Die Friedensfahrt gehört zu den renommiertesten Radsportveranstaltungen in Deutschland. Die Krise wurde erfolgreich bewältigt. Einen maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung hat der ehemalige Rad- sportler und heutige Vorsitzende des Vereins Internationale Friedensfahrt, Gustav-Adolf Schur.
Unverwüstlich - die Friedensfahrt. Fünfzig Jahre nach ihrer Gründung als sportlicher Ausdruck sozialistischen Aufbau- und Friedenswillens haben in diesem Jahr, vom Start weg, insbesondere auf den Etappen von Potsdam bis nach Sachsen, Millionen Zuschauer die Straßen gesäumt und den Rennfahrern zugejubelt. Begeisterung des Publikums, Zuwendung der Medien, Zuwendungen der Sponsoren werden zu einem Gutteil aus Nostalgie gespeist; aus der Erinnerung an die schlechte alte Zeit mit ihren siegreichen Helden Vesely, Steel, Dalgaad, Saidchuschin, Szurkowski, Suchorutschenkow, Zagretdinov, Piasecki und Svorada, deren Namen in täglichen, stündlichen Radiomeldungen einen familiären Klang bekamen; ganz zu schweigen von Hagen, Ludwig, Boden. Sie wird gespeist von der Erinnerung an die geschlagenen Helden aus der weiten Welt, wie die Inder um den legendären, Stunden hinter dem Feld unverdrossen radelnden Danah Singh, die tapferen Ägypter und Mongolen. Sie lebt in der Präsenz der Väter "Täve" Schur, Klaus Ampler, Detlef Zabel und Axel Peschel, deren Söhne man als großartige Radrennfahrer kennengelernt hat.
"Denn im Mai, im Mai, da rief nicht nur der Kuckuck, sondern erst einmal ein Pulk von strampelnden, dem Hals- und Speichenbruch und insbesondere dem Weltfrieden verpflichteten Athleten aus dem Tretlager der Freundschaft und des Fortschritts an den Saum der festgeweihten Straßen und den Rain des gutbestellten Fahrerfeldes", schreibt Tilo Köhler in seinem Buch zum Jubiläum, dessen Titel er den Schlauchreifen aus dem Gummikombinat Waltershaus widmet. "Der Favorit fuhr Kowalit" ist der bekennend selbstironische Versuch, sich aus der Distanz einen Reim auf den Enthusiasmus zu machen, der Generationen ergriff - nicht wegen, sondern trotz zeitgenössischer Propagandalyrik vom Schlage: "Ritter der Pedale,/ Um silberne Pokale!/ Jedes Jahr im Mai,/ Wenn der Lenz im Land,/ Schließen sie aufs neu,/ Ein festes Freundschaftsband!"
Manfred Hönel und Olaf Ludwig, der Gewinner von 36 Friedensfahrt-Etappen, versuchen gleichzeitig mit "100 Highlights" Doppelseite um Doppelseite, Jahr für Jahr die Friedensfahrt originalgetreu abzubilden, in Wort, Zahl und Bild. Während Köhler zum Beispiel die Reportagen des Heinz-Florian Oertel als Steinbruch für satirische Einsprengsel nutzt, huldigt Hönel - unter der Jahreszahl 1956 - dieser Stimme des DDR-Sports. 1971 räumt er - Ehre, wem Ehre gebührt - dem Chemnitzer Wolfgang Lötzsch eine Erinnerung ein; einem Radrennfahrer von Weltklasse, dessen Karriere und dessen Teilnahme an der Friedensfahrt Staatssicherheit und Sportapparat verhinderten. mr.
Besprochene Bücher: Tilo Köhler: "Der Favorit fuhr Kowalit. Täve Schur und die Friedensfahrt", Kiepenheuer Verlag, Leipzig, 160 Seiten, 27 Abbildungen, 25 Mark. - Manfred Hönel/ Olaf Ludwig: "100 Highlights Friedensfahrt. Momentaufnahmen zum 50. Jubiläum", Sportverlag Berlin, 130 Seiten, 110 Fotos, 39,90 Mark.
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