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Baerbel82

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Insgesamt 976 Bewertungen
Bewertung vom 03.01.2015
Geheimer Ort / Mordkommission Dublin Bd.5
French, Tana

Geheimer Ort / Mordkommission Dublin Bd.5


sehr gut

Lügen und Geheimnisse

Die Geschichte beginnt in der Gegenwart: Holly hat am Schwarzen Brett ihrer Schule eine Karte abgehängt - mit dem Bild von Chris und der Überschrift: ICH WEISS, WER IHN GETÖTET HAT.
Christopher Harper, ein 16-jährigen Schüler vom Colm, einem Jungeninternat, war ein Jahr zuvor im Park des Mädcheninternats St. Kilda mit einer Gartenhacke erschlagen worden. Und zwar auf einer Lichtung, dem geheimen Treffpunkt von Hollys Clique.
Holly ist die Tochter von Detective Frank Mackey. Nun übergibt sie diese Karte Detective Stephen Moran, den sie vor einigen Jahren in 'Sterbenskalt' kennengelernt hatte. Damals war Moran der Partner ihres Vaters. Moran und seine Kollegin Detective Antoinette Convay beginnen erneut zu ermitteln.
Es gibt aber auch Rückblicke in die Vergangenheit, als Chris noch 8 Monate zu leben hatte und es werden von Kapitel zu Kapitel weniger, wie bei einem Countdown. Die Geschichte hat mich ein wenig an „Die Lichtung“ von Linus Geschke erinnert. Auch dort konnte der Fall zunächst nicht aufgeklärt werden.
Auf der Suche nach der Wahrheit treffen die beiden Ermittler auf zwei verfeindete Mädchen-Cliquen, die von Joanne und ihren Freundinnen Gemma, Orla und Alison sowie die von Holly, Selena, Julia und Rebecca. Wer lügt, wer verschweigt etwas?
Dann wieder ein Rückblick: Hollys Clique trifft sich auf der Zypressenlichtung und schwört, keine Männergeschichten bis zum Ende der Schulzeit. Da hat Chris noch 6 Monate zu leben. Nichts ist wie es scheint. Niemand ist, wer er zu sein scheint.
„Geheimer Ort“ ist vor allem eins, eine extrem tiefenscharfe und nicht selten bissige Milieu-Beobachtung. Der Erzählrhythmus ist bis zum Ende perfekt austariert und die genaue Figurenzeichnung lässt darauf schließen, dass Tana French, die Meisterin des psychologischen Kriminalromans, das Milieu sehr genau kennt, um das es hier geht: In „Geheimer Ort“ dreht sich alles um Teenager in der Pubertät.
Das Zusammenspiel zwischen Convay und Moran gefällt mir, ebenso die Kapitel in der Ich-Perspektive, erzählt aus Sicht von Moran. Tana Frenchs Sprache ist kraftvoll, aber auch sehr poetisch. Den Spannungsaufbau finde ich äußerst gelungen, die Dialoge sind authentisch, insbesondere die Duelle zwischen der Polizei und den Mädels. Lediglich ein paar paranormale Phänomene haben mich gestört.

Fazit: „Geheimer Ort“ ist nicht nur ein Kriminalroman, sondern vor allem spannendes Drama, das letztlich in einer schrecklichen Tragödie endet. Insgesamt ein schöner Schmöker, der sich locker weg lesen lässt.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.12.2014
[identität] (eBook, ePUB)
Lorenz, Christian

[identität] (eBook, ePUB)


