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gaby2707

Bewertungen

Insgesamt 2042 Bewertungen
Bewertung vom 03.10.2021
Betongold
Weber, Tanja

Betongold


ausgezeichnet

Geschichten aus München-Giesing

1974, als der Smokey, der Schani und der Moni noch Josef Frey, Martin Schanninger und Matthias Hinterkammer heißen, beginnt die Geschichte um eine wunderbare Freundschaft der drei und um ihr Leben in München-Giesing. Im Corona-Jahr 2020 sind alle drei Mitte 60 und der Schani, bis heute finanzkräftiger Immobilieninvestor, liegt mit seinen silbernen Schlangenlederstiefeln in der Baugrube in der Gietlstraße, wo bis vor kurzem noch das kleine Haus seiner Mutter stand. Oberkommissar a.D. Josef Frey, geplagt mit Morbus Bechterow im Rücken, lässt es sich nicht nehmen und versucht auf eigene Faust den Tod seines Spezls zu klären.


Als ich den Klappentext und die Leseprobe zu diesem Buch gelesen habe, war mir als Münchnerin klar, das muss ich lesen. Und ich bin immer noch ganz begeistert von dem Krimi, der ohne viel Blutvergießen auskommt und einen Einblick in das Leben der letzten 50 Jahre von Giesing und seinen Bewohnern gibt.

Tanja Weber hat mit diesem Buch einen Krimi kreiert, der für mich nicht durch den Todesfall vom Schani so interessant und spannend wird, sondern vor allem durch die Rückblicke in die verschiedenen Lebensabschnitte der drei Jungs. Hier erfahre ich, wie aus ihnen die Männer wurden, die sie heute sind und die ihre Freundschaft über all die Jahre konserviert haben.

Die Autorin kommt mit sehr wenigen Protagonisten aus. Beim Lesen beschäftige ich mich hauptsächlich mit dem von Morbus Bechterow „dem Russen“ gepeinigten ehemaligen Kriminalkommissar Josef Frey, den seine Freunde, seit er gegen seine Krankheit Canabiszigaretten raucht, nur noch Smokey nennen. Seine Frau Gabi hat ihn vor 15 Jahren verlassen und heute pflegt er zu ihr und ihrem neuen Lebensgefährten Klausi ein freundschaftliches Verhältnis.
Matthias Hinterkammer hat seinen Namen seiner an Krebs verstorbenen Frau Monique, die er aus Haiti mitgebracht hat, bzw. deren Kneipe „Bei Moni“ zu verdanken. Heute gehen die Freund also zum Moni, der die kleine Kneipe immer noch betreibt – obwohl fast keine Gäste mehr kommen. Seine Tochter Aymée und ihr Freund Tahiil halten hier ab und zu die Stellung.
Als dritter im Bunde der Martin Schanninger, der Schani, der sich vom Gerüstbauer zum Immobilienhai hoch gearbeitet hat und nicht viele Menschen seine Freunde nennen kann. Nur diese beiden sind ihm geblieben. Und nun ist er tot.
Es kommen und gehen auch noch ein paar andere Leute, die aber für die Geschichte in meinen Augen nicht ganz so wichtig sind. Alle sind sie sehr gut vorstellbar ausgearbeitet und haben sich in dem Film, der in meinem Kopf abgelaufen ist, schnell einen Platz gesichert.

Besonders gut gefällt mir die Sprache, die Tanja Weber hier verwendet. Sehr bildhaft und manchmal poetisch, meist einfach und ohne Schnörkel.
Es geht um einen toten Investor, um Stadtentwicklung, Mieten, Entmietung und Bodenpreise. Aber hauptsächlich geht es um Freundschaft und um den Münchner Stadtteil Giesing mit den Menschen, die hier leben. Hier auf den Straßen und Plätzen rund um die Tegernseer Landstraße und den Ostfriedhof habe ich mich richtig wohl gefühlt.

