Wie erklärt sich die brutale Alltäglichkeit der Gewalt gegen Schwarze Menschen? Warum bestimmt die Geschichte der Sklaverei ihre Erfahrungen bis heute? Wie kommt es, dass Rassismus jeden Aspekt des sozialen, politischen und geistigen Lebens berührt? Frank B. Wilderson III begegnet diesen Fragen in einer Weise, die so komplex ist wie unsere Verstrickungen in sie: Teils einschneidende Analyse, teils bewegendes Memoir, zeugt »Afropessimismus« davon, was es heißt, Schwarz - und das heißt für Wilderson immer zugleich, kein Mensch - zu sein. Er schildert eine nur scheinbar idyllische Kindheit in einem weißen Vorort von Minneapolis, die politisierten 1970er- und 1980er-Jahre, seinen Aktivismus gegen die südafrikanische Apartheid und die Gewalt, die ihm als Wissenschaftler noch heute begegnet. Wildersons Aufmerksamkeit für die Verheerungen eines Schwarzen Lebens in einer weißen Welt zeigen, dass die Unterdrückung der Schwarzen kein Relikt der Vergangenheit ist. Vielmehr bildet sie die unhintergehbare Grundlage jedes Verständnisses von Kultur, Fortschritt und Subjektivität. Auch die unbestreitbaren Erfolge des Civil Rights Movements oder von Black Lives Matter konnten sie nicht grundlegend infrage stellen. Ausgangspunkt von Wildersons Denken ist deshalb die Ausweglosigkeit. »Afropessimismus« fragt, wie sich das Leben als versklavte Person überhaupt erzählen lässt: eine herausfordernde und notwendige Lektüre.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Rezensent Eberhard Falcke kann diese Streitschrift des amerikanischen Autors Frank B. Wilderson noch am besten als "zornige Raktion auf den Optimismus" lesen, der die schwarzen Bürgerrechtsbewegungen in den USA so oft getrogen hat, als Rebellion gegen den Status quo. Denn für Falcke ist auch schnell klar, dass Wildersons Pessismismus nirgendwo hinführen kann: Es gibt keinen Ausweg und keine Aussicht auf Besserung, wenn Blackness, das schwarze Dasein an sich, mit Sklaverei zusammenfällt. Wobei Wilderson hier von amerikanischer Blackness zu sprechen scheint. Immer wieder prangert der Autor ein Unterdrückungsverhältnis an, in dem Weiße sich wie peitschenschwingende Plantagenbesitzer gerierten, ohne dies jedoch empirisch zu verifizieren. Bei ihm ist alles quasi-ontologischer Befund. Falcke fühlt sich dadurch nicht einmal zu großem Widerspruch herausgefordert. Was soll er auch sagen, wenn Wilderson von vornherein postuliert: "Solidarität ist mir scheißegal."
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Zwar bahnt Frank Wildersons Afropessimismus keine neuen Wege zur Befreiung, aber er ist ein trotziges und starkes Zeichen der Rebellion gegen den Status quo - vermutlich das radikalste Protestsignal, das derzeit in der afroamerikanischen Literatur auszumachen ist.« - Eberhard Falcke, Deutschlandfunk Eberhard Falcke Deutschlandfunk 20211130







