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clematis

Bewertungen

Insgesamt 385 Bewertungen
Bewertung vom 23.08.2025
Gestern und Heute (eBook, ePUB)
Teufl-Heimhilcher, Brigitte

Gestern und Heute (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Missverständnisse und Auswege

Gisela ist über achtzig, aber noch rüstig und munter mit dabei in ihrer Immobilienfirma. Als aber ihre Rückenschmerzen nicht mehr länger zu verleugnen sind und die moderne Technik mit undurchschaubaren Computerprogrammen ihr die Arbeit eher schwerer als leichter von der Hand gehen lässt, denkt sie über Veränderungen nach. Eine Versöhnung mit Karin, eine Senioren-WG – allerlei Projekte spuken da in Giselas Kopf herum und bereiten den Weg für unterhaltsame Lesestunden, während der wir verzweigte Familienstrukturen kennenlernen dürfen und deutlich sehen können, wie die Vergangenheit unser jetziges Leben beeinflusst.

Kombiniert in diesem Sammelband geht die Geschichte Giselas nahtlos in jene von Elke und Johann über und bietet interessante Einblicke in zuweilen kompliziert anmutende Familienverhältnisse. Mütter und Stiefmütter, Ex-Freunde und neue Liebschaften, verstorbene Menschen und Enkelkinder, der Stammbaum samt Freunden ist weit verzweigt, stiftet manchmal auch Verwirrung, obwohl Brigitte Teufl-Heimhilcher ihre Figuren sehr deutlich charakterisiert. Einmal eingetaucht ins Geschehen, hat man dann aber bald das Gefühl, mittendrinnen zu sein in diesem Trubel, der besticht durch unterschiedliche Meinungen und Weltanschauungen, ja sogar jahrzehntelangen Zwist. Ist dieser berechtigt oder beruht er auf Missverständnissen? Gibt es Auswege in Richtung Versöhnung oder ignoriert man sich weiterhin gekonnt? Auf beeindruckende Weise verknüpft Brigitte Teufl-Heimhilcher immer wieder das Jetzt mit längst vergangenen Tagen, sodass Ursachen und Auslöser offenbar werden, welche das Heute nachhaltig beeinflussen. Was schlussendlich daraus entsteht, wenn Hausverwalter, Künstler und Geistliche aufeinandertreffen, schildert die Autorin mit leicht ironischem Unterton und einem gerüttelt Maß an Humor.

Ein angenehmer Lesefluss stellt sich aufgrund des flüssigen Schreibstils schnell ein, die Szenen sind direkt aus dem Alltag gegriffen und bieten somit immer wieder die Möglichkeit, sich mit einer Figur zu identifizieren. Auch wenn das Buch eher ruhig daherkommt, ohne große Aufregung, so besticht es doch durch die präzise gezeichneten Charaktere und das lösungsorientierte Zusammenfinden höchst unterschiedlicher Personen. Gesellschaftspolitische Themen werden unaufdringlich, quasi im Vorübergehen, eingestreut und passen somit perfekt in die Handlung.

Mir hat der Sammelband mit „Ach, Gisela“, „Ach, Elke“ und „Ach, Johann“ eine unterhaltsame Lesezeit beschert, jetzt bin ich neugierig auf die Reihe „Juttas Freundinnen“.

Bewertung vom 21.08.2025
Die Holunderschwestern (eBook, ePUB)
Simon, Teresa

Die Holunderschwestern (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Fehlende Seiten

Fanny (Franziska) und Fritzi (Friederike), Zwillingsschwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber dennoch wie Pech und Schwefel zusammenhalten, erleben nicht nur während der „zerrissenen Jahre“ (1918-1938) unruhige Zeiten, aber auf diese konzentrieren sich die Tagebucheinträge, welche Fannys Urenkelin Katharina 2015 in die Hände bekommt. Im munteren Wechsel der Zeitebenen erfahren wir, welche Familiengeheimnisse über lange Zeit im Verborgenen schlummern.