„Betongold“, eine interessante Zeitdokumentation mit einer kriminellen Geschichte als Nebenschauplatz. Ein Roman mit Tiefgang, mit lustigen und mit traurigen Episoden. Ein Buch, das mir sehr gut gefallen hat.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.10.2021
Das Camp beim Leuchtturm
Busch, Ulrike

Das Camp beim Leuchtturm


ausgezeichnet

Mobbing – ein sehr ernstes Thema

Am Vormittag noch sprüht ein Schüler ein grünes Schaf auf den Rücken seines Poloshirts. Nun liegt der verschlossene, zurückhaltende und durchsetzungsunfähige Lehrer eines Sylter Privatgymnasiums Ove Matzen tot am Fuße des Wohnhochhauses in Westerland, wo er im 10. Stock alleine gelebt hat und nun über das Balkongeländer gestürzt ist. Hat er seinem Leben selbst ein Ende gesetzt? Oder ist es doch Fremdverschulden? Und wo ist Matzens Freundin Nala abgeblieben? Diese Frage müssen KHK Kuno Knudsen und sein Kollege KK Arne Zander bei ihren Ermittlungen nun klären.

Es ist nun schon der 7. Fall, den ich mit den beiden sympathischen Kommissaren der Kripo Wattenmeer kläre. Es war auch diesmal wieder richtig spannend und es hat mir großen Spaß gemacht, den beiden über die Schulter zu schauen und bei ihren Dialogen Mäuschen zu spielen. Dass auch diesmal das Private wieder einen Anteil gefunden hat, gefällt mir sehr gut. Da findet die Autorin immer genau die richtige Mitte. Sie hat mich hier zum Schluss so neugierig gemacht und ich bin so gespannt, wie es mit der Lebensplanung von Kuno und seiner Lebensgefährtin Bente weiter geht.
Ich freue mich auch immer, wenn ich weitere alte Bekannte, wie hier den Inselreporter Friedrich Fliegenfischer genannt EffEff, Kunos Bruder Okko oder den Biologieprofessor Dionysius Bubendey wiederlese. In diesem Fall kann ich gut verstehen, dass sich Dionysius Sorgen um seine Seminare rund ums Thema Wattenmeer macht, da auf Amrum gerade ein sozialbasiertes Training für nicht sozialisierbare Jugendliche stattfindet. Hier ist z.B. auch ein Jugendlicher aus der Klasse von Ove Matzen dabei.

Bei diesem Fall tun sich Kuno und Arne nicht leicht und es ist zum großen Teil der akribischen Spurensuche der Kriminaltechnik, hier von Inka Hoop, der Lebensgefährtin von Arne, zu verdanken, dass sie bald ein großes Stück weiter kommen.
Mobbing – ein Thema, das auch im wahren Leben immer wieder vorkommt, spielt in diesem Fall eine große Rolle. Die Gespräche hierzu, die die Kommissare mit einem Sozialarbeiter führen, waren für mich sehr aufschlussreich und interessant.
Auch ein kurzer Ausflug der Kommissare auf die Hallig Hooge hat mir interessante Einblicke in dieses abgeschiedene Marschinseldasein gebracht.

Autorin Ulrike Busch hat es auch diesmal wieder verstanden, mich mit vielen „Spuren“ auf eine Person anzusetzen, die dann doch nicht der Täter war. Von der perfekten Auflösung und dem mir dort präsentierten Täter war ich dann doch überrascht.

283 Seiten, aufgeteilt in 36 kurze Kapitel machen es leicht, zwischendurch mal schnell eine kurze Pause zu machen. Denn mehr ist bei dem Fall, der so spannend aufgebaut und sehr undurchsichtig scheint, nicht möglich. Ich bin durch die Seiten nur so geflogen.
Für Neueinsteiger in die Fälle der Kripo Wattenmeer: Alle Fälle sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden. Mir hat es aber sehr viel Spaß gemacht, die Kommissare von Anfang an bei ihrer Entwicklung zu begleiten.

Ein spannender Fall mit einem interessanten Thema haben auch diesmal bei mir für unterhaltsame Lesestunden gesorgt. Und ich freue mich heute schon auf ein Wiederlesen auf Sylt und Amrum.

