Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
pw

Bewertungen

Insgesamt 127 Bewertungen
Bewertung vom 02.07.2022
Nur du und ich
van Rensburg, Laure

Nur du und ich


ausgezeichnet

Außergewöhnlicher Psychothriller

Dieser Thriller hat mich sehr überrascht. Ich würde ihn nicht nur als Thriller, sondern sogar als ziemlich gelungenen Psychothriller bezeichnen.

Die Geschichte hat einen Rahmen, der von Anfang an klarstellt, dass das romantische Wochenende, welches die beiden Hauptfiguren Ellie und Steven erleben, am Ende zu einem Horrortrip wird. Die Story beginnt mit einem Polizisten, der den Tatort untersucht und mit einem Rettungswagen, der eine überlebende Person abtransportiert.

Dann werden wir in die eigentliche Geschichte geworfen. Es sieht alles nach „eitel Sonnenschein“ aus. Aber wir wissen ja bereits, dass es irgendwie böse enden wird. Ein Wochenende, das ein verliebtes Paar in einem einsamen Haus abgeschnitten von jeglicher Zivilisation verbringt. Eigentlich geht es kaum romantisch-kitschiger. Und hätte es den Beginn des Buches nicht gegeben, könnte man es auf den ersten Blick für eine Liebesgeschichte halten.

Würde man die Rahmenszene weglassen, sähe es am Anfang zwar noch nach Love Story aus. Trotzdem beinhalten einige Szenen bereits Schatten, wenn auch nur unterschwellig. Man kann als Leser*in aber nicht von Anfang an wissen oder ahnen, was hinter allem steckt. Mir kamen einige Details zwar bereits seltsam vor, aber ich konnte nicht sagen, warum. Ich glaube, dass ich gerade deshalb in die Handlung hineingezogen wurde, so dass ich mich ganz schnell durch das Buch, welches immer spannender wird, „hindurchgesüchtelt“ habe.

Es gibt insgesamt drei Arten von Kapiteln. Aus der Sicht von Ellie und aus der Sicht von Steven – jeweils mit „Ellie“ bzw. „Steven“ überschrieben – und eine dritte Art, die nur ein Datum als Überschrift trägt und von der zunächst nicht klar ist, um wen es darin geht. Aufgefallen ist mir auch gleich, dass die Ellie-Kapitel in der Ich-Form und die Steven-Kapitel in der dritten Person formuliert sind. Eine kleine gelungene Manipulation der Autorin, die ich nach der kompletten Lektüre als völlig angemessen empfinde. Warum, kann ich nicht verraten, ohne zu spoilern.

Auf jeden Fall sorgt das dargestellte Wechselspiel für einen hervorragenden Spannungsbogen. Außerdem gefällt mir der Schreibstil der Autorin sehr, der an einigen Stellen recht einfallsreich bildhaft ist. Ein Beispiel: Die Furcht „verflüssigte die Eingeweide“ einer der Personen. Ein anderes Beispiel in einer Rückerinnerung an eine Situation: „… die Luft schal mit dem bitteren Aroma von Menschen, die in einer Mikrowelle aufgewärmt wurden.“

Mein Fazit:

Ganz klare Empfehlung für Liebhaber außergewöhnlicher Psychothriller.

Bewertung vom 01.06.2022
Bekenntnisse eines Betrügers
Raina, Rahul

Bekenntnisse eines Betrügers


ausgezeichnet

Voller Wortwitz, Spannung und sehr indisch

Ramesh hat sich aus ärmsten Verhältnissen „hochgearbeitet“, oder besser „hochgelernt“. Er hat ein Business daraus gemacht. Er legt Prüfungen für die Kinder reicher Leute ab, und zwar in den sogenannten „All Indias“. Wer dort gut abschneidet, bekommt einen der begehrten Plätze auf einem ausländischen College oder zumindest auf einem guten College in Indien.

Dieser Job als „Bildungsberater“ läuft recht gut und Ramesh verdient dabei für indische Verhältnisse mehr als nur ordentlich. Dann gerät aber alles außer Kontrolle. Bei der Prüfung für Rudraksch alias Rudi schießt er regelrecht über das Ziel hinaus. So wird sein Schützling Jahrgangsbester und durch schlaue Vermarktung im indischen Fernsehen eine „Gelddruckmaschine“, an der auch Ramesh weiterhin seinen Anteil hat.