gut

Nichts Neues unter der Sonne

Die Inhaltsangabe ließ auf einen spannenden (Polit-)Thriller hoffen. Leider wurden meine Erwartungen diesbezüglich nicht erfüllt: zu wenig „thrill“ für einen Thriller und Spannung kam auch erst in der zweiten Hälfte auf. Doch worum geht es?
[identität] spielt in Berlin und dem ländlichen MeckPomm in der nahen Zukunft.
Minke Böckenhauer, eine Ex-Polizistin, bewirtschaftet einen Erbhof in Suckow. Ihr Geld verdient sie mit Recherchen im allwissenden Datennetz. Minke ist befreundet mit dem Förster Herzel. Er hat viel Empathie und ein großes Herz, doch sie merkt es nicht.
Eines Tages taucht der ominöse Thomas im Dorf auf. Er wirkt etwas verloren, kann oder will sich nicht erinnern und bewegt sich wie ein Roboter. Wer ist dieser Mann?
Minke entdeckt, wer Thomas wirklich ist. Zu spät merkt sie, in welche Gefahr sie sich und Herzel dadurch bringt...
Hacker, Zocker, die Geheimdienste und andere bizarre Besucher, das sind die Hauptakteure in [identität], dem Debütroman von Christian Lorenz. Es geht um die Rückkehr zur D-Mark, Bewusstseinsmanipulation und Drogen, totale Überwachung und Kontrolle, Identitätswechsel, Macht und Gier.
Die Geschichte ließ sich flott und flüssig lesen. Aber die Beschreibung des Landlebens war mir doch etwas „too much“. Auch hätte der Plot für meinen Geschmack etwas spannender sein können. Die Figurenzeichnung ist plausibel, auch wenn ich persönlich mich nicht mit der Protagonistin identifizieren und ihr Verhalten oft nicht nachvollziehen konnte. Förster Herzel ist mir dagegen sehr sympathisch, Thomas finde ich authentisch - eine tragische Figur.
Die Idee ist gut, aber für einen visionären Thriller haben mir ein bisschen die Innovationen gefehlt.

Fazit: Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Gute Idee, bestenfalls durchschnittlich umgesetzt. Wenn man das Landleben liebt, kann [identität] einen dennoch ganz passabel unterhalten.

Bewertung vom 12.12.2014
Kein Wille geschehe
Kniesel, Guido

Kein Wille geschehe


ausgezeichnet

Für immer und ewig

Um es gleich vorwegzunehmen, „Kein Wille geschehe“, der zweite Psychothriller von Guido Kniesel, ist echt der Hammer! Doch worum geht es?
Schauplatz ist Berlin. Eine Frau namens Nadine will mit einem Zimmermannshammer die „Schlampe“ Lara ermorden, damit ER zu ihr zurückkommt.
Jahre danach wird dem pensionierten Richter Anton Kaltenfeld die Kehle durchschnitten. Auf die Stirn des Toten schreibt der Mörder mit dem Blut des Opfers AMOR FATI. Anschließend ermordet er auch noch Staatsanwalt Michael Hofmann. Der Modus Operandi ist derselbe.
Hendrik Jansen, ein forensischer Psychiater, will mit seiner Frau Diana und dem gemeinsamen Sohn Noah Urlaub auf Rügen machen. Da er die Toten kannte, soll er Berlin nicht verlassen. Deshalb, schickt er seine Familie mit dem Taxi vor. Doch sie kommt niemals an…
Ein Richter, ein Staatsanwalt und ein Gutachter, wo ist die Verbindung? Befindet sich der Täter auf einem Rachefeldzug? Als Hendrik eine ominöse E-Mail mit einem gruseligen Foto geschickt bekommt, muss er erkennen, dass der Mörder auch ihn im Visier hat. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…
Guido Kniesel hat nach seinem Debüt „Der Proband“ mit „Kein Wille geschehe“ erneut einen beklemmenden Psychothriller geschrieben, der eine fesselnde Reise in die dunkelsten Winkel der menschlichen Psyche verspricht. Diesmal ist das Thema Willensfreiheit. Haben wir einen freien Willen oder sind Menschen wie lose Blätter im Wind? Glaubt der Mörder wirklich, man könne nichts gegen sein Schicksal tun?
Die Geschichte lässt sich flott lesen. Auch wenn der Leser der Polizei immer einen Schritt voraus ist, wird dennoch Spannung aufgebaut. Dazu besticht der Roman durch fundiert recherchierte Hintergründe. Die Figurenzeichnung ist ausgezeichnet gelungen und der Erzählrhythmus bis zum Ende perfekt austariert. Sogar der Humor kommt nicht zu kurz. Zitat: „Ups!“, sagte Aichner, als er Hendriks Lippen begutachtete. „Das sieht aber wirklich schei*e aus.“
Dass Guido Kniesel im Finale nochmal Gas gibt, steigert das Lesevergnügen. Denn einige Überraschungen gegen Ende des Thrillers hält der Autor für seine Leser noch bereit. Ein Buch mit Herzblut. Ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen kann.

Fazit: Eine gut recherchierte Geschichte über die dunkle Seite der menschlichen Seele, mit einem intensiven Spannungsbogen und einem versöhnlichen Ende. Starker Stoff. So muss Thriller!