Bewertung vom 02.10.2021
Lumi Schneefuchs sucht das Wunderlicht
Reider, Katja

Lumi Schneefuchs sucht das Wunderlicht


ausgezeichnet

Freundschaft ist wie ein großes Wunder

Nachdem sein Opa ihm von dem magischen grünen Licht hoch im Norden erzählt hat, will der kleine Schneefuchs Lumi dieses unbedingt sehen und auch, wie man sich erzählt, ein Wunder erleben. Also macht er sich ganz allein auf den langen, beschwerlichen Weg. Bald bekommt er Hunger und ist froh, dass Pelle, der Papageientaucher ihm mit Fischen aushilft und ihn ab jetzt begleitet. Ausruhen dürfen die Beiden bei Familie Schneehase. Da auch Hase Hopp das Wunder erleben möchte, schließt er sich den Beiden an. Robbe Bosse möchte ebenfalls mit gen Norden und ein Elch bringt sie schließlich dorthin, wo sie das Zauberlicht sehen können. Und dann versteht Lumi das Wunder, das nicht aus dem magischen Licht besteht.

Nachdem ich das Buch vor ein paar Tagen aus dem Briefkasten und dann vom Umschlag befreit hatte, war ich schon ganz begeistert. Wenn ich mit den Händen über das Cover streiche, haben der Mond und die drei Tiere eine ganz besondere Haptik.

Dann beginnt die zauberhafte Geschichte vom kleinen Schneefuchs Lumi, der auf seiner Reise zum Nordlicht neue Freunde findet.
Ich finde den Beginn der Freundschaften sehr gut ausgearbeitet und vor allem, dass Lumi und seine Freunde ihre Freundschaft als ein großes Wunder empfinden, gefällt mir sehr gut und kommt beim Lesen der Geschichte auch gut heraus.
Die Geschichte von Autorin Katja Reider zieht sich in nur wenigen Zeilen pro Seite durch dieses Buch, was die jungen Zuhörer beim Vorlesen nicht überfordert. Ich denke, Dreijährige, wie hier als Empfehlung angegeben, können dem Text sehr gut folgen.

Auf den wunderschönen Illustrationen von Henrike Wilson, die mit nur wenigen Farben auskommen, und doch sehr aussagekräftig sind, gibt es so Vieles zu entdecken. Sie ergänzen den Text auf wundervolle Weise.

Ich habe mich beim Lesen sofort in Lumi und seine Freunde verliebt und bin nun sehr gespannt, wie unsere beiden kleinen Enkel die Geschichte um diese Freundschaften aufnehmen werden.

Bewertung vom 02.10.2021
Das Dorf der Nackten - Freizügig und geil   Erotische Geschichten
Rose, Holly

Das Dorf der Nackten - Freizügig und geil Erotische Geschichten


sehr gut

Eine interessante Dorfgemeinschaft

Autorin Holly Rose nimmt mich in ihrem erotischen Roman mit nach Veganus, einem Dorf nahe der polnischen Grenze, in dem alles erlaubt ist, außer Kleidung. Alle sind immer und überall nackt. Beim Einzug ins Dorf gibt man seine Kleidung, die man noch besitzt, ab. Und wenn man wirklich mal ausziehen sollte, was lt. dem Bürgermeister bisher noch nicht geschehen ist, bekommt man sie zurück. Die Dorfgemeinschaft kann sich über mangelnden Zuzug nicht beklagen.
So lerne ich hier Marco und Jenny, Terry und Jude, den Postboten Hinnerk, Stella, Luna, Betty und Chris, Michael und Michaela, Lisa und Tom, Matthias und Eva und Carlo kennen. Bei allen geht es ohne Tabus heiß und hoch erotisch her. Und ich darf bei den vielfältigsten Gelegenheiten Mäuschen spielen, meine Fantasie anregen lassen und mir Anregungen holen.