Mit viel Liebe zum Detail erzählt Teresa Simon auch in diesem Roman wieder eine so spannende wie berührende Geschichte über den Aufbruch nach dem Großen Krieg, Freundschaften, die es nicht geben sollte und die Bindung zwischen Zwillingen. Wahre Begebenheiten haben die Autorin inspiriert zu einer fiktiven Handlung, welche ein lebendiges Bild der damaligen Zeit zeichnet und sogar bekannte historische Persönlichkeiten wie Paul Klee oder Rainer Maria Rilke ins Geschehen einbindet. Ebenso nah fühlt man sich den Figuren im 21. Jahrhundert, welche anhand von Tagebuchaufzeichnungen Katharinas Familienchronik auf den Grund gehen. Ach nein, mitten drinnen fehlen wesentliche Seiten und irgendwann reißt der Text abrupt ab. Es wäre aber keine gelungene Geschichte, würde sich das Rätsel um die Lücken nicht lösen lassen, und genau das gelingt den Personen im Buch bestens. Teresa Simon legt die Spur in die Vergangenheit und schafft es bravourös, die Übergänge zwischen den beiden Zeitebenen fließend zu gestalten, sodass man einerseits so neugierig wird wie Katharina und andererseits ganz abtaucht in die Zeit der Zwillinge Fanny und Fritzi. Dazwischen gibt es historische Eckpfeiler zur Orientierung, interessante Einzelheiten in Sachen Möbelrestaurierung und duftende Mahlzeiten, die Fanny und Katharina auf den Tisch zaubern.

Ein herzlicher Schreibstil mit lebendigen Szenen führt uns durch diesen wunderbaren Roman, der Wissenswertes mit Leichtigkeit in eine fesselnde Handlung einfügt. Mir haben die Holunderschwestern viel Freude beim Lesen bereitet, weshalb ich sehr gerne eine Empfehlung ausspreche.

Bewertung vom 19.08.2025
Heimat (eBook, ePUB)
Lühmann, Hannah

Heimat (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Neubausiedlung

Jana und Noah ziehen mit ihren beiden kleinen Kindern in eine auf den ersten Blick idyllische Neubausiedlung hinter dem Speckgürtel. Nach der spontanen Kündigung frei vom Arbeitsdruck und in Erwartung des dritten Sprösslings ordnet Jana ihr Leben neu, freundet sich nach einiger Zeit mit anderen Müttern an. Allerdings scheint man hier anders zu denken und zu leben als Jana es bislang aus der Stadt gewohnt ist.

Überaus realistisch erzählt Hannah Lühmann von Jana und sogenannten Tradwives, Frauen, welche ganz und gar in ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter aufgehen und dieses Bild nach Möglichkeit auch noch auf diversen Social Media Kanälen veröffentlichen. Anfangs noch darüber verwundert, dass man den örtlichen Kindergarten nur bis zur Mittagszeit nützt, überlegt Jana bald, ob es nicht tatsächlich besser wäre, sich selbst mehr um den Nachwuchs zu kümmern. Ähnlich werden andere Themen aufgegriffen und hinterfragt, Kochrezepte übernommen und Handarbeitstechniken ausprobiert, bis Jana wie selbstverständlich in die Gemeinschaft der anderen Frauen aus der Neubausiedlung hineinwächst. Geschickt zeigt die Autorin dieses Buches Szenarien auf, die zum Nachdenken anregen, ohne selbst jedoch einzelne Aspekte als gut oder schlecht zu normieren. Dieses Sichtbarmachen von unterschiedlichen Lebensmodellen gelingt auf großartige Weise und geht einher mit einem spannenden Schreibstil, der mich sofort an die Seiten dieses eher schmalen Büchleins gefesselt hat. Auf wunderbare Weise entsteht aus schnödem Alltag eine lebendige Geschichte, die man sich bildlich und lebhaft vorstellen kann, genau so könnte es tatsächlich passieren. Das Ende ist erschütternd, insbesondere, wenn man noch einmal zum Anfang zurückblättert.

