Dicht, voller Leben und atmosphärisch. Als Kind anders sein im aufstrebenden Dritten Reich.
„Ich heiße Josef, Josef Leible, vom Leible Hof.“ Ein Hof am Ufer des Bodensees, das gegenüberliegende Schweizer Ufer in Sichtweite.
Das ist Josefs Spruch, wenn ihn jemand anders anspricht, beispielsweise 
 mit Sepp. Doch meistens wird er nur mit irgendwelchen Schimpfwörtern betitelt. Josef ist sieben…mehrDicht, voller Leben und atmosphärisch. Als Kind anders sein im aufstrebenden Dritten Reich.
„Ich heiße Josef, Josef Leible, vom Leible Hof.“ Ein Hof am Ufer des Bodensees, das gegenüberliegende Schweizer Ufer in Sichtweite.
Das ist Josefs Spruch, wenn ihn jemand anders anspricht, beispielsweise mit Sepp. Doch meistens wird er nur mit irgendwelchen Schimpfwörtern betitelt. Josef ist sieben Jahre alt, als er endlich zu sprechen beginnt. Er plappert nach, was er gehört und aufgefasst hat. Seine ersten Worte sind nur die ihm zugetragenen Schmähungen und Beleidigungen.
Josef ist schmächtig, und hat eine schwere kognitive Beeinträchtigung. Er lebt in seiner ganz eigenen Welt. Wenn andere Menschen sprechen, so sieht er die Wörter in Farben. Grün ist ganz schlecht, denn dann ist es böse. Und grün sieht er oft.
Josef hat auch sonst ein ganz besonderes Wahrnehmungsfeld:
S.20: „Er schloss die Augen und senkte die Nase dicht über das Eis. Roch Erde, Algen und frisch geschlagenes Holz, einen Hauch von Fisch und – Stille. Er konnte die Stille riechen.“
Mit elf Jahren kommt er in die Schule, wird in die letzte Bank versetzt, von den Mitschülern und den Dorfbewohnern gemobbt, gehänselt, herumgeschubst, gemieden und auch verprügelt. Er ist der Sündenbock für alles. Einzig die alte Josefa ist gut zu ihm. Und auch sein Lehrer Hügle. Seine Mutter Martha liebt ihren Sohn, bemüht sich so gut es eben nur geht, den kleinen Hof selbst zu bewirtschaften. Josef kann eine Hilfe sein, doch oftmals geht so einiges schief.
Doch Josef hat eine Gabe: alles, was er einmal gelesen hat, bleibt in seinem Gedächtnis und er kann alles auswendig zitieren. Doch von Nutzen ist dies auch nicht wirklich. Der Lehrer erkennt es zwar, doch im aufstrebenden Nationalsozialismus werden alle Andersdenkenden ausgesondert. Von einem Tag auf den anderen ist der Lehrer weg. Die Juden im Ort werden zuerst geplündert, wenn sie Glück haben mit einer minimalen Entschädigung abgespeist und vertrieben.
Der Ortspfarrer ist eine Antipathieperson par excellence, nur auf den eigenen Vorteil bedacht und setzt sich nicht für Josef ein, als Martha ihn darum bittet. Die Zeiten seien jetzt ja anders … 
Dann gibt es noch Georg, ein Schulkamerad. Mit ihm hat Josef so etwas wie seinen einzigen Freund. Georg, der es auch nicht einfach hat in seinem jungen Leben. Die Stimmung im Dorf kippt immer mehr und mehr auf die Seite der Nazis … genug erzählt. Wer mehr wissen möchte, soll, ja muss diesen sehr berührenden Roman unbedingt lesen. 
Die Sprache ist eine Wucht, sehr stimmungsvoll und atmosphärisch. Die kurzen Natur- und Stimmungsbeschreibungen könnten nicht treffender sein. Die Dialoge sind prägnant, äußerst authentisch.
Seerauchen, den Titel versteht man im Laufe der Lektüre immer besser, ist ein sehr bewegender Roman. Er wühlt auf, mach zornig und traurig, erinnert an die unsägliche Zeit, und ermahnt uns, dass sich unsere Gesellschaft wieder auf dieser schiefen Ebene befindet und unweigerlich in den braunen Sumpf zu rutschen droht.
Ganz große Leseempfehlung für diesen ausnehmend guten Roman, der mehr als nur „nachdenklich“ macht.