Mir gefällt der spritzige und vor allem sehr bildhaften Erzählstil der Autorin sehr gut. Sie spricht zwar alles sehr direkt an, aber ohne derb, obszön oder vulgär zu wirken. Ich hätte mir allerdings bei einigen Szenen etwas mehr langsame Annäherung gewünscht. So wirkt z.B. ein Zusammentreffen mit den neuen Nachbarn doch sehr plump.

Quasi als Guddi bekomme ich noch einen Gutschein-Code für eine exklusive Zusatzgeschichte als E-Book zum herunterladen.

Mein Kopfkino ist ab der ersten Seite im Einsatz und und versorgt mich mit interessanten Bildern. Mich hat Holly Rose gut unterhalten.

Bewertung vom 02.10.2021
Im Versteck
Thiesler, Sabine

Im Versteck


ausgezeichnet

Einfach krass und krank

Immobilienmakler Luigi Manzoni hatte sich nicht vorstellen können, dass sein neuer Kunde, Signor Paul Böger aus Hamburg, das total herunter gekommene Haus in den toskanischen Bergen nahe der kleinen Stadt Ambra wirklich kaufen würde. Doch Paul ist fest entschlossen, sein altes Leben hinter sich zu lassen und hier ganz neu zu beginnen. Caprinaia - ein Haus dem Himmel so nah – soll seine neue Heimat werden. Aber die Versuchung lässt ihn auch hier einfach nicht los.


Die Spannung, die sich schon nach ein paar Seiten einstellt, wenn Paul dauernd „das etwas -“ oder „das nichts passiert“ denkt, spült mich sofort hinein in die hier so wunderbar beschriebene Landschaft der Toskana, wo es nach Kamille und Oregano duftet und mein Blick nur Weinberge, Olivenhaine und Wald streift. Durch immer wieder vorkommende einzelne Worte oder kurze italienische Sätze fühle ich mich dort sofort angekommen. Aber auch in Hamburg mache ich immer wieder kleine Stippvisiten.
Das Haus, das sich Paul ausgesucht hat, finde ich für meinen Geschmack etwas zu heruntergekommen, so dass ich mich anfangs immer frage, warum will er unbedingt in diese Einöde?
Da der Klappentext schon sehr viel offenbart, war ich mir nicht sicher, ob das der Spannung nicht schaden würde. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Ich fiebere richtig mit und warte darauf, dass wieder etwas passiert. Hoffe, dass Paul sich nicht wieder hinreißen lässt.

Ab seinem 7. Lebensjahr, als er über Nacht die Kneipe seines Vaters mit seiner hochschwangeren Mutter verlassen muss, ist er dieser Frau ausgeliefert. Ich finde es so unvorstellbar und schlimm, was er hier erdulden muss. Hier erkennt man, was sexueller Missbrauch und Abhängigkeit bei Kindern anrichten und ihr weiteres Leben beeinflussen kann. Da kann ich mir nach und nach immer besser vorstellen, warum er so ist, wie er ist. Wobei ich das absolut nicht gutheiße. Ich kann aber auch nicht sagen, dass Paul mir unsympathisch ist. Er tut mir einfach unsagbar leid und ich bin wütend, dass er sein Verhalten nicht in den Griff bekommt.

Ich habe schon mehrere Bücher von Sabine Thiesler gelesen und auch dies wird nicht mein letztes von ihr sein. Ich mag ihre Schreib- und Erzählstil, mag, wie sie mich immer näher an die Psyche des Täters und an seine Opfer heran führt. Keine leichte Kost.
Durch Rückblicke in die Vergangenheit komme ich Paul immer näher und die Geschichte wird immer interessanter. Da ich auch die Opfer und ihren Hintergrund kennenlerne, werden die Taten für mich noch grausamer.
Gefreut habe ich mich auch über ein Wiedersehen mit Commissario Donato Neri und seiner Frau Gabriella. Er ist hier trotz einer kleinen „Behinderung“ viel agiler und forscher, als ich ihn bisher kennengelernt habe.