Höchst interessante Gedankenanstöße zu verschiedenen Lebensentwürfen und mehr oder minder auffällige Beeinflussung durch die Umwelt zeichnen diesen großartigen Roman besonders aus. Leseempfehlung!

Bewertung vom 19.08.2025
Honigtage
Cantrell, Josephine

Honigtage


sehr gut

Eden Fields II

Völlig in ihre Arbeit auf der Apfelfarm vertieft, insbesondere mit den geliebten Bienen, versucht Flora Swan, den Tod ihres Verlobten Rian zu bewältigen. Als dessen bester Freund Jonathan vorschlägt, eine Filmdokumentation über die Farm zu drehen, ist Flora unschlüssig, was sie für den netten Regisseur empfindet – und findet zur gleichen Zeit alte Schriften von ihrer Ururgroßmutter Grace.

Eine Geschichte auf zwei Zeitebenen, wie man sie allenfalls schon gelesen hat? Mitnichten, Josephine Cantrell legt so viel Gefühl in ihre Erzählungen wie kaum jemand anderer. Egal, ob ums Jahr 1911 herum oder in der Gegenwart, beide Handlungsstränge sind mit Ruhe und Poesie ausgestattet, sodass der Roman sich fein wie ein lauer Sommerabend anfühlt. Stimmungsvoll vor der Kulisse Irlands geht es um die Krankenschwesternschülerin Grace in der Vergangenheit, sowie um den Arzt Seamie und die damals meist tödliche Tuberkulose, um Flora, ihre Bienenzucht und ihre Trauerbewältigung in der Jetztzeit. Fehlende Puzzlestücke in der Familienchronik werden gesucht, unbekannte Namen eingefügt und Zusammenhänge bis zu Flora und ihren beiden Schwestern hergestellt. Sowohl die Krankenhaus- und Pflegeszenen als auch die Liebesgeschichten sind glaubwürdig ins Geschehen eingebettet, die Entwicklung der Figuren realistisch dargestellt. Ein Hauch von Wehmut liegt über dem ganzen Roman und verleiht ihm die Stimmung, welche ich als „typisch Cantrell“ bezeichnen würde.

Irland und eine ruhige, dennoch atmosphärische Familiengeschichte auf Eden Fields in den Wicklow Mountains – auch der zweite Teil bietet angenehme Lesestunden zum Träumen.

Bewertung vom 18.08.2025
Spät am Tag (eBook, ePUB)
Vego, Kristin

Spät am Tag (eBook, ePUB)


gut

Melancholie der Erinnerung

Johanne blickt zurück. Zurück auf punktuelle Momente im Leben, die zu einer Erinnerung voller Melancholie verschmelzen. In einem großen weißen Haus lässt sie die Zeit hier Revue passieren und den Leser daran teilhaben, indem sie ihre Gedanken zu Papier bringt.

In zwei größere Teile gliedert Kristin Vego ihren Roman, der einerseits Johannes Flucht aus der Stadt skizziert, den Umzug aufs Land, wo sich sprichwörtlich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen und Johanne und Mikael sich näher kommen und andererseits siebzehn Jahre später in Form eines Rückblicks diese Zeit beleuchtet. Ist Mikael vorerst nur Vermieter, entwickelt er sich zum Liebhaber und später Ehemann von Johanne, dennoch spielen auch Mikaels Ex-Frau und Tochter eine große Rolle im gemeinsamen Alltag. Irgendwie passiert kaum etwas, das Leben zieht vorüber, die einzige Konstante scheint Johannes Menstruation zu sein, die oftmals thematisiert wird, eine Metapher über Regelmäßigkeit und Vergänglichkeit gleichermaßen.

Die Autorin schreibt fließend, fast stimmungsvoll lyrisch, ein trauriger Unterton schwingt dennoch stets leise mit, sodass man der Schönheit der Landschaft kaum die positive Stimmung und Ruhe abgewinnen kann, welche Johanne hier einstmals gesucht hat. Einige Zitate aus literarischen Werken werden ins Geschehen eingebunden, am Ende des Buches gibt es Quellen und weiterführende Hinweise dazu.

