Der Band "Am Esstisch" bietet einen Querschnitt durch das dichterische Werk von Ivo Vodsedálek zwischen den 1940er und den 1980er Jahren und konzentriert sich dabei auf die Stile des Totalen Realismus und der Peinlichen Poesie. Das Nachwort beschreibt den literarischen und historischen Kontext. Der Verlag Kétos widmet der Literatur des tschechoslowakischen Untergrunds drei Bände: Neben demjenigen von Ivo Vodsedálek sind es je ein Band von Jana Cerná und Egon Bondy.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent und Slawist Urs Heftrich freut sich sehr über die zweibändige Wiederentdeckung der tschechischen Dichter Egon Bondy und Ivo Vodseďálek, die mit ihrem "Totalen Realismus" und ihrer "Peinlichen Poesie" (beides Abspaltungen des Surrealismus, weiß Heftrich) gegen Stalins Faschismus anschrieben. Dabei kann der Kritiker nur staunen, wie bruchlos "Banalität und Bestialität" hier ineinander übergehen: Wie sich das Surreale schon aus einer bloßen Abbildung der Realität ergibt - "Ich sticke einen wunderschönen Gobelin für unser Rathaus / mit dem Portrait des Generalissimus Stalin", zitiert er etwa -, findet er höchst eindrücklich. Zur "dissidenten Heldensaga" taugen die Lebensläufe der beiden Dichter zwar nicht, aber mindestens schreibt Heftrich Bondy einen "Groll auf das Sowjetimperium" zu, auch wenn er dem System lieber als IM diente statt ins Gefängnis zu gehen. Vodseďálek wiederum liebte den Stolz der "Margeriten in der Ukraine". Beides macht die Texte für den Rezensenten umso aktueller: Bondy beispielsweise erkannte schon früh die faschistischen Züge der Sowjetunion. Dass sich der Verleger, Übersetzer und Kommentator Ondřej Cikán des Kētos Verlags dieser Wiederentdeckung im Alleingang angenommen hat, ist für den Kritiker das Sahnehäubchen dieser verdienstvollen Publikation. Wenige kleine Lücken im Kommentar verzeiht er da sofort.
© Perlentaucher Medien GmbH
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