Ramesh stammt aus der untersten Schicht des Landes. Aber dieser Roman ist alles andere als nur das „Von der untersten Schicht in die oberste“-Klischee, wo ein Junge, der intelligent ist und fleißig arbeitet, zu großem Erfolg und Reichtum gelangt. Dieses Buch ist viel besser und vielschichtiger.

Der Autor legt einen unheimlichen Wortwitz an den Tag. Das passt sehr gut zu seinem Protagonisten. Dem bleibt oftmals gar nichts anderes übrig, als geduldig, gewieft und voller sarkastischem Humor zu sein, um sich seine mentale Stärke zu bewahren.

Trotz manchmal harter Töne, erlebt man beim Lesen auch eine feinfühlige und verletzliche Seite des Haupthelden. Mir ist er jedenfalls schnell ans Herz gewachsen. Es wird zwar alles aus seiner Sicht in der Ich-Perspektive erzählt, aber das ist für mich nicht automatisch ein Garant dafür, dass ich eine Person mag.

Die Geschichte empfand ich meistens als witzig, obwohl mich die beschriebenen Verhältnisse oftmals den Kopf schütteln ließen. Korruption ist selbstverständlich und wird schon mit einkalkuliert. Ehrliche Beamte sind Exoten. Wachleute sind Feiglinge, die sich selbst zuerst in Sicherheit bringen. Vielleicht ist es in diesem Roman alles etwas übertrieben dargestellt, aber ich kann mir vorstellen, dass in allem mehr Wahrheit steckt, als einem lieb ist.

Das alles macht das Buch sehr abwechslungsreich und bietet eine Menge Nervenkitzel, denn es wird – wie gleich auf den ersten Seiten dargestellt – gefährlich, sowohl für Ramesh als auch für Rudi. Zu schwach besaitet sollte man bei der Lektüre dieses Romans nicht sein. Das Ende habe ich als ungewöhnlich und überraschend empfunden, aber es hat mir gefallen.

Im Text sind viele indische Begriffe so belassen worden, aber immerhin kursiv gedruckt. Das ist ein Hinweis darauf, dass es im Glossar erklärt wird. Einerseits habe ich Verständnis für so etwas, denn manche Dinge lassen sich nicht eins zu eins übersetzen. Andererseits musste ich beim Lesen immer wieder blättern. Vielleicht wären Fußnoten bequemer gewesen. Aber das trügt meinen insgesamt positiven Eindruck nicht.

Fazit: Ein ungewöhnlicher Roman. Sehr witzig und spannend und für mich auch ein wenig exotisch. Man merkt dem Autor an, dass er das Land und dessen Leute liebt.

Bewertung vom 25.05.2022
JAB
Kim, Un-su

JAB


ausgezeichnet

Keine Helden, kaum sympathische Figuren, aber dennoch Geschichten, die neugierig machen

In diesem Buch sind acht Kurzgeschichten. Sie sind sehr unterschiedlich und dennoch haben sie eines gemeinsam: Hoffnungslosigkeit. Alle spielen in mehr oder weniger hoffnungslosen Situationen. Aber trotzdem sind sie nicht „schwärzer als schwarz“, sondern haben ein gewisses Etwas, über das ich manchmal sogar lachen oder zumindest schmunzeln konnte.

Da ist zum Beispiel ein Verbrechertrio, das einen überaus lohnenden Einbruch in einen Tresorraum schafft, nur sich dummerweise dann selbst darin einsperrt. Klasse fand ich auch die Geschichte mit einem eher durchschnittlichen Typen, der entführt und dermaßen unter Druck gesetzt wird, sich ein Geständnis für ein Verbrechen, das er nicht begangen hat, auszudenken, dass er das Ganze sogar als effektive Schreibwerkstatt empfindet. So grotesk diese Geschichten auch sind, so gelungen sind sie meiner Meinung nach.