Vor allem die präzise gezeichnete Stimmung ist es, die den Roman über die Liebe auszeichnet und deren Fortbestand in der Erinnerung sucht.

Bewertung vom 18.08.2025
Der Barmann des Ritz (eBook, ePUB)
Collin, Philippe

Der Barmann des Ritz (eBook, ePUB)


gut

Meier an der Bar

Nach einem Aufenthalt in Amerika tritt der Österreicher Frank Meier während des Ersten Weltkriegs in die Fremdenlegion ein, überlebt die Kriegswirren und übernimmt im Jahre 1921 als französischer Staatsbürger die Bar des legendären Hotel Ritz in Paris. Im Jahre 1940 besetzen die Deutschen die Hauptstadt und lassen sich gerne von Meier dessen großartige Kreationen servieren. Dabei muss er höllisch aufpassen, dass er seine jüdische Identität nicht preisgibt.

In eher sachlich-nüchterner Weise beschreibt Philippe Collin das Leben von Frank Meier während der deutschen Besatzung. Der getaufte Jude mit französischen Papieren verschmilzt gleichsam mit seinem Interieur an der Bar, fügt sich so unauffällig ins Geschehen, dass kaum jemand auf die Idee kommt, dass er gar nicht hier sein dürfte. Verschwiegen und loyal mixt er für jeden Wunsch den passenden Cocktail, hört aufmerksam zu und behält in allen möglichen Szenarien sein Pokerface bei. Nach bekannten Größen wie Coco Chanel und Ernest Hemingway sind es nun die Nationalsozialisten rund um Goebbels, welche hier diskutieren und feiern und im Luxus frönen als würde niemand Hunger leiden. Was mir ein wenig fehlt, sind mehr persönliche, emotionale Szenen, die den Roman noch authentischer hätten erscheinen lassen, denn auch die (fiktiven) Tagebuchauszüge von Meier sind eher informativ als gefühlsbetont. So werden beispielsweise die Ängste, die der Barmann mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgestanden hat, kaum spürbar, ebenso seine Zuneigung zu Blanche Auzello, was ich ein wenig schade finde, denn dadurch wäre das Buch doch viel lebendiger geworden.

Nichtsdestotrotz ein interessantes Portrait von Frank Meier, der von 1884 bis 1947 gelebt hat und mehr als 25 Jahre lang für die Bar des Ritz verantwortlich war.

Bewertung vom 18.08.2025
Erebos Bd.3
Poznanski, Ursula

Erebos Bd.3


ausgezeichnet

Die Suche

Kaum ist Spiel Nummer 2 zu Ende, schon wird Nick wieder von Erebos rekrutiert. Diesmal werden die Spieler auf die Suche geschickt, aber niemand weiß, wer oder was gesucht werden soll. Dabei läuft die Zeit gnadenlos, denn es geht ums Überleben.

Raffiniert und mit einer gewissen selbstgefälligen Art agiert Erebos auch diesmal wieder, wobei die Überwachung nach wie vor lückenlos stattfindet und Nick sich dem Ganzen praktisch nicht entziehen kann. Die Abwechslung zwischen realem Leben und dem Computerspiel ist bestens gelungen, der wechselseitige Einfluss aufeinander großartig dargestellt. Selbst wenn einige Ähnlichkeiten zu den Vorgängerbänden auffallen, so ist doch auch hier wieder Nervenkitzel spürbar und das Mitfiebern mit den Hordenmitgliedern, welche Nick/Sarius rekrutieren und anführen muss, stellt sich automatisch ein. Die Spannung wird stetig weiter nach oben getrieben und gipfelt in einer äußert schwierigen Situation, vor der die Suchenden schlussendlich landen.

Packend in Worte gefasst, erliegt der Leser nun zum dritten Mal einem großartigen Sog, welcher dieses Spiel und damit auch dieses Buch auslöst. Ich hatte großen Spaß und empfehle Erebos 3 daher alle jenen weiter, die Spannung suchen rund ums Thema Computerspiel und Abhängigkeit.

