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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1369 Bewertungen
Bewertung vom 28.03.2020
Die englische Gärtnerin - Rote Dahlien / Die Gärtnerin von Kew Gardens Bd.2
Sahler, Martina

Die englische Gärtnerin - Rote Dahlien / Die Gärtnerin von Kew Gardens Bd.2


sehr gut

Die Botanikerin Charlotte Windley-Bromberg müsste eigentlich glücklich sein, denn sie hat in dem Deutschen Victor Bromberg nicht einen adäquaten Ehemann gefunden und geheiratet, sondern ist auch beruflich als erste Frau in Kew Gardens erfolgreich. Doch dann erwartet ihr Ehemann, dass sie sich mehr auf dem eigenen Anwesen Summerlight House aufhält und sich darum kümmert, anstatt weiterhin in Kew Gardens tätig zu sein. Charlotte ist darüber nicht erbaut, kommt ihrem Ehemann aber gezwungenermaßen entgegen. Während ihrer Arbeit im heimischen Garten lernt sie den Gärtner Quinn kennen, mit dem sie schon bald nicht nur die Liebe zur Gartengestaltung verbindet und sich mehr und mehr von Victor entfernt. Victor spürt die wachsende Distanz seiner Ehefrau und will ihr mit einer Forschungsreise nach Persien nicht nur einen langgehegten Wunsch erfüllen, sondern auch seine Frau zurückerobern. Wird ihm das gelingen?
Martina Sahler hat mit „Rote Dahlien“ den Nachfolgeband ihrer Gärtnerinnen-Trilogie vorgelegt, der nahtlos an den Vorgänger anknüpft, jedoch auch für sich gelesen werden kann, ohne Wissenslücken zu verspüren. Mit flüssig-bildhaftem gefühlvollem Erzählstil leitet die Autorin den Leser zurück ins vergangene Jahrhundert, wo er sich an Charlottes Fersen heften und ihr Treiben und Tun mitverfolgen darf. Die ausführlichen farbenfrohen Beschreibungen des Gartens mit seiner unterschiedlichsten Flora und Fauna zaubern schöne Bilder im Kopf des Lesers hervor, die ihn die Entstehung der Gartenanlage durch die Arbeit und den Ideenreichtum von Charlotte und Quinn miterleben lässt. Die Reise nach Persien war zur damaligen Zeit recht mühselig und auch nicht gerade ungefährlich, passt aber gut zur Handlung und schenkt der Geschichte ein wenig exotisches Flair. Die Rolle der Frau zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts wird auch einmal mehr hervorgehoben, denn Charlotte ist als Protagonistin schon recht fortschrittlich, beugt sich aber dennoch den Wünschen ihres Ehemannes um des häuslichen Friedens willen. Obwohl sie es als Akademikerin schon weit gebracht hat, kann sie hier nicht aus ihrer Haut, obwohl sie sich mit der Entscheidung auch nicht wohl fühlt.
Glaubwürdige und lebendige Charaktere wirken authentisch und geben dem Leser die Möglichkeit, sich gern in ihrer Nähe aufzuhalten und ihrem Schicksal zu folgen. Charlotte ist eine durchaus selbstsichere Frau, die ihre Ziele genau vor Augen hat und den Wünschen ihres Ehemannes zu entsprechen, fällt ihr schwer. Sie macht Zugeständnisse gegen ihren Willen und verhält sich auch gegenüber Victor eher reserviert, als dass sie ihre Liebe zeigt. Victor ist in vielen Dingen recht fortschrittlich, aber er ist auch ein Mann seiner Zeit, indem er seiner Frau die Grenzen aufzeigt. Charlottes Schwester Debbie ist den Teenagerjahren entwachsen, doch ihr Kampfgeist ist ungebrochen. Ebenso bereichern Quinn, Aurora und Robert die Handlung mit ihren Auftritten.
„Rote Dahlien“ ist eine unterhaltsame Fortsetzung der „englischen Gärtnerin“. Der historische Roman bietet nicht nur ein gutes Abbild der damaligen Zeit und die Rolle der Frau im Besonderen, sondern zaubert gleichzeitig schöne Bilder im Kopf während der Lektüre. Verdiente Leseempfehlung!

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.03.2020
Die verschwundene Braut / Die Brontë-Schwestern Bd.1
Ellis, Bella