Die Hauptfiguren sind weder Helden noch besonders sympathisch. Die meisten mochte ich nicht einmal. Nur einen fand ich nett und ein paar taten mir leid. Neugierig gemacht haben sie mich dennoch.

Dem Autor ist es gelungen, mit wenigen Worten jeweils die passende Atmosphäre zu erschaffen. So fühlte ich mich auch noch in eine fremde Kultur versetzt. Dabei war ich mittendrin, denn alle bis auf eine Geschichte sind in der Ich-Perspektive geschrieben. Äußerst wirkungsvoll!

Die Kurzgeschichten in diesem Buch sind etwas Besonderes. Sie sind nicht nach üblichem und bewährtem Schema aufgebaut. Sie vermitteln lebendige Bilder von verschiedenen Charakteren. Zu jeder Geschichte kann man sich selbst überlegen, wie sie weitergehen könnte. Der Autor gibt meistens kein wirkliches Ende vor. Trotzdem hört er meiner Meinung nach immer an passender Stelle zu erzählen auf.

Trotz der Hoffnungslosigkeit, die immer mitschwingt, reichen die Stimmungen der Geschichten über eine große Spanne, von sehr feinsinnig bis zu derb grotesk.

Ich habe diese Lektüre als sehr abwechslungsreich und unterhaltsam empfunden. In die Geschichten kann man sicher eine Menge hineininterpretieren, aber das muss man nicht. Ich habe sie einfach genossen und sehr gern gelesen.

Ich denke, für aufgeschlossene Querbeet-Leser ist dieses Buch genau richtig.

Bewertung vom 03.05.2022
Truth - Bist du bereit für die Wahrheit?
Woodrow, Margje

Truth - Bist du bereit für die Wahrheit?


ausgezeichnet

Großartige Idee, unterhaltsamer Schreibstil und Gänsehaut

Dieser Thriller ist eigentlich ein Jugendbuch und ich gehöre nicht zu dessen Zielgruppe. Aber nach einer Leseprobe war ich derart in den Bann gezogen, dass ich das ganze Buch lesen musste.

Juul hat ihren etwas älteren Bruder Milan verloren. Er starb bei einem Autounfall, indem er gegen einen Baum fuhr. Die Familie hat das noch nicht so richtig verarbeitet. Die Mutter ist gerade aus einer psychiatrischen Klinik zurück und zu Hause wird Milan nicht erwähnt.

Juul bekommt Nachrichten von jemandem, zunächst ein schauerliches Foto von Milan unmittelbar nach dem Unfall und das Versprechen, dass sie die Wahrheit hinter allem erfahren wird, wenn sie bestimmte „Dares“ ausführt und Videos davon dreht. Das sind ziemlich perfide Mutproben. Der Ausdruck stammt von „Truth or Dare“ („Wahrheit oder Pflicht“), einem Spiel, das ihr Bruder Milan leidenschaftlich betrieben und durch Videos auf Youtube dokumentiert hatte.

Sie lässt sich auf dieses Spiel ein, obwohl die Aufgaben immer schlimmer und grotesker werden. Der „Psycho“, wie sie und ihre Freundin Fleur denjenigen nennen, der hinter allem steckt, hat sie in der Hand, denn durch die Videos wird sie erpressbar.

Das Buch ist von Anfang bis Ende so spannend, dass ich es zwischendurch kaum aus der Hand legen mochte. Es gibt zwei Perspektiven, die sich gegenseitig abwechseln, die der Protagonistin Juul und die des Täters. Letztere erkennt man daran, dass sie wie Tagebuch-Notizen in schreibmaschinenartiger Schriftart auf grauem Untergrund steht – jeweils sehr kurz aber so, dass es mir beim Lesen einen Schauer über den Rücken jagte.

Die Protagonistin Juul war mir von Anfang an sympathisch und ich konnte mich gut in sie hineinversetzen. Alle anderen Personen gaben mir – jede in einer eigenen Art und Weise – Rätsel auf. Auch so etwas macht meiner Meinung nach einen guten Thriller aus.