Bewertung vom 08.12.2014
Steinefresser
Behrendt, Michael

Steinefresser


sehr gut

Böse Spiele

„Steinefresser“ von Michael Behrendt beginnt mit einem krassen Prolog.
Anschließend lernen wir Wolf Schacht kennen. Eigentlich ist er ein SEK-Mann, knallhart und ein Schläger. In seinem ersten Fall ermittelt er aber als Praktikant beim LKA. Zusammen mit seinem Kollegen Quiquek, der in Wirklichkeit Sven heißt, soll er den angeblichen Selbstmord von Heiko Brettschneider untersuchen. Der war als Personenschützer für Staatssekretär Arnold Tiedge tätig.
Und was hat der kleine Junge aus dem Prolog damit zu tun?
Als weitere Menschen unter ominösen Umständen sterben, fühlt sich auch Schacht bedroht…
SEK, LKA, BStU, MfS, Stasi, HV A, das sind die Hauptakteure in „Steinefresser“, einer spannenden Mischung aus Kriminalroman, Action-, Polit- und Spionage-Thriller und eine Hommage an Berlin. Es geht um ein düsteres Kapitel deutsch-deutscher Geschichte, sexuelle Perversionen, Erpressung und Verrat - Ewiggestrige und um Selbstjustiz.
Michael Behrendt ist ein Profi, „Steinefresser“ sein Krimidebüt. Ein gut recherchiertes Buch, mit einem ganz intensiven Spannungsbogen und einem überraschenden Finale. Viele Ebenen des organisierten Verbrechens und des Ermittlungsapparates werden berührt. Geheimdienstliche Aktivitäten sind im Spiel. Der einzelne Mensch wird oftmals hart getroffen von den Handlungen der Mächtigen und ihrer skrupellosen Handlanger.
Die Figuren haben Ecken und Kanten, die Geschichte lebt - neben der Spannung - auch von Wortwitz und pfiffigen Dialogen. Diese Elemente heben den Krimi heraus aus dem üblichen Tätersuche-Genre. Wolf ist kein einfacher Charakter. Gegenüber Frauen empfindet er Macht, Macht ist sexy. Sex and Crime. Für mich ist „Steinefresser“ daher eher ein Männerbuch: Boxen, Karate, Polizei-Interna und Nutten. Und von allem etwas „too much“: zu viel Gewalt, zu viel Testosteron.

Fazit: Das Buch ist ein echter Slow Burner, kommt langsam - aber gewaltig. Eine hochkomplexe, spannende Geschichte und der gelungene Auftakt einer Trilogie.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.11.2014
Vaters unbekanntes Land
Stäber, Bernhard

Vaters unbekanntes Land


ausgezeichnet

Nichts wird jemals vergessen

„Vaters unbekanntes Land“ startet mit einem krassen Einstieg: Wir begegnen Eivind Tverdal. Wie sich später herausstellt, hat er nicht mehr lange zu leben. Sein Kopf wird als Kunstwerk im Labyrinth einer Galerie in Bergen inszeniert, der Torso wird in einem Wald gefunden.
Anschließend lernen wir Arne Eriksen kennen: Er ist Psychologe und leidet unter Panikattacken. Deshalb hat er Berlin verlassen und will in Haugesund, an der Südwestküste von Norwegen, im Land seines verstorbenen Vaters, einen Neuanfang wagen.
Auf der Fähre trifft Arne auf Frode Bakklund, der per Anhalter unterwegs ist. Der Journalist nimmt ihn mit nach Hause. Dort begegnet Arne auch Kari Bergland. Sie ist Kommissarin in Bergen und für den Fall Tverdal zuständig.
Kari überredet Arne, als psychologischer Berater für die Polizei zu arbeiten und ein Täterprofil zu erstellen. Kari ist eine toughe Frau und hat viel Empathie. Rührend kümmert sie sich um ihren guten Freund Frode, der zu viel trinkt und laute Musik hört. Außerdem verteidigt sie Arne gegen die Angriffe ihres Chefs Holger Nygård und der Kollegen.
Ab und zu werden Kapitel in der Ich-Perspektive erzählt, aus Sicht des Täters. Wer ist dieser Mann und wo liegt sein Motiv? Jedenfalls scheint er besessen zu sein von antiken Labyrinthen und der griechischen Mythologie.
Immer wieder plagen Arne Panikattacken. Und so macht er sich - nicht ganz freiwillig - auf den Weg nach Nordland zu einem Anthropologen und Psychologen. Dort stellt er sich endlich den Dämonen seiner Vergangenheit und hat sogar eine Vision bezüglich Tverdals Mörder.
Zwischendrin werden Kapitel in Kursivschrift eingestreut, in denen sich Arne an die Vergangenheit erinnert, an sein traumatisches Erlebnis in Berlin, aber auch an Segeltörns mit seinen Vater in Norwegen.
Plötzlich überschlagen sich die Ereignisse: Ein weiterer Mann wird ermordet, eine Frau verschwindet und Arne gerät selbst in den Fokus des Täters…
Bernhad Stäber ist ein großartiger Beobachter und Erzähler. Sein Schreibstil ist überaus angenehm und vermag mit leisen Tönen zu fesseln. Sowohl Arnes Panikattacken kommen authentisch rüber, als auch die Atmosphäre während seiner Reisen. Der Leser kann sich sehr gut in ihn hineinversetzen und das Geschehen nachempfinden.
„Vaters unbekanntes Land“ ist ein spannender Thriller und gleichzeitig eine Familientragödie. Eine tragische Geschichte über Untreue, Scham, Hass - Rache und Vergeltung. Atmosphärisch so bestechend, dass man sofort nach Norwegen reisen möchte. Gut gefallen haben mir auch die Einblicke in das Leben am Polarkreis und die Mythen und Gebräuche der Samen.