Die verschwundene Braut / Die Brontë-Schwestern Bd.1


gut

1845 Yorkshire. Im Herrenhaus Chester Grange findet ein Hausmädchen morgens das Schlafzimmer ihrer Herrin Elizabeth Chester blutverschmiert und verwüstet vor, von der Dame des Hauses fehlt allerdings jede Spur. Die drei Pfarrerstöchter Emily, Anne und Charlotte Brontë werden von ihren schriftstellerischen Exkursen abgelenkt, als sie über ihren Bruder Branwell von dem Vorkommnis erfahren. Die Neugier und kriminalistische Spürsinn der drei Schwestern ist sofort angestachelt, sie wollen herausfinden, was sich dort zugetragen hat und was Elizabeth Chester widerfahren ist. Da sie die in Chester Grange tätige Gouvernante Matilda French aus Internatszeiten kennen, erhoffen sie sich einen Einblick hinter die Mauern des Anwesens, um den rätselhaften Vorgang aufzuklären, wobei sie sich auch in Gefahr bringen…
Bella Ellis hat mit „Die verschwundene Braut“ einen interessanten historischen Kriminalroman vorgelegt, in dem die literarisch berühmten Brontë-Schwestern als Ermittlerinnen fungieren und den Leser mal nicht von ihrem schriftstellerischen Können überzeugen, sondern sich von ihrer persönlichen Seite zeigen sollen. Die Autorin bedient sich dabei reiner Fiktion, wobei sie sich an das in der Geschichte überlieferte Leben der Brontës nahe heranwagt, aber den Protagonisten dennoch ihren eigenen Stempel aufdrückt. So lässt sie den Leser mit flüssigem und bildhaftem Schreibstil in vier unterschiedliche Perspektiven springen, um die verschiedenen Gedanken und Sichtweisen der drei Schwestern und die des Bruders Branwell zu erfahren. Dabei wird einmal mehr deutlich, welch fortschrittliche Erziehung im Hause Brontë herrschte und dass gerade die Schwestern sich keinen Deut darum scherten, was andere über sie dachten. Den Spannungslevel, der zu Beginn noch recht hoch liegt, kann die Autorin durch die Handlung hinweg aber leider nicht halten. Jedoch lässt sie die damalige Zeit wunderbar wiederaufleben, schafft mit ihren Worten eine atmosphärisch-düstere und geheimnisvolle Stimmung, die ein gewisses Gänsehautfeeling produziert.
Die Charaktere sind der Zeit angemessen gestaltet, wirken glaubwürdig und authentisch. Durch den von der Autorin gewährten Einblick in ihre Persönlichkeit werden sie nahbar. Zwischen den Schwestern herrscht eine gewisse Konkurrenzatmosphäre, wobei keine von ihnen sich verbiegen lässt. Anne ist eine eher ruhige, feinfühlige und mitfühlende Frau. Charlotte prägt ein überlegtes und selbstsicheres Wesen, sie geht eher pragmatisch und mit Kombinationsgabe an die Dinge heran. Emily dagegen prescht immer wieder vor, ist impulsiv und offenherzig. Branwell, der Bruder der drei Schwestern ist ein unruhiger Freigeist, der eine gewisse Unsicherheit ausstrahlt ob der Frauenpower in der eigenen Familie. Aber er bietet den Frauen auch eine gewisse Sicherheit und Schutz, obwohl sie das nie zugeben würden.
„Die verschwundene Braut“ ist ein historischer Kriminalfall, der mit seinen eingefangenen Stimmungen entfernt an die Werke der Brontë-Schwestern erinnert. Gute Idee, allerdings würde der Geschichte etwas mehr Spannung gut zu Gesicht stehen. Ausbaufähig!

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.03.2020
Ein Traum vom Glück / Ruhrpott Saga Bd.1
Völler, Eva

