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brenda_wolf
Wohnort: 
Oberfranken

Bewertungen

Insgesamt 195 Bewertungen
Bewertung vom 22.03.2023
Wir hätten uns alles gesagt
Hermann, Judith

Wir hätten uns alles gesagt


ausgezeichnet

Vom Schweigen und Verschweigen

Judith Hermann gilt als eine der wichtigsten zeitgenössischen Autor:innen in Deutschland. In diesem poetischen Roman gewährt uns die Autorin Einblick in ihren Schaffensprozess.

Sie ist eines nachts mit einem Schriftstellerkollegen unterwegs, vor dem Spätkauf trifft sie auf ihren früheren Analytiker. Die Psychoanalyse liegt schon Jahre zurück, Sie hat ihm seither nicht wieder getroffen. In ihrem Erzählband ‚Lettipark‘ taucht er als Dr. Grupka auf. Sie folgt ihn in ein Lokal und es entspinnt sich eine Unterhaltung.

Judith Hermanns Sprache ist klar und präzise. In ‚Wir hätten uns alles gesagt‘ geht es um Freundschaften, Beziehungen und familiäre Bindungen. Es geht aber auch um Schweigen und Verschweigen im Schreiben, es geht um Eindrücke, Empfindungen, Gedanken, Ahnungen. Sie mischt Erfundenes mit Realem. So fragt sie sich, ist die Begegnung mit ihrem Psychoanalytiker wirklich passiert? Wie wichtig ist das überhaupt? Wieviel Biographie gibt sie Preis? Und was ist Fiktion?

Judith Hermann fängt mit ihrer poetischen Sprache ein Lebensgefühl ein. Es sind alltägliche Dinge, die sie beschreibt. Sie schreibt widersprüchlich. Es ist ein Spagat von: Was gebe ich preis und was verschweige ich. Und doch ist alles wahr.

Fazit: Eine persönliche Aufarbeitung ihrer Geschichte. Keine leichte Lektüre.

Bewertung vom 06.03.2023
Das Meer und ich
Randau, Tessa

Das Meer und ich


gut

Finde deine Lebensfreude

Tessau Randaus Bücher habe ich mich seit ihrem ersten Buch „Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich“ begeistert. Die Autorin ist Journalistin und Stress- und Burnout-Beraterin und trifft mit ihren inspirierenden Geschichten genau auf den Punkt.

Das schmale Büchlein ist hübsch gestaltet und wirkt mit seiner goldenen Schrift auf dem Cover sehr hochwertig. Man nimmt es gerne zur Hand. Auch im Innern finden sich ansprechende Zeichnungen. Aber leider bin ich diesmal vom Inhalt enttäuscht. Ich hatte mir mehr erwartet. „Das Meer und ich“ schaffte es nicht, mich mit auf die Reise nehmen. Die Erzählung von der Frau, die sich auf der Insel eine Auszeit vom Alltag gönnen möchte und die, die Lebenskünstlerin Lena kennenlernt, hat mich tatsächlich nicht gepackt. Die Geschichte lässt sich leicht lesen. Doch gelang es mir nicht, weder zu Lena noch zu der Frau, eine echte Verbindung aufzubauen.

Intention des Büchleins ist es, einen neuen Blickwinkel zu gewinnen. Grundtenor ist, dass es sinnlos ist, sich über Dinge zu ärgern, die nicht zu ändern sind und dass es immens wichtig ist, alte Gedankenmuster zu überdenken sich und seinen Körper zu akzeptieren und Dankbarkeit im Leben zu erlangen.

Vielleicht bin ich auch ein zu glücklicher Mensch, dass ich dem Stoff nichts abgewinnen konnte.

Albert Einsteins Zitat: ‚Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert,‘ sollte uns zu denken geben.

Fazt: Ein leicht und flüssig lesbares Büchlein mit wertvoller Botschaft.

