbunt geht es auf der ersten Doppelseite zu. Ganz nah ist die Wildblumenwiese mit ihren Bewohnern. Gerne hätten es noch mehr Insekten sein können. Nur vier ziehen mit samt der Blumen die Blicke auf sich. Unerwartet sind die Verbindungen zwischen den einzelnen Doppelbildern. Es geht um den Natur- und Umweltschutz und das weltweite Müllproblem. Im Fokus stehen die großen Illustrationen. Der Text ist kurz und kindgerecht gehalten und stammt von Julia Klee. Mit einer Kuh beginnt eine ungewöhnliche Reise. So mancher Meeresbewohner wundert sich über den Müll, der ihnen in die Quere schwimmt. Das Bilderbuch ist für Kinder ab 5 Jahren gedacht und bringt ein Problem auf sanfte Weise auf den Punkt. Was fehlt ist der Humor vom Cover. Der Zoom-Effekt hat Überraschungen parat. Die Geschichte ist zu kurz geraten und hätte gerne noch den ein oder anderen Zauber parat haben können. Schön ist die Idee mit der Luftpost am Ende, auch wenn ein Luftballon nicht besonders umweltfreundlich ist. Die Giraffen sind sehr gelungen, und ihr Staunen steckt an. Auf den letzten Doppelseiten entwickeln die Botschaften des Buches nochmals Intensität. Fridays for Future weckt Impulse. Mitmachen kann jeder. Der Blick für den Reichtum der Natur wird geschärft. Die Idee zum Bilderbuch mit dem Zoom-Effekt ist originell. Es hätte sehr gerne noch mehr erzählt und gezeigt werden können. Kinder ab 5 Jahren haben vielleicht höhere Ansprüche an Unterhaltungswert und Umfang.

Die hohen Erwartungen an das Bilderbuch für die ganze Familie werden nicht ganz erfüllt. Die Illustrationen sind sehr gelungen. Der Text erzählt die Geschichte sehr treffend. Immer mehr von dem was eigentlich geschieht wird anhand der Zeichnungen offenbart. Ein warmherziges Abenteuer, das noch mehr als 48 Seiten verdient hätte.

Bewertung vom 26.01.2021
Sprich mit mir
Boyle, T. C.

Sprich mit mir


ausgezeichnet

„Sprich mit mir“ von Kultautor T.C. Boyle spielt Ende der 1970er Jahre und befasst sich mit den Themen „Primatenforschung“ und „Wildtiere in Gefangenschaft“.

In der Gameshow „Sag die Wahrheit“ sieht Studentin Aimee Villard Professor Dr. Guy Schermerhorn und Schimpanse Sam, der sich mit Gebärdensprache verständigen kann. Sie ist fasziniert und bewirbt sich als studentische Hilfskraft.

„Und was, wenn es wirklich möglich war, mit Angehörigen einer anderen Spezies zu kommunizieren, sich mit ihnen zu unterhalten, anstatt ihnen zu befehlen und sie abzurichten wie Papageien, die nur wiedergaben, was man ihnen beigebracht hatte?“ Schimpanse Sam fühlt sich als Mensch, liebt sein Zuhause und hat einen Lieblingsmensch. Als Melanie Guy und Sam verlässt, gerät der Schimpanse außer Rand und Band. Aimee wird für die Beiden zum Rettungsanker. Schimpanse Sam erobert auch die Leserherzen im Sturm. Er ist klug, erkennt Zusammenhänge, schmiedet Pläne, liebt es zu kuscheln und zu spielen und verströmt eine unbändige Lebensfreude. Er kann sich verständigen, seine Wünsche äußern und zeigt seine Emotionen ungefiltert. Perspektivwechsel ermöglichen den Blick auf die Ereignisse von mehreren Seiten. Die Wende erschüttert. Wie konnte es so weit kommen? Zwei Handlungsstränge, Gegenwart und Zukunft, laufen neben einander her und erhöhen die Intensität. Die Geschichte schafft es, ohne erhobenen Zeigefinger auszukommen und rüttelt durch den Erzählstil und Sams Gefühle wie Angst und Verzweiflung dermaßen auf. Vieles im Umgang mit Tieren wird in Frage gestellt. Auch die Vermenschlichung wird auf die Schippe genommen. Tatsächlich ist der Affe der bessere Mensch. „Wenn Schimpansen intellektuell und emotional auf dem Niveau dreieinhalb- bis vierjähriger Kinder waren, dann war es doch mehr als grausam, sie einzusperren.“ Das Thema „(Wild)Tiere in Gefangenschaft“, ob für Forschung oder andere Zwecke, berührt. Sam steht stellvertretend für viele Schicksale. Er muss erkennen, dass Menschen, die er liebt, ihn verraten. Packend und fesselnd bis zum Schluss. Das Ende rührt zu Tränen.