Ein Traum vom Glück / Ruhrpott Saga Bd.1


ausgezeichnet

1951 Essen. Katharina lebt mit ihren beiden Töchtern Inge und Bärbel seit ihrer Flucht aus Berlin bei ihrer Schwiegermutter Mine in Essen. Während Mine noch immer an die Rückkehr ihres Sohnes glaubt, ist Katharina vom Tod ihres Mannes Karl überzeugt. Die Nachkriegszeit verlangt der Bevölkerung eines ab, die zurückgekehrten Männer steigen in die Minen hinab, um Kohle zu schürfen, während die Frauen sich um die Familie und die Nahrungsbeschaffung kümmern. Katharina näht die schönsten Kleider für die Frauen, die es sich leisten können und träumt insgeheim von einem eigenen Atelier und ein gutes Auskommen für sich und ihre Mädchen. Eines Tages steht Mines Enkel Johannes als Kriegsrückkehrer vor der Tür und wird sofort in den Frauenhaushalt aufgenommen, wo er sich nicht nur um viele Neuerungen und Reparaturen im Haushalt kümmert, sondern auch bald Katharinas Herz und das ihrer Töchter erobert. Während die beiden glauben, ihre Liebe geheim halten zu können, kommt ihnen Mine schon bald auf die Schliche…
Eva Völler hat mit „Ein Traum vom Glück“ den ersten Teil ihrer „Ruhrpott-Saga“ einen furiosen Auftaktband vorgelegt, der nicht nur durch eine wunderbar-flüssige und bildliche Erzählweise besticht, sondern den Leser von Beginn an als unsichtbaren Gast in die Geschichte mit einbezieht. Spannend wie gefühlvoll lässt die Autorin die schwierige Nachkriegszeit und die Arbeit in den Kohleminen ebenso wieder aufleben wie die vorsichtige Hoffnung auf bessere Zeiten nach all den Entbehrungen der Nachkriegszeit oder die sich nun bahnbrechenden Kriegstraumata der Heimkehrer. Nicht nur die historische Hintergrundrecherche ist hier hervorzuheben, auch der vereinzelt in den Dialogen vorkommende Ruhrpott-Slang ist authentisch und spiegelt die damalige Bevölkerung gut wieder. Wer selbst aus dem Ruhrgebiet stammt, findet vieles aus der eigenen Kindheit wieder, Erinnerungen an die erste Kirmes, in der Not angelegte Gemüsegärten, eingekochte Marmelade, Pfannkuchen und so manches Leibgericht steigen hoch und vermitteln ein Gefühl von geliebter Heimat. Auch das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Kumpels sowie der Bevölkerung wird wunderbar dargestellt, aber auch die Tratscherei und die Verdrängung von Schuld in der Nazizeit finden Erwähnung.
Lebendige Charaktere sind liebevoll inszeniert und spiegeln eine Bevölkerung wieder, die der Leser aus Erzählungen oder eigener Erfahrung kennt und sich gut mit ihnen identifizieren kann aufgrund ihrer Authentizität. Hier fällt es leicht, mit den Protagonisten auf Tuchfüllung zu gehen und mit ihnen zu bangen, zu hoffen und zu fiebern. Katharina ist eine eher zurückhaltende und hart arbeitende Frau, die einen Vulkan in sich birgt, der kurz vor dem Ausbruch zu stehen scheint. Sie ist mitfühlend und hungert nach einem besseren Leben. Schwiegermutter Mine ist nicht die Geselligste, allerdings hat sie für alle ein offenes Ohr und besitzt zudem den siebten Sinn. Praktisch veranlagt bringt sie ihre Lieben alle durch eine schwere Zeit und zeigt immer wieder, wie groß ihr Herz ist. Der vom Krieg traumatisierte Johannes ist fleißig und mit dem nötigen Einfühlungsvermögen gesegnet. Katharinas Freunde Stan und Hanna sind ein sicherer Hafen, um sich abzulenken oder etwas zu unternehmen. Katharinas Töchter Inge und Bärbel sind grundverschieden, aber in der Not halten sie zusammen. Aber auch Elfriede, Hagemann, Karl oder Clemens spielen eine große Rolle und halten die Spannung auf hohem Niveau.
„Ein Traum vom Glück“ ist ein Buch, das den Leser mitten ins Herz trifft. Es berührt, macht atemlos und lässt alte Erinnerungen an die Oberfläche kommen. Die Autorin hat mit ihrer Geschichte genau den richtigen Mix aus Nostalgie, Drama, Liebe, Familiengeschichte und dem Hunger nach Leben gefunden, den sie äußerst spannend und mit viel Fingerspitzengefühl präsentiert und den Leser nach Mehr lechzen lässt, während sie ihm einen Ritt auf dem Gefühlsbarometer spendiert. Wunderbar erzählt und jede Minute wert, Chapeau – besser geht es nicht!

21 von 30 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.03.2020
Das kleine Weingut in der Toskana
Sommer, Romy

Das kleine Weingut in der Toskana


sehr gut

Finanzexpertin Sarah ist ein Arbeitstier und lebt in der Geldmetropole London. Von ihrem Boss zu einem Zwangsurlaub verdonnert, bevor sie einen Burnout erleidet, will sie sich endlich mit dem Nachlass ihres Vaters beschäftigen, der vor kurzem gestorben ist und zwischen dem mit ihr schon lange Funkstille herrschte. Sarah hat von ihm einen Weinberg nebst dazugehörigem Gut und eine stattliche Villa in der Toskana geerbt, die nicht gerade in bester Verfassung sind. Sarah reist nach Italien, um das Erbe einigermaßen herrichten zu lassen, damit sie es schnellstmöglich verkaufen kann. Doch dann fällt Sarah aus allen Wolken. Ausgerechnet ihre alte Jugendliebe Tommaso, der selbst Winzer und der Partner ihres Vaters war, entpuppt sich als der zweite Erbe, mit dem sie teilen muss und der einem Verkauf niemals zustimmen wird. Zwischen den beiden entflammt eine hitzige Stimmung, die das italienische Dolce Vita geradezu in den Schatten stellt…
Mit „Das kleine Weingut in der Toskana“ entführt Romy Sommer den Leser charmant und unterhaltsam in die malerischen italienischen Weinberge und lässt ihn einen kleinen Wohlfühlurlaub genießen, während er den Protagonisten bei ihren unterschiedlichen Auffassungen folgt. Den locker-flüssigen Schreibstil hat die Autorin mit vielen farbenfrohen Bildern gespickt, die die italienische Lebensfreude und das mediterrane Flair wunderbar wiederspiegeln. Neben einigen kulinarischen Leckerbissen, die einem dem Mund wässrig machen, darf der Leser sich in die toskanische Landschaft verlieben, die immer eine Reise wert ist. Man kann gar nicht nachvollziehen, warum Protagonistin Sarah nicht sofort dem Charme der Gegend erliegt, auch wenn alte Erinnerungen diesen vielleicht ein wenig eintrüben. Auch wenn London eine pulsierende Metropole ist, kann die Stadt niemals gegen die Schönheit der Toskana bestehen. Die Geschichte besitzt keinen großen Spannungsbogen, kommt aber gut ohne ihn aus, sondern lebt von dem Agieren der Protagonisten vor wunderschöner Kulisse.
Die Charaktere sind liebevoll gestrickt und in Szene gesetzt, lebendig und authentisch lassen sie den Leser unsichtbar in ihrer Mitte Platz nehmen, um ihrem Taktieren, Agieren und ihrem Gefühlschaos zuzuschauen. Sarah wirkt zu Beginn wie eine knochentrockene Finanzexpertin, die nur Zahlen im Kopf hat und völlig emotionslos ist. Kaum in Italien, verändert sich ihr Wesen nach und nach, sie wird offener, lockerer und auch weicher, wobei sie immer noch eine harte Verhandlungspartnerin ist. Tommaso ist ein zurückhaltender Zeitgenosse, der nur spärlich aus sich herauskommt, kaum Gefühle nach außen zeigt und sich wie eine Schnecke erst nach und nach aus seinem Bau heraustraut. Aber in ihm schlummert so viel mehr, dass man erst auf den zweiten Blick entdeckt.
„Das kleine Weingut in der Toskana“ bringt den Sommer in das Leserherz und spendiert einen amüsanten Ausflug nach Italien, der viele schöne Bilder projiziert, Romantik spendiert und vor allem vor italienischer Lebensfreude strotzt. Verdiente Leseempfehlung!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.03.2020
Spätsommer ist auch noch Sommer
Lindgren, Minna