Fazit: „Vaters unbekanntes Land“ verspricht spannende und atmosphärische Unterhaltung vor der faszinierenden Kulisse Norwegens. Bitte mehr davon!

Bewertung vom 19.11.2014
Kopf oder Zahl / Kommissar Bussard Bd.4
Kurz, Ralf

Kopf oder Zahl / Kommissar Bussard Bd.4


sehr gut

Tatort Freiburg

Um es gleich vorwegzunehmen, „Kopf oder Zahl“: Kommissar Bussards vierter Fall, war mein erster Bussard-Krimi. Dennoch handelt es sich um eine eigenständige, in sich abgeschlossene Geschichte, die ohne Vorkenntnisse lesbar ist. Worum geht es?
Zunächst sind wir live dabei, als der Freiburger Professor Ignaz Baer von einem Unbekannten gefesselt, verhört und schließlich erschossen wird. Ein Racheakt?
Anschließend lernen wir Anja Hill kennen. Ihre Chefin, Heidi Peters, leitet die Gruppe Wirtschaftskriminalität. Anja soll - gegen ihren Willen - zur Gruppe Gewaltverbrechen versetzt werden, die Kommissar Bussard leitet. Bussard lebt getrennt von seiner Frau Helen, steht kurz vor der Scheidung und hat zwei Töchter. Er fährt einen alten BMW, spielt Bass und liebt Blues. Anja dagegen bevorzugt lateinamerikanische Rhythmen und Billard. Anja ist ein Zahlenkopf. Ignaz Baer ihr erster Mordfall.
Kurz zuvor wurde Ursula Steiert von ihrer Nachbarin tot aufgefunden. Sie war 68 Jahre alt und eigentlich gesund. Hat der Tod von Frau Steiert etwas mit dem Fall Baer zu tun? Bussard und Anja fahren zum Tatort Baer. Der Professor wurde von seiner Putzfee gefunden. Todesursache Genickschuss, also quasi eine Hinrichtung. Es gibt einen Sohn, der in Freiburg wohnt und eine Ex, die in England lebt.
Professor Baer war eine Koryphäe auf dem Gebiet der Finanzmathematik, Schwerpunkt Wahrscheinlichkeitsrechnungen. In seinem Büro werden zwei Computer gefunden. Ein alter ohne Internetzugang und ein neuer, auf dem alle Daten professionell gelöscht wurden. Von Baers Kollegen, Professor Wiesinger, erfährt die Polizei mehr über dessen Forschungen. Er war wohl ein Kontroll-Freak. Wiesinger über Baer: „Wir kommen manchmal an den Punkt, an dem wir uns entscheiden müssen: Ringelreihen oder Rock 'n' Roll.“
Ein Verdächtiger ist schnell ausgemacht: Ignaz‘ Sohn Frank Baer, ein Kleinkrimineller. Motiv Habgier? Er hat einen Schlüssel, war im Haus, ist hoch verschuldet und hasste seinen Vater. Aber, ist er auch ein Mörder? Frank zu Anja: "Wenn ihr alles über mich wisst, dann gibt es auch jemanden, der alles über euch weiß!"
Baers Assistent, Sven Müller, scheint verschwunden, genau wie die Tatwaffe. Als sich auch noch die US-Geheimdienste einschalten, überschlagen sich die Ereignisse…
Die Geschichte lässt sich flott und flüssig lesen. Die Figuren sind gut gezeichnet und haben auch ein Privatleben. Dass Ralf Kurz im Finale noch mal richtig Gas gibt, rundet das Lesevergnügen ab. Ein paar Punkte bleiben offen, aber das ist auch gut so!
Nur mit Bussard und Anja bin ich nicht richtig warm geworden: Bussard raucht mir zu viel und ist auch sonst kein einfacher Mensch. Anja unterlaufen in ihrem neuen Job zwar noch Fehler, aber das macht sie menschlich. Und sie hat auf jeden Fall Potenzial.