Eine weitere Person, die mir sehr gut gefällt ist Pauls bester und wie es scheint einziger Freund und WG-Mitbewohner Detlef Giese, ein bunter Paradiesvogel, den er liebevoll „Donnie“ nennt. Er hat keine Ahnung, wie es in seinem Freund aussieht und was in ihm vorgeht. Er tut mir richtig leid, als Paul so mir nichts dir nichts seine Sachen packt und nach Italien verschwindet.

Ein super spannendes Buch, nichts für schwache Nerven, das ich verschlungen habe und jederzeit gerne weiter empfehle.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.09.2021
Der perfekte Kreis
Myers, Benjamin

Der perfekte Kreis


sehr gut

Eine sehr poetische Geschichte mit ernstem Hintergrund

Das sehr minimalistische Cover mit dem goldenen Kreis hat mich dazu gebracht mich näher mit dem Buch bzw. der Leseprobe zu beschäftigen. Für mich hat sich das absolut gelohnt.

Im Hitzesommer 1989 ziehen fast jeden Abend zwei vom Schicksal gebeutelte Männer los um im Süden von England komplizierte Kornkreise bzw. perfekt ausgearbeitete geometrische Figuren in die Felder zu plätten. Ivan Robert Calvert und Redbone sind sich sicher, wenn sie den perfekten Kornkreis, den Honigwaben-Doppelhelix, ziehen können, kann ihnen auch alles andere in ihrem Leben gelingen. Während die Presse in England und anderen Teilen der Welt davon ausgeht, es hier mit UFOs oder Außerirdischen zu tun zu haben, gehen die beiden Freunde mit der Natur unter ihren Füßen sehr respekt- und geradezu liebevoll um. Weder die Tiere noch das Korn soll unter ihnen leiden. Ihnen reicht es, dass die Menschen ihre Wahrnehmung wieder auf die Natur richten. Doch dann erleben sie einen Alptraum...

Benjamin Myers schafft es, diese Kornkreise bzw. Figuren beim Lesen Schritt für Schritt vor meinen Augen entstehen zu lassen. Ich fiebere bei jedem Objekt mit, ob es das einzig perfekte werden wird.

Mir sind die beiden Männer, deren vollständige Namen hier nichts zur Sache tun, sehr sympathisch. Wie sie auf die Natur achten. Wie diszipliniert sie ihre sich selbst auferlegten Regeln bei ihrer Arbeit beachten. Wie sie sich selbst in diesen Stunden der Arbeit genug sind. Obwohl ich gar nicht so viel von den beiden ungleichen Freunden erfahre, fühle ich mich mit diesen beiden nicht ganz einfache Typen tief verbunden. Ich hätte mir gewünscht, sie noch etwas persönlicher kennenzulernen zu dürfen.

Der Autor hat einen sehr bildhaften und vor allem poetischen Schreibstil, der voll auf die Natur und ihre Bewohner auf den Feldern gerichtet ist. Ich habe mich zurück gelehnt und die vielen Bilder, die er zeichnet an mir vorbei ziehen lassen. Ich beobachte die Beiden dabei, wie sie andere Menschen und Gruppen, die nachts unterwegs sind, beobachten.
Das Buch ist in 10 Kapitel gegliedert, wobei jedes der Kapitel mit dem Namen des Kornkreises überschrieben ist, der sich hier gerade in der Entstehung befindet.

Mich hat dieses Buch mit seinen beiden außergewöhnlichen Protagonisten und ihren interessanten Blickwinkeln sehr gut unterhalten. Und auch zum Nachdenken gebracht.

Bewertung vom 24.09.2021
Die Nickel Boys
Whitehead, Colson

Die Nickel Boys


ausgezeichnet

Grausam und verstörend

Durch einen Zufall bin ich auf dieses Buch von Colson Whitehead gestoßen: Die Nickel Boys. Ein Buch, das vor extremer, rassistischer Gewalt, Willkür und Demütigungen nur so strotzt.
Doch worum geht es:
Der sechzehn, farbige Elwood Curtis ist intelligent, fleißig und sehr ehrgeizig. Er hat Pläne für seine Zukunft und als er eine Collegezusage bekommt, was in den 1960er Jahren in Florida absolut keine Selbstverständlichkeit ist, geht ein Traum für ihn in Erfüllung. Durch Verkettung unglücklicher Umstände allerdings soll es dazu nicht kommen. Stattdessen kommt er in die Besserungsanstalt „Nickel Academy“ und erfährt dort, wie tief der Rassismus immer noch in den Köpfen der „Lehrer“ verwurzelt ist. Wie brutal sie ihre „Macht“ hier gegenüber Kindern ausleben. Wie unfassbar grausam sie sein können.
Erst 60 Jahre später werden die Gräueltaten und die Gräber vieler toter Jungen aufgedeckt.

