Am Ende seines Lebens schrieb einer der großen, in Vergessenheit geratenen Theaterklassiker ein einzigartiges Stück Literatur. Auf wenigen Seiten hat Jean Giraudoux seine Kindheit und die Zeit seines Erwachsenenlebens bis kurz vor seinem Tod 1944 wie in einem Spiegel parallel nebeneinander herlaufen lassen. Die große Geschichte, die er als Diplomat beobachten konnte, taucht auf wie ein Privatissimum, die Kindheit in der südfranzösischen Provinz als poetische Erklärung der Welt aus der Froschperspektive. In seiner Poesie, seiner boshaften Klarheit, der lakonischen Art der Beobachtung konnte ein solch intimes, distanziertes Werk nur in Frankreich entstehen. In der europäischen Literatur hat der Text nicht seinesgleichen: Giraudoux' Memoiren lohnen die späte Entdeckung.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Mit Jean Giraudoux' "Doppelmemoiren", die 1975 aus dem Nachlass veröffentlicht wurden und erst jetzt auf Deutsch vorliegen, empfiehlt sich ein Autor zur neuerlichen Lektüre, dessen Werk für Rezensent Joseph Hanimann schon etwas vom Zahn der Zeit angenagt ist. Der 1944 gestorbene Autor legt in diesem schmalen Band, in dem er gleichermaßen auf sein Diplomaten- wie sein Schriftstellerleben, auf seine Kindheit und seine späten Jahre zurückblickt, eine "skurrile Selbstironie" und einen leichten Ton an den Tag, der dem Rezensenten sehr zusagt. Insbesondere der Humor, der in Giraudoux' Werk mitunter etwas hochtrabend daherkommt, hat in den Erinnerungen eine Leichtfüßigkeit und "Klangbreite", an der nach Ansicht des eingenommenen Rezensenten der Übersetzer und Herausgeber Joachim Kalka keinen geringen Anteil hat.
© Perlentaucher Medien GmbH
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