Bewertung vom 16.08.2025
Die Frau in den Fluten
White, Loreth Anne

Die Frau in den Fluten


ausgezeichnet

Mit dem Fernglas

Chloe Cooper arbeitet in einer Bar, führt fremde Hunde Gassi und pflegt ihre kranke Mutter. So weit, so normal, aber sie steht auch gerne an ihrem Fenster und beobachtet mit dem Fernglas, was andere Menschen so treiben, neuerdings ihre frisch zugezogenen Nachbarn. Als sie eines Tages mit dem Hund ihrer Mutter am Strand entlangspaziert, wird sie Zeugin eines Unfalls zwischen einem Jetskifahrer und einer Schwimmerin. Aber war es tatsächlich ein Unfall? Nicht nur durch die polizeilichen Ermittlungen gerät Chloe unter Druck.

Aus verschiedenen Perspektiven und eingeblendeten Interviews in der Rückschau setzt Loreth Anne White diesen Thriller zusammen und erreicht dadurch mit spielerischer Leichtigkeit einen hohen, durchgehenden Spannungsbogen. Wenige Charaktere beherrschen das Geschehen, welches beim Leser für mannigfaltige Vorstellungen und Interpretationsmöglichkeiten sorgt, die Auflösung gestaltet sich logisch und verknüpft alle bislang losen Fäden geschickt miteinander. Zur Handlung selbst lässt sich kaum Näheres sagen, denn das würde viel von der gekonnt aufgebauten Geschichte vorwegnehmen.

Unglaubliche Szenen und Figuren, welche sich deutlich entwickeln, stehen neben Loreth Anne Whites atmosphärischem Schreibstil mit Sogwirkung im Mittelpunkt und so verdient auch „Die Frau in den Fluten“ volle fünf Sterne mit einer Leseempfehlung!

Bewertung vom 15.08.2025
In uns der Ozean (eBook, ePUB)
Graw, Theresia

In uns der Ozean (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Eine Stimme für die Erde

Rachel Carson wird von Mary Scott, ihrer Professorin am Pennsylvania College, für die Naturwissenschaften begeistert und möchte in der Forschung Fuß fassen, besonders der Lebensraum Meer hat ihr Interesse geweckt. Als im Jahre 1929 Rachels Vater verstirbt, bricht ihr Lebenstraum aber jäh in sich zusammen, denn sie muss die Promotionsstelle in Woods Hole aufgeben noch bevor sie sie angetreten hat, um die Familie fortan finanziell zu unterstützen. Dennoch findet sie Wege, sich mit der Natur und dem Planeten Erde auseinanderzusetzen: sie schreibt Artikel für Journale und Zeitungen, veröffentlicht drei Bücher über das Meer, um Wissenschaft spannend und gut verständlich für jedermann zugänglich zu gestalten. Aber dann wird das Insektengift DDT entdeckt und als Wundermittel vermarktet – Rachel beschleichen Zweifel.

Auf großartige Weise verknüpft Theresia Graw eine überaus interessante Biographie und eine sehr spannende fiktive Handlung zu einem meisterhaften Roman, erhebt im Namen der engagierten Biologin eine Stimme für die Erde. Anfangs eher ruhig, wird die Handlung im Laufe der Kapitel immer aufregender, der Kampf gegen den vorbehaltlosen Einsatz von Umweltgiften hitziger. Kaum jemand unterstützt die mutige Wissenschaftlerin, denn sie ist nicht promoviert, nicht verheiratet, gilt zur damaligen Zeit mehr als verschrobene alte Jungfer denn als ernstzunehmende Forscherin. So spiegelt die Autorin dieses fesselnden Buches die gesellschaftliche Stellung der Frau bestens wider und zeigt gleichzeitig auf, welcher Pioniergeist in Rachel Carson gesteckt hat.