Das Cover setzt den Inhalt mit wenigen, aber eindringlichen Mitteln in Szene. Der Titel hat Ausdruckskraft und stimmt auf eine emotionale Geschichte ein. „Sprich mit mir“ übertrifft alle Erwartungen. Alle Charaktere, besonders Sam, wirken sehr real und greifbar. Sein Schicksal lässt einen nicht mehr los. Ein aufrüttelndes Buch, das hoffentlich Wandel und Veränderungen anregt und zum entschlossenen Handeln animiert. Was gibt uns Menschen das Recht, Tiere zu benutzen, zu manipulieren, ihnen Schmerzen und Leid zu zu fügen?

Bewertung vom 13.01.2021
Ohne Schuld / Polizistin Kate Linville Bd.3
Link, Charlotte

Ohne Schuld / Polizistin Kate Linville Bd.3


ausgezeichnet

„Ohne Schuld“ ist Band 3 der Kate-Linville-Krimireihe von Autorin Charlotte Link. Nach Band 1 „Die Betrogene“ und Band 2 „Die Suche“ muss Polizistin Kate ein besonders kniffeliges Rätsel lösen.

Detective Sergeant Kate Linville wird in einen mysteriösen Fall verwickelt. Auf ihren zukünftigen Vorgesetzten Detective Chief Inspector Caleb Hale kann sie nicht zählen. Der sitzt selbst in der Patsche und hat mit den Auswirkungen eines tragischen Falls zu kämpfen.

Das Thema „Angst“ steht im Zentrum des Krimis. Der Einstieg mit einer Zeugin ist sehr gelungen. Ein Zeitsprung untermalt das Rätselhafte. Bedrohungen steigern die Spannung. Bald ist Kate auf sich allein gestellt. Hobbydetektiv Colin mischt sich mehr ein als Kate lieb ist. Das erwartete Team Kate und Caleb wird auseinandergerissen. Caleb avanciert zur Randfigur. Wird er noch eine wichtige Rolle spielen? Die Ereignisse überschlagen sich. Es scheint keine Überschneidungen zwischen den Fällen zu geben, und doch muss da es etwas sein, was alles miteinander verbindet. Das Undurchsichtige wird sehr gut ausgespielt. Der Plot ist faszinierend raffiniert gestrickt. Die Spannung bleibt auf einem hohen Niveau. Kate und ihr neuer Chef tappen im Dunkeln. Immer wieder enden die Ermittlungen in Sackgassen. Der Täter ist clever, eiskalt und ihnen immer einen Schritt voraus. Spekulationen werden angeheizt. Es lässt sich nichts vorausahnen. Lügen und Geheimnisse, wer kennt die Wahrheit? Es fällt leicht mitzufiebern. Alle Charaktere wirken sehr real. Die Geschichte wird packend und filmreif erzählt. Nur ganz langsam lösen sich die Verstrickungen auf. Überraschungen und Wendungen sind perfekt in Szene gesetzt. Die Kaltblütigkeit des Täters sorgt oft für Gänsehaut. Bald ziehen sich die Schlingen zu, und es scheint kein Entrinnen zu geben. Mit der Aussichtslosigkeit steigt die Spannung. Ein Wettrennen gegen die Zeit beginnt. Jeder kleinste Fehler kann den Tod bedeuten. Bis zum Schluss Hochspannung pur! Auch die letzten Schachzüge sind sehr gelungen. Eine Auflösung fehlt. Geht es damit in Band 4 weiter?

Der Titel setzt den Inhalt perfekt in Szene. Die düstere Atmosphäre stimmt auf eine fesselnde Geschichte ein. „Ohne Schuld“ toppt die hohen Erwartungen und spielt in einer eigenen Liga. Sehr empfehlenswert für alle Krimi- und Thrillerfans!