Bewertung vom 27.02.2023
Roxy
Bülow, Johann von

Roxy


gut

Jugendfreundschaft

Marc Berger lebt in Berlin. Jetzt ist er unterwegs nach München. Zur Beerdigung seines einst besten Freundes. Roy, der Unternehmersohn hatte alles, ihm standen sämtliche Möglichkeiten offen, während Marc in eher kleinbürgerlichen Verhältnissen aufwuchs, wobei seine Großmutter mütterlicherseits eine echte Baronin war. Marc erinnert sich an schöne und weniger schöne Erlebnisse mit Roy, der angeblich gerne mit ihm getauscht hätte. Sie hatten Träume. In der Edeldisco «Roxy» wurde gefeiert und abgehangen, es traf sich dort die gesamt Glamourwelt. Und doch gab es eine Rivalität zwischen ihnen. Wer macht das Rennen um Carolin?. Schließlich kam es zum Bruch.

Das Buch erzählt in Rückblenden aus der Perspektive von Marc, die Geschichte ihrer Freundschaft. Sie spielt sich in den 80er Jahren ab. Man merkt ziemlich bald, dass es eine Weile her ist, dass die beiden sich gesehen haben, und irgendetwas ist mit dieser Freundschaft passiert. Roy war der lässige Typ, er konnte sich in Ideen verrennen, verlor aber auch sehr schnell wieder die Lust an allem. Er gab vor, alle zu durchschauen, war ein Zyniker. Mir war er nicht sympathisch. Ein Snob. Und Marc? Ein für mich eher blasser Charakter.

Ich muss gestehen, ich bin mit keinem der Protagonisten warm geworden. Die Geschichte hatte auch etliche Längen. Aufschlussreich fand ich allerdings das Gleichnis auf den Seiten 66 und 67 vom armen und reichen Mann, die am Himmelstor von Petrus nach ihrem Wunsch gefragt werden.

Leider hat mich der Debütroman von Johann von Bülow nicht völlig überzeugt.

Bewertung vom 21.02.2023
Meine Bar in Italien
Maiwald, Stefan

Meine Bar in Italien


sehr gut

Italienisches Dolce Vita

In seinem Buch ‚Meine Bar in Italien‘ stellt der Autor Stefan Maiwald die Bar und die Menschen seines Stammlokals vor. Wir lesen von der italienischen Lebenseinstellung, dem Dolce Vita, dem Geheimnis des italienischen Lebensstils.

Zitat : Das Besondere wartet immer dort, wo wir es am wenigsten vermuten.

Der Autor lebt in Grado einem idyllischen Küstenort mit einer umgebenden Lagune mit vielen kleinen Inseln. Ein Traum. Wer möchte hier nicht stressfrei leben? Die Menschen hier lieben den Müßiggang und das Vergnügen, einen guten Wein, ein leckeres Essen. Arbeit muss man nicht mögen, sie ist nun mal nötig, um sich ein gutes Leben leisten zu können. Aber bloß keinen falschen Ehrgeiz. Der Autor schreibt vom Glück der Genügsamkeit, mit der der Mensch Freiheit erlangt und mehr Leben gewinnt. ‚Genügsamkeit ist eine Tugend, die sich zu entdecken lohnt. Sie vereinfacht das Leben‘, schreibt der Autor. Warum nicht aus dem Hamsterrad ausbrechen? Was hindert uns?

Das Büchlein bringt uns die italienische Lebensphilosophie näher. Zum Schluss gibt uns der Autor die Quintessenz seines Büchleins mit auf den Weg, sowie die 25 Dinge, die er in Italien gelernt hat. Stefan Maiwald schreibt unterhaltsam und witzig. Es weht ein spürbar italienisches Lüftchen durch diesen schmalen Band.

Tja, was halte ich nun davon? Ein bisschen bin ich enttäuscht. Ich hatte mir mehr erwartet. Denn eigentlich lebe ich auch hier im Fichtelgebirge schon dieses Leben. Ein anderer Ort, aber mit tollen und Menschen und Charakteren.
Fazit: Für Menschen, die sich nach einem entspannten Leben sehnen.