Spätsommer ist auch noch Sommer


sehr gut

Die pensionierte 74-jährige Zahnärztin Ulla hat gerade ihren Mann Olli verloren, den sie bis zu seinem Tod gepflegt hat und währenddessen all ihre sozialen Kontakte verloren hat. Nun wird es Zeit, das Leben neu anzupacken und sich mehr um sich selbst zu kümmern. Also hübscht sich Ulla erst einmal auf und geht dann ihr Adressbuch durch, um alte Freunde und Bekannte zu reaktivieren. Bei Hellu und Pike rennt sie offene Türen ein, die drei Frauen haben sofort einiges an Ideen, wie sie ihre Zeit unterhaltsam miteinander verbringen können. Ulla blüht wieder auf, was von ihren Kindern Susanna und Marko argwöhnisch beobachtet wird. Für die ist Ulla nämlich eher ein zukünftiger Pflegefall, auf den sie so gar keine Lust haben…
Mit „Spätsommer ist auch noch Sommer“ legt Minna Lindgren einen unterhaltsamen Roman mit viel Witz vorgelegt. Der locker-flüssige Schreibstil lässt den Leser schnell in Ullas Welt eintauchen und ihre Versuche, als junggebliebene Mitsiebzigerin in ein aktives Leben zurückzukehren, miterleben. All die Jahre hat sie zurückgesteckt, sich um Familie und vor allem ihren vereinnahmenden Ehemann gekümmert, der ihr das Leben zur Hölle gemacht hat. Da wird es Zeit, sich endlich mal auf sich selbst zurückzubesinnen. Mit viel Humor lässt die Autorin Ulla und ihre reanimierten Freundinnen so einiges ausprobieren, sei es nun ein Sprachkurs, Yoga oder Tanzkurse, erlaubt ist, was gefällt und vor allem mehr Schwung ins Leben bringt. Gleichzeitig intervenieren Ullas selbstsüchtige Kindern, schleppen ihre eigenen Blagen zum Aufpassen zu Oma und kümmern sich sonst nur um sich selbst. Hauptsache, wir müssen nicht für die Alte sorgen, dann muss sie in ein Heim. Ullas neugewonnene Freiheit ist den eigenen Kindern ein Dorn im Auge, wahrscheinlich vor allem deshalb, weil Ulla sich nun vorrangig um sich selbst kümmern möchte. Aber auch andere Pfründe werden misstrauisch bewacht und am liebsten beschnitten. Wer solch eine Familie hat, braucht keine Feinde mehr. Der Blick der Autorin auf das Leben der Ü70 macht neben so manchem Grinsen auch nachdenklich, denn man möchte selbst wohl nie so behandelt werden, schließlich hat man in dem Alter schon einiges geleistet und ist keine unmündige Person, die nicht weiß, was sie tut.
Die Charaktere sind mit menschlichen Zügen versehen und überzeugen mit lebendigem glaubwürdigem Auftreten. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und begleitet sie gern einen Teil ihres Weges. Ulla ist eigentlich eine gestandene Frau, doch ihr schrecklicher Ehemann und ihre egoistische Brut haben sie in den letzten Jahren in ein Korsett geschnürt. Es wird Zeit, dies zu sprengen, denn die Lebenslust in ihr ist noch nicht verkümmert. Hellu ist abenteuerlustig und experimentierfreudig, was den Versuchen der Freundinnen eine gewisse Würze verleiht. Pike möchte ihren Lebensabend gern mit jemandem teilen, die Kandidatensuche sorgt für einige Herausforderungen. Ullas Kinder Susanna und Marko sind völlig auf sich fixiert und wollen sich keinen Klotz ans Bein binden lassen. Dabei überschreiten sie deutlich ihre Kompetenzen.
„Spätsommer ist auch noch Sommer“ ist ein unterhaltsamer und humoriger Roman, der dem Leser nicht nur den Spiegel vorhält, sondern auch genug Gedanken freisetzt, wie man selbst seinen Lebensabend verbringen möchte und dass dazu auch ein gewisses Maß an Selbstbewusstsein, guter Freunde und Lebensfreude vorhanden sein muss.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.03.2020
Sommerzauber in Paris
Morgan, Sarah

