Vielfältigkeit des Denkens und Schreibens der Autorin von »weiter leben«.Diese Auswahl literaturwissenschaftlicher Essays von Ruth Klüger versammelt eine Reihe von unveröffentlichten oder an abgelegener Stelle publizierten Texten, Essays und Vorträgen. Im Zentrum steht die Deutung jüdischer Autoren wie auch jüdischer Figuren in literarischen Texten. In Untersuchungen zu Heinrich Heine, Arthur Schnitzler, Hugo von Hofmannsthal und Stefan Zweig werden präzise Textanalysen mit einer historischen Kontextualisierung verbunden. Auf epische Texte von Wilhelm Raabe, Marie von Ebner-Eschenbach und Herta Müller fällt aus dieser Perspektive neues Licht, ergänzt durch Essays und Vorträge zu Autorinnen des 20. Jahrhunderts, u. a. zu Anna Seghers, MarieLuise Fleißer, Grete Weil, Marie Luise Kaschnitz und Ingeborg Bachmann.Grundlegend ist Klügers Essay »Dichten über die Shoa. Zum Problem des literarischen Umgangs mit dem Massenmord« (1992).
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Ein Buch zur rechten Zeit ist diese Sammlung von Essays, in denen die Shoah-Überlebende Ruth Klüger über Frauen, Juden und Literatur nachdenkt, findet Rezensentin Verena Lueken, auch wenn der literaturwissenschaftliche Rang der 2020 verstorbenen Autorin sich ohnehin von selbst verstehen sollte. Immer wieder geht es in Klügers Texten, führt Lueken aus, um die (Un-)Möglichkeit, über den Holocaust zu schreiben, so zum Beispiel mit Blick auf den vermeintlichen Juden Binjamin Wilkomirski alias Brun Dössekker, dessen angebliches Holocaust-Erinnerungsbuch "Bruchstücke. Aus einer Kindheit 1939-1948" als Fiktion enttarnt wurde. Kann ein solches Buch der gefälschten Identität zum Trotz literarisch etwas hergeben? Nein, urteilt Klüger laut Lueken, der Kitsch sei in eine solche Konstruktion quasi schon eingebaut, und auch sonst ist sie selten einverstanden, wenn die Literatur versucht, aus dem Holocaust resultierende "Denkprobleme" zu lösen. Weiterhin interessiert sich Klüger, fährt Lueken fort, für literarische Verbindungslinien zwischen Juden und Frauen. Sehr wichtig für Klügers Denken über Literatur ist, wie die Rezensentin abschließend ausführt, das Problem des Ich-Erzählers.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Die beiden Essaybände entfalten noch einmal panoramatisch die ganze Vielfalt von Ruth Klügers reichhaltigem Lebenswerk in seiner Zweisprachigkeit, zeichnen Entwicklungslinien nach und konturieren Schwerpunkte ihres literaturkritischen Interesses. (...) (Ein) zukunftsoffene(s) Werk, das nicht abzuschließen und nicht auszulesen ist.« (Sigrid Löffler, Süddeutsche Zeitung, 01.08.2023) »(M)ehr Klüger lesen!« (Verena Lueken, FAZ, 24.08.2023) »(Die) Essaysammlung 'Anders lesen' ist ein Glücksfalls nicht nur der germanistischen Gelehrsamkeit« (Ronald Pohl, Der Standard, 12.09.2023) »Wie differenziert und quer zu den herrschenden Strömungen Ruth Klüger deutsche Literatur zu beschreiben und zu lesen verstand, wird hier aufs schönste erhellt.« (Michael Braun, Kölner Stadt-Anzeiger, 08.09.2023) (Klügers) brillanten Schlüsse sowie die plastische Erzählweise (...) verdienen weit über die Grenzen germanistischer Gelehrsamkeit hinaus tiefe Bewunderung.« (Ronald Pohl, Der Standard, 12.09.2023) »Die literaturkritischen Essays von Ruth Klüger verbinden philologische Genauigkeit mit einer Eleganz, die heute fast niemand mehr beherrscht.« (Magnus Klaue, Jungle World, 19.12.2023) »Zugängliche und anregende Auseinandersetzungen mit Literatur in einem breiten Sinn, nicht nur für Literaturwissenschaftlerinnen.« (Sena Dogan, Weiber Diwan, Herbst 2023) »Wer die Kunst des Lesens und der Interpretation als Wagnis begreift, das Schreiben und Leben gleichermaßen adressiert, der wird sich bei Klüger gut aufgehoben fühlen.« (Linda Maeding, literaturkritik.de, 21.02.2024)