Bewertung vom 03.02.2023
Frankie
Köhlmeier, Michael

Frankie


ausgezeichnet

Ein harter Hund

Frank Thaler ist vierzehn Jahre alt. Er lebt mit seiner Mutter allein, sein Vater hat die Familie schon verlassen, als er noch ein Kleinkind war. Frank kocht gern und liebt die gemeinsamen Abende mit seiner Mutter. Bislang wusste er nicht mal, dass er einen Großvater hat. Jetzt holt er mit seiner Mutter diesem Mann vom Gefängnis ab. Der 71-jährige Großvater hatte achtzehn Jahre gesessen, wobei ihm zwei Jahre erlassen wurden, wegen guter Führung. Aber insgesamt saß er bereits sechsundzwanzig Jahre seines Lebens. Er ist ein harter Hund. Wegen welcher Verbrechen er einsitzen musste, erfährt Frank weder von seiner Mutter noch von seinem Großvater. Frank spürt die Angst seiner Mutter vor diesem kalten, zynischen Mann. Und doch geht für Frank von diesem schwerkriminellen Großvater eine Faszination aus.

Es ist eine düstere Geschichte mit unglaublicher Sogwirkung. Michael Köhlmeier versteht es seine Leser in die Geschichte reinzuziehen. Sein Schreibstil ist leicht lesbar und doch verursacht sie Gänsehaut und Herzklopfen. Die Protagonisten sind unwahrscheinlich gut gezeichnet. Dieser emotionslose Mensch stand mir so deutlich vor Augen. Er machte mir Angst. Dieser Mann ist kein kuschliger Opa. Er muss schon einiges auf dem Kerbholz haben. Grundlos sitzt niemand eine so lange Haftstrafe ab. Ich bewunderte Frank, wie er es dennoch schaffte Zugang zu ihm zu finden. Und genau das hätte nie passieren dürfen. Vor solchen Menschen hält man sich fern. Die ängstliche Mutter hatte Frank vor dem Kontakt zu ihrem Vater gewarnt. Sie hält ihn für ein gefährliches Tier, sie kennt seine Untiefen.

Die Geschichte wird aus Franks Perspektive erzählt. Das Ende hatte ich so nicht erwartet. Ich blieb zum Schluss ziemlich verstört zurück.

Fazit: Eine perfekt erzählte Geschichte über die Frage nach Verantwortung und Schuld. Ein absolutes Lese-Highlight.

Bewertung vom 18.01.2023
Das glückliche Geheimnis
Geiger, Arno

Das glückliche Geheimnis


ausgezeichnet

Farbigkeit des Lebens

Geheimnisse haben für Außenstehende immer was Spannendes. Aber in der Regel sind persönliche Geheimnisse eher belastend. Niemand soll davon erfahren. Um so ein Geheimnis handelt es sich hier. Und doch ist es ein glückliches Geheimnis.

Arno Geiger legt hier einen sehr persönlichen autobiografischen Roman vor, in dem er bewusst die Ich-Form gewählt hat. Er erzählt aus seiner Anfangszeit als Schriftsteller. Selbst nach der ersten Veröffentlichung war ihm nicht der große Erfolg vergönnt. Geigers Buch erzählt von den Höhen und Tiefen einer Autorenkarriere. Ein Schriftstellerleben kann hart sein. Irgendwie muss man überleben, von irgendwas seinen Lebensunterhalt bestreiten. Der Autor erzählt von seinem Doppelleben. Frühmorgens fährt er mit seinem Fahrrad los, klappert Papiercontainer um Papiercontainer ab, taucht in sie ein, fischt nach Verwertbarem, nach Büchern, Tagebüchern, Briefen, Postkarten und lithographierten Postkarten, holt sich dabei blaue Flecken und Abschürfungen. Doch davon darf niemand wissen, denn natürlich ist im Abfall zu graben ein Tabu.

