Liebesgeschichten der zweiten Wahl
2019 lerne ich einen neuen Romanbegriff kennen. Wie schon „Das Feld“ von Robert Seethaler handelt es sich bei diesem Roman um Kurzgeschichten, die nur lose zusammenhängen.
Handwerklich ist das alles in Ordnung. Der Inhalt erinnert an O'Connor „Keiner
Menschenseele kann man noch trauen“, heile Welt gibt es nicht. Aber einsam sind die Protagonisten…mehrLiebesgeschichten der zweiten Wahl
2019 lerne ich einen neuen Romanbegriff kennen. Wie schon „Das Feld“ von Robert Seethaler handelt es sich bei diesem Roman um Kurzgeschichten, die nur lose zusammenhängen.
Handwerklich ist das alles in Ordnung. Der Inhalt erinnert an O'Connor „Keiner Menschenseele kann man noch trauen“, heile Welt gibt es nicht. Aber einsam sind die Protagonisten nicht.
Sei es der Farmer eines abgebrannten Hofes, der im Feuer Gott sah und seinen Nachbarn besucht, sei es Patty, die Sebastian liebte, der von seinem Stiefvater missbraucht wurde. Sie selbst mag auch keinen Sex, da sie ihre Mutter mit ihrem Spanischlehrer im Bett erwischt hatte: „Dass die Brüste ihrer Mutter so groß sein sollte – Patty kam nicht darüber hinweg, über diese Brüste, die da entfesselt über Mr Delaney hin und her schwangen.“ (S.54) Später „bekam sie das Bild nicht aus dem Kopf: ihre Mutter, blusenlos, BH-los, wie sie auf diesem Mann ritt, der mit dem Mund nach ihren schwingenden Brüste schnappte.“ (S.55)
Dann hören wir Frauengeschichten: Ein Sohn hat ein Mädchen umgebracht und es zwei Jahre später der Mutter gestanden, was ihre Beziehung entzweite. Linda lebt mit einem Psychopathen zusammen und deckt ihn, auch bei der Polizei, so dass ihr Frauenbesuch in der Gästesuite nicht wieder kommt.
Charlie trifft sich mit der Hure Tracy. Aus Geschäft wird Liebe. Tracy verlangt kein Geld mehr und auch Charlies Ehefrau ist einverstanden. Als Tracy 10.000 Dollar für ihren drogenabhängigen Sohn braucht, bestiehlt Charlie seine Frau. Vom Zerbrechen der Ehe hören wir erst später.
Angelina hat ihren Mann nach der Goldhochzeit und nach überstandener Tumorkankheit verlassen, um mit dem über 20 Jahre jüngeren Paolo in Italien ein neues Leben anzufangen. Wer kann es ihr verbieten? Sie wird von ihrer Lieblingstochter Mary besucht, die auch so ihre (Ehe)problemchen hat.
Lucy besucht Bruder Pete im Elternhaus. Dann kommt Schwester Vicky und aus den nicht gerade schönen Kindheitserinnerungen im verschmutzen Haus, wo alles unter den Teppich gekehrt wird, wird Sex bei dem sich die Frau die Nase putzt, bis Lucy es nicht mehr aushält.
Dottie hat eine Pension, die Ehepaar Small beherbergt, das mit Dottie ins Gespräch kommt, um über die Ehe der Nachbarn zu reden bis es zum Streit kommt, als Dottie den Satz „David, dieses Haus ist Shellys Penis.“ (S.197) Dann folgt noch eine Geschichte über Inzest und ein Mann, der das Pony seiner Enkelin im Theater abholen will und wieder Erwarten aufgehalten wird.
Das alles ist etwas spannend, aber ich frage mich, was der verpasst, der dieses Buch nicht liest. Und die nüchterne Antwort ist: Nichts. Außer guter Unterhaltung. 4 Sterne.