Mir ist der junge Elwood sofort sehr sympathisch. Umso mehr habe ich mit ihm gelitten, gebangt und gehofft, dass er dem Wahnsinn, der Gewalt, dem Missbrauch und der Willkür der Anstalt irgendwann entkommen kann. Elwood versucht verzweifelt seine Würde zu behalten und den Glauben an das Gute im Menschen nicht zu verlieren.
Colson Whitehead langweilt mich nicht mit geschichtlichem Hintergrund, sondern arbeitet das Thema Gewalt und Rassismus in diesen Anstalten, derer es wohl mehrere gab, nüchtern aber sehr eindringlich auf. Er berichtet schonungslos und offen vom tief verwurzelten Rassismus in der amerikanischen Geschichte. Es tut mir beim Lesen fast selbst weh, wenn ich erfahree, was diese Kinder, unterteilt in schwarz und weiß, dort haben erdulden müssen.
Neben Elwood hat mich auch die Nebenfiguren von Turner angesprochen. Eigentlich das genaue Gegenteil von Elwood. Trotzdem sind die Beiden Freunde geworden und halten in dieser Hölle zusammen.
Beim Lesen kommt auch immer wieder heraus, dass nicht nur die Schwarzen unter der Willkür der Aufseher zu leiden hatten. Den hellhäutigen Jungs ging es auch nicht viel besser.

Mich hat dieses Buch stark beeindruckt, betroffen gemacht und an manchen Stellen auch schockiert. Aber gerade das Thema Rassismus ist auch heute noch sowohl in USA als auch, zwar nicht ganz so krass, bei uns vorhanden. Ein Roman, der unsere Aufmerksamkeit mal wieder wachrütteln kann.

Bewertung vom 24.09.2021
Schöner Sterben in Franken
Drüppel, Katharina;Heinlein, Heike

Schöner Sterben in Franken


ausgezeichnet

Mord beim Schlossgartenfest

Kriminalhauptkommissar Clemens Sartorius hat noch nicht mal beim Schlossgartenfest in Erlangen, das er mit seiner Freundin Delphine genießen will, seine wohlverdiente Ruhe. Eine weibliche Leiche sitzt im Hugenottenbrunnen zwischen den Sandsteinfiguren. Und wer hat diesen Fremdkörper entdeckt? Natürlich Buchhändlerin Felicitas Reichelsdörfer, die hier im Gewand der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth unterwegs ist. Mit ihr hat er im vergangenen Herbst bei einem anderen Fall schon Bekanntschaft gemacht. Neugierig wie sie ist, hat „Karotte“, wie ihr Freund und Geschäftspartner Hieronymus „Boschi“ Bosch sie wegen ihrer roten Haare nennt, Fotos von der Toten gemacht. Und sie kennt sie. Mit ihrer Schwester ist Felicitas zur Schule gegangen. Natürlich kann die Buchhändlerin ihre Spürnase nicht aus der Sache heraus halten und merkt nicht, wie sie sich selbst in allerhöchste Gefahr begibt.

Nach „Frankenstich“ ist dies der 2. Fall für KHK Clemens Sartorius und Buchhändlerin Felicitas „Karotte“ Reichelsdörfer aus der Feder von Katharina Drüppel und Heike Heinlein. Auch diesmal bin ich sehr gerne lesetechnisch nach Erlangen gereist um bei der Auflösung nicht nur dieses einen Mordes dabei zu sein. Denn es gibt auch das Rätsel um eine zweite, diesmal männliche Leiche zu lösen. Aber das schaffen der Kommissar und die Buchhändlerin in stetem Zusammenspiel sehr gut.