Arno Geigers Geheimnis sichert ihm nicht nur das finanzielle Überleben, denn er kann so manches Schätzchen ausgegraben und zu Geld machen, auch einen literarischen Nutzen kann er vor allem aus Zetteln und Briefen herausziehen. Der Papierabfall wird für den Autor zu einer unschätzbaren Quelle. Er erfährt viel über die Menschen, die in den Häusern leben, die in der Nähe der Container leben: ‚Hier ist eine Ehe gescheitert. Hier hatte jemand ein zusätzliches Bett im Keller, in das er auswandern musste, wenn es Streit gab.‘ Auf einem von ihm geretteten Foto war auf der Rückseite folgende Bemerkung zu lesen: ‚Wenn es dir nicht gefällt, wirf es weg, es ist nur ein Fetzen Papier.‘

Ich war mit Begeisterung mit dem Autor unterwegs auf seinen Streifzügen durch die Stadt. Ich liebe seine Art zu schreiben, seine Poesie, seine Sprachgewalt. Er kann sich einfühlen, er interessiert sich für Menschen, er geht auf Tuchfühlung und fängt Stimmungen ein und doch ist sein Stil klar und unsentimental. Ich mag sein Faible für den Alltag, die kleinen Dinge. Geiger sieht dessen unterschätzte Farbigkeit. Er versteht sich als ein Künstler des ungekünsteltem. Arno Geiger hat eine ausgeprägte Begabung zur Empathie. Der Literaturkritiker Denis Schenk nannte ihn ein Empathiemonster. Seine Sätze bergen Weisheit: ‚Das Nichts ist erstrebenswerter als Berge von unnützem Kram‘ oder ‚Ein zum Platzen angefülltes Leben kann niemals ein erfülltes Leben sein.‘ ‚Es gibt für alles immer nur eine Gelegenheit. Was ich versäume, ist unwiederbringlich versäumt. Wie immer im Leben, muss man sich das Gute heraussuchen.‘

Über einem Schriftstellerkollegen schreibt er: ‚Ihm ist lebend das Leben ausgegangen. Es gab in seinen späteren Texten Höhen und Tiefen, aber es gab kein Leben.‘ In Arno Geigers Texten spürt man das Leben.

Zum Schluss schreibt Arno Geiger: ‚Es wäre zu wünschen, dass alle, die das Buch lesen, darin etwas für sie Wichtiges finden.‘ Ich habe sehr viele Perlen für mich entdeckt.

Fazit: Ein großartiges Buch, ich liebe es. Es hat mich angesprochen und zum Nachdenken gebracht.

Bewertung vom 27.11.2022
Der große Coup des Monsieur Lipaire / Die Unverbesserlichen Bd.1
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Der große Coup des Monsieur Lipaire / Die Unverbesserlichen Bd.1


ausgezeichnet

Charmante Dilettanten und ihr großer Coup

Ich liebe die Bücher des Autorenduos Volker Klüpfl und Michael Kobr. Mir sind das Allgäu und Kommissar Kluftinger richtig ans Herz gewachsen. Nun haben die Autoren mit ihrer Gaunerkomödie ‚Die Unverbeserlichen‘ den Schauplatz an die malerische Côte d’Azur verlegt. Da kommt schon mal Urlaubsfeeling auf.

Das Cover verspricht französische Leichtigkeit und die drei Lesebändchen in den Farben Blau, Weiß, Rot entsprechen den Farben der Trikolore Frankreichs. Positiv ist auch das Glossar am Ende des Buches.

Inhalt:
Monsieur Guillaume Lipaire hält sich mir kleinen Gaunereien über Wasser. Er ist der Verwalter vieler Ferienhäuser und Wohnungen in Port Grimaud, einem Städtchen am Mittelmeer. Schlitzohrig wie er ist, benutzt er seinen Job auch für ein kleines Zubrot von dem die Besitzer der Immobilien nichts ahnen. Und es läuft. Eigentlich ist Monsieur Lipaire Deutscher und heißt Wilhelm Liebherr, aber der charmante Lebemann gibt sich gerne als Franzosen aus. Früher hatte er ein großes Haus und Apotheken besessen, bevor er in die Insolvenz schlitterte. Sein junger Freund Karim hilft ihm oft bei seinen Aktionen. Karim ist ihm fast schon wie ein Sohn. Eines Tages entdecken sie in der Villa der Vicomtes einen Toten. Eile ist geboten, denn die Besitzer treffen bald ein, folglich muss der Tote verschwinden. Karim behält sich das Handy des Toten zurück. Und bald schon dämmert den beiden, dass hier was zu holen ist. Es geht um den Familienschatz der reichen südfranzösischen Adelsdynastie der Vicomtes. Lipaire ist leider auf Hilfe angewiesen und so wächst sein Team gegen seinen Willen Peu à peu gesellen sich neben dem Wassertaxifahrer Karim auch noch die Eisverkäuferin Jacqueline, der Ex-Fremdenlegionär Paul, Delphine, die den örtlichen Handyladen betreibt, und die 84-jährige Lebedame Lizzy zu seinem Team hinzu. Zusammen sind sie die Unverbesserlichen von der Côte d’Azur.