Es gibt am Ende einen Showdown mit einer eigentlich unerwarteten Wendung, die ich jedoch schon irgendwie geahnt hatte. Trotzdem wurde mein Lesevergnügen dadurch nicht geschmälert.

Ich habe allerdings zwei Kritikpunkte:

Erstens ist mir ein logischer Fehler in der Handlung aufgefallen. Es ging darum, dass Juul etwas filmen und die Aufnahme einige Zeit laufen lassen sollte, wozu sie den Raum verließ. Draußen schickte sie dann jedoch eine Nachricht an ihre Freundin. So fragte ich mich, wie sie das konnte, wo sie ihr Smartphone zum Filmen zunächst drinnen gelassen hatte.

Zweitens hätte ich gern einige Details im Nachhinein noch etwas ausführlicher erklärt bekommen, vor allem die Tricks des Täters, durch die er immer wieder den Anschein erweckt, Juul komplett zu überwachen.

Trotzdem hatte ich mit diesem Buch ein unheimlich spannendes und kurzweiliges Lesevergnügen. Trotz der erwähnten Schwächen gefallen mir die Idee dieser Geschichte und der Schreibstil der Autorin so gut, dass ich mit 4 von 5 Sternen bewerte.

Fazit: Es ist sehr spannend, liest sich einfach schnell hintereinander weg und jagt einem einen Schauer über den Rücken, wie es sich für einen Thriller gehört. Es hat keine zu brutalen Szenen, schließlich handelt es sich um ein Jugendbuch.

Bewertung vom 29.03.2022
Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach
Mattera, Julia

Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach


ausgezeichnet

Inspirierende Wohlfühllektüre

Das hier ist ein Roman, der für mich gleich von Anfang an irgendwie anheimelnd wirkte. Und das, obwohl ich überhaupt nicht einordnen konnte, was für eine Art Geschichte es werden würde. Es war zunächst einfach nur schön zu lesen.

Ich mag es, wenn Bücher mit einem besonderen ersten Satz beginnen, der mich neugierig macht. Hier lautet er: „Es will schon gekonnt sein, ein Frühstücksbrot in einen Zichorienkaffee zu tunken“. So wird Hauptheld Robert Walch eingeführt, denn das ist sein morgendliches Ritual.

Überhaupt ist dieser Robert ein ungewöhnlicher Typ. Er ist 52 Jahre alt, Junggeselle und etwas schrullig. Er ist Koch, Gärtner, Hühner- und Ziegenhalter aus Leidenschaft. Er behandelt sein Gemüse und auch seine Tiere voller Respekt. Sogar die Gemüsepflanzen haben Namen. Außerdem liebt er es, für die Besucher des Gasthofes, den seine Schwester Elsa führt, die leckersten Speisen zuzubereiten. Aber er möchte nichts mit den Menschen zu tun haben. Er ist ein Eigenbrötler und lebt in seiner kleinen Welt, die nur bis zum Rand des Grundstücks reicht.

Robert ist zwar nach außen hin brummig, aber in seinem Innern eine sehr empfindsame Seele. Deshalb lieben ihn seine kleine Nichte und sein Neffe, die Zwillinge von Elsa, und das beruht auf Gegenseitigkeit. Den beiden kann er nicht einmal böse sein, als sie durch ein übermütiges Spiel ein Chaos in seinem Gemüsegarten anrichten.

Dann kommen Fatima und deren Sohn Hassan als Hilfen auf den Hof und Robert muss sich auf andere Menschen einstellen. Aber die Krönung von allem werden seine Begegnungen mit Maggie, einer Freundin von Fatima, die ein paar Tage dort verbringt.

Es ist einfach schön, beim Lesen mitzuerleben, wie Robert menschlich nach und nach dazulernt und welche inneren Kämpfe er dabei auszufechten hat, auch welche inneren Wunden dabei heilen müssen.

Dabei hat alles meinem Empfinden nach eine ziemlich starke Symbolik. An diese Lektüre darf man deshalb nicht zu rational herangehen. Es würde z. B. keinen Sinn ergeben, darüber nachzudenken, unter welchen psychischen Krankheitsbildern Robert leiden könnte.

