Die Gedichte von Jan Koneffke bemühen sich um einErinnern dessen, was dem Vergessen gleichzeitigentgegengeht und auch widersteht, was vielleichtverdrängt oder geleugnet werden kann, dann aberumso mächtiger wird. Hier jedoch wird es geformt, dieKlage erneut geführt, die Scham erneut gestanden, derDichter lässt den Zorn aufs Neue sprechen, sammeltdas Leben noch einmal ein und trägt seine Schwere.Die Kindheit in der BRD der 1960er und 70er Jahre istgeprägt von Schuldfragen, die das dem Jungen möglicheDenken und Fühlen auf eine Weise strapazieren,dass zwischen Normalität und Abgrund kaum…mehr
Die Gedichte von Jan Koneffke bemühen sich um einErinnern dessen, was dem Vergessen gleichzeitigentgegengeht und auch widersteht, was vielleichtverdrängt oder geleugnet werden kann, dann aberumso mächtiger wird. Hier jedoch wird es geformt, dieKlage erneut geführt, die Scham erneut gestanden, derDichter lässt den Zorn aufs Neue sprechen, sammeltdas Leben noch einmal ein und trägt seine Schwere.Die Kindheit in der BRD der 1960er und 70er Jahre istgeprägt von Schuldfragen, die das dem Jungen möglicheDenken und Fühlen auf eine Weise strapazieren,dass zwischen Normalität und Abgrund kaum zuunterscheiden ist. Die Oberfläche der »Bienenstichsonntage«, die »Puddinghaut« auf dem »Mutterland,an dem ich hilflos hing / verhaßtes Kindheitsland dasich vermisse« - »ausschwitzen halb ins Bett halb aufPapier« muss der Dichter seinen Lebensweg durchdieses »Doppelland« der Teilung, der Doppelzüngigkeit,des doppelten Bodens und dem »Doppelschwindel« eines Heimatversprechens: Als sei es dein. Erentflieht dieser Heimat, um im Konjunktiv Irrealiseiner osteuropäischen Wahl-Heimat, Rumänien,anzukommen und auch hier zu erkennen: »Es frißt dasLand den Heuchlern aus der Hand«. Noch im Abseitsder Karpaten wartet kein Idyll, sondern man droht imMatsch wahrer und fantastischer Geschichten sichfestzufahren.In seinen Gedichten erleben wir Jan Koneffke alsDichter des »Zipfel Massel: Déjà-Vu« in Sprachklangund Reim; als politischen Dichter, dem im serbischenNovi Sad Europa vor Augen steht: »Balkonaussichten:Balkan«; als persönlichen Dichter, der sich im totenKind schmerzhaft an das erinnert, was nicht seindurfte und nicht ist; und als sarkastischen Dichter, deraus der Zukunft in die Gegenwart zurückblickt:»Unsere Flaschenpost kann keiner lesen // die wird zurStillen Post in Dechiffriermaschinen / ein Kauderwelschaus Theorien und Terzinen / und wir: vergangenals seien wir nie gewesen«.
Jan Koneffke, geboren 1960 in Darmstadt, wuchs in Neu-Isenburg und Braunschweig auf und schloss sein Studium an der FU Berlin 1987 mit einer Magisterarbeit über Eduard Mörike ab. 1995 ging er mit einem Villa-Massimo-Stipendium nach Rom, wo er anschließend sieben weitere Jahre verbrachte. Seit Mai 2003 lebt er als freier Schriftsteller, Übersetzer und Publizist abwechselnd in Wien, Bukarest und dem Ort Maneciu in den Karpaten. Er veröffentlichte neben Romanen, Kinderbüchern, Hörspielen, Essays und Übersetzungen aus dem Italienischen und Rumänischen, zwei Gedichtbände und einen Gedichtband für Kinder, Gelbes Dienstrad wie es hoch durch die Luft schoß (Frankfurt 1989), Was rauchte ich Schwaden zum Mond (Köln 2001), Trippeltrappeltreppe. Gedichte für neugierige Kinder (Köln 2009). Jan Koneffke wurde mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet. Zuletzt erhielt er für seinen Roman Ein Sonntagskind (Berlin 2015) den Uwe-Johnson-Preis 2016.
Rezensionen
Zu hoffen wäre, dass diese Flaschenpost auch in der Zukunft noch gelesen (...) wird. Werner Jung, Junge Welt Ein Zeitdiagnostiker, den den Vergleich mit Erich Kästner nicht zu scheuen braucht. Jan Volker Röhnert, FAZ
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