Fazit: Schöner Regio-Krimi mit einem starken Thema und einer komplexen Geschichte. Als die Geheimdienste ins Spiel kommen, steigt auch die Spannung. Eine echte Entdeckung!

Bewertung vom 17.11.2014
Die Lichtung / Jan Römer Bd.1
Geschke, Linus

Die Lichtung / Jan Römer Bd.1


sehr gut

Unbeschwerte Jugend

Sommer 1986: Eine Clique Jugendlicher trifft sich regelmäßig im Park, um zusammen abzuhängen: Alex und Marion, Kai und Lara, Mike, Markus und Rolf, Paul und Christine, Tanja - und Jan.

27 Jahre später: Jan Römer ist inzwischen 43 Jahre alt, verheiratet mit Sarah und Vater eines Sohnes. Seit knapp 20 Jahren ist er als Autor und Journalist tätig, aktuell beim „Reporter“, für die Themen Reise und Sport. Als ein Kollege ausfällt, soll Jan über ein nie geklärtes Verbrechen schreiben, das in eben diesem Sommer geschah. Und das Pikante daran, er war selbst dabei. Zusammen mit einer ehemaligen Praktikantin und guten Freundin Stefanie Schneider, genannt Mütze, macht sich Jan daran, die Fakten zu recherchieren.

Damals: Zwischen Jan und Tanja knistert es gewaltig. Jans bester Freund ist Mike, der wird jedoch gemobbt, besonders von Paul. Aber ist der deshalb auch ein Mörder? Markus hat ebenfalls Probleme, denn er ist ziemlich dick. Somit das perfekte Opfer? Was geschah wirklich in jenem August 1986 auf der Lichtung? Wer ist Täter, wer ist Opfer? Was werden Jan und Mütze über diesen Cold Case herausfinden?

Jan studiert die alten Akten und stößt schon bald auf Ungereimtheiten. Auf der Suche nach der Wahrheit trifft er seine alten Freunde, zunächst Rolf, dann Lukas, danach Alex und schließlich Tanja, seine erste große Liebe. Jan und Mütze müssen erfahren, dass ihre Nachforschungen bei den Freunden von einst, die seit jener Zeit keinen Kontakt mehr untereinander haben, auf wenig Gegenliebe stoßen. Niemand hat mehr Interesse daran, an den alten Wunden zu rühren. Aber erst als seine Familie bedroht wird, erkennt Jan, dass der Täter von damals jetzt auch ihn im Visier hat.

Schauplatz ist Köln und das Bergische Land. Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen aus der Ich-Perspektive von Jan erzählt: der eine im August 1986, der andere in der Gegenwart. „Die Lichtung“, das Krimidebüt von Linus Geschke, lässt sich flott und flüssig lesen. Zudem erfährt man in dem Buch Einiges über das Feeling der 80er Jahre: die unbeschwerte Jugend, die erste Liebe, die Musik, die Mopeds. Die Rückblicke nehmen hierbei einen breiten Raum ein. Das geht ein bisschen zu Lasten der Spannung.

Auch mit Jan bin ich nicht richtig warm geworden. Ein Träumer, der sich selbst als Erwachsener manchmal noch wie ein Teenager benimmt. Wobei er im Verlauf der Geschichte doch eine positive Charakterentwicklung durchmacht. Mütze dagegen war mir sofort sympathisch, eine pragmatische, starke Frau. Und als Team haben die beiden auf jeden Fall Potenzial.