Sommerzauber in Paris


ausgezeichnet

Zur Feier ihrer Silberhochzeit plant Grace für sich und ihren Mann einen romantischen Sommertrip nach Paris. Aber dann fällt ihre heile Welt von einem Moment auf den anderen in tausend Scherben, denn ihr Mann David möchte sich von ihr trennen, um fortan mit seiner Affäre zusammen zu sein. Um die Contenance zu wahren und sich abzulenken, macht sich Grace allein auf die gebuchte Reise nach Paris, wo sie schon bald die Engländerin Audrey kennenlernt, die ohne jegliche Französischkenntnisse in einem Buchladen jobbt. Audrey lebt mehr oder weniger von der Hand in den Mund, ist wegen Liebeskummer nach Frankreich gekommen und hat noch keinen Plan, wie es weitergehen soll. Zwischen den beiden recht unterschiedlichen Frauen entsteht aufgrund ihrer Nachbarschaft nicht nur eine Zweckgemeinschaft, sondern es entwickelt sich eine wunderbare Freundschaft, während sie den Pariser Sommer gemeinsam erleben…
Sarah Morgan hat mit „Sommerzauber in Paris“ erneut ihr Talent bewiesen, einen wunderschönen und unterhaltsamen Roman mit viel Charme und Witz zu erzählen, so dass der Leser das Buch kaum aus der Hand legen kann und einen abenteuerlichen Sommer mit den beiden Frauen in der berühmten Stadt der Liebe erleben darf. Der locker-leichte und gefühlvolle Erzählstil ist mit einigem Humor gespickt und lässt die Geschichte nicht nur besonders kurzweilig vor dem inneren Auge des Lesers vorbeiziehen, sondern sorgt mit einigen getroffenen Entscheidungen auch für manchen AHA-Effekt. Der Leser fühlt sich während der Handlung nicht nur dabei nicht nur als unsichtbarer Zuschauer, sondern darf den beiden Frauen mitten in Herz und Seele schauen und erfahren, was sie bewegt und welches Resümee sie für sich und ihr weiteres Leben ziehen. Gleichzeitig bringt die Autorin dem Leser die Stadt Paris mit vielen bildhaften Beschreibungen so nah, dass man die wunderschöne Metropole direkt vor Augen hat, durch die Straßen wandelt und sich der zauberhaften Atmosphäre dieser Stadt nicht entziehen kann.
Den Charakteren wurde liebevoll Leben eingehaucht, sie versprühen Authentizität und Glaubwürdigkeit, die den Leser schnell für sie einnehmen und sich ihnen verbunden fühlen lässt. Grace ist eine Frau, die nichts dem Zufall überlässt. Sie ist gut strukturiert, hält nichts von Überraschungen und geht immer auf Nummer sicher. Den Schlag, den ihr Mann ihr versetzt, steckt sie nach außen bemerkenswert weg, aber innerlich ist sie völlig verunsichert und weiß nicht, wie es weitergehen soll. Audrey ist wesentlich jünger als Grace und hat sich wegen Liebeskummer ohne Plan aus England nach Paris geflüchtet. Sie hangelt sich von einem Moment zum anderen, ist aber mutig genug, sich ohne Sprachkenntnisse einen Job in einem Buchladen zu suchen, wobei sie als Legasthenikerin noch zusätzliche Probleme hat. Sowohl Grace als auch Audrey scheinen sich gesucht und gefunden zu haben. Die eine hat mehr Lebenserfahrung, die andere ist ungewollt mutig. Beide Frauen wachsen in diesem Sommer nicht nur sehr eng zusammen, sondern profitieren auch von der jeweils anderen. Die Entwicklung ist wunderschön zu beobachten, am Ende wirken beide irgendwie gereift und zuversichtlicher in Hinblick auf ihr zukünftiges Leben.
„Sommerzauber in Paris“ bringt den Leser nicht nur auf gefühlvolle und unterhaltsame Weise in die wunderschöne französische Metropole, sondern gibt ihm einen Platz in der ersten Reihe, um die Entwicklung einer ungewöhnlichen Frauenfreundschaft mitzuerleben. Ein Buch für Herz und Gemüt, unbedingt lesen!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.03.2020
Die Königin von Berlin
Roth, Charlotte

