Tanja Paar entführt ihre Leser in die Sommerfrische-Idylle am Zauberberg der Wiener, den Semmering. Man schreibt das Jahr 1928. Die Donaumonarchie und der Adel sind längst Geschichte. Das neue jüdische Bürgertum hat den Hausberg als Sommerfrische auserkoren. Bekannte Architekten bauen Villen für
sie, damit sie, wenn sie mit Sack und Pack über den Sommer einziehen, die selbe Bequemlichkeiten haben,…mehrTanja Paar entführt ihre Leser in die Sommerfrische-Idylle am Zauberberg der Wiener, den Semmering. Man schreibt das Jahr 1928. Die Donaumonarchie und der Adel sind längst Geschichte. Das neue jüdische Bürgertum hat den Hausberg als Sommerfrische auserkoren. Bekannte Architekten bauen Villen für sie, damit sie, wenn sie mit Sack und Pack über den Sommer einziehen, die selbe Bequemlichkeiten haben, wie in der großen Stadt, nur mit sauberer Luft.
Doch es ist nicht die Herrschaft, die hier beschrieben wird, sondern die einfachen Leute wie das Postfräulein Negrelli, die Bauern, deren Kinder statt in die Schule zu gehen auf dem Hof schuften müssen, das Dienstpersonal der großen Hotels, die Holzknechte oder die Köchin Rahel, die für die jüdischen Gäste koscher kocht sowie der Pianist Szabo. Es ist auch eine Geschichte der Einheimischen und der Zugezogenen, wie dem Eisenbahner Bertl und seiner Frau Klara, die im Bahnwärterhaus an der Südbahn wohnen. Bertl bekleidet nun den Posten eines Fahrdienstleiters. Das Paar ist dankbar für sein kleines Glück, dem nur noch ein Kind fehlt, das sich partout nicht einstellen will.
Nach der Weltwirtschaftskrise 1929, die auch vor der Sommerfrischenidylle am Semmering nicht Halt macht, beginnen die politischen Spannungen spürbar zu werden. Bertl, als Eisenbahner ein Sozialist, kann mit den frömmelnden Einheimischen wenig anfangen, und umgekehrt. Und doch ist der Semmering eine winzige Insel der Seligen, in der Klara sogar Tennis spielen lernt und ihrerseits versucht, Szabo das Eislaufen beizubringen.
Als die Heimwehr sich immer stärker in Szene setzt, legt auch der republikanische Schutzbund nach, bis die Situation im Februar 1934 im Bürgerkrieg eskaliert. Niemand kann so recht glauben, dass illegale Nazis und Sozialisten gemeinsam im Anhaltelager Wöllersdorf in Haft sind.
Dann kommt das Jahr 1938 und die heile Welt am Semmering gerät vollends aus den Fugen. Zuerst verschwindet das Fräulein Negrelli und dann Rahel ...
Meine Meinung:
Dieser historische Roman, der auf den Erinnerungen ihre Großeltern Klara und Bertl, sowie dem mysteriösen Erbe einer Porzellanpuppe, in deren Reifrock ein Schaijtel, also jene Perücke, die orthodoxe Jüdinnen nach ihrer Heirat, tragen (müssen), basiert, zeichnet die Jahre zwischen 1928 und 1945 sehr feinfühlig nach.
Zwischen den einzelnen Episoden sind Gedanken des schlechten Gewissen sowohl von Klara als auch von Szabo zu lesen, der sich Vorwürfe macht, Rahel nicht besser unterstützt zu haben. Er steht stellvertretend für alle, die lange, zu lange gezögert haben, jüdischen Bekannten und Freunden zu helfen. Offen bleibt der Verbleib des Fräulein Negrelli, während das Schicksal von Rahel klar ist.
Fazit:
Gerne gebe ich diesem Roman 5 Sterne.