Meine Meinung:
Ein bisschen erinnert mich die Truppe um Monsieur Lipaire an die dänische Olsenbande. Da waren auch Dilettanten am Werk und ihre Coups waren leider nicht vom Glück verfolgt. Ob es Lipaires Truppe anders ergeht wird nicht verraten. Auf jeden Fall sind es herrlich skurrile Charaktere. Man muss sie mögen, mit ihren Macken und Besonderheiten. Ihre Protagonisten sind excellent gezeichnet. Auch die Gegenspieler der Unverbesserlichen, die Vicomtes, kommen authentisch rüber. Die Autoren haben es drauf. Man fühlt sich beim Lesen sofort an die sonnige Côte d’Azur versetzt. Sie beschreiben den Schauplatz so atmosphärisch, dass es Sehnsucht weckt. Zudem ist das ganze humorvoll verpackt. Ich musste sehr oft schmunzeln. Auch wenn es in der Mitte es Romans einige unnötige Längen gab, so hat mich der Roman doch sehr gut unterhalten.

Fazit: Eine spannende und humorvolle Gaunerkomödie mit herrlich skurrilen Protagonisten.

Bewertung vom 16.11.2022
Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen
Sträter, Torsten

Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen


sehr gut

Sträter, wie wir in kennen und lieben

Thorsten Sträter, wer kennt ihn nicht aus dem Fernsehen. Der Mann der vielen Strickmützen und Meister des Abschweifens, hat in seinem neuen Buch »Du kannst alles lassen, Du musst es nur wollen« die besten Geschichten der letzten drei Jahre versammelt.

Wer gerne lacht, ist mit diesem Buch gut beraten. Denn Sträter lässt sich nicht lumpen, er feuert ein Feuerwerk für die Lachmuskeln der Leser ab. In seinem neuesten Werk u.a. auch um die Pandemie, um die Maskenpflicht und Eigenverantwortung. In einem kleinen Zwischenkapitel schreibt Sträter über seine Depressionen. Er lässt sich aus über Redewendungen wie: ‚Da könnte ich mich reinsetzten‘ oder ‚Du, ich hab‘ ein Attentat auf dich vor.‘ Nichts Menschliches ist ihm fremd. Auch unsere Politiker bekommen ihr Fett weg, er schwadroniert über Filme die KAMMANOMMAKUCKEN. Hugo Egon Balder sagt über Sträter: »Wenn es ihn nicht gäbe, müsste man ihn erfinden!« Und … Recht hat er!

Ich habe mich köstlich amüsiert. Aber natürlich ist Thorsten Sträter auf der Bühne noch mal einen Zacken besser. Allein seine Stimme, Mimik und Gestik muss man live erleben. Das Buch kann man eigentlich nur in kleinen Portionen lesen, sonst wird einem schwindlig von den Wortspielen. Zum Glück sind die Kapitel kurz und knackig, so dass man mal eine Pause einlegen kann.

Fazit: Leg den Schalter um. Hier kommt Thorsten Sträter! Vergnügliche Unterhaltung.

Bewertung vom 01.11.2022
Alle Farben meines Lebens
Ahern, Cecelia

Alle Farben meines Lebens


gut

Alice und die Farben
Der neue Roman der Erfolgsautorin Cecelia Ahern greift in ihren neuen Roman das ungewöhnliche Phänomen des Farbensehens auf. Deshalb ist das farbenfrohe Cover des Buches auch sehr gut gewählt.