Bewertung vom 28.12.2020
Leichenblume / Heloise Kaldan Bd.1
Hancock, Anne Mette

Leichenblume / Heloise Kaldan Bd.1


gut

„Leichenblume“ ist das Crime-Debüt der skandinavischen Autorin Anne Mette Hancock und bildet den Auftakt zur Thrillerreihe um die Kopenhagener Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan. Der erste Fall wurde mit dem dänischen Krimi-Preis ausgezeichnet. Der zweite Band „Narbenherz“ erscheint im Sommer 2021.

Bei der Recherche zu einem Skandal-Artikel sind Journalistin Heloise Kaldan erhebliche Fehler passiert. Ihr Job steht auf der Kippe. Heloise erhält einen rätselhaften Brief, der einen alten Mordfall wieder hochkochen lässt. Die Verdächtige ist seither auf der Flucht und weiß persönliche Informationen über Heloise. Was steckt hinter der lauernden Bedrohung?

Anna ist eine undurchsichtige Mordverdächtige und bildet den roten Faden des Thrillers. Bald steht die Schuld in Frage. Sie hatte kein Motiv. Spekulationen werden in Gang gesetzt. Der Erzählstil überzeugt mit detailreichen Beschreibungen, die Bilder im Kopf entstehen lassen. Perspektivwechsel untermalen das Mysteriöse erhöhen aber nicht die Spannung. Die Charaktere einschließlich der Hauptfigur bleiben sehr blass. Heloise ist in ihrer Beziehung hin und hergerissen zwischen Misstrauen und Vertrauen. Weiß sie über ihren Freund Martin Duvall zu wenig? Hat er sie benutzt? Es bleibt nicht bei einem Brief. Heloise ist nicht nur auf der Jagd nach den Hintergründen sondern wittert eine große Story. Eine Journalistin als Ermittlerin bietet eigentlich Zündstoff. Bald ist Kriminalhauptkommissar Erik Schäfer aber auf ihrer Seite. Effekte bleiben aus. Eine Wendung erzeugt nicht die erwartete Intensität. Heloise tritt den falschen Leuten auf den Füßen und gerät in Lebensgefahr. Das Rätselhafte um die Briefe mit den seltsamen Botschaften geht nicht auf. Es zieht sich zu lange hin, und es fehlt an Anreizen mitzuraten und mitzufiebern. Ahnungen bremsen die Spannung aus. Es wird zu viel in eine Richtung verwiesen. Der Überraschungseffekt bleibt völlig auf der Strecke. Es fehlt eine Leser-Verbindung zu den entscheidenden Charakteren. Eine mögliche Wucht der Ereignisse überträgt sich gar nicht erst. Ein eigentlich interessantes Detail wird nicht stimmig verwoben. Warum warnt Kriminalkommissar Erik Schäfer mit seinen Prognosen Verdächtige vor? So ist die Übermacht der anderen Seite schon fast peinlich. Nicht die einzige seltsame Herangehensweise. Auch die Auflösung zum Ende will nicht überzeugen. Im Nachhinein ergeben die mysteriösen Briefe wenig Sinn. Der Plot ist nicht raffiniert gestrickt und hat zu viele Mankos.

Das Cover spielt auf den Handlungsort an und setzt den Titel nicht entsprechend in Szene. Mit der rätselhaften Bezeichnung ist das Interesse geweckt. „Leichenblume“ enttäuscht die hohen Erwartungen. Noch fehlt es den Charakteren an Persönlichkeit und Tiefe. Der Fall hat zu wenig Tempo und keine wirklich packenden Szenen parat. Für die nächsten Bände bleibt noch viel Luft nach oben.

Bewertung vom 23.12.2020
Eine Frau, ein Plan
Musk, Maye

Eine Frau, ein Plan


gut

In „Eine Frau, ein Plan - Ein Leben voller Risiko, Schönheit und Erfolg“ erzählt Fotomodell, Ernährungsberaterin, Referentin und Autorin Maye Musk aus ihrem Leben. Mit 69 Jahren wurde sie als bisher ältestes Model von der US-amerikanischen Kosmetikmarke CoverGirl für eine Kampagne engagiert.

