Unter dem Leitgedanken der Jahreslosung („Prüft aber alles und das Gute behaltet“- 1. Thess 5,21), wurde ein Sammelwerk mit 17 Beiträgen verschiedener AutorInnen unterschiedlichster Profession veröffentlicht. Die einzelnen Beiträge sind zwischen 5 und 31 Seiten lang und ich würde sie als
anspruchsvolle Texte, die häufig literarisch und philosophisch tiefgreifend dahergekommen, beschreiben. Einige…mehrUnter dem Leitgedanken der Jahreslosung („Prüft aber alles und das Gute behaltet“- 1. Thess 5,21), wurde ein Sammelwerk mit 17 Beiträgen verschiedener AutorInnen unterschiedlichster Profession veröffentlicht. Die einzelnen Beiträge sind zwischen 5 und 31 Seiten lang und ich würde sie als anspruchsvolle Texte, die häufig literarisch und philosophisch tiefgreifend dahergekommen, beschreiben. Einige der Artikel kann ich mir auch aufgrund der Bestückung mit weiterführender Primärliteratur gut für Besprechungen in Seminaren an Hochschulen oder anderen Bildungsstätten vorstellen.
In vielen Beiträgen geht es um (direkte) Kritik an politischen Entscheidungen und Vorgängen der letzten Jahre („demokratiegefährdend[..]“ S.24, „Demokratiekrise“ S.59, „Grundrechtseingriffe“ S.244). Manche der Artikel sind überarbeitete Versionen aus dem depublizierten vorausgehenden Band „Angst, Politik, Zivilcourage“ und sind inhaltlich sehr auf jenen Titel ausgerichtet – LeserInnen sollte also an vielen Stellen (unbedingt) politisches Interesse mitbringen.
Das Buch hat den Eigenanspruch, eine „vorurteilsfreie, sachgemäße und gründliche Aufarbeitung“ (S. 13) darzulegen.
Das erste Kapitel der Theologin und Politikerin Christine Lieberknecht sowie die reflexiven Gedanken Dorothea Wendebourgs haben mir diesbezüglich sehr gut gefallen. Die Geleitworte waren vielversprechend und differenziert; die folgenden Kapitel dann etwas schwankend mit einer leichten Bias zu den einzelnen Themenfeldern wie bspw. dem Impfskeptizismus.
Die Darlegungen einiger AutorInnen wirkten für mich mitunter polemisch gefärbt, obgleich das Buch im Ganzen für das genaue Gegenteil stehen möchte.
Die Pandemie samt den einhergehenden Interventionen ist ein Thema, das sehr polarisiert und nicht einfach aufzuarbeiten ist; manche AutorInnen legen ihren Standpunkt mit großer emotionaler Schlagkraft dar und schlüpfen nachdrücklich in eine advokatorische Rolle. Einzelne Kapitel waren für mich dabei zu plakativ und zu sehr bei den Problemen verweilend, wohingegen ich die wiederholte Fürsprache für Post-Vac-Syndrom-Geschädigte sehr lobenswert fand.
Einigen wenigen AutorInnen ist es gut gelungen, einen Bezug zur Bibel und gelebtem Glauben herzustellen; wohingegen viele Kapitel auch anderweitig publiziert hätten werden können und absolut keinen Glaubensbezug oder eine nur punktuelle bzw. sehr distanzierte Theologie aufweisen.
Ich persönlich hatte sehr gehofft, etwas zur Einordnung von Bibelstellen wie bspw. 1. Petr 2,13 (Verhältnis Christ - Staat) lesen zu können. Für meine eigenen Erwartungen war der im Titel inkludierte Themenbereich „Glaube“ zu selten und zu unverknüpft präsent und stattdessen an vielen Stellen zu viel von reinem Kritikgeist enthalten. Außerdem werden einzelne Argumentationsstränge von verschiedenen AutorInnen wiederholt aufgegriffen, wodurch sich die Kapitelinhalte wiederkehrend überschneiden - das hätte mMn besser aufeinander abgestimmt werden können.
Wahrscheinlich steht und fällt die Bewertung der Lektüre mit den eigenen Erwartungen an den Inhalt. Der Band ist durchweg informativ und macht solide sowie in großer Bandbreite auf Missstände und offene Fragen aufmerksam, zeitgleich jedoch ein wildes Sammelsurium unter einem Container-Titel, der die Richtung der Inhalte nicht ganz einfassen kann.
Das Buch ist eine kritische und differenzierte Diskussion verschiedenster Gedankenstränge, das zum Nachdenken anreget, mannigfaltige Impulse liefert und zu (geistlicher) Einordnung des generellen Umgangs mit der Angst anstößt.
Wer daran interessiert ist, kritische Meinungen aus verschiedenen Themenfeldern in fundierter und reflexiver Weise dargelegt zu bekommen, wird hier auf jeden Fall fündig.