Alice entdeckt bereits als Kind, dass sie den Gemütszustand der Menschen in deren Aura erkennen kann. Diese Fähigkeit verwirrt sie und macht sie zugleich für ihre Umfeld zu einer Außenseiterin. Viele halten sie für einen Freak, weil sie Berührungen vermeidet und sich mit einer Sonnenbrille vor den vielen Farben, die auf sie einstürmen, zu schützen versucht. Ihre Mutter kommt selbst mit dem Leben nicht klar, von ihr kann sie sich keine Hilfe erwarten. Im Gegenteil, diese Frau macht ihr Angst, ihre Aura ist beunruhigend und böse. Der Vater ist irgendwann gegangen und der Kontakt zu ihm ist abgerissen. Nur zu ihrem großen Bruder Hugh hat Alice ein enges Verhältnis. Die Farben ihres jüngeren Bruders hingegen gleichen sich immer mehr den Farben der Mutter an. Das macht Alice Sorgen.

‚Alle Farben meines Lebens‘ wird aus der Sicht von Alice in Ich-Perspektive erzählt. Cecelia Ahern beschreibt diese seltene Form der Synästhesie sehr eindrucksvoll. Alice kämpft gegen diese Gabe an, sie empfindet sie als Last. Dennoch bin ich mit diesem Buch nicht warm geworden. Ich empfand Mitleid mit der Protagonistin, und doch blieb sie mir eher fremd. Alice hat es nicht verstanden mich für sich zu gewinnen.

Fazit: Ein interessantes Thema, jedoch konnte mich die Umsetzung nicht fesseln.

Bewertung vom 30.10.2022
Der Fußgänger
Boning, Wigald

Der Fußgänger


ausgezeichnet

Wigald und die Philosophie des Wanderns
Im Regelfall verfügt der wanderwillige Mensch über zwei Beine.

Blau blühen die Kornblumen, passend zum Himmel und meiner Wanderkrawatte.

‚Der Fußgänger‘ beeindruckt zuerst durch seine hochwertige Aufmachung und schöne Haptik, besonders der Schutzumschlag wirkt sehr edel. Und schon das Titelfoto entlockte mir ein Schmunzeln. Okay, wenn es einer tragen kann, dann doch wohl Wigald. Es passt zu ihm.

Wigald hat viele Artens des Wanderns ausprobiert, z. B. Barfußwandern. Er erzählt wie sich die verschiedenen Untergründe anfühlen und was er damit für Erfahrungen gemacht hat. Der Verzicht auf Schuhe hat erstaunlicherweise bei manchen Mitmenschen Empörung ausgelöst. Schlimmer noch, er hat sich auch im Nacktwandern versucht. Ein geeigneter Wanderweg ist der13 km langer ‚Harzer Naturistenstieg‘, Deutschlands ältester Nacktwanderweg. Was es nicht alles gibt? In Stöckelschuhen erstieg er die Zugspitze. Er ist mit Flipflops, Holzschuhen, Zylinder und Gehrock bei Wind und Wetter unterwegs. Wigald erstieg die höchsten Berge der deutschen Bundesländer. Ja, auch in Hamburg gibt es einen Berg zu erklimmen, den Hasselbraeck mit 116 Metern, in Berlin den 120 Meter hohen Arkenberge, in Schleswig-Holstein den 167 Meter hohen Bungsberg, um nur einige zu nennen.

Ein durch und durch ernstzunehmender, aber humorvoller Ratgeber für Wanderer und die es werden wollen. Es macht Spaß mit Wigald durch die deutschen Lande zu wandern. Genießen wir die uns gegebene Fähigkeit, uns aus eigener Kraft vom berühmten Fleck zu bewegen und dabei glücklich zu sein. Es gibt so viel in der Natur zu entdecken, selbst vor der eigenen Haustür. Lasst uns die Trampelpfade ins Glück finden.