„Was ist Ihr Erfolgsrezept, Maye Musk? Sie ist internationales Supermodel, weltweit gefragte Keynote-Speakerin und angesehene Ernährungs-Beraterin - und das im Alter von 72 Jahren. Maye Musk beweist: Frau ist nie zu alt für etwas Neues. Alles, was dafür nötig ist, ist ein Plan.“

Die Entdeckerleidenschaft und Abenteuerlust der Eltern, ihre unbeschwerte Art mit Herausforderungen umzugehen, haben Maye Musk in ihrer Kindheit geprägt. Das Familienmotto „Lebe gefährlich aber mit Bedacht“ zeigte sich besonders bei den regelmäßigen Famlienreisen in der Kalahari-Wüste. Zwar war die Suche des Vaters nach der verlorenen Stadt erfolglos, aber seine fünf Kinder haben fürs Leben gelernt. Maye Musk erzählt nicht nur von ihren Erfolgen sondern auch von falschen Entscheidungen, Demütigungen und Erniedrigungen in einer schrecklichen Ehe und dem neuen Erstarken ihrer Persönlichkeit. Sie schwärmt von ihren drei Kindern, allesamt beeindruckende Unternehmerpersönlichkeiten, und gibt Tipps und Ratschläge für ein erfolgreiches und glückliches Leben. „Vielleicht müssen Sie einschneidende Veränderungen in Angriff nehmen, wenn Ihr Selbstbewusstsein einen Knacks abbekommen hat, aber sich die ganze Zeit nur schlecht fühlen, ist doch kein Leben. Umgeben Sie sich mit Ihrer Familie und mit Freunden und Kollegen., die Sie so nehmen wie sie sind, und schreiten Sie aufrecht und selbstbewusst durchs Leben.“ Die Autobiografie ist nicht stringent aufgebaut sondern widmet sich in fünf Teilen „Schönheit, Abenteuer, Familie, Erfolg und Gesundheit“ Lebensstationen und Lebensorten. Fotos gewähren Einblicke ins Familienleben und untermalen die Lebensgeschichte einer faszinierenden Frau mit positiver Ausstrahlung. Die Tipps und Ratschläge sind nicht neu, erinnern aber daran was im Leben wichtig ist und regen zum Nachdenken an. Es gilt, sich vom Alter keine Grenzen setzen zu lassen und weiterhin Möglichkeiten und Chancen auszuloten und zu ergreifen.

Das Cover zeigt eine attraktive Frau, die ihren Stil gefunden hat und anderen Mut machen möchte, sich nicht bei Wünschen und Zielen ausbremsen zu lassen. „Eine Frau, ein Plan - Ein Leben voller Risiko, Schönheit und Erfolg“ ist eine kurzweilige Lektüre, die nicht ganz die Erwartungen erfüllt, aber persönliche und hilfreiche Einblicke gewährt. Es geht darum, seinen eigenen Weg zu finden. „Ganz gleich wie groß oder klein die Chance, die sich Ihnen bietet, ist, irgendjemand wird immer ein Gegenargument haben. Aber denken Sie vor allem darüber nach, was Sie glücklich macht. Versuchen Sie, sich im Leben so viele Türen wie möglich zu öffnen, denn von Dingen, die Sie nie ausprobieren, werden Sie nie wissen, wie sie wirklich sind.“ Solche Zitate und die persönliche Ansprache machen das Buch aus und wecken die eigene Abenteuerlust.

Bewertung vom 17.12.2020
Elchtage
Klingenberg, Malin

Elchtage


ausgezeichnet

„Elchtage“ ist das erste Jugendbuch von Autorin Malin Klingenberg. Eine Außenseiterin findet ihren Weg.

Am Schulanfang nach den Sommerferien beschließt Johannas beste Freundin Sandra lieber zur In-Clique der Schule zählen zu wollen. Schulschwarm Sebastian bildet den Mittelpunkt des Interesses. Johanna kann über das seltsame Verhalten der Mädels nur den Kopf schütteln.

Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive aus Sicht von Johanna erzählt. Anders als erwartet geht die 13jährige Johanna sehr selbstbewusst mit der neuen Situation um. Sie hat eine starke Persönlichkeit und wirkt mit ihrer Liebe zur Natur und Tierwelt sehr sympathisch. Das gekünstelte Verhalten der Anderen, die schmachtenden Blicke bezüglich Sebastian stoßen bei ihr auf Unverständnis. Originell ist die Idee mit der selbstgebauten Hütte im Wald als Treffpunkt. Ein Sehnsuchtsort nicht nur für Teenager. Sebastian hat Klasse und besondere Interessen. Nähern sich die Beiden an? Bald macht Johanna eine neue Bekanntschaft, die die Geschichte mehr in Fahrt bringt. Sie trifft auf einen Seelenverwandten und hat eine ungewöhnliche Begegnung am See. Der Titel ist Programm, auch zwei Elche spielen eine Rolle. Die sanfte Annäherung zu den Tieren begeistert. Bilder entstehen im Kopf. Die Geschichte wirkt sehr lebendig. Johanna zieht mit einer offensichtlichen Entwicklung den Neid der Clique auf sich. Wird sich Sandra eingestehen, dass sie einen Fehler macht? Kurze Kapitel sorgen für einen guten Lesefluss. Das Abenteuer reißt mit. Humor fließt mit ein. Eine gemeinsame Vorliebe hat viel Herz. Mit einer kniffeligen Situation kommt Spannung auf. Die Themen „Erste große Liebe und echte Freundschaft“ werden in eine warmherzige, Mut machende Geschichte verpackt. Johanna wird zur Identifikationsfigur und weiß sich zu behaupten. Ihre Familie, Tierliebe und ihr Erfindungsgeist geben ihr Halt. Sie baut sich ein neues Umfeld auf, das zu ihr steht und weist so Lesern ab 11 Jahren ihren Weg. Viel zu schnell und abrupt kommt das Ende. Ein paar Seiten mehr hätten diesen Eindruck abmildern können.

Die Coverszene fängt den Zauber der Geschichte ein. Die Illustration zieht alle Blicke aufs Buch. Der Titel hat Humor und fasst das ungewöhnliche Abenteuer perfekt zusammen. „Elchtage“ übertrifft die Erwartungen mit besonderen Freundschaften und einer aufflammenden Liebe. Das Thema „Tierschutz“ wird facettenreich beleuchtet. Besonders für tierliebe Mädchen und die ganze Familie ein mitreißendes Leseabenteuer.

Bewertung vom 09.12.2020
Grace. Das Mädchen mit den weißen Handschuhen
Maher, Kerri

Grace. Das Mädchen mit den weißen Handschuhen


gut

In „Grace – Das Mädchen mit den weißen Handschuhen“ von Autorin Kerri Maher träumt eine junge Frau von Unabhängigkeit, Liebe, Anerkennung und einer Theaterkarriere am Broadway.

„Kerri Maher erzählt die Geschichte von Grace, die gegen den Willen der katholisch-konservativen Eltern nach New York ging, um Schauspielerin zu werden, und die sich in der männlich-dominierten Filmwelt behaupten musste für ihre Träume und ihre Freiheit ...“

Das Leben von Grace Kelly umgibt einen besonderen Zauber. Autorin Kerri Maher versucht der Persönlichkeit auf den Grund zu gehen und erzeugt das Bild einer eher unglücklichen, zerrissenen Frau, deren Träume und Wünsche an der Wirklichkeit scheitern. Rückblicke spannen einen Bogen zu der jungen Grace, die ehrgeizig ihre Pläne verfolgt, am Theater Fuß zu fassen und die Filmwelt für sich entdeckt. Graces entwickelt früh eine sehnsuchtsvolle Liebe zum Theater. Sie arbeitet als Fotomodell. Ihr Weg zum Erfolg ist steinig. Über lange Strecken überzeugt die Geschichte nur mit den Theater- und Filmstationen. Die Hauptfigur Grace Kelly ist wenig greifbar. Grace hat stets mit Selbstzweifeln zu kämpfen, muss sich behaupten, um die Anerkennung der Eltern buhlen. Sie stößt auf Widerstände und Unverständnis. Auch in der Liebe findet sie selten Halt. Intensiver wird die Atmosphäre als Grace Fürst Rainer kennenlernt. Mit dem Stilmittel „Brief“ wird die Annäherung der Beiden untermalt. Die Szenen wirken realer. Grace und Rainer entdecken Gemeinsamkeiten. Sie fühlt sich immer mehr zu ihm hingezogen. Der Weg bis zur Fürstin wird interessant erzählt. Es entsteht mehr Nähe zur Hauptfigur, die sich nach der zu kurz abgehandelten Hochzeit wieder verliert. Das Leben der Schauspielerin und Fürstin wird zu schwarz-weiß gemalt. Die permanenten Seitenhiebe gegen ihre Eltern und Rainer verderben den Unterhaltungswert. Besonders schlecht kommen Vater und Ehemann weg. Hinweise zu den Buchrecherchen lassen sich im Nachwort finden. Nicht alle aufkommenden Fragen werden beantwortet. Der Roman ist Fiktion und schafft es nicht der faszinierenden, warmherzigen und engagierten Grace Kelly gerecht zu werden.

