Spätestens seit den 60er Jahren lassen sich zeitgenössische Kunstwerke nicht mehr in den Begriffen herkömmlicher Ästhetiken erfassen. Anstatt 'Werke' zu schaffen, bringen die Künstler zunehmend Ereignisse hervor, die in ihrem Vollzug die alten ästhetischen Relationen von Subjekt und Objekt, von Material und Zeichenstatus außer Kraft setzen. Um diese Entwicklung verstehen zu können, entwickelt Erika Fischer-Lichte in ihrer grundlegenden Studie eine Ästhetik des Performativen, die den Begriff der Aufführung in den Mittelpunkt stellt. Dieser umfaßt die Eigenschaften der leiblichen Kopräsenz von Akteuren und Zuschauern, der performativen Hervorbringung von Materialität sowie der Emergenz von Bedeutung und mündet in eine Bestimmung der Aufführung als Ereignis. Die Aufhebung der Trennung von Kunst und Leben, welche die neueren Ausdrucksformen anstreben, wird hier ästhetisch auf den Begriff gebracht.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Hans-Ulrich Gumbrecht ist ausgesprochen angetan von dieser Ästhetik der Performance-Kunst, die für ihr auch eine "Philosophie einer neuen ästhetischen Sensibilität" der Gegenwart geworden ist. Trotz seines etwas sperrigen Titels könne das Buch auch von ganz unwissenschaftlichen Lesern mit Freude studiert werden. Zu den Qualitäten der Publikation zählt er die atemberaubend detailintensiven Beschreibungen von Performances und Aufführungen ebenso, wie deren begriffliche Erschließung. Wo immer es möglich sei, gebe die Berliner Professorin der Theaterwissenschaft Wörtern aus der gehobenen Alltagssprache den Vorzug. Die Beschreibungen dieses Buches akkumulieren für den Rezensenten schließlich zu einem Panorama jener Performance-Kunst, deren Ästhetik Erika Fischer-Lichte schreiben wolle, innerhalb der besten Passagen sogar zur Parallelgeschichte des Theaters und der Theaterwissenschaft.
© Perlentaucher Medien GmbH
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