Voller Lebendigkeit erzählt Rachel in der Ich-Form über ihr bewegtes Leben, ihre Träume und Hoffnungen, Ziele, die sie sich gesteckt hat und deren Erreichbarkeit mitunter in weite Ferne rückt. Bildhaft und lebendig geht es über Plankton und Krebstierchen hin zu Wildgänsen und Seeadlern, beeindruckende Naturschauplätze tun sich vor unserm geistigen Auge auf, lauscht unser Ohr den Vogelstimmen, welche den Frühling ankündigen. Als dieses Konzert eines Tages ausbleibt, erhebt sich Rachels innere Stimme, ermutigt sie, ihrer Intuition zu folgen, sie beginnt einen scheinbar ausweglosen Kampf gegen die Windmühlen der chemischen Industrie und der Behörden, welche veranlassen, dass das Insektengift DDT in unkontrollierten Mengen über Natur und Menschen ausgesprüht wird. Zu aller Wohle, wie man nicht müde wird, zu betonen. Der Bogen spannt sich über die Tatsache, dass alles Leben auf der Erde zusammenhängt und kein Eingriff durch den Menschen ohne Folgen bleibt.

Theresia Graw weckt nach ihren bisherigen Romanen hohe Erwartungen und wird diesen auch mit dem vorliegenden Buch in jeder Weise vollkommen gerecht. Ein zeitloses Thema, welches ganz konkret Rachel Carson als mutige Umweltschützerin in den Mittelpunkt rückt und ganz allgemein dazu anregt, sich zu engagieren, auch wenn es heißt, gegen den Strom zu schwimmen. Hervorragend werden sachliche Inhalte in eine unterhaltsam zu lesende Form gebracht. Dafür gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

Bewertung vom 14.08.2025
Miss Vergnügen (eBook, ePUB)
Parker, Martina

Miss Vergnügen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Miss ... ohne Vornamen

Miss Brooks ist soeben von ihrem Ehemann verlassen worden und häkelt neben einer sprachgestörten Katze bei klassischem Earl Grey Tee bunte Sorgenpüppchen. Schräg? Nein, very british, denn Miss … ohne Vornamen kommt aus England und muss in Wien ganz von vorne anfangen. Talentiert mit Make-up und Farbe steigt sie beim Luxuskonzern Très Loué als Visagistin ein – und stolpert prompt in einen Mordfall. Mörderisch spannend, mörderisch lustig!

Neunundzwanzig Kapitel mit großartigen Titeln und ein Epilog bieten alles, was ein ausgezeichneter Kriminalroman erwarten lässt: tolle - wenn auch mit sonderbaren Eigenheiten ausgestattete - Figuren, einen grandiosen Schauplatz, nämlich Wien und eine gut gestrickte (oder doch eher gehäkelte?) Kriminalhandlung. Als Draufgabe gibt es bei Martina Parker auch noch besten Wortwitz und schwarz gefärbten Humor.

So fällt es einem leicht, sich an einem gemütlichen Platzerl taub zu stellen für die Umwelt und ganz einzutauchen ins Geschehen. Zwischen Döbling und dem Mühlwasser, in Villen und Gartenhäuschen fühle ich mich auch als Leser pudelwohl (darf man das so schreiben, wenn eine Katze die tierische Hauptrolle einnimmt?), bestelle einen G’spritzen im Beisl namens Café Pinguin und radle sogar durch die Lobau. Die überaus unterhaltsame Geschichte fesselt mich ob ihrer abwechslungsreichen Szenen - wir besuchen auch die Augarten Porzellanmanufaktur - und dem typischen Wiener Schmäh, der pausenlos rennt.

Das Buch ist einfach herrlich, mein Nachbar wird mich schon für verrückt halten, weil ich mich immer wieder zerkugle vor lauter Lachen. Zum Glück habe ich mich nur halb tot gelacht, denn ganz tot würde ich ja glatt die Fortsetzung verpassen, und das geht einfach gar nicht! Miss Verständnis steht natürlich schon auf meiner Wunschliste für 2026. Nicht nur Liebhaber der Gartenkrimireihe von Martina werden hier auf ihre Kosten kommen, jeder, der Krimi und Humor schätzt, sollte Miss Brooks kennenlernen! Absolute Leseempfehlung!