Die Handlung sollte auch nicht bis ins kleinste Detail daraufhin analysiert werden, ob denn alles absolut realitätsnah ist. Letzten Endes geht es darum, dass in stellenweise recht plakativen Teilgeschichten Fragen nachgegangen wird, wie: Was bringt einen Menschen dazu, seine Komfortzone zu verlassen? Kann Liebe das? Was ist echte Liebe? Was ist Glück?

Es fällt mir bei diesem Buch schwer, eine Empfehlung auszusprechen, für wen es geeignet sein könnte. Ich selbst bin ein ziemlich rationaler Mensch. Trotzdem hat mir dieses Buch sehr gefallen und mich inspiriert. Es lässt sich einfach in keine „Schublade“ stecken.

Nicht unerwähnt möchte ich das Design lassen. Die frischen und fröhlichen Farben und die Möhren-Zeichnungen auf dem Cover und auch dessen Oberflächenstruktur haben noch zusätzlich dafür gesorgt, dass ich es gern zur Hand genommen habe.

Bewertung vom 17.03.2022
Zurück nach Übertreibling / Vikki Victoria Bd.1
Gray, Gloria;Felder, Robin

Zurück nach Übertreibling / Vikki Victoria Bd.1


gut

Bewertungssterne bröckeln weg!

Vikki Victoria, glamouröse Transfrau, muss sich in Sicherheit bringen, denn der Toni ist aus dem Knast ausgebrochen und bedroht sie. Doch dann wird sie in einen Krimi hineingezogen, in dem es um Entführung geht. Eine Motorradgang und ein türkischer Drogenclan spielen auch noch mit.

Ich hatte dieses Buch kurz angelesen und empfand den Schreibstil zunächst als gewöhnungsbedürftig. Dann hatte ich mich jedoch recht schnell an die Schreibe gewöhnt und freute mich, weil dieser Krimi etwas Besonderes zu sein schien.

Das Buch ist so geschrieben, als erzählte mir die Hauptdarstellerin Vikki Victoria die Geschichte ganz gemütlich beim Zusammensitzen. Irgendwie fand ich das sehr sympathisch.

Ich fühlte mich recht schnell in eine mir ungewohnte und faszinierende Welt hineingezogen, zwar voller Klischees, aber dennoch irgendwie besonders und intelligent witzig. So flog ich am Anfang regelrecht durch die Seiten. Es fing auch ziemlich spannend an. Interessante Akteure und ein toller Wortwitz der Autorin brachten alles so richtig in Fahrt.

Dann begann ein regelrechter Roadmovie durch Bayern in ländliche Orte mit plakativen Namen. Neben Übertreibling aus dem Titel sind da noch Verhausen und Mitgiftegg. Außerdem wimmelt die Geschichte nur so von markanten „Persönlichkeiten“. Aber so spannend diese „Heldenreise“ auch anfing, so flachte sie dann nach und nach leider immer mehr ab.

Obwohl die Handlung zwar weiter voranging, war für mich der Spannungsbogen bereits nach der Hälfte des Buches etwas ausgeleiert. Im letzten Drittel las ich dann stellenweise nur noch aus reiner Gewissenhaftigkeit weiter. Am Ende, als dann alles aufgeklärt war und noch ein Nachspiel kam, das eigentlich dem Beseitigen der letzten kleinen Unklarheiten dienen sollte, war ich nur noch genervt.

Für meinen Geschmack hat die Autorin für ihre Hauptfigur nicht den richtigen Punkt zum Aufhören gefunden, denn am Ende kommt seitenweises Herumgeschwurbele und Abgeschweife und ein übertriebenes Sich-selbst-in-Szene-Setzen.

Kurz gesagt: Das Buch fing spannend an und hatte auch einen Roten Faden. Der Kriminalfall, der hier dargestellt wurde, wurde am Ende aufgeklärt. Den Schreibstil empfand ich zunächst als gewöhnungsbedürftig, dann als witzig und sympathisch und am Ende nur noch als nervig. Wirkliche Wow-Momente gab es beim Lesen für mich leider nicht.