Die Königin von Berlin


ausgezeichnet

Carola Neher wuchs in der rheinland-pfälzischen Provinz auf und ihr Leben scheint vorgezeichnet zu sein. Doch Carola rebelliert gegen die an sie gestellten Anforderungen aus der Familie und macht sich nach ein paar kleineren Engagements in der Provinz Anfang der 1920er Jahre auf nach Berlin, wo sie als Schauspielerin und Sängerin am Theater Erfolg haben möchte. Doch auch in Berlin macht sie erst einmal eine Durststrecke durch, bis sie den berühmten Autor Bertold Brecht kennenlernt, der sie schon bald zu seiner Muse und Geliebten macht, ihr zu Ruhm und Ansehen verhilft und in dessen „Dreigroschenoper“ er sie unsterblich machen will. Neher jedoch hat Brecht schnell durchschaut, der sich nimmt, was er kriegen kann und nicht gemacht ist für eine dauerhafte Beziehung. Stattdessen findet sie in dem feingeistigen Dichter Klabund ihre Liebe und heiratet ihn. Die Premiere der Dreigroschenoper wird sie nicht bestreiten, denn sie eilt nach Davos in die Schweiz, wo ihr Mann an Tuberkulose stirbt…
Charlotte Roth hat mit „Die Königin von Berlin“ wieder einmal ihr großartiges Können in die Waagschale geworfen, um Carola Neher, die bekannteste Theaterkünstlerin der Weimarer Republik, wieder lebendig werden zu lassen. Fesselnd und gefühlvoll zugleich lässt sie den Leser in das vergangene Jahrhundert abtauchen, um eine außergewöhnliche Frau kennenzulernen, die für die Dinge kämpft, die sie liebt und ihr Leben in vollen Zügen auskostet. Roth hält sich sehr eng an die Autobiographie Nehers, doch drückt sie ihrer Geschichte mit ihrer besonderen Art, sie zu erzählen, und einer gelungenen fiktiven Mischung ihren ganz eigenen Stempel auf. Nicht nur Nehers Werdegang wurde akribisch recherchiert, sondern auch ihre Weggefährten, Liebschaften und zeitgenössische Künstler, die ihren Weg kreuzten. Gleichzeitig gelingt es ihr, den Leser in die Welt des Theaters zu entführen, wo er nicht als Zuschauer, sondern eher als Statist fungiert, der sich mit Neher eine Bühne teilt und sie bei ihrem Spiel beobachtet. Auch das damalige Lebensgefühl projiziert Roth einmalig, bringt die 20er Jahre wieder in die Gegenwart zurück und erlaubt einen Streifzug durchs Berlin der damaligen Zeit. Farbenprächtig und bildgewaltig wirkt die Geschichte wie ein Sog, dem man sich nicht entziehen kann, wobei auch die unterschiedlich gewählten Perspektiven dies forcieren.
Roth lässt viele berühmte Persönlichkeiten wieder lebendig werden, damit der Leser sie in Aktion verfolgen und ihnen nachspüren kann. Carola Neher ist eine Frau mit eisernem Willen, Disziplin, Stärke und vor allem Mut, denn sie wagt sich aus einer biederen Welt hinaus ins Rampenlicht. Sie setzt auf Risiko, um ihren Traum zu leben. Carola ist nicht auf den Mund gefallen und recht selbstbewusst, was ihr einiges an Respekt einbringt. Brecht ist ein selbstverliebter und vor allem von sich selbst überzeugter Egomane und Frauenheld, der sich nicht anbinden lässt. Aber er ist auch eine künstlerische Größe, dem das Theater noch heute einiges zu verdanken hat. Klabund oder besser Alfred Henschke ist ein feingeistiger und sensibler Mann, der eher unscheinbar im Hintergrund bleibt. Aber auch Lion Feuchtwanger, Elisabeth Bergner, Kurt Weill oder Hermann Scherchen bereichern die Geschichte mit ihren Auftritten.
„Die Königin von Berlin“ ist eine Homage an eine in Vergessenheit geratene faszinierende und talentierte Künstlerin, die in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts die Theaterwelt auf den Kopf stellte. Lebendig, authentisch und jede Zeile wert. Absolute Leseempfehlung!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.03.2020
Kirschkuchen am Meer
Barns, Anne