Cover und Titel wecken die Neugierde auf die Geschichte um Grace Kelly. Der Name „Grace“ hat viel Anziehungskraft. „Grace – Das Mädchen mit den weißen Handschuhen“ enttäuscht mit einer negativen Grundstimmung. Es wird nicht erklärt, woher die Informationen zu Grace unglücklicher Gefühlslage und der erkalteten Liebe stammen. Der Fokus liegt zu sehr auf Leid und Frust. Das Glück nimmt sehr wenig Raum ein. Das Ende wird sehr theatralisch geschildert. Die Karrierestationen steigern den Wunsch, Grace Kelly auf der Bühne und im Film zu erleben und sich Hitchcockfilme mit ihr anzusehen.

Bewertung vom 29.11.2020
Fast ein neues Leben
Prizkau, Anna

Fast ein neues Leben


gut

„Fast ein neues Leben“ von Redakteurin und Autorin Anna Prizkau behandelt die Themen „Immigration und Integration“ auf eindringliche und ungewöhnliche Weise.

„Eine Familie kommt aus ihrem alten Land nach Deutschland. Dort passiert Unvorstellbares und Unverständliches - zumindest für die Tochter der Einwanderer. Sie, die Ich-Erzählerin, wächst auf im neuen Land, doch die Geschichten über das alte lassen sie nicht los. Sie wird erwachsen in dem Gefühl, immer eine Fremde zu bleiben, niemals dazuzugehören.“

Zwölf Erzählungen in der Ich-Perspektive gewähren Einblicke in die Gefühlswelt der namenlosen Hauptfigur. In „Thanky Panky“ und „Kleine verlorene Alla“ durchschaut die Hauptfigur mehr als die jeweiligen Betroffenen. Diese beiden Erzählungen haben trotz der Problematiken mehr Leichtigkeit als die nachfolgenden. Der Erzählstil ist nüchtern. Die spürbare Distanz und treffsichere Sprache sorgen für Intensität. Es geht um Liebe in ihren Facetten, Zuversicht und Hoffnung und unterschiedliche Perspektiven. Wahrheiten schmerzen und sind manchmal nicht erwünscht. In „Dramatikerin“ spielen Farblosigkeit und Tristesse eine Rolle. Beschreibungen wie „altes und neues Land“, „graues Zimmer“ und der Ordner „Kaputt“ stechen heraus. Mitgefühl kommt auf mit der Frau, die in dieser Trostlosigkeit und scheinbaren Aussichtslosigkeit feststeckt. Das offene Ende lässt Raum für Spekulationen. Jede Erzählung regt zum Nachdenken an. Das Unverständnis für fehlende Väter berührt. Das neue Land mit seinen Eigenarten und Regeln ist so seltsam. Die Geschichten vermitteln einen anderen Blick auf unseren Alltag, Lebenssituationen und Herausforderungen. In „Drei Mütter“ geht es um Schuld, Verrat, eine falsche Freundschaft, Manipulation, aber auch um auffällige, eigentlich banale Unmöglichkeiten. Anderssein trifft auf ungeahnte Widerstände. Das Unglück hat seinen variantenreichen Auftritt. Das Glück ist eher klein, zerbrechlich und wird tief erschütternd. Entscheidungen werden zum Balanceakt. Immer geht es auch ums Verschweigen, Verstecken, eine Fassade aufrechtzuerhalten, mit der alle leben können. Weinen findet im Verborgenen statt. Auch in den letzten Erzählungen stecken Schwermut, Verzweiflung und die Versuche einer Flucht, die am Ende auf irgendeine Weise scheitert.

Das Cover fällt mit der ungewöhnlichen Schwarz-Weiß-Gestaltung aus dem Rahmen und setzt damit Titel und Inhalt auf eigenwillige Art in Szene. „Fast ein neues Leben“ imponiert mit Sprache und Intensität, bringt aber auch mit der anhaltenden, ausufernden Schwermut an die Grenzen. Kein Buch für jemanden, der schon in angeschlagener Gemütslage ist und etwas zum Aufmuntern sucht. Literatur, die der Gesellschaft den Spiegel vorhält und den Finger in Wunden legt.