Die Vergabe von Sternen zur Bewertung fällt mir hier nicht leicht. Je weiter ich gelesen hatte, umso mehr bröckelte von den Sternen weg. Eigentlich würde ich am Ende 2,5 von 5 Sternen vergeben. Da das aber meistens nicht geht, belasse ich es noch geradeso bei 3.

Bewertung vom 14.03.2022
Nur Bärbel backte besser
Wood, Dany R.

Nur Bärbel backte besser


ausgezeichnet

Der Kriminalfall stört nicht weiter. Ich schmeiß mich weg!

Schon Cover und Titel dieses Buches haben mich sehr angesprochen. Sie vermitteln den richtigen Eindruck: Sehr witzig!

Die Geschichte spielt in Hirschweiler, einem fiktiven Dorf im Saarland, und der Kriminalfall stört nicht weiter. Naja, ganz so ist es nicht. Der Mordfall ist schon ziemlich spannend, und er wird bis zum Ende auch aufgeklärt. Die gerade erst eingestellte Putzfrau wird umgebracht und dieser Fall bildet den roten Faden für das Buch.

Hier kommt es aber vor allem auf das „Wie“ an. Im Mittelpunkt steht dabei die Familie Backes und die klärt den Fall letztendlich auf. Das sind Jupp, der Dorfpolizist, seine Frau Inge und deren Mutter Käthe. Die sind einfach liebenswert und immer in skurrilen mehr oder weniger alltäglichen Situationen zu erleben. Besonders mag ich es, wenn sie in ihrem Dialekt miteinander „schwätze“, was dann besonders drollig klingt.

Der Autor versteht es, die kleinen – zumeist unterhaltsamen – menschlichen Schwächen und Absurditäten des Alltags inklusive kleiner Peinlichkeiten äußerst gelungen zu überspitzen. So ist dieses mal wieder eins von den seltenen Büchern, die ich nicht in der Öffentlichkeit lesen könnte, ohne durch Kichern oder Glucksen aufzufallen.

Das Buch gehört zu einer Reihe und es ist nicht das erste dieser Reihe, aber das erste, das ich gelesen habe. Die ersten Teile haben mir zum Verständnis dieses lustigen Krimis nicht gefehlt, aber sie stehen nun auf meiner Leseliste.

Wer gern lustige und gemütliche Krimis mag, wird dieses Buch sicher genauso gern lesen, wie ich es getan habe.

Bewertung vom 07.03.2022
Flüchtiges Glück
Mothes, Ulla

Flüchtiges Glück


ausgezeichnet

Familiengeschichte wie ein Thriller

Dieser Roman ist ein Drei-Generationen-Roman, der insgesamt über eine längere Zeitspanne der jüngsten deutschen Geschichte spielt, und zwar zur DDR-Zeit in den 70er Jahren, zur Wendezeit um 1989 und heute.

Es beginnt mit der heutigen Generation, vertreten durch Milla, um die Jahrhundertwende geboren, und ihren Freund Navid, die mir beide sofort sympathisch sind. Einerseits durch Millas frische und fröhliche Art, die auch auf den jungen Navid, einen ehemaligen Flüchtling, abfärbt. Andererseits aber auch durch Navids Ernsthaftigkeit und Beharrlichkeit, die Schatten der Vergangenheit, die über Millas Familie lasten, zu vertreiben.

Millas Familie sind ihre Mutter Jola und deren Eltern, Agnes und Franz, die aus der DDR kommen und 1989 kurz vor deren Zusammenbruch geflohen sind. Alle leben heute in Berlin. Wir lernen sie auch recht schnell kennen.

Dass es in dieser Familie vermeintliche dunkle Geheimnisse gibt, wird klar, als Milla und Navid mit ihrem Großvater Franz einen Ausflug in seine alte Heimat nach Wolfen machen und dort ein alter Mann behauptet, Millas Oma sei schuld am Tod seiner Frau.

Dieser Roman ist sehr einfühlsam geschrieben und wird allen drei Generationen gerecht. Jede handelnde Figur wird sehr empathisch dargestellt, egal was sie in der Vergangenheit gemacht hat. Es ist keine Schwarz-Weiß-Malerei. So wird z. B. Agnes, die in der DDR bei der Staatssicherheit war, nicht von vornherein verteufelt.