Kirschkuchen am Meer


ausgezeichnet

Marie hat nicht geglaubt, dass die Nachricht vom plötzlichen Tod ihres Vaters Enno sie so sehr aus der Bahn werfen würde, schließlich hat sie ihn vor 3 Jahren zuletzt gesehen und der Kontakt zu ihm war in den letzten 18 Jahren eher spärlich, seit er ihre Mutter, sie und ihre ältere Schwester Lena wegen der unerträglichen Ilonka verlassen hat. Nun kann Marie nur noch bei der Beerdigung von ihm Abschied nehmen. So reist sie zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Oma nach Hooksiel, um der Seebestattung beizuwohnen, da ihre hochschwangere Schwester Lena dazu nicht mehr in der Lage ist. An der Anlegestelle des Trauerschiffes treffen die drei Frauen nicht nur auf die verhasste Ilonka und deren Sohn Hannes, sondern Marie fällt auch eine abseits stehende weinende Frau mit roten Haaren auf, von der sie später über den Kapitän eine Tasche erhält, in der sich allerlei Erinnerungen finden. Bevor Marie die Frau ansprechen kann, ist diese spurlos verschwunden. Doch Marie will unbedingt herausfinden, welche Bedeutung sie für Enno gehabt hat und beginnt Nachforschungen anzustellen…
Mit „Kirschkuchen am Meer“ hat Anne Barns wieder einen Volltreffer gelandet, denn der Roman lebt nicht nur von einem flüssig-leichten und gefühlvollen Erzählstil, sondern nimmt den Leser mit auf eine emotionale Reise, bei der sich im Verlauf nicht nur so einige Geheimnisse an die Oberfläche wagen, sondern der Leser während der Lektüre auch einen Augen- und Gaumenschmaus besonderer Art erleben darf. Mit farbenfrohen Beschreibungen entführt die Autorin den Leser an die Nordsee, erst auf die Insel Norderney und dann nach Juist, wobei sie nicht nur jede Menge Meeresbrise und Wellenglitzern versprüht, sondern auch die zwischenmenschlichen Beziehungen der Protagonisten untereinander und zu den Inselbewohnern wunderbar in Szene setzt. Vor allem Marie und ihre Familie halten wie ein Knoten zusammen, da passt kein Blatt Papier dazwischen und hilft so manches Unheil zu umschiffen oder zu bekämpfen. Das aufzuspürende Geheimnis wird nach und nach ebenso aufgedeckt wie so manche Entscheidung, die unterbewusst schon lange schwelte und sich nun Bahn bricht. Und neben der Handlung mit herrlichem Wohlfühlcharakter sind es die Köstlichkeiten, die die Autorin wieder einmal auf den imaginären Tisch zaubert, sei es warmer Hefezopf, Käsekuchen mit salziger Karamellsauce oder aber auch das Kirschkompott aus dem Backofen. Der Magen knurrt und die Seele seufzt ob der Leckereien, die im Anhang mit Rezepten Gott-sei-Dank zum Nachmachen anregen.
Liebevoll zum Einsatz gebrachte sympathische Charaktere wachsen dem Leser gleich ans Herz, denn ihre menschlichen und realistischen Züge erinnern an alte Freunde, die man gern um sich hat. So wird der Leser schnell zum Teil des Gespanns um Marie und ist erpicht darauf, nicht nur Geheimnisse zu lüften, sondern auch wichtige Entscheidungen mitzuerleben. Die knapp 30.jährige Marie ist offen, ehrlich und freundlich. Sie arbeitet als Drogistin, doch ihre wahre Passion ist das Backen. Das Zusammenleben mit Freund Marc ist auch nicht mehr das Optimum. Schwester Lena ist Maries engste Vertraute, aber sie hat auch ein gutes Verhältnis zu ihrer Mutter und Großmutter. Auf Ilonka passt der Ausdruck Hexe genau, denn sie ist eiskalt und berechnend, ihr Sohn Hannes steht ihr da in nichts nach. Matthias und Stephan schleichen sich nicht nur mit ihrer Kaffeerösterei in Maries Herz, sondern schweben mit ihr auf der gleichen Wellenlänge. Aber auch Frau Visser, Merle, Jutta oder der Kapitän des Trauerschiffs sind einen tieferen Blick wert, sind ihre Auftritte doch entscheidend für den Handlungsverlauf.
„Kirschkuchen am Meer“ überzeugt mit viel Inselflair, Familiensinn, Wohlfühlatmosphäre und das Gefühl, mittendrin statt nur dabei zu sein. Anne Barns weiß genau, wie sie ihre Leser glücklich machen kann. Absolute Leseempfehlung für einen Kurzurlaub nicht nur der kulinarischen Art!

17 von 25 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.03.2020
Unverblümt im Sommerwind
Veenstra, Simone

Unverblümt im Sommerwind


gut

Judith zieht das Unglück anscheinend an wie ein Magnet, denn sie verliert nicht nur ihren Job, sondern auch ihre Wohnung, weil sie einfach immer die Wahrheit sagt, denn sie ist nicht in der Lage zu lügen. Damit eckt sie immer wieder an und sorgt auch für Unverständnis in ihrem Umfeld. Da sie praktisch auf der Straße steht, macht sie sich auf den Weg zu ihrem Onkel Olaf auf die Insel Amrum in der Hoffnung, dort endlich das Lügen zu lernen und ihr Leben in den Griff zu kriegen. Anscheinend ist sie auf der Insel genau richtig, denn sie findet in der Villa Pippilotta nicht nur Gleichgesinnte mit schrulligen Eigenschaften, sondern ein altes Tagebuch, dessen Lektüre Judith den weiteren Weg in ihrem Leben weist…
Simone Veenstra hat mit „Unverblümt im Sommerwind“ einen unterhaltsamen und farbenfrohen Roman vorgelegt, der den Leser mit einem flüssigen und teilweise humorigem Schreibstil schnell in Beschlag nimmt, ihn in die Geschichte hineinzieht und Protagonistin Judith an die Seite stellt, um ihr Schicksal und ihren weiteren Werdegang zu verfolgen. Die Autorin lädt den Leser zu einer Kurzreise auf die schöne Nordseeinsel Amrum ein und erweckt diese mit bildhaften Beschreibungen zum Leben, so dass man den Wind in den Haaren spürt, während der Blick über das Wasser zum Horizont schweift und man tief durchatmet in der salzigen Luft. Die Einzelschicksale von Judith und den skurrilen Villenbewohnern sind interessant, werden allerdings nicht immer zuende gedacht und lassen den Leser ratlos und blätternd zurück, ob er etwas verpasst hat. Die alten Tagebucheinträge lassen die Gedanken in die Vergangenheit schweifen, die dahin wechselnde Perspektive ist um einiges prächtiger und spannender formuliert, so dass der Leser dort lieber länger verweilen würde, als in die Gegenwart zurückzukehren. Leider werden auch nicht alle Fäden der teilweise langatmig anmutenden Geschichte miteinander verknüpft, so dass am Ende Fragen offen bleiben und den Leser unbefriedigt zurücklassen.
Eine bunte Vielfalt von Charakteren wird in diesem Roman liebevoll in Szene gesetzt, die der Leser allerdings nicht so kennenlernt, um sich ihnen nah und verbunden zu fühlen. Vielmehr verfolgt er ihr Schicksal mit gewissem Abstand und lässt sie nach der Lektüre auch leicht wieder gehen. Judith wirkt mit ihren knapp 30 Jahren noch sehr naiv. Sie ist schonungslos offen, ehrlich, unverblümt und eckt so auch immer wieder an. Ben hadert mit seinem Schicksal im Rollstuhl und leidet unter Schuldgefühlen. Er ist schroff und unfreundlich, sieht aus wie ein Zausel auf Speed und versteckt mit dieser Verkleidung seine Unsicherheit. Teda ist eine spannende Frau, deren Lebensgeschichte unverhofft Einfluss auf die Gegenwart nehmen wird. Auch die vielen weiteren Villenbewohner lohnt ein genauerer Blick, denn sie machen die Geschichte lebendig und bunt.
„Unverblümt im Sommerwind“ ist ein Buch über Ehrlichkeit, echte Freundschaften, Selbstfindung und Entscheidungen, dass an manchen Stellen recht langatmig ist und die Charaktere auf Abstand bleiben. Hier ist noch Luft nach oben!