Ich finde die Personen, die ich hier kennenlerne, auch diesmal sehr gut ausgearbeitet. Mit ihren kleinen Eigenheiten sind sie fast unverwechselbar. Auch, dass ich wieder mehr aus dem Privatleben von Clemens und Felicitas erfahre, gefällt mir sehr gut. Da haben die Autorinnen die für mich perfekte Mischung zwischen Krimi und Privatem gefunden. Durch ihren bildhaften Schreib- und Erzählstil pflanzen sie mir immer neue Bilder in den Kopf, die sich zu einer spannenden Geschichte verdichten. Dazu die humorvollen, manchmal ernsten und schlagfertigen Dialoge zwischen Karotte und Boschi, Clemens und seiner Delphine oder Felicitas und Clemens – einfach köstlich und sehr aufschlussreich. Besonders der etwas cholerische Hieronymus „Boschi“ Bosch läuft hier wieder zu seiner Höchstform auf.
Der lokale Anstrich zu Erlangen kommt durch die Beschreibung der verschiedenen Örtlichkeiten sehr gut heraus. Die Stadt scheint einen Ausflug wert zu sein.

Ein interessanter Fall, der zu zwei Fällen wird. Der Spannung bringt, der sich langsam verdichtet und sich schlüssig aufklärt. Mit einem Ende bzw. einem Täter, das/den ich so nicht erwartet habe. Sehr gut gemacht und mir eine Leseempfehlung wert.

Bewertung vom 23.09.2021
Die Flucht beginnt / Survivors Bd.1
Pfeiffer, Boris

Die Flucht beginnt / Survivors Bd.1


ausgezeichnet

Ein wichtiges Thema kindgerecht ausgearbeitet

Als Zacky, der kleine Leopard-Drückerfisch, an diesem Morgen erwacht, ist es draußen dunkler als sonst. Richtig unheimlich. Als Riffbewohner liebt er das Licht, jetzt ist es dunkel und seltsam warm. Übersonnenwarm, wie seine beste Freundin, das Steinfischmädchen Scir es nennt. Es ist eine ganz komische Atmosphäre am und im Riff. Die Meeresbewohner in seiner Umgebung werden immer unruhiger, erschöpfter und aggressiver – und sie haben Hunger. Als die Riffe beginnen abzusterben, machen sich Zacky, Scir, Heuler und DonDon in einem Schwarm anderer Fische gemeinsam auf die Flucht und die Suche nach neuem Lebensraum.
Wie sich die Riffbewohner dann retten können, das erfährt man in diesem Buch von Boris Pfeiffer aus dem Schneiderbuchverlag: SURVIVORS – Die Flucht beginnt.

Es geht um den Klimawandel, um Umweltschutz und die Erderwärmung, die hier die Tiere im Meer vor Probleme stellen. Themen, die aktueller denn je sind und mit denen man sich nicht genug beschäftigen kann.
In diesem Buch werden die Leser*innen ab 9 Jahren sehr eindringlich und in kindgerechter Sprache an diese Themen heran geführt. An den Fischen wird sehr gut dargestellt, was passiert, wenn der Mensch zu viel in die Natur eingreift, sich die Erderwärmung immer weiter fortsetzt, die Meere immer mehr verschmutzen und die Tiere keine Nahrung mehr finden. Und wie die Tiere hier zeigen, kann man gemeinsam etwas dagegen tun. In Zeiten der Not ist Zusammenhalt und Zusammenarbeit gefragt. Hier schließen sich die Fische zu einem Schwarm zusammen um zu überleben.
Die eingestreuten Schwarz-Weiß-Illustrationen von Theresa Tobschall ergänzen die Geschichte einfach wunderbar.

Die Geschichte um den kleinen Zacky und seine Freunde ist spannend und informativ erzählt und regt zum Nachdenken an. Ein toller Auftakt zu einer neuen Reihe, der auch mir als Erwachsene sehr gut gefallen hat.