Alle Standpunkte und verschiedene Sichten werden gleichberechtigt dargestellt. Es ist erstaunlich wie unparteiisch das der Autorin gelingt. Trotzdem ist der Roman sehr emotional und darüber hinaus äußerst spannend, denn wir bekommen nach und nach immer wieder Puzzleteile, die sich am Ende alle zu einem Ganzen zusammenfügen lassen.

Die Autorin hat einiges aus ihrer eigenen Erfahrung heraus schreiben können, aber auch vieles sehr sorgfältig recherchiert und es ist ihr gelungen, das alles sehr realistisch in dieser fiktiven Geschichte zusammenzubringen.

Besonders gut gefallen hat mir der Einsatz der Perspektivwechsel: In einer gegenwärtigen Handlung fühlt sich jemand aufgrund eines aktuellen Erlebnisses oder einer Wahrnehmung wie durch einen Trigger in die Vergangenheit zurückversetzt und genau die damalige Szene wird dann sofort erzählt. In einem Film würde an so einer Stelle das Bild zerfließen und es würde eine Rückblende kommen. Genauso kann man sich das in diesem Buch während des Lesens vorstellen. Ich habe es jedenfalls so vor mir gesehen.

Je weiter ich gelesen habe, als umso spannender empfand ich dieses Buch. Ich fühlte mich direkt in die Familie hineingezogen. Dieser Roman hat sich für mich fast angefühlt wie ein Thriller und hat mich begeistert.

Bewertung vom 26.02.2022
Ein Präsident verschwindet / Philipp Gerber Bd.2
Langroth, Ralf

Ein Präsident verschwindet / Philipp Gerber Bd.2


ausgezeichnet

Spannender Politthriller im geteilten Berlin der 50er Jahre

In diesem Politthriller geht es um das Verschwinden und spätere Wiederauftauchen des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes Otto John. Niemand weiß genau, ob er entführt wurde oder Landesverrat begangen hat. Dieser Roman spielt im Sommer 1954. Hauptfigur ist Phillip Gerber, Kriminalhauptkommissar beim BKA, der die Sache aufklären soll. Aus dessen Sicht wird alles erzählt.

Natürlich ist der Roman eine fiktive Geschichte, aber dem Autor gelingt es darin, auf eine sehr spannende und mitreißende Art Historie greifbar zu machen und ein wenig hinter die Kulissen – oder besser gesagt hinter das, was man sich als „Kulissen“ vorstellt – zu blicken.

Dieses Buch schließt sich chronologisch an den Roman „Die Akte Adenauer“ desselben Autors an. Es ist jedoch nicht zwingend erforderlich, dass man den ersten Roman gelesen hat, um mit diesem etwas anfangen zu können.

Die handelnden Personen und auch die politischen Interessen und Standpunkte der verschiedenen beteiligten Institutionen sind relativ anschaulich charakterisiert, zumindest soweit das möglich ist. Trotz eines Machtgefüges, das der unbedarfte Leser zunächst als kompliziert wahrnimmt – so ging es mir jedenfalls –, werden die Handlungen der einzelnen Personen und Gegenspieler größtenteils nachvollziehbar. Es gibt natürlich einige Ausnahmen, aber das sind einfach historische Ereignisse, deren Hintergründe bis heute nicht zu 100% aufgeklärt sind.

Neben einer sehr spannenden Story, an der mich vor allem das Schicksal des Haupthelden Phillip Gerber interessiert hat, habe ich ganz nebenbei und auf sehr anschauliche und angenehme Art wieder ein Stück deutscher Geschichte gelernt bzw. vertieft.

Den Schreibstil empfand ich als relativ sachlich, dennoch hat der Autor auch einige Emotionen recht gut herübergebracht – nach meinem Geschmack genau im richtigen Maß für einen Politthriller. Man merkt auch, dass der Autor sehr viel sorgfältige Recherchearbeit hineingesteckt und dennoch alle Gestaltungsspielräume, die eine solche Geschichte bietet, recht unterhaltsam ausgenutzt hat.