4 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.03.2020
Das Herz des Ozeans
White, Karen;Williams, Beatriz;Willig, Lauren

Das Herz des Ozeans


ausgezeichnet

1915. Während des ersten Weltkrieges begleitet Caroline Telfair Hochstetter ihren Ehemann auf eine Geschäftsreise auf der RMS Lusitania von New York nach London, um dort einen bisher unbekannte Strauß-Walzer meistbietend zu verkaufen. Auch die aus ärmlichsten Verhältnissen stammende Tess Fairweather macht die Überfahrt gemeinsam mit ihrer Schwester, allerdings planen sie einen größeren Diebstahl, der vor allem Tess den Neustart in England ermöglichen soll. An Bord des Schiffes treffen sowohl Caroline als auch Tess auf Robert Langford, der einst Carolines Jugendliebe war und Tess nun den Kopf verdreht. Das Schicksal aller drei wird sich mit dieser Reise dramatisch verändern. Knapp 100 Jahre später im Jahr 2013 deckt die New Yorker Schriftstellerin Sarah Blake mit Hilfe von alten Dokumenten und der Unterstützung des adligen John Langford auf, welche Beziehung ihr Urgroßvater zu Robert Langford hatte und welches Geheimnis sie verband…
Das Autorinnentrio Beatriz Williams, Karen White und Lauren Willig hat mit „Das Herz des Ozeans“ einen wunderschönen und unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt. Der flüssige und gefühlvolle Erzählstil ist geprägt von einer vielen Bildern und nimmt den Leser schnell mit in die Handlung hinein, wo er anhand von wechselnden Perspektiven nicht nur alle Protagonistinnen sowie ihre Gedanken- und Gefühlswelt genau kennenlernt, sondern sich auch anhand von unterschiedlichen Zeitebenen mal in der Gegenwart bei der Recherche, mal in der Vergangenheit an Bord der Lusitania befindet, um die Ereignisse hautnah mitzuerleben, während der erste Weltkrieg tobt. Sehr geschickt haben die drei Autorinnen Fiktion mit wahren historischen Begebenheiten gemischt, was die Handlung absolut glaubwürdig und real erscheinen lässt. Sehr authentisch werden die unterschiedlichen Klassen und die Menschen auf dem Schiff beschrieben, aber auch der Schiffsuntergang war spannend inszeniert. Überhaupt war die Handlung durchweg mit einem höheren Spannungslevel durchzogen, so dass dem Leser die Seiten regelrecht um die Ohren flogen, um atemlos den Protagonisten und ihrem Lebensweg zu folgen.
Die Charaktere sind wunderbar in Szene gesetzt und überzeugen mit ihren individuellen Eigenschaften von Beginn an. Lebendig und glaubwürdig schleichen sie sich in das Herz des Lesers, der ihren Spuren aufgeregt folgt und mit ihnen fühlt, bangt und hofft. Sarah ist eine ehrgeizige Frau, die händeringend neuen Stoff für ein Buch braucht. Sie besitzt eine gesunde Neugier und die richtige Spürnase. Caroline ist eine Südstaatenschönheit aus wohlhabendem Hause, die sich das Leben mit ihrem Ehemann anders vorgestellt hat. Tess entstammt ärmlichsten Verhältnissen und bewegt sich schon seit Jahren am Rande der Legalität, obwohl sie sich damit gar nicht wohlfühlt. Sie ist schlagfertig und gewitzt, besitzt aber auch ein Gewissen, das ihr im Wege steht. Robert Langford ist ein Charmeur, aber ebenso intelligent und nicht auf den Mund gefallen. John Langford ist ein Politiker, der sich vor der Presse versteckt. Er hat einen trockenen Humor und fängt schnell Feuer für Sarahs Geschichte. Auch die zahlreichen Nebendarsteller bereichern die Geschichte mit ihren Episoden und machen sie rundum gelungen.
„Das Herz des Ozeans“ ist eine wundervolle Lektüre voller Spannung, Romantik, Dramatik und Tragik- Der Roman reißt von der ersten Zeile an mit und überzeugt mit einem tollen Setting und einer durchweg schlüssigen Geschichte. Ein toller Schmöker, den man nicht aus der Hand legen mag. Absolute Leseempfehlung!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.