Alles in allem fordert die Geschichte den Leser, allerdings nicht auf unangenehme oder anstrengende Weise. „Die Lichtung“ ist zweifellos ein Krimi, der einen nicht so schnell loslässt. Vergnügen im eigentlichen Sinne wird man beim Lesen angesichts der Geschehnisse eher nicht empfinden, obwohl es nicht vollkommen humorlos zugeht.

Fazit: Solider Regio-Krimi mit viel Lokalkolorit über einen ungelösten Kriminalfall und eine unbeschwerte Jugend. Mehr Jugendroman als Krimi. Ein Erstling mit Hoffnung auf Steigerung.

Bewertung vom 07.11.2014
Commissario Pavarotti küsst im Schlaf
Florin, Elisabeth

Commissario Pavarotti küsst im Schlaf


sehr gut

Ein ungleiches Paar

„Commissario Pavarotti küsst im Schlaf“ von Elisabeth Florin ist nach „Commissario Pavarotti trifft keinen Ton“ bereits der zweite Fall für den Südtiroler Kult-Kommissar Luciano Pavarotti. Dennoch handelt es sich um eine eigenständige, in sich abgeschlossene Geschichte, die ohne Vorkenntnisse lesbar ist. Worum geht es?
Juli 1985: Der Kriminalroman beginnt mit einem geheimnisvollen Prolog.
Meran heute, ebenfalls im Juli: Wir lernen Commissario Pavarotti kennen, ein Italiener in Südtirol. Nur reden die Leute in Meran nicht gerne mit einem Welschen. Deshalb hatte die Deutsche Lissie von Spiegel, die eigentlich in der Kommunikationsbranche tätig ist, ihm bei seinem ersten Fall geholfen. Dabei hat Pavarotti eine gewisse Zuneigung zu Lissie entwickelt. Und Lissie? Seit sie nach Frankfurt am Main zurückgekehrt ist, hadert sie mit ihrem Beruf, ihrer Wohnung und ihrem Hund Spock.
Plötzlich erhält Pavarotti einen Anruf: Michael Cabruni, der Bewohner einer psychiatrischen Klinik ist tot. Er wurde erstochen. Früher war er Chefingenieur eines italienischen Kreuzfahrtschiffes. Aber warum saß er in einem Rollstuhl? Gespräche mit Klinikchef Anselm Matern und Patientin Hanna Landsberg bringen ihn nicht wirklich weiter. Also lockt er Lissie unter einem Vorwand erneut nach Meran und überredet sie, undercover in der Klinik und auf dem Kreuzfahrtschiff zu ermitteln.
Meran, Frankfurt am Main und das Mittelmeer, das sind die Schauplätze für „Commissario Pavarotti küsst im Schlaf“, einem Kriminalroman mit psychologischem und zeitgeschichtlichem Hintergrund. Zwischendrin sind immer wieder Gesprächsprotokolle eines Kriminalpsychologen eingestreut. Diese Dokumente sind auf den August datiert. Es muss sich also um Cabrunis Mörder handeln, der da begutachtet werden soll. Eine ungewöhnliche Schnitzeljagd beginnt: Nichts ist wie es scheint. Niemand ist, wer er zu sein scheint. Und schon bald gibt es weitere Tote…
„Commissario Pavarotti küsst im Schlaf“ lässt sich leicht und locker lesen. Die Autorin hat eine sehr komplexe, dennoch hochspannende Geschichte mit viel Lokalfarbe geschrieben. Die historischen Geschehnisse sind fundiert recherchiert und die politischen Verstrickungen gut erklärt. Die Geschichte lebt - neben der Spannung - auch von skurrilen Figuren und reichlich Wortwitz.
Mit Pavarotti bin ich allerdings bis zum Schluss nicht warm geworden. Lissie dagegen ist eine starke Frau und hat Empathie. Dennoch wird ihr ein Alleingang fast zum Verhängnis. Leider endet der Krimi mit einem fiesen Cliffhanger und so bin ich schon gespannt, auf den dritten Fall dieses ungleichen Paares.

Fazit: Eine psychologisch raffinierte Geschichte mit interessanten Charakteren und viel Lokalkolorit. Gelungene Mischung aus Dichtung und Wahrheit über ein dunkles Kapitel deutsch-italienischer Vergangenheit und zwei Schiffsunglücke. Sehr zu empfehlen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.