Ein besonderes Highlight waren für mich auch die fiktiven Gespräche zwischen dem damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer und dem Hauptkommissar Philipp Gerber.

Nicht unerwähnt möchte ich das Design dieses Buches lassen, weil ich es als besonders gelungen empfinde. Es ist in Metallic-Farben gehalten, der Titel ist in einer Schriftart, die an Schreibmaschinen-Lettern in alten Akten erinnert, auch die Überschriften der einzelnen Kapitel und die Seitennummerierung des gesamten Buches sind passend dazu gestaltet.

Nicht zu vergessen ist der Kartenausschnitt auf der inneren Seite des vorderen Buchumschlags aus dem Berlin der 50er Jahre. Hier sind sogar einzelne markante Handlungspunkte eingezeichnet. So etwas liebe ich und schaue immer wieder gern während des Lesens darin nach.

Mein Fazit: Rund herum gelungener und sehr spannender Politthriller.

Bewertung vom 23.02.2022
Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar / Mord ist Potts' Hobby Bd.1
Thorogood, Robert

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar / Mord ist Potts' Hobby Bd.1


ausgezeichnet

Viel besser als nur Miss Marple in modern

Die fidele siebenundsiebzigjährige Mrs Judith Potts wird zur Mordaufklärerin, weil sie so furchtbar neugierig und besessen von kniffligen Rätseln ist. Dabei rauft sie sich mit der Frau des Pfarrers Becks Starling und der Hundesitterin Suzie Harris zusammen. Die beiden anderen sind ebenfalls markante „Typen“.

Während Judith Potts fast ein Messie ist, ist Becks (eigentlich Rebecca) eine regelrechte Putzteufelin und Suzie eine sehr liebe, aber etwas einfache – wahrscheinlich sich selbst unterschätzende – Seele.

Die Geschichte spielt in einer beschaulichen englischen Kleinstadt und ist in der Tat „very british“, zumindest wie ich mir „very british“ vorstelle.

Judith Potts ist dermaßen einfallsreich und konversiert dabei ausgesprochen höflich, egal ob mit Verdächtigen oder der Polizei. Ich kann nicht verhindern, vor meinem inneren Auge immer wieder Miss Marple zu sehen, denn Mrs Potts hat den gleichen Scharfsinn, wenn nicht sogar noch ein wenig mehr. Hinzu kommt ihre feine Ironie, einfach wundervoll!

Sie trägt meistens ihren „Universal“-Umhang um die Schultern, der wie bei einer Superheldin hinter ihr her flattert, wenn sie auf dem Rad unterwegs ist. Diesen Umhang empfinde ich bei ihr schon in diesem ersten Roman der Reihe als so kultig wie den Trenchcoat von Columbo.

Neben allem Humor – und ich musste beim Lesen oft schmunzeln und manchmal sogar laut lachen – entwickelt sich die Geschichte zu einem äußerst kniffligen und spannenden Kriminalfall, bei dem nichts so richtig zusammenzupassen scheint.

Doch alle Details werden am Ende aufgeklärt und fügen sich zu einem logischen Ganzen zusammen. Es gibt einen regelrechten Showdown und danach einen entspannten Abschluss, bei dem noch ein kleines persönliches Geheimnis um die Hauptheldin selbst zumindest ansatzweise gelüftet wird.

Da dieses Buch der Auftakt einer Reihe ist, hatte ich schon Angst, dass davon etwas offen bleiben und sich als Langzeiträtsel durch weitere Bücher ziehen würde. Aber zu meiner großen Freude ist alles in sich abgeschlossen.

Fazit: Rundum gelungenes „Cosy Crime“. Ein Fall, der im Laufe des Buches immer komplizierter und spannender wird und am Ende eine vollständige und logische Aufklärung findet. Sehr sympathische Protagonistinnen. Feiner, etwas ironischer Humor und ein paar Situationen, die unheimlich komisch sind. Natürlich darf man an manchen Stellen beim Lesen nicht zu viele Überlegungen, ob so etwas realistisch sei, anstellen. Kurz gesagt: Ein überaus gelungener Reihenauftakt, der gute Laune und Lust auf mehr macht.